Entscheidungsdatum
30.10.2017Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W186 2174348-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH – ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2017, Zahl: 791531602/171034610, sowie die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft seit 06.10.2017, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß Art § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG i.V.m. mit § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG und § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte im Bundesgebiet erstmals am 09.12.2009 einen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
Er tauchte kurz nach seiner Asylantragstellung unter und entzog sich dem Verfahren, das daraufhin eingestellt wurde.
1.2. Der BF stellte in weiterer Folge am 01.11.2016 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 07.07.2017
hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und
hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Die Abschiebung des BF nach Algerien wurde für zulässig erklärt und es wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Einer seitens des BF am 28.07.2017 erhobenen Beschwerde wurde durch das Bundesverwaltungsgericht bisher keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Am 26.06.2017 wurde der BF von der Polizeiinspektion Traiskirchen festgenommen und in die JA Wiener Neustadt eingeliefert.
Der BF wurde am 27.07.2017 vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt.
Der BF befand sich von 26.06.2017 bis 06.10.2017 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.
Mit Schreiben des Bundesamtes an die algerische Vertretungsbehörde vom 14.08.2017 wurde um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF angesucht.
Die belangte Behörde verständigte den BF mit Schreiben vom 07.09.2017 vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach nach seiner Haftentlassung beabsichtigt werde, die Schubhaft über den BF zu erlassen. Gleichzeitig wurde dem BF binnen einer Frist von 7 Tagen die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Das Schreiben des Bundesamtes wurde dem BF am 14.09.2017 zugestellt.
1.3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes vom 04.10.2017, Zl. 791531602 + 171034610, wurde über den BF gemäß § 76 Absatz 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Bescheid wurde dem BF durch persönliche Übergabe am 04.10.2017 ordnungsgemäß zugestellt.
Die Behörde begründete die Verhängung der Schubhaft folgenderweise:
"Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Zu Ihrer Person:
Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.
Sie haben einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser wurde negativ entschieden und befindet sich derzeit auf Beschwerde. Das Verfahren ist aber durchführbar.
Sie befinden sich derzeit in der Justizanstalt Wiener Neustadt in Haft.
Sie geben sich immer wieder mit anderen Daten aus. Folgende Namen und Alias-Daten sind von Ihnen erfasst: XXXX alias XXXX alias XXXX
alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX
alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX
alias XXXX alias XXXX , geb. am: XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX .
Sie gaben an, dass Sie algerischer Staatsbürger sind.
Zu ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Gegen Sie besteht eine durchführbare Rückkehrentscheidung.
Durch das Bundesverwaltungsgericht wurde Ihnen die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
Sie halten sich illegal in Österreich auf und besitzen kein Aufenthaltsrecht. Sie sind zwar meldeamtlich an der Adresse XXXX , 1150 Wien erfasst, jedoch haben Sie durch Ihr Verhalten gezeigt, dass Sie nicht gewillt sind sich an die geltenden Gesetze zu halten und haben sich bereits mehrmals dem Verfahren entzogen und es ist Ihnen nicht gestattet in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie sind mittellos.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
* Sie halten sich illegal in Österreich auf.
* Sie sind in Österreich nicht berechtigt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie besitzen keine arbeitsmarktrechtliche Genehmigung.
* Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie gegen das geltende Gesetz in Österreich verstoßen haben.
* Sie tauchten in Österreich unter, indem Sie sich Ihrem ersten Asylverfahren entzogen haben.
* Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.
* Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie strafbare Handlungen begangen haben.
* Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.
Ihre Kernfamilie lebt nicht in Österreich.
Sie gaben in der Stellungnahme am 19.09.2017 an, dass Ihre Frau und Ihre Tochter in Graz leben. Fest steht aber, dass Sie in Österreich kein Aufenthaltsrecht besitzen und Sie in Österreich auch die letzten Jahre keinen Aufenthaltstitel beantragt haben.
Am 29.06.2017 wurden Sie durch ein Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu Ihrem Verfahren auf internationalen Schutz befragt. Aus der Einvernahme konnte folgendes auszugsweise entnommen werden:
F: Sind Sie verheiratet?
