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L94059 Ärztekammer Wien;Norm
ÄrzteG 1998 §91;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Dr. A K in W, vertreten durch Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 25. Jänner 2017, Zl. VGW- 162/045/14819/2016-5, betreffend Kammerumlage für 2003 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident der Ärztekammer für Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Schätzbescheid der belangten Behörde vom 9. Juli 2014, mit dem die Kammerumlage der Ärztekammer für Wien für das Jahr 2003 festgesetzt worden war, als unzulässig zurück. Die Beschwerde, so das Verwaltungsgericht in seiner Begründung, sei im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG mangelhaft gewesen, weil als Grund für die Rechtswidrigkeit ausschließlich der "rechtlich nicht gedeckte" Einwand der Verjährung angegeben gewesen sei. Einem Mängelbehebungsauftrag sei der Revisionswerber nicht nachgekommen.
2 Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
3 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001 und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).
6 2.2.1. Die (außerordentliche) Revision wendet sich nicht gegen die Ansicht des Verwaltungsgerichtes, eine Beschwerde, die sich zur Begründung der behaupteten Rechtswidrigkeit auf Verjährung stützt, sei mangelhaft. Sie führt zur Zulässigkeit aus, dass sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ableiten lasse, dass das Institut der Verjährung im öffentlichen Recht mangels ausdrücklicher Verjährungsbestimmungen ausgeschlossen sei. Eine Überprüfung der bestehenden, überholten Rechtsprechung sei im Sinne der Rechtssicherheit geboten. Völlig ungeklärt sei, ob nicht "eine analoge Anwendung öffentlichrechtlicher Verjährungsregime" zulässig bzw. gar geboten sei.
7 2.2.2. Die Revision räumt selbst ein, dass weder das ÄrzteG 1998 noch die Umlagenordnung der Ärztekammer für Wien Verjährungsbestimmungen hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Anspruchs der Ärztekammer für Wien auf Entrichtung von Kammerumlagen enthalten.
8 Der Revision ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof schon in seiner bisherigen einschlägigen, öffentlich-rechtliche Beitragspflichten betreffenden Judikatur stets davon ausgegangen ist, dass bei Fehlen ausdrücklicher Verjährungsbestimmungen eine planwidrige Lücke der gesetzlichen sowie der untergesetzlichen Regelungen in Ansehung von Verjährung nicht vorliege, weshalb eine Lückenschließung nicht in Betracht komme (vgl. die Erkenntnisse VwGH 26.2.2002, 2001/11/0205 (betreffend Kammerumlagen nach dem ÄrzteG 1984 für lange zurückreichende Zeiträume), und 9.10.2008, 2008/11/0101 (betreffend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds nach dem ÄrzteG 1998 für lang zurückreichende Zeiträume); vgl in diesem Zusammenhang auch die zu Pflegegebühren nach dem Wr. KAG ergangenen Erkenntnisse VwGH 29. 9. 2005, 2000/11/0232, 25. 4. 2006, 2004/11/0194 und 27.9.2007, 2007/11/0050). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dahin, dass bei Verneinung des Vorliegens einer planwidrigen Lücke, die durch Analogie zu schließen wäre, den in Rede stehenden generellen Normen ein im Hinblick auf den Gleichheitssatz oder das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verfassungswidriger Inhalt unterstellt würde (vgl. erneut das erwähnte Erkenntnis 2008/11/0101). Im Revisionsfall ist nicht zu ersehen, dass das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen der Revisionsfall keinen Grund gibt, abgewichen wäre. Die Revision zeigt vor diesem Hintergrund nicht auf, dass ihre Behandlung von der Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängig wäre. Dies ergibt sich auch nicht daraus, dass die Revision - ohne dies klar auszusprechen - die erwähnte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes unter Berufung auf das Gebot einer verfassungskonformen Auslegung des ÄrzteG 1998 für unzutreffend erachtet (vgl. den Beschluss VwGH 31.7.2017, Ra 2017/11/0061).
9 Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass dem Revisionswerber die Pflicht zur Entrichtung der Kammerumlage dem Grunde nach bekannt sein musste und er sich nach dem bisher Gesagten auf eine Nichtvorschreibung der Umlage zu keinem Zeitpunkt verlassen konnte.
10 2.2.3. Der erkennende Senat hat aus diesen Erwägungen beschlossen, die Revision zurückzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 2017
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017110253.L00Im RIS seit
14.11.2017Zuletzt aktualisiert am
27.11.2017