Entscheidungsdatum
25.08.2017Index
L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung WienNorm
WMG §8Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Landesrechtspflegerin Bannauer-Mathis über die Beschwerde des Herrn Al. F. A. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom 21.7.2017, Zl. SH/2017/1845948-001, betreffend Abweisung des Antrages auf Zuerkennung von Leistungen nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG),
zu Recht e r k a n n t:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid insofern abgeändert, dass der Spruch zu lauten hat wie folgt:
Gemäß § 4, 6, 7, 8, 10 und 12 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG), LGBl. für Wien Nr. 38/2010 idgF wird der Bedarfsgemeinschaft Frau D. A., geb. 1983, Herrn Al. F. A. ., geb. 1976, sowie den minderjährigen Kindern als sonstige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Al. S. A., geb. 2008 und I. A., geb. 2012,
I) folgende Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs zuerkannt:
von 02.06.2017 bis 30.06.2017 € 482,90
von 01.07.2017 bis 31.07.2017 € 1.649,15
von 01.08.2017 bis 03.08.2017 € 131,82.
II) eine Mietbeihilfe für den über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs hinausgehenden Bedarf:
von 02.06.2017 bis 30.06.2017 € 0,00
von 01.07.2017 bis 31.07.2017 € 14,11
von 01.08.2017 bis 31.08.2017 € 14,11.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom 21.7.2017, Zl. SH/2017/1845948-001, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2.6.2017 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß den §§ 4, 7, 9, 10, 12 und 16 WMG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die Antragstellerin hätte notwendige Unterlagen, nämlich
? Einkommensbelege:
Herr A. Al. F..:
- Geltendmachung des Krankengeldes für den Zeitraum 01.06.2017 bis 25.06.2017
Da Sie während bzw. nach einem Dienstverhältnis sich im Krankenstand befunden haben, ist das Krankengeld durch die WGKK geltend zu machen
bis zum vorgegebenen Termin am 18.7.2017 nicht vorgelegt. Da die Behörde ohne die verpflichtende Mitwirkung außer Stande gewesen sei, die für die Bemessung der Geldleistung rechtserheblichen Tatsachen festzustellen, seien die fehlenden Angaben bzw. Unterlagen zur Beurteilung des Anspruches unerlässlich im Sinne des § 16 WMG gewesen.
Dagegen richtet sich die fristgerecht eingelangte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorbringt, die Aufforderung nicht erhalten und erst auf Nachfrage beim Journaldienst den abweisenden Bescheid ausgehändigt bekommen zu haben. Die fehlende Bestätigung wurde gleichzeitig mit der Beschwerde vorgelegt.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde sowie den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor. Eine Stellungnahme zur Beschwerde hat die Behörde nicht erstattet.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Das Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz – WMG), LGBl. Nr. 38/2010 in der geltenden Fassung lautet auszugsweise wie folgt:
„Ziele und Grundsätze
§ 1. (1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hat zum Ziel, Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden sowie die dauerhafte Eingliederung oder Wiedereingliederung in das Erwerbsleben weitest möglich zu fördern.
(2) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung erfolgt durch Zuerkennung von pauschalierten Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie von den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch.
(3) Die Zuerkennung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.
(4) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung dient der Beseitigung einer bestehenden Notlage. Sie erfolgt auch vorbeugend, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Eine Fortsetzung ist solange möglich, als dies notwendig ist, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Die Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. Eine Zuerkennung von Leistungen für die Vergangenheit ist nicht möglich.
Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung
§ 3. Erfasste Bedarfsbereiche
(1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung deckt den Mindeststandard in den Bedarfsbereichen Lebensunterhalt, Wohnen, Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung ab.
(2) Der Lebensunterhalt umfasst den Bedarf an Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Energie sowie andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch die soziale und kulturelle Teilhabe zählt.
(3) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen Aufwand an Miete, Abgaben und allgemeinen Betriebskosten.
(4) Der Bedarf bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung umfasst den Aufwand, der bei Bezieherinnen und Beziehern einer Ausgleichszulage aus der Pensionsversicherung durch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Wiener Gebietskrankenkasse abgedeckt ist.
§ 4. Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen
(1) Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hat, wer
1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,
2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,
3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,
4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.
(2) Ein Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs einschließlich Mietbeihilfe besteht ab einem errechneten Mindestbetrag von fünf Euro monatlich.
(3) Personen, die bereits eine für Erwerbszwecke geeignete abgeschlossene Ausbildung oder eine Schulausbildung auf Maturaniveau haben und ihre Arbeitskraft allein deshalb nicht voll einsetzen können, weil sie eine weiterführende Ausbildung absolvieren, steht ein Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht zu.