A: Nein.
F: Haben Sie Kinder bzw. uneheliche Kinder?
A: Ich habe eine Tochter namens XXXX welche 6-7 Jahre alt ist. Die Mutter des Kindes heißt XXXX , sie ist Österreicherin. Ich weiß ihren Familiennamen nicht – sie ist 14 Jahre alt.
F: Besitzen Sie eine Geburtsurkunde bzw. sind Sie in dieser als Vater eingetragen?
A: Ich habe keine Geburtsurkunde, meine Freundin ist in Graz. Die Tochter ist auch nicht meine eigene Tochter. XXXX ist Drogenabhängig und XXXX ist die Tochter jemand anderes.
Fest steht, dass es sich hierbei nicht um Ihre eigene Tochter handelt.
Auch gaben Sie an, dass Sie in Österreich einer illegalen Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Sie gaben an, dass Sie in Österreich Ihren Lebensunterhalt als Arbeiter verdient haben. Sie sind aber nicht berechtigt in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen".
Rechtlich führte das Bundesamt aus:
"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende
Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
• Ziffer 9 trifft in ihrem Fall wie oben ausführlich dargelegt zu.
Zu Ziffer 9)
Fest steht, dass keiner Ihrer Familienangehörigen oder Mitglieder Ihrer Kernfamilie in Österreich leben. Auch steht fest, dass Sie in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Sie besitzen keine Arbeitserlaubnis und können sich Ihren Lebensunterhalt in Österreich nicht auf legaler Art und Weise finanzieren. Auch steht fest, dass Sie über keine Ersparnisse sowie über keine Bankomat- oder Kreditkarte verfügen. Fest steht auch, dass Sie in keinster Weise in der österreichischen Gesellschaft integriert sind.
Zudem haben Sie strafbare Handlungen begangen und sind zudem illegalen Erwerbstätigkeiten nachgegangen um sich Ihren Aufenthalt in Österreich finanzieren zu können.
Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Fest steht, dass Ihre Kernfamilie nicht in Österreich lebt. Ihnen wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung im Asylverfahren aberkannt und es wurde für Sie bereits ein Heimreisezertifikat beantragt. Ihre Abschiebung steht unmittelbar bevor. Sie sind bereits bei Ihrem ersten Verfahren untergetaucht und haben sich jahrelang illegal in Österreich aufgehalten. Sie haben kein Interesse an einem ordentlichen Wohnsitz gezeigt. Ihr negierendes Verhalten zu geltenden Rechtsvorschriften spiegelt sich auch in Ihrer Verurteilung wieder.
Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Delinquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).
Sie wurden durch das das Landesgericht für Strafsachen Wien, zur Zahl
032 Hv 78/17y, wegen der §§ 127, 130 StGB und § 229 StGB und § 241e StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.
Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Dies deshalb da sie sich weigern mit den Behörden zusammen zu arbeiten und zudem längere Zeit in Österreich illegal und ohne Meldung gelebt haben. Zudem neigen sie dazu strafbare Handlungen zu begehen.
Zur Anwendung eines gelinderen Mittels führt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 02.08.2013 (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008) aus: "Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. Mai 2007, Z. 2006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29. April 2008, Zl. 2008/21/0085, siehe auch die Erkenntnisse vom 28. Februar 2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein." Im vorliegenden Fall ergeben sich aus dem Sachverhalt keinerlei Umstände, die eine Anordnung gelinderer Mittel nahelegen, da alle oben genannten Ansatzpunkte im konkreten Falle nicht gegeben sind und nicht behauptet wurden.
Aufgrund des aufgezeigten Sachverhalts, insbesondere des illegalen Aufenthaltes, nicht vorhandener finanzieller Mittel, der fehlenden Möglichkeit einer legalen Erwerbsausübung, die nicht vorhandene Möglichkeit der sozialen und wirtschaftlichen Integration, der fehlenden gesicherten Unterkunft und aufgrund des bisher gezeigten Verhaltes kam die Anwendung von gelinderen Mitteln im gegenständlichen Fall nicht in Betracht.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."
Das Bundesamt erließ am 04.10.2017 einen Festnahmeauftrag, wonach der BF gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG am 06.10.2017 um 08:00 Uhr aus der JA Wiener Neustadt festzunehmen und in das PAZ Wien Hernalser Gürtel einzuliefern ist.
Mit Verfahrensanordnung vom 06.10.2017 wurde dem BF die ARGE Rechtsberatung –Diakonie und Volkshilfe amtswegig zur Seite gestellt.
Die belangte Behörde übermittelte den Schubhaftbescheid samt Stellungnahme am 23.10.2017. Darin wurde beantragt, den Bescheid des Bundesamtes zu bestätigen sowie gemäß § 22a BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Mit Eingabe vom 30.10.2017 informierte das Bundesamt darüber, dass der BF für den nächsten Termin zur Identitätsprüfung durch eine algerische Delegation im PAZ Hernalser Gürtel am 07.11.2017 vorgemerkt ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zum Verfahrensgang:
Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
Zur Person:
Die Identität des volljährigen Beschwerdeführers steht nicht fest; er ist algerischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich oder einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.
Der BF wurde im Bundesgebiet bereits strafgerichtlich verurteilt.
Er gab im Zuge seiner Verfahren immer wieder falsche Identitäten an.
Der BF stellte im Bundesgebiet erstmals am 09.12.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er tauchte kurz darauf unter, weshalb sein Verfahren eingestellt werden musste.
Er stellte am 01.11.2016 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.07.2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien abgewiesen und der BF nach Algerien ausgewiesen wurde. Zudem wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Eine daraufhin erhobene Beschwerde wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine aufschiebende Wirkung zuerkannt, weshalb die Abschiebung des BF durchführbar ist.
Der BF ging im Bundesgebiet der Schwarzarbeit nach und entzog sich seinem Asylverfahren.
Mit Schreiben des Bundesamtes an die algerische Vertretungsbehörde vom 14.08.2017, noch während der Anhaltung des BF in Strafhaft, wurde um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF angesucht.
Der BF wurde für den nächsten Termin zur Identitätsprüfung durch eine algerische Delegation im PAZ Hernalser Gürtel am 07.11.2017 vorgemerkt.
Der BF verfügt im Inland weder über eine berufliche, familiäre noch über eine soziale Integration.
Das von ihm ins Treffen geführte Kind seiner Freundin in Graz ist nicht sein leibliches Kind.
Der BF leidet an keiner nennenswerten Krankheit. Er ist hafttauglich.
Der Beschwerdeführer befindet sich seit 06.10.2017 in Schubhaft, die im Polizeianhaltezentrum HERNALSER GÜRTEL vollzogen wird
2. Beweiswürdigung:
Zur Person und zum Verfahrensgang:
Der Verfahrensgang und die dazu getroffenen Feststellungen sowie die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und den hg. Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen zu den Voraussetzungen der Schubhaft basieren auf den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zum Sicherungsbedarf:
Die Feststellungen basieren auf den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung wonach der BF strafrechtlich nicht unbescholten ist ergibt sich aus dem aktuellen Strafregister Auszug.
Dass sich der BF seinem ersten Asylverfahren kurze Zeit nach seiner Antragsstellung entzogen hat du das Verfahren eingestellt werden musste ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
Dass bereits während der Anhaltung des BF in Strafhaft Schritte zur Vorbereitung der Abschiebung, konkret die Ausstellung eines Heimreisezertifikates, unternommen wurden ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Schreiben des Bundesamtes an die algerisch Vertretungsbehörde vom 14.08.2017.
Die Feststellungen zur Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus der Tatsache, dass diesbezüglich in der Beschwerde kein entgegenstehendes Vorbringen erstattet wurde und auch im Verfahren keine Anhaltspunkte aufgetreten sind, die Zweifel über das Vorliegen der Haftfähigkeit des BF begründen würden.
