TE Lvwg Erkenntnis 2017/2/23 LVwG-2016/37/2313-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.02.2017
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Entscheidungsdatum

23.02.2017

Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
40/01 Verwaltungsverfahren
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

FlVfLG Tir 1996 §33
FlVfLG Tir 1996 §37
FlVfLG Tir 1996 §72
FlVfLG Tir 1996 §73
FlVfLG Tir 1996 §86d
VwGVG §24
VwGVG §28
B-VG Art 137
JN §1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Hirn über die Beschwerde der/des 1. Gemeindegutagrargemeinschaft Z, vertreten durch deren Obmann AA, und die Beschwerdeführer 2 bis 98, alle in Z, alle vertreten durch Rechtsanwalt1, , gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 21.09.2016, Zl ****, betreffend Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung über die beantragte Entschädigungszahlung (sonstige Partei: Gemeinde Z),

zu Recht:

1.       Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Ausgangssituation:

1.       Regulierungsverfahren:

Mit Bescheid vom 10.08.1959, Zl ****, hat das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz den Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Z, bestehend aus Haupturkunde (Teil A) und Verwaltungssatzungen (Teil B) erlassen, das Regulierungsgebiet unter Anführung der betroffenen Grundstücke in den EZlen *a, *b und *c, alle GB Z, bestimmt und als Gemeinde- bzw Fraktionsgut qualifiziert.

Auf Grundlage des rechtskräftigen Regulierungsplanes vom 10.08.1959, Zl ****, hat das Bezirksgericht Y das Eigentum der Agrargemeinschaft Z in den EZlen *a, *b und *c, alle GB Z, mit Beschluss vom 23.01.1960, Zl **, einverleibt.

Dieser Regulierungsplan erfuhr durch die Bescheide vom 29.06.1978, Zl. ****, vom 09.10.1978, Zl. ****, und vom 02.04.1986, Zl. ****, verschiedene Abänderungen.

Mit Bescheid vom 05.03.2012, Zl ****, in der Fassung (idF) des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 03.06.2014, Zl LVwG-2014/37/0091-7, hat das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz den Regulierungsplan vom 10.08.1959, Zl. ****, idF der Bescheide vom 29.06.1978, Zl. ****, vom 09.10.1978, Zl. ****, und vom 02.04.1986, Zl. ****, durch einen Anhang I abgeändert und mit dieser Abänderung den Substanzwertanspruch der Gemeinde Z im Regulierungsplan verankert.

2.       Feststellungsverfahren:

In dem auf § 73 lit d Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (TFLG 1996) gestützten Feststellungsverfahren erging der Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 21.06.2010, Zl ****, idF der Erkenntnisse des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 21.10.2010, Zl ****, und vom 15.05.2011, Zl ****.

Die getroffene Feststellung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

•        Die Gst Nrn *1 bis *7, alle eingetragen in  EZ *b, Grundbuch Z, sowie die Gst Nrn *8 bis *66, eingetragen in EZ *a, GB Z, gelten  als Gemeindegut im Sinn des (iSd) § 33 Abs 2 lit c Z 2 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (TFLG 1996).

•        Die Gst Nrn *67 bis *93, alle eingetragen in EZ *a, GB  Z, gelten als Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 und sind  gleichzeitig Teilwälder iSd § 33 Abs 2 lit d TFLG 1996.

•        Die Gst Nrn *94,*95,*96, alle eingetragen in EZ *a, GB  Z, sind kein Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996.

II.      Verfahrensablauf:

Mit dem am 30.06.2016 bei der Agrarbehörde eingelangten Schriftsatz haben die Gemeindegutsagrargemeinschaft Z sowie 97 Mitglieder der Gemeindegutsagrar-gemeinschaft Z beantragt, den Antragstellern zuhanden ihres Rechtsvertreters einen Betrag (= „Entschädigungszahlung“) in Höhe von Euro 42.103.654,-- binnen 14 Tagen zu bezahlen. Hinsichtlich eines Teilbetrages von Euro 41.677.699,-- haben die Antragsteller eine „Ersetzungsbefugnis“ in der Form eingeräumt, dass die Gemeinde Z berechtigt sei, anstelle der Geldzahlung auf ihr Substanzrecht gemäß § 33 Abs 5 TFLG 1996 rechtswirksam zu verzichten.

Die Antragsteller bringen im Wesentlichen vor, dass die Agrarbehörde als gesetzlicher Richter zur Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut mit Bescheid vom 10.08.1959, Zl ****, die Agrargemeinschaft Z als Eigentümerin des Regulierungsgebietes in den EZlen *a und *b, jeweils II, GB Z, festgestellt habe. Ergänzend dazu habe die Agrarbehörde festgestellt, dass die Eigentümer bestimmter Liegenschaften in Z zu aliquoten Anteilen an der Agrargemeinschaft Z beteiligt seien. Ein Anteilsrecht der politischen Ortsgemeinde Z sei demgemäß nicht vorgesehen gewesen.