Personenkreis
§ 5. (1) Leistungen nach diesem Gesetz stehen grundsätzlich nur österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu.
(2) Den österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern sind folgende Personen gleichgestellt, wenn sie sich rechtmäßig im Inland aufhalten und die Einreise nicht zum Zweck des Sozialhilfebezuges erfolgt ist:
1. Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, denen dieser Status nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) zuerkannt wurde;
…
§ 7. (1) Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs haben volljährige Personen bei Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 2. Der Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs kann nur gemeinsam geltend gemacht werden und steht volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft solidarisch zu. Die Abdeckung des Bedarfs von zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden minderjährigen Personen erfolgt durch Zuerkennung des maßgeblichen Mindeststandards an die anspruchberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft, der sie angehören.
…
§ 8. (1) Die Bemessung der Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs erfolgt auf Grund der Mindeststandards gemäß Abs. 2, die bei volljährigen Personen auch einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 vH des jeweiligen Mindeststandards enthalten. Für Personen, die das Regelpensionsalter nach dem Bundesgesetz vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG) erreicht haben und für volljährige, auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen beträgt der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs 13,5 vH der Mindeststandards, wenn sie alleinstehend sind oder mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft leben. Liegen bei mehr als einer Person in der Bedarfsgemeinschaft diese Voraussetzungen vor, beträgt der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs 9 vH der Mindeststandards.
(2) Die Mindeststandards betragen:
1. 100 vH des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. b ASVG abzüglich des Beitrages für die Krankenversicherung
a) für volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben;
b) für volljährige Personen, die ausschließlich mit Personen nach Z 3 oder Z 4 (Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher) eine Bedarfsgemeinschaft bilden;
2. 75 vH des Wertes nach Z 1 für volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 leben;
3. 50 vH des Wertes nach Z 1
a) für volljährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 4;
b) für volljährige Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ohne Einkommen oder mit einem Einkommen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 4;
4. 27 vH des Wertes nach Z 1 für minderjährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 3.
…
§ 9. (1) Ein über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs nach § 8 Abs. 1 hinausgehender Bedarf wird an die anspruchsberechtigten Personen als Bedarfsgemeinschaft in Form einer monatlichen Geldleistung (Mietbeihilfe) zuerkannt, wenn dieser nachweislich weder durch eigene Mittel noch durch Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Die Mietbeihilfe gebührt ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat.
(2) Die Mietbeihilfe ist, bei durch unbedenkliche Urkunden nachgewiesenen tatsächlich höheren Kosten der Abdeckung des Wohnbedarfs, bis zur Höhe der Bruttomiete zuzuerkennen und wird wie folgt berechnet:
1. Den Ausgangswert bilden die nach Abzug sonstiger Leistungen tatsächlich verbleibenden Wohnkosten bis zu den Mietbeihilfenobergrenzen nach Abs. 3.
2. Dieser Ausgangswert wird durch die Anzahl der in der Wohnung lebenden volljährigen Personen geteilt und mit der Anzahl der volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft multipliziert.
3. Von dem für die Bedarfsgemeinschaft ermittelten Wert wird ein Betrag in folgender Höhe vom jeweiligen Mindeststandard nach § 8 Abs. 2 abgezogen:
a) für jede volljährige Hilfe suchende oder empfangende Person ein Betrag in der Höhe von 25 vH;
…
(3) Die Mietbeihilfenobergrenzen werden pauschal nach Maßgabe der in der Wohnung lebenden Personen und der angemessenen Wohnkosten unter Berücksichtigung weiterer Beihilfen durch Verordnung der Landesregierung festgesetzt.
§ 10. (1) Auf den Mindeststandard ist das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.
(2) Bei der Berechnung der Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs von mehreren Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, erfolgt die Bemessung für die Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen aller anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.
…“
Die Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien 2016 (WMG-VO 2016) regelt auszugsweise Folgendes:
„§ 1.
Mindeststandards, Grundbeträge zur Deckung des Wohnbedarfs und Geringfügigkeitsgrenze
(2) Für volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 WMG leben, beträgt der Mindeststandard EUR 628,32
Dieser enthält folgenden Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs
a) für volljährige Personen, soweit sie nicht unter lit. b und c
fallen EUR 157,08
(4) Für minderjährige Personen gemäß § 7 Abs. 2 Z 3
WMG beträgt der Mindeststandard EUR 226,20
§ 2.
Mietbeihilfenobergrenzen
(1) Die Mietbeihilfenobergrenzen betragen:
1. bei 1 bis 2 Bewohnerinnen oder Bewohnern
EUR 313,10;
2. bei 3 bis 4 Bewohnerinnen oder Bewohnern
EUR 328,27;
3. bei 5 bis 6 Bewohnerinnen oder Bewohnern
EUR 347,77;
4. ab 7 Bewohnerinnen oder Bewohnern
EUR 366,19.
(2) Die Mietbeihilfenobergrenzen beinhalten den jeweiligen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs.“
Aus dem Akteninhalt ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer stellte gemeinsam mit seiner Gattin am 2.6.2017 für die Bedarfsgemeinschaft einen Antrag auf Zuerkennung von Leistungen nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz (AS. 29-34).
Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 6.6.2017 (AS. 44) wurde die Antragstellerin gemäß § 16 WMG unter Belehrung nach § 15 WMG aufgefordert, diverse Unterlagen bis spätestens 26.6.2017 in Kopie vorzulegen. Dieser Aufforderung wurde am 26.6.2017 entsprochen und gleichzeitig bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer am 27.6.2017 einen Termin beim AMS hat. Diese Mitteilung samt der Ankündigung zur Vorlage von Unterlagen vom AMS wurde mittels eines handschriftichen Aktenvermerks (AS. 49a) festgehalten.
Mit einem weiteren Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 27.6.2017 (AS. 78) wurde die Antragstellerin gemäß § 16 WMG unter Belehrung nach § 15 WMG aufgefordert, bis spätestens 18.7.2017 in Kopie folgende Unterlagen vorzulegen:
Einkommensbelege:
Herr A. Al. F.:
- Geltendmachung des Krankengeldes für den Zeitraum 01.06.2017 bis 25.06.2017
Da Sie während bzw. nach einem Dienstverhältnis sich im Krankenstand befunden haben, ist das Krankengeld durch die WGKK geltend zu machen
Dass dieses Aufforderungsschreiben der Antragstellerin nachweislich zugestellt wurde, ist dem vorgelegten Akt nicht zu entnehmen.
Am 4.7.2017 langten bei der Behörde betreffend Herrn Al. F. A. folgende Unterlagen ein: Betreuungsvereinbarung, Arbeitsunfähigkeitsmeldung von 10.5.2017 bis 25.6.2017, Mitteilung des AMS über Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Am 14.7.2017 langten bei der Behörde betreffend Frau D. A. folgende Unterlagen ein: vorläufige Anmeldebestätigung für den Deutschkurs mit Werte- und Orientierungswissen A1 beim M. Sprachenzentrum.
Mit Bescheid vom 21.7.2017 wurde der Antrag durch den Magistrat der Stadt Wien abgewiesen.
Am 4.8.2017 wurde ein neuerlicher Antrag auf Zuerkennung von Leistungen nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz gestellt und mit Bescheid vom 7.8.2017 zur Zahl MA 40 – SH/2017/1894293-001 zuerkannt.
Rechtliche Beurteilung:
Für die Berechnung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist gemäß § 10 WMG zu prüfen, über welches Einkommen die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verfügen, da Anspruch auf diese Leistung nur derjenige hat, der seinen Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter decken kann. Dabei ist gemäß § 10 WMG u.a. auf das Einkommen Bedacht zu nehmen.
Der Magistrat der Stadt Wien war daher berechtigt, den Beschwerdeführer aufzufordern, den Anspruch auf Krankengeld für den Zeitraum 1.6.2017 bis 25.6.2017 geltend zu machen.
Zufolge § 16 Abs. 1 WMG müssen jedoch zur Ablehnung oder Einstellung der Leistungen folgende Punkte erfüllt sein:
„Wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person
a) trotz Aufforderung
b) unter Setzung einer angemessenen Frist und
c) nachweislichem Hinweis auf die Rechtsfolgen
d) ohne triftigen Grund
e) nicht rechtzeitig mitwirkt, indem sie
1. die zur Durchführung des Verfahrens von der Behörde verlangten Angaben nicht macht oder
2. die von der Behörde verlangten Unterlagen nicht vorlegt oder
3. soweit nicht für die Anrechnung die statistisch errechneten Durchschnittsbedarfssätze herangezogen werden können, gesetzliche oder vertragliche Ansprüche, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich), verfolgt, wobei eine offenbar aussichtslose, unzumutbare oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbundene Geltendmachung von Ansprüchen nicht verlangt werden kann,
ist die Leistung einzustellen oder abzulehnen. Eine Nachzahlung für die Zeit der Einstellung oder Ablehnung unterbleibt. Ein triftiger Verhinderungsgrund ist von der Hilfe suchenden oder empfangenden Person glaubhaft zu machen und entsprechend zu bescheinigen.“
Das Aufforderungsschreiben wurde zwar am 27.6.2017 erstellt und nach einem, im Akt der Behörde einliegenden Protokoll-Ausdruck, am 28.6.2017 versandt, wann das Schreiben jedoch nachweislich zugestellt wurde, kann dem Akt nicht entnommen werden, da kein Zustellnachweis im Akt einliegt. Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist jedoch eine öffentliche Urkunde und stellt einen vollen Beweis über die Zustellung dar. Da jedoch keine ordnungsgemäße Zustellung des Aufforderungsschreibens festgestellt werden konnte, wurde der Beschwerdeführer zum einen nicht nachweislich im Sinne des § 16 Abs. 1 WMG auf die Rechtsfolgen der Nichtwirkung hingewiesen bzw. konnte zum anderen gar keine Verpflichtung zur Mitwirkung ausgelöst werden.
