TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/17 L503 2129792-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.10.2017
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Entscheidungsdatum

17.10.2017

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L503 2129792-1/78E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Mag. Gabriele Buchegger, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 08.04.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 11.05.2017, 22.06.2017, 29.06.2017 und 20.09.2017, zu Recht erkannt:

A.)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1.1. Am 13.7.2015 richtete die nunmehrige Beschwerdeführerin, Frau XXXX (im Folgenden kurz: "BF") per E-Mail eine Eingabe an die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz "OÖGKK") im Hinblick auf die "Mitteilung einer nicht erfolgten Anmeldung". Darin führte die BF näher aus, wie sie "soeben erfahren" habe, sei ihr "Angestelltenverhältnis bei der Firma XXXX , vom 01.12.2014 bis 31.03.2015 unzulässigerweise nicht bei der OÖGKK gemeldet worden."

In einer Beilage übermittle sie diesbezüglich einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl des LG XXXX zur GZ. XXXX , ihren "Angestelltendienstvertrag" vom 27.11.2014 und ihr "Dienstzeugnis vom 04.04.2015" betreffend ihr Angestelltenverhältnis zur Firma XXXX

.

Sie beantrage daher – leider habe sie vom Umstand, dass sie nicht gemeldet war, "erst jetzt gerade erfahren" – ihre Anmeldedaten bei der Firma XXXX "mit einem monatlichen Entgelt von 1.800,00 EUR netto, brutto 2.772,45, vom 01.12.2014 bis 31.03.2015 zu korrigieren (zzgl. Kündigungsentschädigung von weiteren 2 Monaten – siehe Beilagen)."

1.2. Der von der BF – in Kopie – vorgelegte "Angestelltendienstvertrag" vom 27.11.2014 sieht vor, dass die BF folgende Aufgaben für den Dienstgeber XXXX übernimmt: "Inkasso und Ausschank im Buffett, Betreuung der tankenden Kunden, Terminvereinbarungen, Bedienung der Waschanlage sowie Geldentgegennahme bzw. Aufnahme von Bankomatzahlungen für sämtliche anderen Teilbereiche " Die wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden; die Arbeitszeiten seien fix vorgegeben und würden im Büro aufliegen. Beim gegenständlichen Vertrag handle es sich um einen "All-in-Vertrag", bei dem sämtliche Überstunden abgegolten seien. Das Monatsentgelt betrage € 2.772,45 brutto bzw. € 1.800 netto; es gelte das Angestelltengesetz. Als Kündigungsentschädigung würden "2 Monatslöhne bei ungerechtfertigter Kündigung oder berechtigtem Austritt vereinbart". Der Urlaubsanspruch betrage 30 Werktage je Urlaubsjahr.

Unterfertigt wurde der Vertrag von der BF und seitens der XXXX (Inhaber XXXX ) mit einem unleserlichen Kürzel.

Im ebenfalls (in Kopie) vorgelegten Dienstzeugnis vom 4.4.2015 wird bestätigt, dass die BF in der Zeit vom 1.12.2014 bis zum 31.3.2015 bei der XXXX beschäftigt gewesen sei. Ihr Aufgabengebiet habe im Wesentlichen das Inkasso und die Betreuung der Kunden am Tankstellenareal umfasst. Die BF habe ihre Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit erledigt; die vereinbarten Ziele habe die BF "auch unter schwierigsten Bedingungen zumeist noch übertroffen", es werde "zutiefst" bedauert, dass die BF aus eigenem Wunsch aus dem Unternehmen ausscheide. Unter der Rubrik "Unterschrift/Firmenstempel" befindet sich nur ein unleserliches Kürzel.

1.3. Der von der BF vorgelegte bedingte Zahlungsbefehl des LG XXXX zur GZ. XXXX vom 23.4.2015 (Forderung der BF: € 12.431,12 netto) erhält den Vermerk des Gerichts vom 10.7.2015, dass dieser rechtskräftig und vollstreckbar sei. Beklagte Parteien sind die XXXX und Herr XXXX (Anmerkung des BVwG: der seinerzeitige Komplementär der mittlerweile aufgelösten Firma XXXX , der eine weitere Verfahrenspartei im gegenständlichen Versicherungspflichtverfahren ist, im Folgenden kurz: G. N.).

Darin klagte die BF einen Arbeitslohn vom 1.12.2014 bis zum 31.3.2015 (somit viermal je € 1.800 netto), eine Kündigungsentschädigung (zwei Monatslöhne in Höhe von insgesamt € 3.600 netto) sowie aliquote Weihnachtsremuneration und Urlaubsersatzleistung in Höhe von € 1.631,12 netto ein. Begründend wurde ausgeführt, die Klägerin (die nunmehrige BF) sei als Kellnerin für die Tankstelle und das Buffet sowie für die Betreuung der Waschanlage und der Werkstatt der XXXX bzw. von Herrn G. N. als unselbständige Mitarbeiterin (nach dem AngG) beschäftigt worden. Ihre Arbeitszeit habe 40 Stunden betragen, wobei sich der vereinbarte monatliche Nettolohn auf € 1.800 beziffert habe, mit dem sämtliche Überstunden und Feiertagstätigkeiten abgegolten gewesen seien; die BF habe nie weniger als 54 Wochenstunden geleistet. Der eingeklagte Betrag sei trotz Fälligkeit nicht bezahlt worden. Verwiesen wurde insbesondere auf den Arbeitsvertrag "vom 1.12.2014", der entsprechende Ansprüche der BF vorsehe. Am 1.4.2015 habe die BF den berechtigten vorzeitigen Austritt wegen Nichtzahlung der Löhne ausgesprochen. Als Beweismittel wurden neben diversen Urkunden, wie insbesondere dem Dienstvertrag, Herr XXXX , der Gatte der BF, als Zeuge genannt.

2. Am 21.7.2015 wurde die BF von der IEF-Service GmbH, Geschäftsstelle Linz, zu einem von ihr beim IEF gestellten Antrag auf Insolvenz-Entgelt niederschriftlich befragt.

Dabei gab die BF an, sie sei ab Juli 2014 mit einem kleinen Shop in der Tankstelle des G. N. auf geringfügiger Basis selbständig erwerbstätig gewesen; sie habe Brötchen, Getränke und Süßigkeiten verkauft und bei den Tankkunden kassiert.

Da der Shop nicht besonders gut gegangen sei und Herr G. N. eine Kellnerin für das sich im selben Gebäude befindliche Buffet gesucht habe, habe die BF begonnen, "ab Dezember 2014 als Kellnerin in seinem Buffet zu arbeiten." Ihre Arbeitszeiten seien immer Montag bis Freitag 06:30 bis 17:00 Uhr und Sonntag 07:00 bis 14:00 Uhr gewesen. Da sie nie eine Zahlung erhalten habe, habe sie mit Schreiben vom 30.3.2015 ihren vorzeitigen und berechtigten Austritt erklärt. Da sie von Beginn an keine Zahlungen erhalten und bereits von ihren Ersparnissen gelebt habe, habe sie sich am 11.3.2015 beim AMS K. erkundigt, welche Ansprüche sie habe, wenn das Dienstverhältnis von ihr selbst gelöst werde. An diesem Tag habe sie auch auf Anraten ihrer AMS-Beraterin in der Annahme, dass nach Ende ihres Arbeitsverhältnisses eine Leistung zugesprochen werde, einen Antrag auf Arbeitslosengeld abgegeben. Nachdem am 8.4.2015 alles zugesperrt und finster gewesen sei, sei ihr klar geworden, dass sie ihr Geld nicht mehr sehen werde.

Ihr Mann habe mit Rechtsanwalt Dr. R., bei dem er einmal gearbeitet habe, Kontakt aufgenommen und eine Klage beim LG S. eingebracht; den entsprechenden Zahlungsbefehl habe sie bereits vorgelegt.

Abschließend gab die BF wörtlich wie folgt an:

"Ich wusste nicht, dass ich von Herrn G. N. nicht bei der OÖGKK angemeldet wurde, dies wurde mir erst durch die IEF-Service GmbH gesagt. Ich habe daraufhin sofort an die OÖGKK geschrieben, dieses Schreiben habe ich Ihnen übermittelt. Die Tatsache, dass ich bei der Fa. XXXX nicht versichert war und mir eine Notstandshilfe bereits ab 11. März 2015 zuerkannt wurde, ist mir nicht aufgefallen, zumal ich meiner Erinnerung nach erst im Mai 2015 eine Zahlung vom AMS erhielt."