Die Feststellungen zur familiären Komponente respektive der sozialen Kontakte des BF ergeben sich aus den eigenen Angaben des BF gelegentlich der niederschriftlichen Einvernahme im Rahmen des vorangegangenen Verfahrens vom 29.06.2017 sowie in der Stellungnahme vom 07.09.2017, wonach im Bundesgebiet seine Freundin und deren Kind leben.
Dass der BF im Bundesgebiet der Schwarzarbeit nachging, ergibt sich ebenso aus seinen Angaben gelegentlich der niederschriftlichen Einvernahme im Rahmen des vorangegangenen Verfahrens vom 29.06.2017 sowie aus der Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 07.09.2017.
Dass der BF für die Vorführung vor die algerische Delegation zur Identitätsprüfung für den nächstmöglichen Termin am 07.11.2017 vorgemerkt ist, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Schreiben der belangten Behörde vom 30.10.2017.
Die Feststellungen zum Vollzug der Schubhaft ergeben sich aus der Anhaltedatei, die Feststellungen zur Festnahme im Anschluss an die Strafhaft ergeben sich aus dem Festnahmeauftrag der belangten Behörde.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft
1. Die Voraussetzungen nach § 76 Abs. 1, 2 Z 1 FPG liegen vor:
Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2).
Der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Sohin ist er Fremder iSd § 76 Abs. 1 FPG. Er ist volljährig und verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich außerhalb des Asylverfahrens. Der zweite Antrag auf internationalen Schutz des BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.07.2017 abgewiesen und der BF nach Algerien ausgewiesen. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der BF brachte gegen den Bescheid am 28.07.2017 eine Beschwerde ein. Dieser wurde bislang durch das Bundesverwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung zuerkannt weshalb die Ausweisung des BF durchführbar ist und die Schubhaft zutreffend zur Sicherung der Abschiebung verhängt wurde.
2. Im Falle des Beschwerdeführers liegt Fluchtgefahr vor:
2.1. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt gemäß Abs. 3 vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1), ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist (Z 2), ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3), ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt (Z 4), ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde (Z 5), ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist (Z 6), insbesondere sofern der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat (lit. a), der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen (lit. b), oder es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt (lit. c), ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt (Z 7), ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Z 8) und der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).
2.2. Im Falle des BF liegt dem angefochtenen Bescheid zufolge Fluchtgefahr nach § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG vor. Hiezu führt die belangte Behörde aus, dass keiner der Familienangehörigen oder Mitglieder der Kernfamilie des BF in Österreich leben. Auch stehe fest, dass er in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Er besitze keine Arbeitserlaubnis und könne sich seinen Lebensunterhalt in Österreich nicht auf legale Art und Weise finanzieren. Auch stehe fest, dass der BF über keine Ersparnisse sowie über keine Bankomat- oder Kreditkarte verfüge. Fest stehe auch, dass er in keinster Weise in der österreichischen Gesellschaft integriert sei. Zudem habe er strafbare Handlungen begangen und sei zudem illegalen Erwerbstätigkeiten nachgegangen um sich seinen Aufenthalt in Österreich finanzieren zu können. Daher sei die Entscheidung auch verhältnismäßig. Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung sei erforderlich, da sich der BF aufgrund seines oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe. Es sei davon auszugehen, dass er auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Aus seiner Wohn- und Familiensituation, aus der fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege. Dem BF sei die aufschiebende Wirkung einer Berufung im Asylverfahren aberkannt worden und es sei bereits ein Heimreisezertifikat beantragt worden. Seine Abschiebung stehe unmittelbar bevor. Er sei bereits bei seinem ersten Verfahren untergetaucht und habe sich jahrelang illegal in Österreich aufgehalten.
2.3. Die Beschwerde bringt vor, dass der BF nach wie vor in 1150 Wien polizeilich gemeldet sei. Aufgrund des bekannten Aufenthaltsortes sei es möglich, eine Ladung zur Einvernahme mit einer algerischen Delegation durch Exekutivbeamte an den BF aushändigen zu lassen. Von einer Fluchtgefahr könne jedenfalls nicht ausgegangen werden, da sich die belangte Behörde ausschließlich auf mangelnde familiäre und soziale Anknüpfungspunkte stütze. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis Ro 2015/21/0026 vom 15.10.2015 festgestellt, dass Schubhaft in Folge einer längeren Strafhaft zu vermeiden sei und die Behörde schon während der Anhaltung in Strafhaft die Abschiebung durch Einholung eines Heimreisezertifikates vorzubereiten habe.
