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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BDG 1979 §48 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision des C S in A, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner und Mag. Georg Wageneder, Rechtsanwälte in 4490 St. Florian, Marktplatz 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Juli 2017, W 136 2154123-1/2E, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens gemäß § 123 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht als Justizwachebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
2 Mit Bescheid vom 15. März 2017 lehnte die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Disziplinarkommission die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Revisionswerber wegen der in der Disziplinaranzeige vom 26. Jänner 2017 erhobenen Vorwürfe gemäß § 123 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Z 4 BDG 1979 ab.
3 Das Bundesverwaltungsgericht wies mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 19. Juli 2017 die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ab, gab der Beschwerde des Disziplinaranwalts statt, und änderte den Bescheid dahingehend ab, dass er zu lauten habe:
"Gegen (den Revisionswerber) wird gemäß § 123 BDG 1979 wegen des Verdachtes, er sei im Zeitraum 10.10.2016 bis 31.10.2016 an jenen Tagen, an denen er keine ambulante Kur absolvierte, nicht gerechtfertigt vom Dienst fern geblieben und habe die schriftliche Weisung vom 18.10.2016, seinen Dienst an den Tagen ‚zwischen der Kurbehandlung' beginnend mit 20.10.2016 anzutreten, nicht befolgt und habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß §§ 44 Abs. 1 und 48 Abs. 1 BDG 1979 iVm § 91 BDG 1979 begangen, ein Disziplinarverfahren eingeleitet."
Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Der Revisionswerber sieht die Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst darin begründet, dass er aufgrund seiner durch eine ärztliche Bestätigung gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst der Weisung zum Dienstantritt nicht habe nachkommen können und keine gegenteilige Feststellung der Dienstfähigkeit auf Basis eines aktuellen Gutachtens vorgelegen habe. Daher sei in seiner Abwesenheit an den therapiefreien Tagen - trotz Weisung, den Dienst anzutreten - keine Dienstpflichtverletzung zu erblicken, sodass offenkundig der Einstellungsgrund des § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 vorliege und das Bundesverwaltungsgericht von (näher dargestellter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen sei.
7 Die Revision wird ferner deshalb als zulässig angesehen, weil das Bundesverwaltungsgericht in einer (konkret bezeichneten) Entscheidung vom 12. Juni 2017 einen identen Sachverhalt "diametral entgegengesetzt" entschieden habe.
8 Der Revisionswerber zeigt in seinen Ausführungen zur Zulässigkeit eine Rechtsfrage von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht auf:
9 Wie der Revisionswerber selbst ausführt, spricht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus, dass es sich beim Begriff der Dienstunfähigkeit um einen Rechtsbegriff handelt, der der rechtlichen Beurteilung der Dienstbehörde unterliegt. Die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung oder Bescheinigung über eine Krankheit oder die Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt daher an sich noch nicht die Abwesenheit vom Dienst. Es führen nämlich nicht jede von einem behandelnden Arzt bescheinigte "Krankheit" bzw. bloß die Vorlage ärztlicher Bescheinigungen dazu, dass deshalb eine gerechtfertigte Abwesenheit des Beamten vom Dienst im Sinn von § 48 Abs. 1 und § 51 BDG 1979 vorgelegen ist. Ob eine Erkrankung Dienstunfähigkeit des Beamten nach sich zieht, ist nach der Lage des konkreten Falles von der Dienstbehörde zu beurteilen und dann gegeben, wenn der Beamte wegen konkret bei ihm gegebener Folgen einer Erkrankung den an ihn gestellten dienstlichen Anforderungen nicht entsprechen kann (siehe etwa VwGH 13.9.2002, 98/12/0096; vgl. 28.7.2000, 93/09/0182, je mwN).
10 Ferner darf ein Beamter grundsätzlich so lange auf die von ihm nach § 51 Abs. 2 BDG 1979 vorzulegende ärztliche Bescheinigung vertrauen und von einer gerechtfertigten Dienstverhinderung - durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen - ausgehen, bis ihm die Dienstbehörde Entgegenstehendes nachweislich mitteilt. Unter "Entgegenstehendes" ist in diesem Zusammenhang eine medizinische Beurteilung gemeint, die jener des privat beigezogenen Arztes entgegensteht. Das Vertrauen auf die ärztliche Bescheinigung und damit auf eine Rechtfertigung der Dienstverhinderung ist jedoch dann nicht geeignet, einen ausreichenden Entschuldigungsgrund herzustellen, wenn der Beamte auf Grund besonderer Umstände keinesfalls mehr auf die Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung und somit auf das Vorliegen einer Rechtfertigung für die Dienstverhinderung vertrauen konnte oder durfte (siehe VwGH 15.12.2010, 2009/12/0203, mwN - zu § 12c Abs. 1 Z 2 Gehaltsgesetz 1956). Eine Verpflichtung der Dienstbehörde zur Verfügung weiterer Untersuchungen besteht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls dann nicht mehr, wenn die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass Dienstfähigkeit vorliegt (vgl. VwGH 20.10.2014, Ra 2014/12/0014).
11 Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch das Bundesverwaltungsgericht zeigt der Revisionswerber nicht auf. Das Verwaltungsgericht ging unstrittig davon aus, dass der Revisionswerber nach seiner Mitteilung einer beabsichtigten "ambulanten Kur" vom 10. bis 31. Oktober 2016 einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen wurde. Anschließend wurde ihm mitgeteilt, dass eine Abwesenheit in Folge einer "ambulanten Kur" trotz festgestellter Dienstfähigkeit nicht als eine durch Krankheit verursachte Abwesenheit vom Dienst gelte. Da der Revisionswerber seinen Dienst nicht antrat, forderte ihn die Dienstbehörde in der Folge mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 zum Dienstantritt "an den Tagen zwischen den Kurbehandlungen" auf.
12 Wenn das Verwaltungsgericht der dargestellten Rechtsprechung folgend den vorliegenden Fall dahingehend beurteilte, dass der Revisionswerber angesichts dieses Sachverhalts nicht mehr darauf vertrauen durfte, dass die Vorlage einer "Krankenbestätigung" sein Fernbleiben vom Dienst an den Tagen, an welchen er keine Kur absolvierte, rechtfertige, erscheint diese im Einzelfall getroffene Beurteilung jedenfalls nicht unvertretbar. Die vom Bundesverwaltungsgericht daraus gezogene Schlussfolgerung, dass der Verdacht bestehe, der Revisionswerber sei an den kurfreien Tagen ohne Rechtfertigung dem Dienst ferngeblieben und habe der Weisung zum Dienstantritt an diesen Tagen nicht Folge geleistet, erweist sich somit im Rahmen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als vertretbar.
13 Die des Weiteren zur Begründung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision angeführte uneinheitliche Rechtsprechung eines Verwaltungsgerichts erfüllt für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn es - wie hier -
zu der betreffenden Frage eine (einheitliche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt (vgl. VwGH 15.2.2017, Ra 2017/08/0002; 26.3.2015, Ra 2015/22/0042).
14 Die Revision war daher mangels Rechtsfragen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG iVm § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017090039.L00Im RIS seit
14.11.2017Zuletzt aktualisiert am
01.12.2017