3. Mit Aktenvermerk vom 7.8.2015 hielt die OÖGKK fest, dass ein Firmenbuchauszug ergeben habe, dass der angebliche Dienstgeber, die Firma XXXX , mit 25.7.2015 gelöscht worden sei; konkret ergebe sich aus dem diesbezüglich im Akt befindlichen Firmenbuchauszug, dass die Firma XXXX infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst wurde.

Eine Recherche der OÖGKK im Internet habe ergeben, dass die BF einen Backshop an der angegebenen Adresse auf selbständiger Basis betreibe (angeschlossen an den Tankstellen- und Werkstättenbetrieb der KG). Der Ehegatte der BF, Herr XXXX , sei wegen einer Vielzahl an gerichtsanhängigen Streitigkeiten bereits amtsbekannt. Seitens der OÖGKK werde eine versuchte Scheinanmeldung zur Erlangung von Sozialleistungen vermutet, im aktuellen Fall insbesondere Auszahlung von Entgelt aus dem Insolvenzentgelt-Fonds. Es sei am 6.8.2015 ein einstweiliger Stopp an Auszahlungen vom Insolvenzentgelt-Fonds bis zum Abschluss der Prüfung veranlasst worden. Laut telefonischer Rücksprache mit dem AMS sei die BF vom AMS bereits aufgefordert worden, bis 18.7.2015 zu ihrem nun vorgebrachten Dienstverhältnis Auskünfte zu erteilen.

Die BF verfüge seit November 2014 über zwei Gewerbescheine, sei aufgrund ihres geringen Einkommens aber nicht nach dem GSVG versichert; sie beziehe, ebenso wie ihr Gatte, seit vielen Jahren Notstandshilfe.

Seitens der OÖGKK sei am 7.8.2015 mit dem Rechtsanwalt bzw. Masseverwalter von Herrn G. N. telefonisch der Sachverhalt erörtert worden. Herr RA Dr. W. S. könne sich nicht vorstellen, dass ein Dienstverhältnis mit der BF bestanden haben soll, weil diese den Backshop selbständig betrieben habe. Seines Wissens nach hätten (auf Betreiben der BF) vier Personen im Nachhinein Entgeltforderungen gestellt, wobei G. N. nur bei einer dieser Personen bestätigt habe, dass diese für ihn gearbeitet hat. Weiters habe RA Dr. W. S. mitgeteilt, dass es schwierig sei, von Herrn G. N. brauchbare Auskünfte zu bekommen, er werde sich aber bei dessen Angehörigen "umhören", die Unterschriften von G. N. auf den bei der OÖGKK aufliegenden Dokumenten mit den bei ihm aufliegenden Dokumenten vergleichen und sich dann wieder bei der OÖGKK melden.

Seitens der OÖGKK sei vorerst die Stornierung der durchgeführten Anmeldung veranlasst worden.

Im Akt befinden sich diesbezüglich ein von der OÖGKK abgerufener Versicherungsdatenauszug die BF betreffend und zwei Gewerberegisterauszüge die BF betreffend (Gewerbe der BF ab 10.11.2014: "Handelsgewerbe" bzw. "Gastgewerbe in der Betriebsart Buffet"). Zudem befinden sich im Akt umfangreiche Ausdrucke der Webpräsenz des " XXXX ", den die BF geführt hatte.

4. Mit E-Mail vom 7.8.2015 übermittelte die OÖGKK RA Dr. W. S. die von der BF vorgelegten Unterlagen (Dienstvertrag, Dienstzeugnis) und ersuchte darum, die darauf aufscheinenden Unterschriften von Herrn G. N. mit den in der Kanzlei aufliegenden Unterschriften von Herrn G. N. zu vergleichen und die OÖGKK im Fall einer offensichtlichen Abweichung zu verständigen. Zudem wurde RA Dr. W. S. ersucht, allfällige weitere Hinweise zu dem von der BF behaupteten Dienstverhältnis der OÖGKK mitzuteilen.

5. Mit Schreiben vom 7.8.2015 teilte RA Dr. W. S. der OÖGKK einleitend mit, dass Herr G. N. nicht sein Klient sei; vielmehr sei er der Masseverwalter von G. N. Er übermittle der OÖGKK im Anhang zwei bei ihm aufliegende Unterschriftsproben von G. N. Im Hinblick auf das behauptete Dienstverhältnis der BF habe er keine neuen Erkenntnisse.

6. Mit Schreiben vom 9.9.2015 teilte die OÖGKK der BF mit, dass eine Anmeldung als Dienstnehmerin der XXXX nicht möglich sei. Die BF habe nämlich die beschriebene Tätigkeit offenbar auf selbständiger Basis durchgeführt, was aus ihren Schilderungen auf ihrer Homepage XXXX hervorgehe.

Nach den Bestimmungen des ASVG seien für die Beurteilung von Sachverhalten die tatsächlichen Verhältnisse und nicht die äußere Erscheinungsform ("Angestelltendienstvertrag") maßgeblich; der vorgelegte Zahlungsbefehl entfalte für die Kasse keine Bindungswirkung. Im Hinblick auf eine eventuelle Pflichtversicherung nach dem GSVG werde die BF ersucht, sich mit der SVA in Verbindung zu setzen.

7. Mit Schreiben vom 10.9.2015 teilte die BF der OÖGKK mit, dass sie sehr wohl bei der Firma XXXX unselbständig erwerbstätig gewesen sei. Die Eindrücke der OÖGKK auf der "von ihr nicht ins Netz gestellten Homepage XXXX " seien unrichtig und sie beantrage ausdrücklich die bescheidmäßige Abweisung ihres Ansuchens, um den Rechtsweg bestreiten zu können.

8. Am 11.9.2015 übermittelte RA Dr. W. S. der OÖGKK eine (von einer Steuerberatungskanzlei am 31.8.2015 erstellte) Aufstellung betreffend "Forderungsanfragen" im Schuldenregulierungsverfahren der Firma XXXX . Darin wird im Einzelnen dargestellt, dass insgesamt vier Dienstnehmer Forderungen geltend gemacht hätten. Zu drei dieser Dienstnehmer wird im Einzelnen auf die von diesen geltend gemachten Forderungen und auf allfällige Abrechnungen der Lohnverrechnung bis einschließlich 8.6.2015 eingegangen. Im Hinblick auf die BF wird darin nur ausgeführt, diese sei nie Dienstnehmerin der XXXX gewesen; die Forderungen würden zu Unrecht bestehen.

9. Am 29.9.2015 übermittelte RA Dr. W. S. dem IEF ein Anmeldungsverzeichnis betreffend Forderungen von Dienstnehmern der XXXX . Was die Forderung der BF anbelange, so liege ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Zahlungsbefehl vor, sodass er diese Forderung habe anerkennen müssen, obwohl seitens der Steuerberatungskanzlei von G. N. betont worden sei, dass die BF nie eine Dienstnehmerin der XXXX gewesen sei. Letztere Ansicht würde allerdings im deutlichen Widerspruch zu dem von der BF vorgelegten Angestelltendienstvertrag vom 27.11.2014 sowie dem von ihr vorgelegten Dienstzeugnis vom 4.4.2015 stehen, wobei er diese Urkunden dem IEF unter einem übermittle.

10. Mit Aktenvermerk vom 6.11.2015 hielt der IEF unter anderem fest, dass laut Schreiben der Steuerberatungskanzlei von G. N. die BF niemals Dienstnehmerin der XXXX gewesen sei und die Forderungen der BF daher nicht zu Recht bestünden.

Im Übrigen habe die BF laut Mitteilung des AMS K. am 11.3.2015 einen Antrag auf Arbeitslosengeld in elektronischer Form eingebracht; am 18.3.2015 sei sie dann persönlich beim AMS vorstellig geworden. Konkret habe die zuständige Sachbearbeiterin des AMS dem IEF telefonisch mitgeteilt, dass sich die BF mit 1.6.2014 vom Bezug abgemeldet hätte, wobei sie angegeben habe, sie werde mit Ende Mai 2014 den Backshop selbständig übernehmen. Der nächste Kontakt der BF mit dem AMS sei dann ihre elektronische Einbringung des Antrags auf Arbeitslosengeld vom 11.3.2015 gewesen. Am 18.3.2015 sei die BF dann persönlich bei Frau R. beim AMS gewesen und habe dieser mitgeteilt, dass der Antrag auf Arbeitslosengeld "möglicherweise hinfällig werden könnte, da sie – wieder selbständig – ab Mai 2015 wieder einen Backshop übernehmen würde"; daraufhin sei an die BF Arbeitslosengeld für die Zeit ab 1.4.2015 ausbezahlt worden. Allerdings sei dagegen eine Eingabe ihres Gatten – von Herrn XXXX (vormals XXXX ) eingelangt und habe das AMS daraufhin wunschgemäß Arbeitslosengeld ab dem 11.3.2015 bezahlt.

