TE Vwgh Erkenntnis 2000/8/29 98/05/0114

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Veröffentlicht am 29.08.2000
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §38;
BauO Wr §129 Abs10 idF 1996/042;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Gewista-Werbegesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Georg Mittermayer, Rechtsanwalt in Wien III, Erdbergstraße 202, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 21. April 1998, Zl. MD-VfR-B XXII-31/96, betreffend einen Abtragungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 (im Folgenden: MA 37), führte am 17. Jänner 1996 in Wien XXII, Dampfschiffhaufen 189, eine amtswegig anberaumte Verhandlung durch, weil dort eine nicht genehmigte Plakatwand errichtet worden war. Zu dieser Verhandlung wurden u.a. der Grundeigentümer, die Stadt Wien, sowie die Beschwerdeführerin als Bauführerin geladen. Im Verhandlungsprotokoll wurde festgestellt, dass von Seiten der Grundeigentümerin niemand erschienen sei. Die Beschwerdeführerin wurde im Verhandlungsprotokoll als "Eigentümer der Plakatwand" bezeichnet; für sie erschien E.M. . Festgestellt wurde, dass auf der Liegenschaft des Straßenbahnerbades die Liegewiese an allen Fronten zum Kleingartenverein Gänsehäufl auf einer Länge von ca. 70 m mit einer bereits teilweise fertigen Plakatwand der Beschwerdeführerin ohne Baubewilligung eingefriedet worden sei.

Auf Grund dieses Verhandlungsergebnisses erteilte die MA 37 mit Bescheid vom 5. März 1996 der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Plakatwand den Auftrag, diese Plakatwand binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides abtragen zu lassen. In der Begründung wurde auf § 129 Abs. 10 BauO für Wien verwiesen, wonach der vorschriftswidrige Bau zu beseitigen sei, sofern nicht eine nachträgliche Baubewilligung erwirkt werde.

In der dagegen erstatteten Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Plakatwand bereits seit Jahrzehnten bestehe und daher die Vermutung gegeben sei, dass die Baulichkeit auf Grund einer nach dem im Zeitpunkt der Erbauung in Geltung gestandenen Vorschrift erteilten Baubewilligung errichtet worden sei. Bei der Plakatwand handle es sich auch um keine Einfriedung gegen Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke, sodass keine Bewilligungspflicht vorliege. Schließlich habe es die Behörde verabsäumt festzustellen, wer Eigentümer der Plakatwand sei. Die Beschwerdeführerin habe die Plakatwand zwar erneuert, allerdings im Auftrag eines Dritten. Es hätte erhoben werden müssen, ob es sich um ein Superädifikat handle und ob die Plakatwand mit Wissen und Willen der Grundeigentümer errichtet worden sei.

Eine von der Berufungsbehörde eingeholte gutachtliche Stellungnahme der MA 37 ergab, dass es sich bei den gegenständlichen Wänden um ca. 3 m hohe, winddichte Baulichkeiten in Holz/Stahlkonstruktion handle, für deren Errichtung insbesondere im Hinblick auf den Winddruck ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei. Es bedürfe diesbezüglicher Kenntnisse sowohl hinsichtlich der Verankerung im Boden, als auch hinsichtlich der Dimensionierung der Tragkonstruktion.

