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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des 1969 geborenen M H in Wien, vertreten durch Mag. S, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Juni 1999, Zl. 105.659/14-III/11/99, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nachdem ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 5. April 1994 mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Mai 1995 abgewiesen worden war, beantrage er am 14. November 1997 die (erstmalige) Erteilung einer Niederlassungsbewilligung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Juni 1999 wurde dieser Antrag gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 17. Februar 1992 unrechtmäßig nach Österreich eingereist und habe fristgerecht einen Antrag auf Asylgewährung gestellt, worauf er mehrmals eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz erhalten habe. Am 20. August 1997 sei das Asylverfahren durch das Bundesministerium für Inneres rechtskräftig negativ beschieden worden, wodurch die seinerzeitige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz ihrer Gültigkeit verloren habe. Der Beschwerdeführer habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten und halte sich nach wie vor in Österreich auf. Den als Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu wertenden Antrag vom 14. November 1997 hätte der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 vor seiner Einreise nach Österreich vom Ausland aus stellen müssen, zumal er keine für die Inlandsantragstellung genannte Voraussetzung erfülle. Der Antrag sei daher gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 abzuweisen gewesen.
§ 14 Abs. 2 FrG 1997 entspreche im Wesentlichen dem § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG). In ständiger Rechtsprechung habe der Verwaltungsgerichtshof zur letztgenannten Bestimmung judiziert, dass die Antragstellung vor der Einreise auch für ehemalige Asylwerber - trotz eventueller Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz - von wesentlicher Bedeutung sei. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Da dem Gesetzgeber des FrG 1997 - Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus den Materialien - nicht zu unterstellen sei, dass die Beweggründe zur Erlassung des § 14 Abs. 2 FrG 1997 einen anderen Hintergrund hätten als die, die zur Erlassung des § 6 Abs. 2 AufG geführt hätten, könne davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers auch im Hinblick auf Art. 8 MRK entbehrlich sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
§ 14 Abs. 2 und § 23 Abs. 1 und 5 FrG 1997 lauten (auszugsweise):
"§ 14. ...
(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; ...
...
§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ...
...
(5) Eine weitere Niederlassungsbewilligung ist auch solchen Fremden auf Antrag zu erteilen, die auf Dauer niedergelassen bleiben, für die Niederlassung aber deshalb bisher keiner Niederlassungsbewilligung bedurften, weil sie auf Grund des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, zum dauernden Aufenthalt berechtigt waren, oder weil sie Niederlassungsfreiheit genossen; die Abs. 2 und 4 gelten."
Der Beschwerdeführer stützt seine Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof vor allem darauf, dass die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, dass er am 22. September 1998 einen neuerlichen Asylantrag eingebracht und in diesem auf neue Beweismittel verwiesen habe. Das Bundesasylamt habe diesen Antrag als neuerliche Asylantragstellung gewertet und mit Bescheid vom 14. April 1999 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung habe der unabhängige Bundesasylsenat in seiner Entscheidung vom 11. November 1999 erwogen, dass der Beschwerdeführer mit seinem neuen Antrag der Sache nach sowohl einen Wiederaufnahmeantrag als auch neuerlich einen Asylantrag gestellt habe und den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen. Die Berufung gegen die Zurückweisung des neuerlichen Asylantrages sei mit diesem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates aber (noch) nicht entschieden worden. Aus diesem Grund habe sich der Beschwerdeführer jedenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, nämlich am 16. Juni 1999, rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, da ihm auf Grund des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen neuen Asylverfahrens eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zugekommen sei. Auf Grund dieses rechtmäßigen Aufenthaltes sei dem Beschwerdeführer eine Antragstellung vom Inland aus gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 rechtlich gestattet gewesen.
Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, sein Antrag sei wegen eines (irrtümlich angenommenen) unrechtmäßigen Aufenthalts im Inland abgewiesen worden. Er verkennt damit, dass die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung wegen der unbestritten entgegen der Vorschrift des § 14 Abs. 2 FrG 1997 erfolgten Inlandsantragstellung abgewiesen hat.
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der Beschwerdeführer auf Grund seiner neuerlichen Asylantragstellung wieder zum Aufenthalt im Bundesgebiet vorläufig berechtigt war oder ob einer solchen Berechtigung etwa die Bestimmung des § 19 Abs. 1 erster Satz, letzter Halbsatz AsylG 1997 entgegensteht, wonach ein Asylwerber, dessen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen wäre, über kein derartiges vorläufiges Aufenthaltsrecht verfügt.
§ 14 Abs. 2 FrG 1997 ist nämlich bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung aus den nachstehend angeführten Gründen unabhängig davon zu beachten, ob dem Beschwerdeführer ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz 1991 bzw. 1997 zukommt oder zugekommen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 4. Februar 2000, Zl. 98/19/0317, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, darlegte, eröffnet auch der Umstand, dass ein Fremder während der Dauer seines Asylverfahrens zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, nicht die Möglichkeit der Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 5 FrG 1997. Dies gilt auch dann, wenn der Fremde im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im Niederlassungsverfahren noch vorläufig aufenthaltsberechtigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2000, Zl. 99/19/0207).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 25. Februar 2000 ausführte, handelt es sich bei Fremden, die nach dem Asylgesetz 1991 oder 1997 vorläufig aufenthaltsberechtigt waren, nicht um solche, die im Sinne des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 bereits niedergelassen sind und bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigten.
Demnach war für den Beschwerdeführer § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 maßgebend. Diese Anordnung gilt nämlich sowohl für Fremde, die vor ihrer Antragstellung auf Erteilung einer Bewilligung während der Dauer eines Asylverfahrens vorläufig aufenthaltsberechtigt waren, als auch für solche, die während der Anhängigkeit eines Asylverfahrens aufenthaltsberechtigt sind (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2000).
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/19/0269, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführte, ist § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 als Anordnung an die entscheidende Behörde aufzufassen, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist. Für die Beurteilung des Vorliegens der in Rede stehenden Erfolgsvoraussetzung ist ungeachtet des Zeitpunktes der Antragstellung die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgebend. Wie in diesem Erkenntnis weiters ausgeführt wurde, weist § 14 Abs. 2 FrG 1997 keine Regelungslücke in Ansehung von Personen auf, die vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes nach Österreich eingereist sind.
Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4. Februar 2000, Zl. 98/19/0317, ausgeführt, dass der Gesetzgeber des § 14 Abs. 2 FrG 1997 auf die während eines berechtigten Aufenthaltes nach dem Asylgesetz 1991 oder 1997 begründeten privaten und familiären Interessen eines Fremden im Inland Bedacht genommen und sich bewusst dafür entschieden hat, die Antragstellung vom Inland aus nur im Falle des Verlustes des Asyls zu erlauben. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die Niederlassungsbehörde kam daher - auch unter dem Gesichtspunkt des vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof behaupteten vorläufigen Aufenthaltsrechtes während der Dauer seines Asylverfahrens - nicht in Betracht.
Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber die Antragstellung vom Inland auf Fälle des Verlustes von Asyl beschränkt hatte, sind beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden. Die auch vom Fremdengesetz 1997 verfolgte Zielvorstellung, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch die Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutze der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, Asylwerber in Ansehung ihrer privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als Fremde, die erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragen. Eine Einschränkung eines allenfalls durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes des Beschwerdeführers auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch seinen Voraufenthalt begründeten persönlichen Interessen durch die vorliegende, auf § 14 Abs. 2 FrG 1997 gestützte Entscheidung erweist sich aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK als gerechtfertigt (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 4. Februar 2000).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. August 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000190005.X00Im RIS seit
20.11.2001