11. Am 17.12.2015 wurde Herrn G. N. (der seinerzeitige Komplementär der mittlerweile aufgelösten Firma XXXX ) – nachdem ein seitens der OÖGKK bereits früher avisierter Termin nicht zustande gekommen war – niederschriftlich zur Frage der Pflichtversicherung der BF befragt.

Dabei gab Herr G. N. zu Protokoll, er habe ab Mai 2014 die Tankstelle von der P. Cooperation gepachtet. Der Pachtvertrag sei mit Jänner 2015 abgelaufen; da die XXXX geplant habe, die Tankstelle zu kaufen, sei die KG noch bis Anfang April 2015 geblieben und habe noch die Pacht weitergezahlt; aus dem Kauf sei letztlich nichts geworden.

Die BF sei Anfang 2014 mit Ihrem Ehegatten, Herrn XXXX , zu ihm gekommen. Sie sei damals glaublich die Leiterin des Vereins XXXX gewesen und habe den Backshop von ihm (von Herrn Herr G. N.) mieten wollen, woraufhin sie einen Mietvertrag abgeschlossen hätten. Der Mietvertrag sei mit dem Verein XXXX mit einer Linzer Adresse abgeschossen worden; später habe sich herausgestellt, dass sich dort keine Firma befand - es sei nur eine Postkastenfirma gewesen.

Der Mietvertrag habe den Backshop umfasst. Es sei vorgesehen gewesen, dass die BF den Backshop betreibt, was bedeute, dass die BF und ihr Gatte dort Brötchen verkauft, aber auch Menüs, Pizza und so weiter selbst gekocht und verkauft hätten. Die Küche habe sich direkt im Backshop befunden und sei ausschließlich von den beiden betrieben worden. Das daneben befindliche Buffet sei von ihm (Herrn G. N.) selbst betrieben worden, wobei es im Buffet nur geschlossene Flaschen (z.B. Bier), "Gespritzte" oder Softgetränke gegeben habe. Die Einnahmen aus dem Buffetbetrieb seien an Herrn G. N. gegangen, es habe dazu eine eigene Kassa gegeben. Gekocht worden sei für das Buffet nicht, sondern ausschließlich für den Backshop, in dem sich auch eine eigene Kassa befunden habe. Die Einnahmen aus Backshop und Buffet seien streng voneinander getrennt worden.

Dessen ungeachtet sei es manchmal vorgekommen, dass "bei Abwesenheit die Arbeiten vom jeweilig anderen Betreiber kurzfristig übernommen wurden". Die BF und ihr Gatte hätten glaublich dienstags und samstags frei gehabt. An diesen Tagen habe er (Herr G. N.) z.B. die Umsätze aus dem Backshop händisch mitgeschrieben. Herr XXXX habe dann diese Umsätze in seiner Kassa nachträglich eingebucht (nur er habe einen Schlüssel für diese Kassa gehabt). Umgekehrt habe Herr XXXX , wenn Herr G. N. einmal nicht da war, die Umsätze des Buffets (hauptsächlich sonntags) händisch vermerkt und in die Kellnerbrieftasche kassiert.

Die Einnahmen aus dem Tankbetrieb seien in eine dritte Kassa gebucht worden, die sich im Backshop befunden habe. Die Kassa sei grundsätzlich von ihm (Herrn G. N.) geführt worden. Nur wenn er gerade nicht da gewesen sei, hätten die BF oder ihr Gatte das Kassieren übernommen. Der Betrieb sei insgesamt so geführt worden, dass eben zwei selbständige Betreiber nebeneinander tätig gewesen seien, die bei Abwesenheit eines Betreibers sich gegenseitig kurzfristig ausgeholfen hätten. Die BF und ihr Gatte hätten die Einkäufe für den Backshop auf eigene Rechnung getätigt.

Die Betriebszeiten des Backshops seien offiziell von ca. 6:00 oder 6:30 Uhr in der Früh bis 17:00 oder 18:00 Uhr gewesen. Diese Betriebszeiten hätten die BF und ihr Gatte selbst festgelegt, er (Herr G. N.) habe darauf keinen Einfluss gehabt. Die BF und ihr Gatte seien aber meistens um 16 Uhr weggefahren, sodass ab dieser Zeit er oder eine Mitarbeiterin von ihm für den Backshop gearbeitet hätten; sie hätten dann z.B. Getränke ausgeschenkt oder Gebäck, Pizza oder Würstel zubereitet und verkauft. Dienstag und Samstag hätten er (Herr G. N.) und seine Mitarbeiterin den Backshop zur Gänze betrieben. Sonntags sei der Backshop nur bis Mittag geöffnet gewesen. Er habe ab Sommer 2014 eine Mitarbeiterin für das Buffet gehabt, und zwar Frau XXXX (im Folgenden auch kurz: "H. G."). Seine anderen Mitarbeiter hätten mit dem Buffetbetrieb und der Tankstelle nichts zu tun gehabt, sondern seien Autoaufbereiter gewesen. Die BF habe keine Mitarbeiter eingestellt.

Die Tankstelle mit dem Buffet sei auch ab ca. 6 oder 7 Uhr geöffnet gewesen. Der Tankstellencomputer sei immer vom Gatten der BF, Herrn XXXX , morgens miteingeschaltet worden. Er selbst (Herr G. N.) sei immer zwischen 8 und 8:30 Uhr morgens gekommen und sei meistens bis 19 oder 20 Uhr abends dagewesen. Das bedeute, er habe, wenn die BF und ihr Gatte nicht mehr da waren, auch den Backshop in ihrem Namen weiterbetrieben. Ca. im Juli oder August 2014 habe er ungefähr einen Monat lang auch den Backshop morgens mit aufgesperrt, weil die beiden erst später hätten kommen können.

Die Getränke für das Buffet hätten nicht die BF und ihr Gatte eingekauft, sondern er selbst. Auf den Betrieb des Backshops selbst habe er keinerlei Einfluss gehabt. Die BF und ihr Gatte hätten selbständig entschieden, welche Menüs sie zubereiten und wie sie ihre Menükarte auflegen. Die Homepage " XXXX " sei glaublich von Herrn XXXX selbst erstellt worden. Herr XXXX habe die Menükarten, Plakate und Werbebanner glaublich bei der Werbeagentur B. in N. in Auftrag gegeben; dann habe Herr XXXX die Rechnung nicht bezahlt, weshalb jemand von der Werbeagentur die Sachen wieder abholen habe wollen; wie der Streit ausgegangen ist, wisse er nicht.

Zu dem von der BF vorgelegten Angestelltendienstvertrag und dem Zeugnis habe er (Herr G. N.) anzugeben, dass er "einen solchen Dienstvertrag und dieses Zeugnis sicherlich nicht selbst verfasst" habe. Wie seine Unterschrift auf diese Formulare gekommen ist, könne er heute nicht mehr sagen. Er habe mit der Familie XXXX ständig Schwierigkeiten gehabt. Anfangs habe er Herrn XXXX "noch vertraut und das eine oder andere Mal auch Sachen, die er mir zur Unterschrift vorgelegt hat (Vollmachten, Schriftsätze für Gericht) einfach unterschrieben, ohne sie genau durchzulesen". Herr XXXX habe für ihn "ab und zu Schriftsätze verfasst, da er sich anscheinend in rechtlicher Hinsicht sehr gut auskennt. Dafür brauchte er die Vollmachten. Vielleicht waren da auch dieser Dienstvertrag und das Zeugnis dabei." Jedenfalls sei es aber nie ein Thema gewesen, dass die BF bei ihm in einem Dienstverhältnis stehen sollte. Herr XXXX hätte ihn sicherlich, falls sie tatsächlich ein Dienstverhältnis vereinbart gehabt hätten, sofort nach dem ersten Monat ohne Entgeltzahlung verklagt, "genauso wie er es mit sämtlichen anderen Personen in seinem Umkreis, mit denen er aneckt, macht". Herr XXXX habe ihn z.B. (im Namen seiner Ehegattin) angezeigt, weil er im Buffet nicht mehr als 8 Sitzplätze haben dürfte, weil er nur den Gewerbeschein für das "kleine Gastgewerbe" gehabt habe. Herr XXXX habe dann auch die Polizei S. verklagt, weil sie angeblich zu wenig auf diese Anzeige reagiert habe.

Er glaube, dass die BF aus dem Betrieb des Backshops die ersten Monate sicher zwischen EUR 5.000,00 und EUR 7.000,00 Umsatz gemacht hat; er habe diese Zahlen von Herrn XXXX selbst, weil er ihm das erzählt habe.