Dem Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, dass der Umstand, dass die Abschiebung des BF kurz vor seiner Effektuierung steht, den BF nicht dazu verhalten werde, sich an seiner Meldeadresse den Behörden zur Verfügung zu halten. In Zusammenschau mit seinem Vorverhalten, insbesondere dem Umstand, dass er sich bereits seinem ersten Asylverfahren entzogen hatte und im Verborgenen lebte sowie seines strafrechtlichen Verhaltens ist daher nicht davon auszugehen, dass sich der BF an seiner Meldeadresse den Behörden zur Verfügung halten wird. Sofern die Beschwerde vorbringt, die belangte Behörde habe das Vorliegen von Fluchtgefahr lediglich auf die Z 9 des § 76 Abs. 3 FPG gestützt, ist entgegenzuhalten, dass sich aus der rechtlichen Begründung des Bundesamtes zweifelsfrei ergibt, dass die belangte Behörde auch den Umstand, dass sich der BF bereits dem Asylverfahren entzogen hat ( § 76 Abs. 3 Z 3 FPG) bei ihrer Prüfung miteinbezogen hat. Auch ist der Beschwerde entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde durch die Beantragung eines Heimreisezertifikates für den BF bei der algerischen Botschaft mit Schreiben vom 14.08.2017 bereits während der Anhaltung des BF in Strafhaft Schritte zur Vorbereitung der Abschiebung gesetzt hat.
3. Auf Grund der Fluchtgefahr kann nicht mit der Verhängung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:
§ 77 Abs. 3 FPG sieht als gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen, vor.
Die belangte Behörde führt aus, dass die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund der finanziellen Situation des BF schon von vornherein nicht in Betracht komme. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, könne im Fall des BF damit nicht das Auslangen gefunden werden. Dies deshalb da er sich weigere mit den Behörden zusammen zu arbeiten und zudem längere Zeit in Österreich illegal und ohne Meldung gelebt habe. Zudem neige der BF dazu strafbare Handlungen zu begehen. Aufgrund des aufgezeigten Sachverhalts, insbesondere des illegalen Aufenthaltes, nicht vorhandener finanzieller Mittel, der fehlenden Möglichkeit einer legalen Erwerbsausübung, die nicht vorhandene Möglichkeit der sozialen und wirtschaftlichen Integration, der fehlenden gesicherten Unterkunft und aufgrund des bisher gezeigten Verhaltes sei die Anwendung von gelinderen Mitteln im gegenständlichen Fall nicht in Betracht gekommen.
Dafür, dass die gelinderen Mittel zur Verfahrenssicherung hinreichend gewesen wären, konnte die belangte Behörde auf Grund des Vorverhaltens des BF, insbesondere seinem Untertauchen kurz nach seiner ersten Asylantragsstellung im Bundesgebiet sowie seinem Leben im Verborgenen, in Zusammenschau mit seiner Straffälligkeit zutreffend nicht ausgehen.
4. Der BF war bei Inschubhaftnahme gesund und haftfähig.
5. Mit der Möglichkeit der Abschiebung war auch tatsächlich zu rechnen:
Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
Auf Grund der verbesserten Zusammenarbeit mit der algerischen Vertretungsbehörde durfte das Bundesamt auch davon ausgehen, dass mit der Erlangung eines Heimreisezertifikates innerhalb der Schubhafthöchstdauer zu rechnen sein werde.