Zum Vorhalt dieses Beweisergebnisses führte die Beschwerdeführerin aus, dass tatsächlich zur Errichtung der gegenständlichen Baulichkeit bautechnische Kenntnisse erforderlich seien. Beanstandet wurde aber, dass Abtragungsaufträge nach § 129 BO an den Eigentümer der Baulichkeit zu richten seien, aus dem Akt aber nicht zu entnehmen sei, weshalb die Beschwerdeführerin Eigentümerin der Baulichkeit sein solle. Nach dem Grundsatz "superficies solo cedit" sei die Beschwerdeführerin nicht Eigentümerin der Baulichkeit.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Bewilligungspflicht der baulichen Anlage sei nunmehr unbestritten, die Beschwerdeführerin habe selbst ausgeführt, dass eine Erneuerung der Plakatwand vorgenommen worden sei, sodass es sich auch nicht um einen alten Bestand handle. Der Spruch des Bescheides der ersten Instanz sei ausdrücklich an den Eigentümer der Plakatwand gerichtet und in der Zustellverfügung die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Plakatwand angeführt worden. Der bei der Verhandlung anwesende M.E. habe die Eigentümereigenschaft der Beschwerdeführerin ausdrücklich bestätigt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet die ohne jeden Zweifel bestehende Bewilligungspflicht der gegenständlichen baulichen Anlage nicht mehr; sie stellt sich allein auf den Standpunkt, dass die Frage, wer Eigentümer der Plakatwand sei, hätte geklärt werden müssen, zumal nach dem Grundsatz "superficies solo cedit" der Eigentümer der Liegenschaft auch das Eigentum an den darauf errichteten Bauten erwerbe. Eine diesem Grundsatz widersprechende Vereinbarung sei im Verfahren nicht hervorgekommen.

Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (in der Fassung LGBl. Nr. 42/1996; BO) sind Abweichungen von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Die Frage, wer Eigentümer einer Baulichkeit ist, hat die Baubehörde als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG im Rahmen des Verfahrens nach § 129 Abs. 10 BO unter Zugrundelegung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu beantworten (siehe die Nachweise bei Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften3, 599).

Hier wurde im Protokoll der Bauverhandlung festgehalten, dass M.E. von der Beschwerdeführerin als Vertreter des Eigentümers der Plakatwand auftrete; die Niederschrift wurde vom Leiter der Verhandlung und den übrigen Anwesenden unterfertigt. Es bestand daher für die Behörde erster Instanz kein Anlass, hinsichtlich der Eigentümerschaft der Plakatwand weitere Erhebungen anzustellen.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde lediglich moniert, dass keine weiteren Ermittlungen über die Eigentümerschaft angestellt worden wären. Konkrete Behauptungen wurden aber nicht aufgestellt; einerseits wird dargetan, die Stadt Wien als Grundeigentümer könnte Eigentümer der Plakatwand sein, weil nicht erhoben worden wäre, ob die Plakatwand mit Wissen und Willen der Grundeigentümer errichtet bzw. ob vom Grundeigentümer die Bauführung sofort untersagt worden sei. Andererseits wird behauptet, dass die Plakatwand von der Beschwerdeführerin zwar erneuert worden wäre, allerdings im Auftrag eines Dritten, wobei nicht offen gelegt wird, wer dieser Dritte gewesen sei. Die Berufung enthielt nicht einmal die ausdrückliche Behauptung, dass die Beschwerdeführerin nicht Eigentümerin sei, geschweige denn eine präzise Darlegung, wem nach Auffassung der Beschwerdeführerin die Plakatwand gehören soll. Die Berufung enthielt auch kein Beweisanbot, insbesondere darüber, welche Vereinbarungen die Beschwerdeführerin mit dem Grundeigentümer oder mit einem sonstigen Auftraggeber getroffen hat.

Jedenfalls bestand für die belangte Behörde kein Grund zur Annahme, dass die Beschwerdeführerin in rechtswidriger Weise in Fremdeigentum eingegriffen hätte; bloß auf Grund der rechtstheoretischen Erwägungen in der Berufung, die keine konkreten Behauptungen enthielten, bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, von den Feststellungen der ersten Instanz abzugehen. Die Darlegung des Vertreters der Beschwerdeführerin in der Verhandlung war ausreichend, die Vorfrage zu lösen, sodass nach wie vor von einer Eigentümerschaft der Beschwerdeführerin ausgegangen werden konnte.

Damit erwies sich die Beschwerde aber als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. August 2000

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998050114.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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