Als Miete seien EUR 800,00 monatlich vereinbart worden. Die ersten ein oder zwei Monate sei die Miete gezahlt worden, wobei Herr XXXX einen Teil vom Mietentgelt gleich abgezogen habe, weil angeblich die Stromversorgung nicht richtig funktioniert hat. Ansonsten habe er die Miete nie erhalten. Aus den Gesprächen mit Lieferanten für den Backshop habe er gehört, dass anscheinend auch die Wareneinkäufe von der Familie XXXX nicht bezahlt wurden.

Die Aussage der BF, er hätte eine Kellnerin für das Buffet gesucht, sei falsch. Der Buffetbetrieb sei so gering gewesen, dass eine zusätzliche Kellnerin gar nicht nötig gewesen sei. Wie er bereits geschildert habe, habe es sich nur um ein Buffet mit Flaschenverkauf gehandelt und sie hätten sich "nur kurzfristig gegenseitig vertreten."

Zu dem im Angestelltendienstvertrag angeführten Tätigkeitsbereichen gab Herr G. N. wie folgt an:

• "Inkasso und Ausschank im Buffet": "nur teilweise wie geschildert"

• "Betreuung der tankenden Kunden": Die BF habe "keinesfalls die tankenden Kunden ‚betreut‘, sondern höchstens ausnahmsweise die Kassa bedient"

• "Terminvereinbarungen": Er wisse nicht, was damit gemeint sein soll

• "Bedienung der Waschanlage ...": "zur Waschanlage kamen täglich nur vielleicht 2 Autos; ab und zu hat Frau XXXX den Knopf betätigt (dh die Waschanlage eingeschaltet), mehr war nicht zu tun"

• "Aufnahme von Bankomatzahlungen für sämtliche anderen Bereiche (Werkstatt, Reifenhandel, Autoverkauf und Waschanlage)": "damit hatte Frau XXXX überhaupt nichts zu tun (außer wie beschrieben die Bedienung der Waschanlage)"

Zusammenfassend wolle er noch einmal betonen, dass er die BF "sicher nicht als Dienstnehmerin eingestellt" habe. Sie sei vielmehr selbständig und in keiner Weise ihm gegenüber in irgendeiner Form weisungsgebunden gewesen.

Weiters habe ihn etwa Herr XXXX auf EUR 40.000,00 Verdienstentgang geklagt, weil seine Kellnerin (jene von Herrn G. N.) Erdnüsse in einer Schüssel auf den Buffettischen verteilt habe. Dadurch würde Herr XXXX weniger Menüs verkaufen und einen Schaden erleiden. Das Verhältnis zu den XXXX sei dann immer schlechter geworden. Sobald er (Herr G. N.) die ausständige Miete angesprochen habe, sei "wieder eine Anzeige gekommen und ein neuer Streit entbrannt." Geendet habe die Sache damit, dass er die Tankstellenpacht beendet habe. Die Familie XXXX sei aber aus dem Backshop nicht ausgezogen. Eines Tages (ca. im April 2015) habe die P. Cooperation die Schlösser ausgetauscht und die XXXX hätten auch nicht mehr in den Backshop gehen können. Seines Wissens nach sei dann auch die P. Cooperation von Herrn XXXX geklagt worden. Herr XXXX habe dann den alten Betreiber, den neuen Betreiber und ihn (Herrn G. N.) auf Besitzstörung verklagt; die Verfahren seien derzeit noch am Laufen.

Aufgrund der ganzen Streitigkeiten sei auch auszuschließen, dass er der BF am 4.4.2015 ein derartiges Dienstzeugnis ausgestellt habe. Wie das Formular zu Stande gekommen ist, wisse er nicht. Dazu falle ihm noch ein, dass auf Dienstvertrag und Dienstzeugnis kein Firmenstempel vorhanden sei; normalerweise habe er aber auf alle Dokumente einen Firmenstempel gesetzt.

12. Mit Bescheid vom 17.12.2015 wies der IEF den Antrag der BF auf Insolvenz-Entgelt auf Grund der Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels hinreichenden Vermögens der Firma XXXX gemäß § 1 Abs 1 IESG ab.

Begründend stellte der IEF zunächst den bisherigen Verfahrensgang dar und gab die niederschriftlichen Angaben von Herrn G. N. vor der OÖGKK wieder. Sodann wurde insbesondere nochmals darauf hingewiesen, dass die BF am 11.3.2015 beim AMS K. elektronisch einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe eingebracht habe; im Antragsformblatt habe sie alle Fragen im Zusammenhang mit ihrer zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit mit "Selbständigkeit" beantwortet. Die Höhe ihres Einkommens habe sie dabei mit € 150,00 beziffert. Unter den weiteren spezifischen Fragen würden sich keinerlei Angaben zum nunmehr behaupteten Dienstverhältnis zur Gemeinschuldnerin befinden.

Ebenfalls am 11.03.2015 habe sie eine elektronische "Arbeitslosmeldung gemäß § 17 AIVG" eingebracht, in der sie die Frage nach den Beschäftigungsverhältnissen der letzten zwei Jahre folgendermaßen beantwortet habe: " XXXX - Selbständige - 01.06.2014 bis 10.03.2015."

Von der ehemaligen Steuerberatungskanzlei der Gemeinschuldnerin sei zu den Forderungen der BF folgende Stellungnahme abgeben worden:

"Frau XXXX war nie Dienstnehmerin bei der XXXX . Aus unserer Sicht bestehen die Forderungen nicht zu recht."

Eine Abfrage aus dem Gewerbeinformationssystem habe ergeben, dass die BF am Standort der Tankstelle der XXXX seit 10.11.2014 bzw. 11.11.2014 Inhaberin von Gewerbeberechtigungen für das Handelsgewerbe und das Gastgewerbe in der Betriebsart Buffet sei.

Subsumierend führte der IEF nach Darstellung von § 1 Abs 1 IESG aus, die fehlende Anmeldung ihres angeblichen Dienstverhältnisses zur Sozialversicherung samt der Aussage des Herrn G. N., ein Dienstverhältnis nicht begründet zu haben und insbesondere ein Dienstzeugnis des vorgelegten Inhalts zum konkreten Datum weder ausgestellt noch unterfertigt zu haben, lasse die IEF-Service GmbH, insbesondere in Zusammenschau mit dem gänzlichen Fehlen von dementsprechenden Angaben in den von ihr zeitnah erstellten Schriftstücken, zur Ansicht kommen, dass ihr Vorbringen zum Bestehen eines Dienstverhältnisses nicht den Tatsachen entspreche. Diese Annahme werde zusätzlich von den verneinenden Angaben des gemeinschuldnerischen Steuerberaters gestützt. Im Gegenteil, korrespondiere die zeitnahe Anmeldung eines Gewerbes mit der Darstellung des Herrn G. N. und gehe diese in Richtung einer gemeinsamen selbstständigen Erwerbstätigkeit der Eheleute XXXX und XXXX .

Das Vorbringen der BF über ein Angestelltendienstverhältnis zur Gemeinschuldnerin sei "somit als Schutzbehauptung hin auf die Erlangung von Insolvenz-Entgelt einzuordnen" und die Zuerkennung von Insolvenz-Entgelt gemäß § 1 Abs 1 IESG mangels Ansprüchen aus einer Arbeitnehmerstellung im Verhältnis zur Gemeinschuldnerin nicht möglich.

13. Am 4.1.2016 langte bei der OÖGKK ein Schreiben von Rechtsanwalt Dr. XXXX (im Folgenden kurz: "RA. Dr. W.", dem Vertreter von Herrn

XXXX (im Folgenden kurz: "K. H."), der die verfahrensgegenständliche Tankstelle nach Herrn G. N. übernommen hatte, ein.

Darin teilte RA. Dr. W. mit, sein Mandant habe ihm gegenüber erklärt, dass die BF versuche, "Geld aus dem Insolvenzentgeltsicherungsfonds zu lukrieren, mit der Behauptung, dass sie Angestellte bei der Firma XXXX bzw. bei Herrn G. N. gewesen sei". Laut Information seines Mandanten sei dies unrichtig und habe ihm dieser den Auftrag erteilt, der OÖGKK entsprechende Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Konkret übermittle RA. Dr. W. den Akt des BG XXXX zur Zl. XXXX , dem zu entnehmen sei, dass die BF sich darin selbst als "Unternehmerin" bezeichne. Die BF habe den Backshop in der Zeit vom 1.6.2014 bis zum 9.11.2014 als vertretungsbefugtes Organ der Firma " XXXX " und in der Zeit danach selbst als Einzelunternehmerin betrieben.

Aus den zum Verfahren XXXX übermittelten Unterlagen geht hervor, dass die BF, die sich darin als Unternehmerin bezeichnete, mit Klage vom 23.4.2015 Schadenersatz von K. H. sowie weiteren Beklagten (darunter auch G. N.) begehrte, da das Eingangstürschloss des Backshops am 7.4.2015 (an ihrem Ruhetag) ausgetauscht worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die BF den Backshop an der genannten Liegenschaft "auch ordnungsgemäß betrieben". Die Beklagten würden – näher begründet - versuchen, die BF mit allen Mitteln los zu werden.

Ihren konkreten Schadenersatzanspruch stellte die BF in der Klage wie folgt dar:

"Schadenersatz (Einkommensverlust) wochentags (= werktags) für Montag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag (Dienstag und Samstag war Ruhetag, daher an diesen Tagen kein Einkommensverlust) in der Höhe von täglich 50,00 EUR und Sonn- und Feiertagen in der Höhe von 110,00 EUR, sodass dies im Zeitraum von 08.04.2015 bis 22.04.2015 insgesamt einen Schadenersatz für 9 Werktage zu je 50,00 EUR pro Tag, sohin 450,00 EUR; zzgl. Sonntage in diesem Zeitraum, insgesamt 2 Sonntage zu je 110,00 EUR, sohin 220,00 EUR; zzgl. der von der Firma P. eingekauften und durch den nicht möglichen Verkauf (Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums) der verdorbenen Waren von Fleisch und Wurst in der Höhe von 273,12 EUR, sohin den Schadenersatzbetrag von derzeit 943,12 EUR ergibt."

Übermittelt wurden von RA. Dr. W. diesbezüglich zudem ein Beschluss des BG A. vom 28.4.2015, mit dem die Klage der BF wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen wurde; ein entsprechender Überweisungsantrag der BF vom 11.5.2015 und ein Beschluss des BG A. vom 13.5.2015, wonach die Zurückweisung der Klage aufgehoben und die Rechtssache an das BG S. überwiesen wird; ein Schreiben der BF an das BG S. vom 16.6.2015, wonach die BF "infolge gütlicher Einigung sämtlicher Angelegenheiten zwischen den Streitparteien" ihre Klage unter Anspruchsverzicht zurückziehe.

14. Am 8.1.2016 wurde Frau H. G., eine ehemalige Dienstnehmerin der XXXX , niederschriftlich als Zeugin zur Frage der Pflichtversicherung der BF befragt.

Dabei gab sie an, sie sei für die XXXX in der Zeit vom 3.6.2014 bis Ende April 2015 als geringfügig beschäftigte Dienstnehmerin tätig gewesen. Sie sei immer nur stundenweise im Dienst gewesen, wenn Herr G. N. sie kurzfristig gebraucht habe, und zwar in etwa 11 bis 12 Stunden in der Woche.

Sie sei für die Betreuung der Zapfsäulen und das Buffet von Herrn G. N. zuständig gewesen. Sie habe dort Flaschengetränke bzw. Kaffee usw. ausgeschenkt. Außerdem habe sie die Kassen von Tankstelle und Buffet bedient. Bei der Tankstelle habe sich darüber hinaus ein Backshop befunden, der von Herrn XXXX und der BF, Frau XXXX , gepachtet worden sei. Pächterin sei glaublich offiziell die BF gewesen. Beim Backshop habe sich außerdem eine Küche befunden, in der ausschließlich Herr und Frau XXXX gekocht hätten. Anfangs (etwa im Sommer 2014) sei es auch noch so gewesen, dass ihre Kundschaften "drüben beim Backshop z.B. diverse Menüs bestellt haben und die XXXX diese dann ins Buffet herüber gebracht haben und auch das Geld kassiert haben."

Zur Frage, ob die BF für die XXXX als Dienstnehmerin gearbeitet haben kann, gab H. G. an, ein Dienstverhältnis der BF könne aus ihrer Sicht "unmöglich bestanden haben". Herr XXXX und die BF hätten sich "benommen wie sich halt ein Selbständiger benimmt". Sie hätten den Backshop eigenverantwortlich geführt und sämtliche Lebensmittel selbst gekauft. Herr G. N. habe weder Einfluss darauf gehabt, was eingekauft wurde, noch habe er Einfluss auf die Preisgestaltung oder Öffnungszeiten gehabt. Es habe auch niemand anderer auf die Kassa des Backshops zugreifen können. Anfangs sei es zwar "noch so gelaufen, dass man sich gegenseitig ausgeholfen hat." Das bedeute, wenn der Backshop nicht besetzt war, hätten sie (gemeint: Frau H. G. bzw. Herr G. N.) das Geld im Namen der XXXX "entgegengenommen und hingelegt". Umgekehrt hätten die XXXX kurzfristig im Buffet ausgeholfen. Ansonsten sei es so gewesen, dass sie keine direkten Berührungspunkte gehabt hätten. Keinesfalls habe es sich aber um ein Dienstverhältnis gehandelt, sondern "um ein gegenseitiges kurzfristiges Einspringen".

Die Frau H. G. von der OÖGKK vorgelesene Tätigkeitsbeschreibung aus dem "Angestelltendienstvertrag" der BF entspreche "absolut nicht den tatsächlichen Verhältnissen". Keinesfalls könne die BF 40 Wochenstunden für die Nimmrichter KG als Dienstnehmerin gearbeitet haben; sie wäre ja sonst quasi ihre Kollegin gewesen. Die XXXX hätten z. B. nicht einmal die Müllsäcke vom Backshop herausgetragen; das habe letztendlich sie gemacht. Soweit sie wisse, hätten die XXXX auch die Pacht des Backshops nicht bezahlt und ebenso wenig die Lieferanten. Was die "Betreuung der tankenden Kunden" betreffe, so hätten "die XXXX höchstens ab und zu die Kassa der Tankstelle bedient". Dies könne "höchstens ausnahmsweise der Fall gewesen sein, weil ja grundsätzlich Herr G. N. den ganzen Tag in der Tankstelle war". Die Tankstelle sei auch nicht besonders gut gegangen, es habe täglich vielleicht höchstens 10 Tankungen gegeben. Bei der Waschanlage seien täglich vielleicht drei Kunden gewesen, sie wisse das deshalb, weil sie teilweise die Tagesabrechnungen von Buffet und Tankstelle gemacht habe.

Anfangs sei das Verhältnis zwischen den XXXX , Herrn G. N. und ihr (der Zeugin H. G.) "ganz normal" gewesen, es habe ein freundlicher Umgang geherrscht. Dies habe sich aber bald geändert; es sei zu Streitigkeiten wegen der ausstehenden Pacht gekommen. Dann hätten die XXXX angefangen, "wegen allem möglichen Klagen zu verfassen". Sie (Frau H. G.) sei z.B. auf EUR 18.000,00 Schadenersatz verklagt worden, weil sie sich privat 8 Krapfen gekauft und diese ins Buffet mitgenommen habe. Die Klage sei ihr von Herrn XXXX in einem neutralen Kuvert persönlich in die Hand gedrückt worden. In der Klage sei Rechtsanwalt Dr. XXXX , der damalige Rechtsanwalt der XXXX , als Verfasser namentlich angeführt gewesen, woraufhin sie zu Herrn Dr. XXXX gegangen sei. Sie habe den Anwalt darauf hingewiesen, dass die Klage ja gar nicht richtig formuliert gewesen sei (es sei eine 3-tägige Frist darin gestanden und die Klage hätte ihr persönlich zugestellt werden müssen). Herr G. N. habe ihr dann erzählt, dass Dr. XXXX das Mandat für die XXXX kurz darauf zurückgelegt habe, woraufhin sie nie wieder etwas von dieser Klage gehört habe.

Aus den Tankabrechnungen habe sie im Übrigen gesehen, dass des Öfteren in der Nacht, das heißt, wenn die Tankstelle geschlossen war, getankt wurde, ohne zu zahlen, was sie auch Herrn G. N. gesagt habe. Als Herr XXXX von Herrn G. N. darauf angesprochen worden sei, habe Herr XXXX versprochen, die Rechnung dafür nachzubringen, was er aber nie getan habe. Sie höre von verschiedenen Seiten, "dass die XXXX alle möglichen Leute ständig mit Klagen belästigen."

