Gbk 2016/5/12 GBK III/191/16

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Veröffentlicht am 12.05.2016
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Norm

§31 Abs1 iVm §32 Abs1 GlBG

Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Unmittelbare Diskriminierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen

Text

Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundesministerium für Bildung und Frauen gelangte am 12. Mai 2016 über den am 26. Jänner 2016 eingelangten Antrag von Herrn A, betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin

X Betriebs GmbH

gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

durch die Antragsgegnerin eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, gemäß § 32 Abs. 1 GlBG nicht vorliegt.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag wie folgt dar:

Der Antragsteller bringt zusammengefasst vor, dass die Antragsgegnerin, neben den üblichen Badeeinrichtungen, auch eine umfangreiche Saunalandschaft anbiete. Die Sauna sei innerhalb der Betriebszeiten an sechs Tagen in der Woche für Frauen und Männer gleichermaßen benutzbar. Lediglich an Donnerstagen sei aufgrund eines „Damentages“ der Saunabereich nur für Frauen zugänglich.

Der Antragsteller werde als regelmäßiger Besucher der Sauna aufgrund des Geschlechts diskriminiert. Als Mann sei er an einem Tag der Woche vom Saunabetrieb gänzlich ausgeschlossen und damit zeitlich eingeschränkt, während Frauen diese Dienstleistung an jedem Tag der Woche in Anspruch nehmen könnten.

Von der Antragsgegnerin langte zu den Vorwürfen am … im Wesentlichen folgende Stellungnahme bei Senat III ein:

Es sei seit Jahrzehnten üblich und ein erfolgreiches Geschäftsmodell, Frauen an bestimmten Tagen die alleinige Benutzung von Saunaanlagen im Rahmen von Damentagen zu ermöglichen. Bei der Antragsgegnerin sei dies bereits vor der Generalsanierung … so gewesen, und diese Tradition sei nach Wiedereröffnung des Bades und der Sauna weitergeführt worden.

Der Damentag sei in der Bevölkerung akzeptiert und ermögliche Frauen den Besuch der Sauna, die aus persönlichen Gründen einen gleichzeitigen Besuch mit Männern nicht als angenehm und empfinden würden. Aus Erfahrungen mit dem Angebot von Männertagen könne die Antragsgegnerin mit Sicherheit davon ausgehen, dass bei Männern diese Bedenken, auch mit andersgeschlechtlichen Personen die Sauna gemeinsam zu besuchen, nicht oder in nur ganz untergeordnetem Ausmaß, auftreten würden.

Am Damentag habe die Antragsgegnerin unter den Frauen ein anderes Publikum als an den anderen Tagen. Er würde somit von Frauen genutzt, die an den anderen Tagen die Sauna aus persönlichen Gründen nicht nutzen könnten. Diese Frauen wolle die Antragsgegnerin vom Besuch der Sauna nicht ausschließen und das Angebot daher aufrechterhalten. Eine Umfrage unter männlichen Saunagästen nach dem Bedarf an einem reinen Männertag habe zu dem Ergebnis geführt, dass dieser nicht erforderlich sei.

Die Antragsgegnerin könne gerne im Eingangsbereich des Bades einen Aushang anbringen und Männern, unter Hinweis auf den Hintergrund des Aushangs, damit die Möglichkeit geben, ihrem Wunsch nach einem Männertag Ausdruck zu verleihen. Bei entsprechender Resonanz würde die Antragsgegnerin diesem Wunsch selbstverständlich nachkommen.

Eine räumliche Trennung würde zu einer Einschränkung des Angebotes für alle Gäste führen und auch niemals eine völlige Gleichbehandlung erzielen, es sei denn, die Antragsgegnerin errichte eine zweite baugleiche Sauna. Das sei aus wirtschaftlichen Erwägungen aber völlig undenkbar.

In der Sitzung des Senates III am … wurden der Antragsteller und Herr Y als Vertreter der Antragsgegnerin, befragt:

Der Antragsteller verwies in seiner Befragung im Wesentlichen auf den in seinem Antrag dargestellten Sachverhalt und die daraus folgende Diskriminierung aufgrund seines Geschlechts. Nach Ansicht des Antragstellers sei ein Damentag nicht gerechtfertigt und könne mangels der geforderten Voraussetzungen auch nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 33 GlBG subsumiert werden.

Darüber hinaus sehe er eine räumliche oder zeitliche Trennung der Geschlechter im Saunabereich als nicht zielführend an und würde dies auch eine negative gesellschaftliche Entwicklung nach sich ziehen.

Zusammenfassend sei es für den Antragsteller nicht einzusehen, warum Männern die Benützung der Sauna nur an sechs Tagen der Woche gestattet sei, Frauen aber an sieben Tagen. Der Lösungsansatz des Antragstellers wäre die ersatzlose Streichung des Damentages.

Herr Y erläuterte in seiner Befragung, dass er seit … Geschäftsführer der Antragsgegnerin sei. Die Stellungnahme vom … habe noch sein Vorgänger verfasst.

Frauen, die den Damentag im Saunabereich in Anspruch nähmen, würden zu 90 % an den anderen Tagen nicht kommen. Auch älteres Publikum, Damen, teilweise mit leichten oder schweren Behinderungen, würden nicht kommen, wenn Männer in der Sauna wären.

