TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/3 VGW-151/081/10735/2017

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Veröffentlicht am 03.10.2017
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Entscheidungsdatum

03.10.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AVG §13 Abs3
NAG §19 Abs3
NAG §19 Abs8
NAG-DV §6 Abs1
NAG-DV §7 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Szep über die Beschwerde des Herrn A. M., geb.: 1988, STA: Syrien - Arabische Republik, K., …, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 3.2.2017, Zahl MA35-9/3149461-01, mit welchem der Antrag vom 29.11.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1991 idgF iVm § 19 Abs. 3 NAG 2005 idgF zurückgewiesen wurde,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom 3. Februar 2017 wies die belangte Behörde den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers vom 29. November 2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück. Begründend wurde dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass seinem Antrag keine Kopie seines gültigen Reisepasses beigelegt worden wäre. Der Beschwerdeführer wäre mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 aufgefordert worden, die fehlenden Unterlagen innerhalb von vier Wochen nachzureichen. Da der Beschwerdeführer dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachgekommen sei, wäre sein Antrag zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Einschreiter zunächst darlegte, dass ihm aus dem Schreiben vom Dezember 2016 nicht ersichtlich gewesen sei, welche fehlenden Unterlagen benötigt werden. Des Weiteren brachte er vor, dass sein Reisepass nur mehr für die Dauer von einem Jahr gültig gewesen wäre und er einen neuen Reisepass ausstellen lassen hätte müssen. Dem Beschwerdeschriftsatz beiliegend übermittelte er eine Kopie der ersten vier Seiten seines Reisepasses und eine Bestätigung der Syrischen Arabischen Republik über die Erneuerung seines Reisepasses am 6. April 2017.

Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, welcher als erwiesen festgestellt wird:

Mit Eingabe vom 18. Oktober 2016, bei der belangten Behörde eingelangt am 29. November 2016, beantragte der nunmehrige Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, bei der Österreichischen Botschaft Kiew die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck „Familienangehöriger“. Diesem Antrag wurde unter anderem die Kopie der ersten beiden Seiten sowie der Seiten 46 und 47 seines Reisepasses beigelegt, wobei sich aus diesen Seiten weder der Zeitpunkt der Ausstellung noch der Gültigkeit des Reisepasses ergibt.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2016, welches dem Beschwerdeführer am selben Tag durch die Österreichische Botschaft Kiew zugestellt wurde, forderte die belangte Behörde den Rechtsmittelwerber unter Hinweis auf die Bestimmung des § 19 Abs. 8 NAG gemäß § 13 Abs. 3 AVG auf, eine Kopie seines gültigen Reisedokuments vorzulegen. In diesem Schreiben wurde weiters ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der aufgetragenen Verbesserung des gegenständlichen Anbringens innerhalb einer Frist von vier Wochen nachzukommen ist, widrigenfalls sein Antrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde.

Nachdem das Schreiben vom 6. Dezember 2016 unbeantwortet blieb, erging der am 1. April 2017 erlassene und nunmehr angefochtene Bescheid.

Diese Feststellungen gründen sich auf nachstehende Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, zumal der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen war und sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollumfänglich der Aktenlage entnehmen lässt.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 3 NAG ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise für den jeweiligen Aufenthaltszweck (Abs. 2) dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.

Gemäß § 6 Abs. 1 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) sind die nach den §§ 7 bis 9 sowie nach § 56 NAG bei der Antragstellung erforderlichen Urkunden und Nachweise der Behörde oder Berufsvertretungsbehörde jeweils im Original und in Kopie vorzulegen.

Gemäß § 7 Abs. 1 der NAG-DV sind dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 1) – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den §§ 8 und 9 – folgende Urkunden und Nachweise anzuschließen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2.

Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument (nur bei Erstanträgen);

3.

Lichtbild des Antragstellers gemäß § 2a;

4.

erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde;

5.

Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, insbesondere Miet- oder Untermietverträge, bestandrechtliche Vorverträge oder Eigentumsnachweise;

6.

Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht (§ 11 Abs. 2 Z 3 NAG);

7.

Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts, insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung.

 

Gemäß § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ist somit unter anderem ein gültiges Reisedokument beizufügen (vgl. 7 Abs. 1 Z 1 der NAG-DV). Im Falle der unterbliebenen Vorlage der erforderlichen Urkunden ist die Behörde nicht zur sofortigen Zurückweisung des Ansuchens berechtigt, sondern in Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG verpflichtet, den Einschreiter unter Setzung einer angemessenen Frist zur Vorlage der ausstehenden Urkunden aufzufordern. Erst nach fruchtlosem Verstreichen einer so gesetzten angemessenen Frist ist das Anbringen durch die Behörde zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH vom 3. März 2011, Zl. 2009/22/0080).