Irgendwann im Frühjahr 2015 habe sich Herr G. N. dann entschieden, sämtliche Schlösser von Backshop und Buffet auszutauschen, damit die XXXX nicht mehr hineinkönnen. Es habe dann einen "riesigen Aufruhr" gegeben und die XXXX hätten wieder Klagen ausgeschickt. Inzwischen sei die Tankstelle von der P. an Herrn K. H. verkauft worden, sein Sohn führe die Werkstatt und das Buffet und der Backshop sei an Herrn S. S. verpachtet worden. Sie arbeite wieder geringfügig so wie früher in der Tankstelle; Buffet und Backshop seien aber jetzt zusammengelegt.

15. Mit Schriftsatz vom 14.1.2016 erhob die BF Klage gegen den ihren Antrag auf Insolvenz-Entgelt abweisenden Bescheid des IEF vom 17.12.2015.

Darin verwies die BF nochmals auf ihr Dienstverhältnis bei der Firma

XXXX laut vorgelegtem Angestelltendienstvertrag. Da die Firma XXXX keine Zahlungen an die BF geleistet habe, habe der Ehemann der BF,

XXXX , die Sache zur gerichtlichen Durchsetzung in die Hand genommen und den Dienstgeber samt seines Komplementärs vor dem LG S. zur Gz.:

XXXX wegen 12.431,12 EUR netto samt Anhang geklagt; gegen diesen Zahlungsbefehl hätten die Beklagten Einspruch erhoben und sei eine Tagsatzung beim LG S. anberaumt worden, wobei die Beklagten rund um G. N. samt seiner Kommanditgesellschaft ihre Einsprüche "wegen völliger Aussichtslosigkeit der Einsprüche - immerhin lagen Dienstverträge und dgl. vor" zurückgezogen hätten. Die Zahlungsbefehle seien daher rechtskräftig und die arbeitsrechtlichen Ansprüche der BF ausdrücklich akzeptiert worden.

Durch seine vor der OÖGKK erstatteten Falschaussagen versuche Herr G. N. nunmehr, die BF um ihre Ansprüche zu bringen, wobei diesbezüglich seitens der BF bereits entsprechende Strafanzeigen erstattet worden seien. Mit seinen Falschaussagen wolle sich Herr G. N. dafür rächen, dass er aufgrund einer Anzeige von XXXX bereits zwei Monate in Untersuchungshaft verbracht habe. Es müsse nochmals betont werden, dass der Dienstvertrag vom 27.11.2014 und das Dienstzeugnis vom 4.4.2015 vom Gatten der BF nicht untergeschoben worden seien, sondern habe Herr G. N. diese selbst (da alle Originalunterlagen nach dem Verkauf der Liegenschaft nicht mehr zugänglich gewesen seien) "nochmals per Mailnachricht vom 06.07.2014 [gemeint wohl: 06.07.2015, Anmerkung des BVwG] - sogar mit einem Smiley (!) an den Ehemann der Klägerin gemailt."

Im Zusammenhang mit der Klage gegen den Bescheid des IEF befindet sich auch eine – undatierte – "Sachverhaltsdarstellung gegen G. N."

an die Staatsanwaltschaft S. im Akt. Darin wird auf das Dienstverhältnis der BF und den diesem Dienstverhältnis zugrunde liegenden Dienstvertrag verwiesen. Die Aussagen von G. N. bei der OÖGKK, dass nie ein Dienstverhältnis bestanden habe, seien nachweislich falsch, da G. N. Herrn XXXX sowohl den Angestelltendienstvertrag, als auch das Dienstzeugnis nochmals am 6.7.2015 per E-Mail übermittelt habe, wobei Herr XXXX mit gegenständlicher Anzeige der Staatsanwaltschaft auch die angesprochene E-Mail vom 6.7.2015 weiterleite. Falsch sei zudem die Aussage von G. N. bei der OÖGKK, dass er keine Angestellten gesucht hätte, seien doch mehrere Personen für Probearbeiten bei ihm gewesen. Falsch sei weiters etwa seine Aussage, dass die BF sehr hohe Umsätze im Backshop erwirtschaftet habe oder dass die BF für den Backshop Miete zu zahlen gehabt hätte, zumal eine derartige Vereinbarung nur den Vormieter, die XXXX , betroffen habe, nicht aber die BF.

Da Herr G. N. sich Arbeitsleistungen von der BF verschafft habe, die er bei Vertragsabschluss nicht mehr bezahlen habe können – wobei er dies gewusst habe – liege auch der Verdacht des schweren gewerbsmäßigen Betrugs vor.

16. Mit Aktenvermerk vom 15.1.2016 hielt die OÖGKK ein mit Rechtsanwalt Dr. XXXX geführtes Telefonat fest.

Dr. XXXX habe seinen Angaben nach im Jahr 2014 noch beide Parteien, d. h. Herrn G. N. und die Familie XXXX , rechtsfreundlich vertreten. Als ca. im Juli 2014 zwischen den Parteien ein Streit wegen der nicht bezahlten Miete entstanden sei, habe er versucht, außerhalb seines Mandats zu vermitteln und daraufhin die Tankstelle aufgesucht, wobei ihm auch der gegenständliche Mietvertrag vorgelegt worden sei; dieser liege aber nicht in seiner Kanzlei auf.

Seiner Erinnerung nach sei Gegenstand des Mietvertrages der "Backshop" inklusive der angeschlossenen Küche, außerdem die Benützung der vorhandenen, im Eigentum des Herrn G. N. stehenden, Kühleinrichtungen gewesen. Das davon räumlich und kassamäßig getrennte Buffet der Tankstelle sei von Herrn G. N. und seiner Hilfskraft Frau H. G. betreut worden. Als Mietzins seien vertraglich € 800,- vereinbart gewesen, von Frau XXXX aber offenbar nicht (oder zu einem größeren Teil nicht) bezahlt worden. Er habe den Parteien gegenüber geäußert, dass er die Höhe des Mietzinses für angemessen befinde.

Ein Dienstverhältnis der BF zur XXXX sei für ihn äußerst unwahrscheinlich, weil es ja keinen Sinn ergäbe, dass die BF einerseits einen Mietvertrag abschließe und andererseits in einem Dienstverhältnis zum Verpächter stehen solle. Es möge "höchstens fallweise dazu gekommen sein, dass sich die Parteien bei kurzfristiger Abwesenheit des jeweils anderen gegenseitig vertreten haben"; daraus allein würde er aber auf kein Dienstverhältnis schließen. Er sei auch in der fraglichen Zeit (12/2014 bis 3/2015) immer wieder in Kontakt mit G. N. bzw. Herrn XXXX (der immer in Vertretung seiner Gattin aufgetreten sei) gestanden. Er habe die beiden jeweils in Angelegenheiten mit Dritten, nie jedoch in gemeinsamen Streitigkeiten vertreten, aber deren Streitigkeiten untereinander natürlich mitbekommen. Dass die BF in einem Dienstverhältnis zur XXXX gestanden haben soll, sei aber "in der gesamten Zeit niemals ein Thema gewesen". Es sei von beiden Seiten immer nur das Mietverhältnis thematisiert worden, deshalb schließe er aus, dass ein Dienstverhältnis vorgelegen habe.

17. Mit Schreiben vom 21.1.2016 gewährte die OÖGKK der BF Parteiengehör.

Konkret informierte die OÖGKK die BF darüber, dass die Kasse im durchgeführten Ermittlungsverfahren zusammengefasst folgenden Sachverhalt festgestellt habe: Die BF habe im Namen der ehemaligen XXXX (in der sie die Obfrau des Komplementärvereins gewesen sei) mit der XXXX einen Pachtvertrag über den in der XXXX befindlichen Backshop inklusive der daran angeschlossenen Küche abgeschlossen. Sie habe innerhalb der XXXX die leitende Funktion inne gehabt. Der Backshop und die dazugehörende Küche seien daher von ihr selbständig betrieben worden. Sowohl der Wareneinkauf als auch der Verkauf seien auf Rechnung der XXXX unter ihrer Leitung erfolgt.

Das zur Tankstelle gehörige Buffet sowie die Tankstelle seien hingegen von Herrn G. N. selbst betrieben und von ihm bzw. seiner Buffet-Aushilfskraft Frau H. G. betreut worden; es habe eine äußerst geringe Kundenfrequenz bestanden. Die BF sei im gegenständlichen Zeitraum in keinem Dienstverhältnis zur XXXX bzw. auch nicht zu Herrn G. N. selbst gestanden; vielmehr sei ihre Anwesenheit in den Räumlichkeiten im selbständigen Betrieb des gepachteten Backshops begründet gewesen. Eine behauptete Tätigkeit im Dienstverhältnis im Ausmaß von 40 Wochenstunden sei darüber hinaus auch schon aufgrund der äußerst geringen Kundenfrequenz in Buffet und Tankstelle auszuschließen.