6. Auch die Dauer der Schubhaft ist nicht unverhältnismäßig:
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein. Dem entspricht nicht nur die in § 80 Abs. 1 FrPolG 2005 ausdrücklich festgehaltene behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere, vielmehr ist daraus auch abzuleiten, dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so wäre die Schubhaft unverhältnismäßig. Demzufolge erweist sich die Verhängung von Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung im Anschluss an eine Strafhaft regelmäßig als unverhältnismäßig, wenn die Fremdenpolizeibehörde auch zum absehbaren Ende einer Strafhaft hin mit der (versuchten) Beschaffung eines Heimreisezertifikats untätig bleibt (VwGH 15.10.2015, Ro 2015/21/0026; 19.05.2015, Ro 2015/21/0008; 25.04.2014, 2013/21/0209).
Das Asylverfahren wurde zügig geführt und vor der Verwaltungsbehörde mit Bescheid vom 07.07.2017 abgeschlossen. Der Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt, die mit dem Bescheid vom 07.07.2017 verhängte Rückkehrentscheidung wurde sohin durchsetzbar.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom 28.07.2017 wurde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Die Rückkehrentscheidung vom 07.07.2017 ist sohin weiter durchsetzbar.
Die belangte Behörde blieb während der Strafhaft des BF nicht untätig: Sie beantragte bereits am 14.08.2017, sohin knapp acht Wochen vor Schubhaftverhängung, die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF.
Ab der Inschubhaftnahme am 06.10.2017 organisierte die belangte Behörde die Vorführung des BF V vor die algerische Delegation zur Identitätsprüfung für den nächstmöglichen Termin am 07.11.2017.
7. Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde am 14.08.2017 mit der algerischen Botschaft eingeleitet, die Vorführung für den nächsten Interviewtermin am 07.11.2017 wurde ebenso bereits organisiert. Das Verfahren wurde sohin von den österreichischen Behörden zügig geführt.
Mit der Möglichkeit der Abschiebung ist auch tatsächlich zu rechnen. Vor dem Hintergrund der raschen Verfahrensführung durch das Bundesamt und der verbesserten Zusammenarbeit mit der Botschaft Algeriens (vgl. hg. Erkenntnis W112 2145176-1) ist mit der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer tatsächlich zu rechnen.
8. Auf Grund der erheblichen Fluchtgefahr infolge der nunmehr durchsetzbaren Rückkehrentscheidung und des laufenden Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit der algerischen Vertretungsbehörde, des Umstandes, dass der BF bereits im vorangegangenen Asylverfahren untergetaucht ist, der Straffälligkeit, der Gesundheit sowie der Haftfähigkeit des BF ist die Annahme der belangten Behörde, die Verhängung der Schubhaft sei notwendig und verhältnismäßig, zutreffend und die Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig.
9. Sohin war die Beschwerde gegen den Bescheid sowie gegen die darauf gestützte Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.
Zu A.II.) Fortsetzungsausspruch
1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
2. Dies ist der Fall:
Der BF hat keine Gründe dafür vorgebracht, warum die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weggefallen sein sollten, noch sind von Amts wegen solche Gründe erkennbar.
Vielmehr liegt im Fall des BF Fluchtgefahr weiterhin gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG vor, da eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den BF vorliegt, er sich bereits einem Antrag auf internationalen Schutz in der Vergangenheit entzogen hat und über keinerlei familiärer, sozialer und beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt.
Es liegt sohin weiterhin erhebliche Fluchtgefahr vor, der BF ist weiterhin haftfähig, die Rückkehrentscheidung durchsetzbar und das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats wird effizient geführt. Die gelinderen Mittel reichen auf Grund seines Verhaltens weiterhin zur Sicherung der Abschiebung nicht hin.
3. Es ist daher auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.
Zu A.III. und A.IV.) Antrag auf Kostenersatz
1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz.
3. Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
§ 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei mit €
57,40 und die Höhe des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 368,80.
Der BF hat der belangten Behörde daher Kosten iHv € 426,20 zu ersetzen.
4. Der Abspruch über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird einer getrennten Entscheidung vorbehalten.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Da im gegenständlichen Fall der maßgebliche und der hg. Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung sohin unterbleiben.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten (Kostenersatz) war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Anhaltung, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, gelinderesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W186.2174348.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.11.2017