Eine räumliche Trennung des Saunabereichs sei aus platztechnischen und finanziellen Gründen nicht möglich. Denselben Saunabereich noch einmal zu errichten würde eine Investition von ca. 3 - 5 Mio. Euro bedeuten, wobei der dazu benötigte Platz aber nicht vorhanden sei.

Das Angebot des Damentages gelte auch nur, wenn der Donnerstag ein normaler Werktag sei. Sollte ein Feiertag auf einen Donnerstag fallen, sei der Saunabereich ganz normal für beide Geschlechter zugänglich.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 GlBG zu prüfen, nämlich, ob Männer durch Einrichtung eines „Damentages“, an dem Männern der Zugang zum Saunabereich der Antragsgegnerin nicht gestattet ist, beim Zugang zu Dienstleistungen aufgrund des Geschlechts eine weniger günstige Behandlung als Frauen erfahren haben.

Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (1) Für das Merkmal des Geschlechts gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

§ 33. Die Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen, einschließlich Wohnraum, ausschließlich oder überwiegend für Personen eines Geschlechts ist keine Diskriminierung, wenn dies dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, also durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

§ 38. (1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Die Antragsgegnerin betreibt ein Frei- und Hallenbad, welches auch über einen Saunabereich verfügt. Der Saunabereich ist innerhalb der Betriebszeiten an sechs Tagen in der Woche für Frauen und Männer gleichermaßen benutzbar. An Donnerstagen ist aufgrund eines von der Antragsgegnerin festgelegten „Damentages“, der Saunabereich nur für Frauen zugänglich.

Sollte es sich bei einem Donnerstag um einen Feiertag handeln, entfällt der „Damentag“ und der Saunabereich ist - wie an den anderen Tagen - für beide Geschlechter zugänglich.

Von der Antragsgegnerin wird für den Saunabereich keine Wochen-, Monats-, oder Jahreskarte angeboten. Es wird nur die tatsächlich im Saunabereich in Anspruch genommene Zeit verrechnet. Dadurch ist das Benützungsentgelt für beide Geschlechter gleich hoch und Männern entsteht kein finanzieller Nachteil.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III verneinte in seiner Sitzung vom 12. Mai 2016 die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin iSd § 32 Abs. 1 leg.cit.

Die Antragsgegnerin betreibt ein Frei- und Hallenbad, welches gegen Entgelt allgemein zugänglich ist. Dieses ist im Sinne des § 30 Abs. 1 leg.cit. als Dienstleistung, die der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, zu qualifizieren.

Vom Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. ist auszugehen, wenn eine weniger günstige Behandlung von Personen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, in direktem oder ausdrücklichem Bezug auf das Geschlecht erfolgt.

Die Antragsgegnerin stellt im Rahmen eines „Damentages“ an Donnerstagen - sofern es sich nicht um einen Feiertag handelt - den Saunabereich ausschließlich Frauen zur Verfügung.

Die Vergleichbarkeit der Situation ist daher gegeben, da an Donnerstagen Männern allein aufgrund des Geschlechts der Zugang zum Saunabereich untersagt wird und sie nur deswegen nicht die gesamte zur Verfügung stehende Dienstleistung der Antragsgegnerin in Anspruch nehmen können.

Dies bedeutet zunächst, dass Männer eine weniger günstige Behandlung als Frauen erfahren und deshalb eine Ungleichbehandlung von Männern gegenüber Frauen vorliegt.

Es ist daher weiter zu prüfen, ob diese Ungleichbehandlung unter die Ausnahmebestimmung des § 33 leg.cit. zu subsumieren ist. Gemäß § 33 leg.cit. ist die Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen ausschließlich oder überwiegend für ein Geschlecht, somit eine geschlechtermäßige Ungleichbehandlung, dann keine Diskriminierung, wenn diese (Ungleich)behandlung durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind.

In Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2004/113/EG (deren Umsetzung § 33 GlBG in der geltenden Fassung dient) wird unter anderem der Schutz der Privatsphäre und des sittlichen Empfindens als ein legitimes Ziel genannt, wonach eine unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen gerechtfertigt sein kann.

Die Antragsgegnerin konnte überzeugend darlegen, dass es viele Frauen gibt, die gerne die Sauna des Bades besuchen, es für sie aber aus verschiedensten Gründen nicht in Frage kommt, sich vor fremden Männern nackt zu bewegen. Dieses Bedürfnis nach Schutz der Privat- bzw. Intimsphäre bzw. des sittlichen Empfindens dieser Frauen stellt entsprechend dem Erwägungsgrund 16 ein legitimes Ziel zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung dar.

Die ergriffene Maßnahme des Ausschlusses von Männern vom Saunabereich an einem Wochentag ist nach Ansicht des Senates III – unter den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten – geeignet und erforderlich. In Anbetracht der verbleibenden Öffnungstage für beide Geschlechter stellt die gewählte Maßnahme auch ein angemessenes Mittel und eine verhältnismäßige Einschränkung zum Schutz der Privatsphäre und des sittlichen Empfindens dieser Frauen dar.

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass die Antragsgegnerin keine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz zu verantworten hat.

Wien, Mai 2016

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2017
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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