Fallweise vorgekommene Tätigkeiten für den jeweiligen anderen Betreiber hätten sich auf kurzfristiges freiwilliges Aushelfen auf Gegenseitigkeit beschränkt, wenn der jeweilige andere Betreiber ausnahmsweise nicht anwesend gewesen sei. Die Kriterien eines Dienstverhältnisses würden damit aber keinesfalls erfüllt. Ihre nunmehrigen Behauptungen stünden auch in Widerspruch zu den bis Frühjahr 2015 getätigten Eingaben bei Behörden und Gerichten. Der Sachverhalt ergebe sich im Wesentlichen aus der inzwischen gelöschten Homepage XXXX (Kopien vorhanden), ihren eigenen Angaben in den an das AMS gerichteten Anträgen/Schreiben bzw. Gerichtsakten, aus den Aussagen des Herrn G. N., der Frau H. G., des Rechtsanwalts Dr. XXXX , der Einsichtnahme in das Gewerberegister und das Firmenbuch.

Der BF werde Gelegenheit gegeben, dazu binnen 14 Tagen eine Stellungnahme abzugeben.

18. Am 1.2.2016 langte eine Stellungnahme der BF bei der OÖGKK ein.

Darin gab die BF an, das eingeräumte Parteiengehör sei unvollständig. Die Behörde dürfe nur solche Tatsachen für ihre Begründung heranziehen, die sie zur Wahrung des Parteiengehörs und zur Geltendmachung ihrer Rechte der Partei ausdrücklich vorgehalten hat, wozu auch der Inhalt der Zeugenaussagen gehöre. Aus dem Schreiben der OÖGKK, dem keine Zeugenaussagen beigeschlossen gewesen seien, könne sie nicht tauglichen replizieren. Im Übrigen behänge beim LG S. gegen die IEF GmbH zur Gz. XXXX ein Verfahren, das präjudiziell für das gegenständliche Verfahren sei und finde diesbezüglich am 16.3.2016 die erste Tagsatzung statt, wobei hier zu überlegen sei, ob es nicht sinnvoll erscheint, das gegenständliche Verfahren vor der OÖGKK zu unterbrechen, bis eben das Verfahren vor dem LG S. zur Gz. XXXX rechtskräftig beendet ist.

Diesbezüglich lege sie die Ladung des Gerichts für den 16.3.2016, die Klage gegen den Bescheid des IEF und die Sachverhaltsdarstellung gegen G. N. bei und könne "gerne abwarten, ob das Lügenkonstrukt eines G. N. und einer ihm befreundeten H. G. nicht zusammenfällt."

19. Mit Schreiben vom 26.2.2016 übermittelte die OÖGKK der BF, wie von ihr mit Stellungnahme vom 1.2.2016 gewünscht, die niederschriftlichen Angaben von G. N. und von H. G. sowie den Aktenvermerk der OÖGKK über das mit Rechtsanwalt Dr. XXXX am 15.1.2016 geführte Telefonat. Der BF werde diesbezüglich die Möglichkeit zur Stellungnahme bis zum 11.3.2016 eingeräumt. Eine Stellungnahme der BF ist nicht aktenkundig.

20. Am 25.3.2016 hielt die OÖGKK mit Aktenvermerk ein mit der SVA geführtes Telefonat fest. Dabei sei der OÖGKK mitgeteilt worden, dass die BF zunächst vom 10.11.2014 bis zum 31.3.2015 der Pflichtversicherung unterlegen sei; die BF habe aber am 7.4.2015 die Ausnahme von der Krankenversicherung und Pensionsversicherung beantragt, welche für die gesamte Versicherungszeit genehmigt worden sei.

21. Am 6.4.2016 hielt die OÖGKK mit Aktenvermerk ein mit dem AMS (Frau R.) geführtes Telefonat fest. Es sei darum gegangen, ob die BF – wie von ihr vor dem IEF niederschriftlich vorgebracht – am 11.3.2015 Kontakt mit dem AMS hatte und sich erkundigt habe, welche Ansprüche sie habe, wenn das Dienstverhältnis von ihr selbst aufgelöst werde. Frau R. habe dazu angegeben, die BF habe "am 11.3.2015 und auch Monate davor sich keinen Kontakt mit dem AMS" gehabt. Frau R. habe in den Akt der BF erst wieder am 12.3.2015 Einsicht genommen, weil ein Antrag auf Notstandshilfe elektronisch eingelangt sei.

22. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 8.4.2016 sprach die OÖGKK aus, die BF unterliege hinsichtlich der behaupteten Tätigkeit als Buffethilfe für die ehemalige XXXX im Zeitraum vom 1.12.2014 bis 4.6.2015 nicht als Dienstnehmerin der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) sowie der Arbeitslosenversicherung.

Nach eingehender Darstellung des bisherigen Verfahrensgangs traf die OÖGKK folgende Feststellungen:

Die BF habe im Jahr 2014 im Namen der ehemaligen XXXX (in der sie die Obfrau des Komplementärvereins gewesen sei) mit der XXXX (Komplementär Herr G. N.) einen Mietvertrag über den in der XXXX befindlichen Backshop inklusive der daran angeschlossenen Küche abgeschlossen; die BF habe innerhalb der XXXX die leitende Funktion inne gehabt. Der Backshop und die dazugehörende Küche seien von 2.6.2014 (Abmeldung AMS) bis 9.11.2014 von der XXXX und ab 10.11.2014 (laut Homepage) von der BF selbständig betrieben worden. Sowohl der Wareneinkauf als auch der Verkauf seien auf Rechnung der XXXX unter der Leitung der BF bzw. auf Rechnung der die BF selbst erfolgt; die Öffnungszeiten des Backshops seien von ca. 6 oder 7 Uhr bis 17 oder 18 Uhr (laut Homepage Montag bis Samstag 7 bis 20 Uhr, Sonntag 7 bis 14 Uhr) gewesen.

Das zur Tankstelle gehörige Buffet sowie die Tankstelle seien hingegen von der XXXX betrieben und von G. N. bzw. seiner Buffet-Aushilfskraft Frau H. G. betreut worden; die Kundenfrequenz im Tankstellenbuffet sei äußerst gering gewesen, es seien dort hauptsächlich Flaschengetränke ausgeschenkt worden.

Die BF sie im gegenständlichen Zeitraum in keinem Dienstverhältnis zu der XXXX bzw. auch nicht zu G. N. selbst gestanden; vielmehr sei ihre Anwesenheit in den Räumlichkeiten in der selbständigen Betreibung des gemieteten Backshops begründet gewesen. Fallweise vorgekommene Tätigkeiten für den jeweiligen anderen Betreiber hätten sich auf kurzfristiges freiwilliges Aushelfen auf Gegenseitigkeit beschränkt, wenn der jeweilige andere Betreiber ausnahmsweise nicht anwesend gewesen sei.

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die OÖGKK im Wesentlichen aus, es sei unstrittig, dass die BF im Bereich ihres Backshops mit dem Verkauf von Backwaren, der Zubereitung von diversen Mahlzeiten und dem Ausschank von Getränken selbständig erwerbstätig war. Zu prüfen sei, ob die BF darüber hinaus im Bereich der Tankstelle in der Zeit von 1.12.2014 bis 31.3.2015 in einem Dienstverhältnis bei der XXXX stand.

Zunächst sei der rechtskräftige Zahlungsbefehl des LG S. gem. § 49 Abs 6 ASVG für die Kasse nicht bindend, da diesem kein streitiges Verfahren vorangegangen sei, wenngleich er, wie der vorgelegte Dienstvertrag und das Dienstzeugnis, als Beweismittel entsprechend zu werten sei. Im Einzelnen führte die OÖGKK sodann etwa aus, der vorgelegte Dienstvertrag und das Dienstzeugnis würden eine nicht leserliche Unterschrift enthalten, die zumindest Ähnlichkeit mit der Unterschrift des G. N. aufweise. Ein Firmenstempel fehle, G. N. habe dazu niederschriftlich angegeben, dass er solche Unterlagen sicherlich nicht selbst verfasst habe und dass normalerweise all seine Schreiben mit einem Firmenstempel versehen würden. Der Kasse erscheine es angesichts der offenbar bestehenden ständigen massiven Streitigkeiten zwischen den Parteien im Übrigen lebensfremd, dass G. N. der BF am 4.4.2015 ein derart überschwänglich wohlwollend formuliertes Zeugnis ausgestellt haben soll. Auffällig und jedenfalls ungewöhnlich sei auch die im Vertrag enthaltene und für die Arbeitnehmerin äußerst günstige Regelung, wonach bei ungerechtfertigter Kündigung des Arbeitgebers oder berechtigtem Austritt der Arbeitnehmerin zwei Monatslöhne als Kündigungsentschädigung vereinbart gelten. Beachtung müsse gleichfalls der orthographischen Schreibweise des Begriffes "Buffett" geschenkt werden. Diese eigenwillige Rechtschreibvariante finde sich auch im arbeitsrechtlichen Klagsvorbringen, das zweifelsohne von der BF bzw. Herrn XXXX verfasst worden sei. Wie nun letztlich der Dienstvertrag und das Dienstzeugnis tatsächlich zustande gekommen sind, könne seitens der Kasse nicht festgestellt werden. Die angeführten Umstände würden zumindest starke Zweifel daran begründen, dass diese Dokumente tatsächlich willentlich und wissentlich von G. N. verfasst und unterzeichnet wurden. Im Übrigen sie jedoch diese Frage für die Beurteilung der Pflichtversicherung im gegenständlichen Fall nicht entscheidungswesentlich und könne daher dahingestellt bleiben, weil es nach § 539a ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nicht auf die äußere Erscheinungsform, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt ankomme. Nach der Rechtsprechung des VwGH sei klargestellt, dass ein Vertrag alleine für sich genommen keine Pflichtversicherung begründen könne, wenn die tatsächlichen Verhältnisse damit nicht übereinstimmen.