Der Beschwerdeführer legte seinem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 18. Oktober 2016 lediglich eine Kopie der ersten beiden Seiten sowie der Seiten 46 und 47 seines Reisedokuments vor. Aus diesen kopierten Seiten ist jedoch weder der Ausstellungszeitpunkt noch die Dauer der Gültigkeit des Reisepasses ersichtlich. Da für die belangte Behörde somit unklar war, ob der Reisepass des Rechtsmittelwerbers überhaupt gültig ist bzw. gegebenenfalls für welche Dauer – die Gültigkeitsdauer des Reisedokuments ist insbesondere für die Dauer des Aufenthaltstitels entscheidend – , forderte die belangte Behörde den Einschreiter mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 zu Recht gemäß § 13 Abs. 3 AVG auf, eine Kopie des gültiges Reisedokuments vorzulegen. Der Rechtsmittelwerber kam diesem, ihm unbestrittenermaßen ordnungsgemäß zugestellten Schreiben, und der unter entsprechender Fristsetzung und Vorhalt der Zurückweisung des Ansuchens im Falle des erfolglosen Verstreichens dieser Frist zur Vorlage seines gültigen Reisepasses getätigten Aufforderung, jedoch weder innerhalb der ihm gesetzten Frist noch bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides am 1. April 2017 nach. Damit ließ er jedoch auch die durch Zuwarten der Behörde gewährte faktische Fristerstreckung um fast weitere drei Monate ungenützt. Ebenso brachte er trotz diesbezüglicher Belehrung keinen Zusatzantrag gemäß § 19 Abs. 8 NAG ein. Der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid erweist sich daher als rechtmäßig.

Dem Beschwerdevorbringen, dass aus dem Schreiben vom Dezember 2016 nicht ersichtlich wäre, welche fehlenden Unterlagen benötigt werden, ist entgegen zuhalten, dass im Aufforderungsschreiben nach § 13 Abs. 3 AVG klar und deutlich festgehalten wurde, dass dem Rechtsmittelwerber ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG erteilt werde und die Kopie des gültigen Reisedokuments nachzureichen ist. Weiters wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der gegenständliche Antrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen wird, wenn der Beschwerdeführer dem Verbesserungsauftrag nicht ab Erhalt innerhalb von vier Wochen nachkommt. Zwar wurde der Beschwerdeführer in diesem Schreiben auch aufgefordert andere Unterlagen nachzureichen, jedoch ergibt sich bereits aus dem Aufbau des Schreibens, dass sich die Aufforderung zur Nachreichung der weiteren Unterlagen nicht auf die Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG stützt. Schließlich ist die mangelnde Erbringung dieser weiteren Unterlagen auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, zumal sich der angefochtene Bescheid lediglich auf die fehlende Kopie des gültigen Reisepasses bezieht.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass sein Reisepass nur mehr für ein Jahr gültig gewesen wäre und er einen neuen Reisepass ausstellen lassen hätte müssen, ist anzumerken, dass dieser Umstand den Beschwerdeführer nicht gehindert hätte, eine Kopie seines gültigen Reisedokuments vorzulegen. Des Weiteren hat der Rechtsmittelwerber erst im Rahmen seines Beschwerdevorbringens behauptet, dass sein Reisedokument nur mehr für ein Jahr gültig sei und er dieses verlängern lassen müsse, wobei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen ist, dass im Fall der Zurückweisung eines Antrags gemäß § 13 Abs. 3 AVG Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens nur die Frage ist, ob dem Antragsteller von der Behörde zu Recht eine Sachentscheidung verweigert wurde. Eine Auseinandersetzung der belangten Behörde mit den Gründen der Nichtvorlage des gültigen Reisepasses konnte jedoch mangels entsprechenden Vorbringens des Einschreiters im behördlichen Verfahren nicht erfolgen. Demnach kann auch die Behebung des zu der Zurückweisung des Anbringens führenden Mangels im Rechtsmittelverfahren nicht mehr nachgeholt werden (vgl. VwGH vom 21. März 2013, Zl. 2012/09/0120, VwGH vom 27. Juni 2002, Zl. 98/07/0147 uvam).

Letztlich ist auch anzumerken, dass entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Fristsetzung gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Behebung des Gebrechens eines Ansuchens dient, nicht jedoch dem Zweck, notwendige Unterlagen erst zu beschaffen. Die gesetzte Frist muss daher zur Vorlage und nicht zur Beschaffung der fehlenden Unterlagen angemessen sein (vgl. VwGH vom 29. Oktober 1992, Zl. 92/10/0191, VwGH vom 1. April 2008, Zl. 2007/06/0281). Die mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 gesetzte Frist von vier Wochen, welche überdies durch Zuwarten der Behörde faktisch um fast weitere drei Monate erstreckt wurde, erscheint zur Vorlage der Kopie eines gültigen Reisepasses jedenfalls als ausreichend und kann diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit des gegenständlichen Bescheides erkannt werden.

Somit war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verbesserungsauftrag, Frist, Fristerstreckung, mangelhaftes Anbringen, gültiges Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.151.081.10735.2017

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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