Die Abweisung des Antrages erweist sich daher als rechtswidrig und war daher der Bescheid spruchgemäß aufzuheben und die Leistungen zuzuerkennen.
Zur Richtsatzberechnung:
Gemäß § 1 Abs. 2 und Abs. 4 WMG-VO 2016 ergibt sich für die Bedarfsgemeinschaft ein Mindeststandart in Höhe von € 1.709,04 (€ 628,32 für jede volljährige Person sowie € 226,20 für jede minderjährige Person).
Der Beschwerdeführer hat im Mai 2017 ein Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von € 1.117,72 lukriert. Frau D. A. hat vom AMS im Mai 2017 für 26 Tage eine anrechenbare Beihilfe zu Kursnebenkosten von € 1,97 täglich, somit in Höhe von € 51,22, erhalten.
Der Antrag wurde am 2.6.2017 gestellt und würde der Bedarfsgemeinschaft damit aliquot für 29 Tage ein Mindeststandart in Höhe von € 1.651,84 zustehen (€ 1.709,04 dividiert durch 30 Tage ergibt € 56,96 mal 29 Tage). Nach dem Zuflussprinzip wurden Frau D. A. die AMS-Kursnebenkosten Mai im Juni und ihrem Gatten das Einkommen vom Mai 2017 in Höhe von € 1.117,72 im Juni ausbezahlt. Diese Beträge sind vom aliquoten Mindeststandart abzuziehen und ergibt sich damit für Juni 2017 ein Anspruch auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Höhe von € 482,90.
Für Juli 2017 ergibt sich ein Mindeststandart von € 1.709,04. Von diesem sind an Einkommen für Frau D. A. AMS-Kursnebenkosten von € 3,94 (€ 1,97 für zwei Tage) sowie AMS-Leistungen für Herrn Al. F. A. von € 11,19 für 5 Tage (26.6.2017 bis 30.6.2017), somit € 55,95, in Abzug zu bringen. Das ergibt einen Anspruch in Höhe von € 1.649,15.
Für August 2017 ergibt sich ein Mindeststandart von € 1.709,04. Von diesem sind an Einkommen die AMS-Leistungen von Herrn Al. F. A. in Höhe von € 346,89 (€ 11,19 mal 31 Tage) in Abzug zu bringen. Das würde einen Anspruch in Höhe von € 1.362,15 ergeben. Da der Bedarfsgemeinschaft bereits von der belangten Behörde ab 4.8.2017 Leistungen nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz zuerkannt wurden, ergibt sich für den Zeitraum 1.8.2017 bis 3.8.2017 noch ein aliquoter Anspruch in Höhe von € 131,82.
Da Mietbeihilfe nach den gesetzlichen Bestimmungen erst ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat gebührt, besteht für Juni 2017 kein Anspruch.
Für Juli und August 2017 ergibt sich folgender Anspruch:
Die Miete für die gegenständliche Wohnung beträgt € 680,00. Nach § 2 Abs. 1 Z 2 WMG-VO beträgt die Mietbeihilfenobergrenze für 3 bis 4 Personen € 328,27 und ist dieser Wert zur Berechnung heranzuziehen. Von diesem Ausgangswert ist gemäß § 8 Abs. 2 Z. 2 WMG für jede volljährige Person ein Betrag in Höhe von € 157,08 – somit insgesamt € 314,16 - abzuziehen. Damit ergibt sich eine Mietbeihilfe in Höhe von € 14,11 monatlich.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Mindestsicherung; Mitwirkungspflicht, Aufforderung, Zustellung; Einkommen, ZuflussprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.003.RP08.11567.2017Zuletzt aktualisiert am
14.11.2017