Zur generellen Glaubwürdigkeit der BF führte die OÖGKK aus, es sei auffällig, dass die BF bezüglich ihrer Tätigkeit bei den Behörden unterschiedliche Angaben gemacht bzw. ihre Angaben im Laufe der Zeit abgeändert habe. Bis April 2015 gebe es von der BF bei sämtlichen Eingaben ausschließlich den Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit im Backshop, jedoch keinen einzigen Hinweis auf ein angebliches Dienstverhältnis: Mit 11.3.2015, also noch während des aufrechten angeblichen Dienstverhältnisses, habe die BF in elektronischer Form Notstandshilfe beim AMS beantragt. In diesem Antrag auf Notstandshilfe habe sie die Frage, ob sie derzeit in einer Beschäftigung z.B. als Dienstnehmern stehe, mit "nein" beantwortet. Auf die Frage nach einer selbständigen Erwerbstätigkeit habe sie angegeben "selbständige Tätigkeit vom 1. Juni 2014 bis 10. März 2015 bei der XXXX " an. Auf die Frage nach einem eigenen Einkommen habe die BF angegeben; "geringfügige selbständige Tätigkeit".

Diese Angaben würden in krassem Missverhältnis zum späteren Vorbringen der BF stehen, sodass das tatsächliche Bestehen eines Dienstverhältnisses in Zweifel zu ziehen sei. Für das bewusste Verschweigen eines Dienstverhältnisses habe es zum damaligen Zeitpunkt keinen Grund gegeben; die BF hätte dadurch sogar Zeiten der Arbeitslosenversicherung erworben, hatte sie beim AMS angegeben, dass sie zuvor in einem Dienstverhältnis gestanden war. Die BF habe hingegen, da ihr vom AMS wegen der aufrechten GSVG-Pflichtversicherung die Notstandshilfe nicht schon ab 10.3.2015, sondern erst ab 1.4.2015 zugesprochen worden sei, am 7.4.2015 rückwirkend ab November 2014 die Ausnahme von der Krankenversicherung und Pensionsversicherung nach dem GSVG beantragt. Dies sei aber nicht, wie in der Sachverhaltsdarstellung der BF und ihres Gatten an die Staatsanwaltschaft S. behauptet werde, wegen des angeblich bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erfolgt, sondern, wie aus den Unterlagen des AMS hervorgehe, weil ihr sonst wegen der laufenden GSVG-Pflichtversicherung die Notstandshilfe erst ab 1.4.2015 zugesprochen worden wäre. Das Nichterwähnen eines zuvor bestandenen vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses in einem Antrag auf Notstandshilfe stelle nach Ansicht der Kasse ein gewichtiges Beweismittel dafür dar, dass eben kein Dienstverhältnis bestanden hat.

Ebenso befremdlich sei der Umstand, dass die BF auf einen Beginn der Notstandshilfe mit 11.3.2015 beharrt und den auf 1.4.2015 lautenden Bescheid des AMS sogar mit einem Rechtsmittel bekämpft habe; ihre Vorgehensweise in diesem Zusammenhang sei äußerst widersprüchlich.

Laut ihrer niederschriftlichen Aussage bei der IEF-Service GmbH habe die BF mit Schreiben vom 30.3.2015 ihren berechtigten vorzeitigen Austritt erklärt. In ihrer Beschwerde vom 15.4.2015 gegen den AMS-Bescheid wiederum habe die BF die Zuerkennung der Notstandshilfe bereits mit 11.3.2015 beantragt. Wäre die BF tatsächlich wie behauptet in einem Dienstverhältnis gestanden, so wäre dieses ja am 11.3.2015 noch aufrecht gewesen und sie hätte keinesfalls Notstandshilfe begehren, geschweige denn im Rechtsmittelweg darauf beharren können.

In diesem Zusammenhang zeige ein weiterer Punkt die Unglaubwürdigkeit der BF: Bei der IEF-Service GmbH habe sie angegeben, sie habe nicht gewusst, dass sie von G. N. nicht bei der OÖGKK angemeldet worden war, dies sei ihr erst bei der IEF-Service GmbH gesagt worden. Tatsächlich sei es schon aufgrund ihres Kontaktes zum AMS im März 2015 offensichtlich gewesen, dass keine Anmeldung bei der OÖGKK aufliegen konnte, sondern lediglich eine Pflichtversicherung nach dem GSVG bei der SVA, weil sie ja sonst vom AMS darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Weiters sei auch die Aussage der BF, sie habe sich am 11.3.2015 beim AMS K. erkundigt, welche Ansprüche sie habe, wenn das Dienstverhältnis von ihr selbst gelöst werde, vom AMS als nachweislich unrichtig dementiert worden. Genauso offensichtlich unrichtig sei aus diesem Grund auch ihre Aussage im Schreiben an die Kasse vom 13.7.2015, sie "habe soeben erfahren, dass ihr Angestelltenverhältnis unzulässigerweise nicht bei der OÖGKK gemeldet war." In den Unterlagen finde sich im Übrigen erstmals aufgrund der Klage vom 14.4.2015 auf Entgeltzahlung ein Hinweis auf ein mögliches Dienstverhältnis, was zeitlich mit der Insolvenzeröffnung der XXXX und der Schließung von Tankstelle und Backshop (mit Austausch der Schlösser) zusammenfalle. Die BF habe in der Folge bei der IEF-Service GmbH einen Antrag auf Zahlung von Insolvenz-Entgelt gestellt, der von der IEF-Service GmbH mit der Begründung abgelehnt worden sei, dass das Vorbringen der BF als Schutzbehauptung zur Erlangung von Insolvenz-Entgelt gem. § 1 Abs. 1 IESG einzuordnen gewesen sei.

Die offensichtlichen Widersprüchlichkeiten würden somit die Vermutung nahelegen, dass die BF erst im Nachhinein versucht habe, ein Dienstverhältnis zur XXXX zu konstruieren.

Zum angeblichen Tätigkeitsbereich und Tätigkeitsumfang der BF (weit über 40 Wochenstunden umfassende Tätigkeit als Kellnerin bzw. Kassierin für den Bereich der Tankstelle, des Buffets, der Waschanlage und der Werkstatt) führte die OÖGKK aus, dass eine Anwesenheit der BF an der gegenständlichen Tankstelle schon allein deshalb erforderlich gewesen sei, weil sie dort den Backshop selbständig betrieben habe; sie sei während der Öffnungszeiten mit dem Bedienen der Gäste und der Menüzubereitung beschäftigt gewesen. Die Versorgung der Gäste mit Essen und Getränken könne daher schon aus diesem Grund nicht in einem Dienstverhältnis zur XXXX erfolgt sein, sondern vielmehr aufgrund ihrer eigenen selbständigen Betreibung des Backshops. Dies gehe aus ihren (kurz nach der ablehnenden Erstinformation der OÖGKK an die BF vom 9.9.2015 aus dem Netz genommenen) umfangreichen Beschreibungen auf der Homepage XXXX eindeutig hervor. Die BF betone darin mehrfach ihre Eigenschaft als Chefin ("die Chefin kocht höchstpersönlich" und dergleichen). Die Behauptung der BF im Bescheidantrag, die Homepage sei nicht von ihr ins Netz gestellt worden, sie in diesem Zusammenhang völlig unglaubwürdig; schließlich scheine sie darin persönlich als für den Inhalt verantwortlich auf.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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