Entscheidungsdatum
27.10.2017Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W198 2174197-1/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.10.2017, Zl. XXXX, den Beschluss gefasst:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer stellte am 14.09.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, Staatsangehöriger von Afghanistan zu sein und am XXXX geboren worden zu sein. Im Zuge der Erstbefragung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er in seiner Heimat eine Logistikfirma für Amerikaner und Engländer besessen habe und aus diesem Grund von den Taliban bedroht worden sei.
2. Am 13.09.2017 brachte der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) betreffend seine Fluchtgründe vor, dass seine im Zuge der Erstbefragung am 14.09.2015 getätigten Aussagen hinsichtlich seines Fluchtgrundes allesamt falsch gewesen seien. Er gab nunmehr an, dass der wahre Grund für seine Ausreise jener gewesen sei, dass die Taliban und die Daesh von ihm verlangt hätten, gegen die Mudschaheddin zu kämpfen. Ein Mann mit weißem Bart sei mehrmals zu ihm in die Moschee gekommen und habe ihn beauftragt, gegen die Mudschaheddin zu kämpfen. Der Beschwerdeführer habe ständig unter den Bedrohungen seitens der Taliban und der Daesh gelebt. Sein Vater sei umgebracht wurden. In Afghanistan sei es jederzeit möglich, umgebracht zu werden.
3. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 02.10.2017 den Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erkannte dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht zu, erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gewährte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine zweiwöchige Frist für eine freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV); weiters erkannte das Bundesamt einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG ab (Spruchpunkt V.).
Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde führte das Bundesamt begründend aus, dass § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG im gegenständlichen Fall zutreffe, da der Beschwerdeführer in der Erstbefragung bewusst falsche Angaben in Bezug auf seine Fluchtgründe, seine beruflichen Tätigkeiten sowie die Bedrohungsszenarien gemacht habe. Da dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei und ihm auch sonst keine reale und menschenrechtsverletzende Gefahr im Herkunftsstaat drohe, sei es ihm zumutbar, den Ausgang seines Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.
4. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, welches am 16.10.2017 beim Bundesamt einlangte. In der Beschwerde wurde unter anderem die Rechtswidrigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung geltend gemacht.
Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, dass er seine Aussagen inhaltlich aufrecht halte. In seinem Dorf herrsche Krieg und hätten die Taliban und Daesh vom Beschwerdeführer verlangt, gegen die Mudschaheddin zu kämpfen. Die belangte Behörde sei ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen und hätte jedenfalls berücksichtigt werden müssen, dass der Beschwerdeführer mit 27 Jahren im wehrfähigen Alter sei und im Falle seiner Rückkehr mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einer Zwangsrekrutierung bedroht wäre.
5. Die gegenständliche Beschwerde langte samt Verwaltungsakt am 23.10.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
§ 18 BFA-VG lautet auszugsweise:
"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) – (7) "
Das Bundesamt stützt sich in seiner gegenständlichen Entscheidung in Spruchpunkt V. auf § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den in Aussicht genommenen Zielstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.
Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers scheint im Hinblick auf die einschlägigen Länderberichte nicht von vornherein als unvertretbar. Für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedeutet das im konkreten Fall im Rahmen der vorzunehmenden Grobprüfung, dass nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, dass das Refoulementverbot der Abschiebung des BF nach Afghanistan entgegensteht.
Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
Der Beschwerde ist somit gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Über die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wird gesondert entschieden werden, wobei die Glaubwürdigkeit des Beschwerdevorbringens im Rahmen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens zu klären sein wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W198.2174197.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.11.2017