Entsprechend dieser Entscheidung sei die Agrargemeinschaft Z Eigentümerin im Rechtsinn, insbesondere iSd Art 5 Staatsgrundgesetz (StGG) bzw Art 1 des 1. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention (ZPEMRK), gewesen. Aber auch die aliquoten Anteilsrechte der weiteren Antragsteller an der Agrargemeinschaft Z seien Eigentum iSd des Art 1 des 1. ZPEMRK.

Ausgehend davon bringen die Antragsteller vor, durch das am 01.07.2014 in Kraft getretene Landesgesetz vom 30.06.2014, LGBl Nr 70/2014, sei der Agrargemeinschaft das Eigentum am Regulierungsgebiet und allen damit verbundenen Vermögenswerten entzogen worden. Das Eigentum der Agrargemeinschaft sei durch den Landesgesetzgeber in eine Sonderform des öffentlichen Eigentums ? „atypisches Gemeindegut“ genannt ? verwandelt worden. Dieses „atypische Gemeindegut“ sei nur dem Buchstaben nach ein Eigentum der Agrargemeinschaft, der Sache nach sei dieses Gut in ein Staatseigentum verwandelt und einer Staatsverwaltung unterstellt worden. Der Staat verfüge nunmehr über dieses Eigentum im Wege von „Substanzverwaltern“, die gegenüber dem Gemeinderat weisungsgebunden seien, und der Staat ziehe den Nutzen daraus. Alle Verfügungsbefugnisse über dieses Eigentum und die Erträgnisse daraus stünden dem Staat zu. Die von den Agrargemeinschaftsmitgliedern gewählten Organe, der Obmann und der Ausschuss, seien jeder Verwaltungs- und Vertretungskompetenz beraubt.

Ebenso sei den Agrargemeinschaftsmitgliedern die „Substanz“ ihres Anteilsrechtes entzogen worden; die gewählten Vertreter ? Obmann und Ausschuss ? seien ihrer Verwaltungs- und Vertretungsrechte beraubt, in der Vollversammlung würde ein Staatskommissar (= „Substanzverwalter“) entscheiden. Das Recht auf Beteiligung an Überschüssen und Gewinnen sei abgeschnitten, ebenso die Möglichkeit zur Aufteilung oder Nutzung des Eigentums der Agrargemeinschaft.

Laut dem Vorbringen der Antragsteller erfordere eine verfassungskonforme Enteignung neben dem Vorliegen eines öffentlichen Interesses einen angemessenen Interessensausgleich zwischen dem enteigneten Eigentümer und der Allgemeinheit. Demgegenüber entziehe die TFLG-Novelle vom 30.06.2014, LGBl Nr 70/2014, den Antragstellern das Eigentum am Regulierungsgebiet, sämtliche wertsteigernden Leistungen aus jahrzehntelanger Verwaltung und zusätzlich die angesparten Rücklagen. Davon direkt betroffen sei die Agrargemeinschaft, deren autonom bestellten Organen jede Verfügungsbefugnis über ihr bisheriges Vermögen entzogen worden sei; direkt betroffen seien auch die Agrargemeinschaftsmitglieder, da deren Anteilsrechte seit dem 01.07.2014 keinen Anteil am Eigentum mehr vermitteln würden.

Die Antragsteller behaupten die Zuständigkeit der Agrarbehörde im Hinblick auf deren Generalzuständigkeit betreffend Eigentum an agrargemeinschaftlichen Liegenschaften, insbesondere das Gemeindegut, sowie für alle Streitigkeiten zwischen der Gemeinde und den am Gemeindegut nutzungsberechtigten Gemeindemitgliedern. Darüber hinaus ergebe sich die Zuständigkeit der Agrarbehörde auch durch eine analoge Anwendung des § 86d Abs 2 TFLG 1996.

Mit Bescheid vom 21.09.2016, Zl ****, hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde den Antrag der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z und von 97 Mitgliedern der Agrargemeinschaft Z vom 30.06.2016 auf Leistung einer Entschädigungszahlung durch die Gemeinde Z wegen Unzuständigkeit der Agrarbehörde als unzulässig zurückgewiesen.

Die belangte Behörde hält zunächst fest, die Beschwerdeführer würden mit ihrem am 30.06.2016 eingebrachten Antrag die Zuerkennung einer Entschädigungszahlung begehren, da nach deren Auffassung die am 01.07.2014 in Kraft getretene Novelle zum TFLG 1996 eine entschädigungslose Legalenteignung bewirkt habe. In dem von den Beschwerdeführern angestrengten Verfahren hätte die Agrarbehörde folglich die Rechtmäßigkeit der vom Landesgesetzgeber beschlossenen Novelle LGBl Nr 70/2014 zu prüfen. Eine solche, Art 140 B-VG zuzuordnende Prüfung fiele allerdings in die ausschließliche Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes.

Darüber hinaus setzt sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinander, wonach die Entscheidung über den Antrag auf Entschädigungszahlung in die Zuständigkeit der Agrarbehörde fallen würde. