TE Vwgh Erkenntnis 2000/8/25 96/19/3301

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Veröffentlicht am 25.08.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1;
AVG §37;
B-VG Art130 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des 1966 geborenen P D in S, vertreten durch Dr. G M-H, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. April 1995, Zl. 105.080/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 3. August 1993 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) die Erteilung eines Wiedereinreisesichtvermerkes und berief sich darauf, dass sein Lebensunterhalt aus den Einkünften seiner Ehegattin in Höhe von monatlich S 5.096,-- bestritten werde. In einer Niederschrift vom 8. August 1994 vor der erstinstanzlichen Behörde gab der Beschwerdeführer an, seine Gattin sei als Bedienerin beschäftigt und beziehe ein monatliches Einkommen von S 3.500,--. Über Vorhalt, dass er bei einem näher bezeichneten Unternehmen in Altenmarkt illegal als Pferdepfleger beschäftigt sei und dadurch seinen Lebensunterhalt bestreite, gab er an, dass dies nicht stimme. Er habe einen Onkel in Deutschland, der ihm laufend Geld schicke. Außerdem bekomme er auch noch Geld von seinen Eltern aus Rumänien.

Die Bezirkshauptmannschaft Baden namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich wies mit Bescheid vom 9. August 1994 diesen als auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu wertenden Antrag gemäß § 5 Abs. 1 AufG ab und führte begründend aus, die Gattin des Beschwerdeführers sei als Bedienerin beschäftigt und beziehe ein monatliches Einkommen von lediglich S 3.600,--. Der Beschwerdeführer gehe keiner legalen Beschäftigung nach. Der Gendarmerieposten W. habe am 7. Juni 1994 erhoben, dass der Beschwerdeführer bei seinem Unterkunftgeber F S als Pferdepfleger beschäftigt sei, ohne im Besitz der erforderlichen Beschäftigungsbewilligung zu sein. Es sei somit erwiesen, dass er seinen Lebensunterhalt aus "Schwarzarbeit" bestreite. Auf Grund der Ergebnisse des behördlichen Ermittlungsverfahrens lägen beim Beschwerdeführer die Sichtvermerksversagungsgründe des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG vor.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte darin vor, dass seine Frau eine neue Arbeit gefunden habe. "Sie bezieht jetzt ein monatliches Einkommen über S 10.000,--".

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. April 1995 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 5 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe gegen die Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde im Wesentlichen eingewendet, dass nunmehr seine Gattin ein höheres Einkommen beziehe und somit sein Lebensunterhalt gesichert wäre. Diese Behauptung sei jedoch ohne jeglichen Nachweis eines tatsächlich erhöhten Einkommens bzw. eines besser bezahlten Dienstverhältnisses aufgestellt worden. Diese Einwendungen hätten somit nicht belegen können, aus welchen Gründen die "Ermessensübung der Behörde" bei der Beurteilung des gesicherten Lebensunterhaltes gesetzwidrig gewesen wäre. Der Beschwerdeführer sei seiner Pflicht am Verfahren entsprechend mitzuwirken, nicht ausreichend nachgekommen. Gerade die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen Bereich die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der gesicherten Unterhaltsmittel von Zuwanderern anzulegen. Sei der Unterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert, so dürfe gemäß § 5 Abs. 1 AufG eine Bewilligung nicht erteilt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 23. September 1996, B 1668/95, ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 20. April 1995) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage vor der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):

"§ 5.(1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, ..., wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer

ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

Weder nach seinem Vorbringen noch nach der Aktenlage verfügte der Beschwerdeführer jemals über eine Aufenthaltsbewilligung. Die belangte Behörde wertete seinen Antrag daher zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Der angefochtene Bescheid ist demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten.

Bei der Prüfung der Frage, ob der Unterhalt eines Fremden im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG gesichert sei, steht der Behörde - entgegen der verfehlten Ansicht der belangten Behörde - kein Ermessensspielraum zu, sie hat diese Frage vielmehr in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen.

Die Beschwerde gesteht zu, "dass für ein Ehepaar der Aufenthalt im Bundesgebiet mit monatlich zur Verfügung stehenden Geldmitteln in Höhe von S 3.500,-- nicht ausreichend sein wird, wenn nicht zusätzliche geldwerte Leistungen (allenfalls von Dritten) zugewendet werden". Die belangte Behörde habe es vorliegendenfalls unterlassen, den Beschwerdeführer im Sinne des § 13a AVG anzuleiten, auch Auskunft hinsichtlich anderer wiederkehrender Bezüge, auch geldwerter Naturalleistungen, zu erteilen. Einem die deutsche Sprache nicht perfekt beherrschenden Ausländer könne wohl nicht mangelnde Mitwirkung am Verfahren vorgeworfen werden, sondern liege die Pflicht zur Ermittlung des für die Entscheidung relevanten Sachverhaltes bei der belangten Behörde. Unmittelbar nach Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers mit seinem nunmehrigen Vertreter habe festgestellt werden können, dass FS dem Beschwerdeführer und seiner Gattin ortsübliche Unterkunft und Unterhalt unentgeltlich zur Verfügung stelle und sei dies auch bereits zum Zeitpunkt der Befragung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde (offensichtlich gemeint: durch die erstinstanzliche Behörde) der Fall gewesen. Die belangte Behörde hätte jedenfalls zu ermitteln gehabt, ob der Beschwerdeführer und seine Gattin neben dem Geldbezug weitere (geldwerte) Zuwendungen von Dritten gehabt haben und sohin der Lebensunterhalt gesichert sei. Abschließend werde noch festgehalten, dass die Gattin des Beschwerdeführers bereits seit 1. Mai 1995 über ein entsprechendes Einkommen aus einem Arbeitsverhältnis verfüge.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Manuduktionspflicht durch die belangte Behörde rügt, ist er zunächst darauf zu verweisen, dass die Behörde nach § 13a AVG nicht dazu verpflichtet ist, die Partei anzuleiten, dasjenige Vorbringen zu erstatten, das für eine positive Erledigung ihres Antrages erforderlich wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, dass er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebenso wenig geboten wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen. Es wäre daher im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers gelegen gewesen, in seiner Berufung das Einkommen seiner Gattin nicht nur der Höhe nach zu beziffern, sondern auch insbesondere durch die Nennung des Arbeitgebers und entsprechende Nachweise (wie z.B. Lohnbestätigungen) zu bescheinigen. Nur dadurch kommt der Fremde seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, dass kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg. cit. vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 96/19/0529).

Im Hinblick auf diese Verpflichtung zur initiativen Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durfte die belangte Behörde ohne weiteren Vorhalt davon ausgehen, dass dem Beschwerdeführer nur die in seinem Bewilligungsantrag und im folgenden Verwaltungsverfahren von sich aus bekannt gegebene und bescheinigten Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zlen. 95/19/1466, 1467, 1479).

Das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, F S stelle dem Beschwerdeführer und seiner Gattin "ortsübliche Unterkunft und Unterhalt" unentgeltlich zur Verfügung und sei dies auch bereits zum Zeitpunkt der Befragung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde (offensichtlich gemeint: durch die erstinstanzliche Behörde) der Fall gewesen und läge auch eine diesbezügliche Verpflichtungserklärung vor, war auf Grund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht weiter zu beachten.

Die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers erweist sich auch vor dem Hintergrund des Art. 8 MRK nicht als rechtswidrig. Insoweit die Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung überhaupt in das durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützte Recht des Beschwerdeführers eingriffe, wäre der Eingriff gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Die Anwesenheit Fremder, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, im Bundesgebiet führte nämlich zu einer Belastung der Sozialhilfeträger und damit zu einer Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohles des Landes. Die dadurch tangierten öffentlichen Interessen sind derart gewichtig, dass sie einen Eingriff in ein allenfalls bestehendes Recht des Beschwerdeführers auf Familiennachzug notwendig machen (vgl. z.B.

das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 97/19/0088).

     Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1

VwGG als unbegründet abzuweisen.

     Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die

§§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

     Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs.

2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden. Art. 6 MRK steht dem nicht entgegen.

Wien, am 25. August 2000

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996193301.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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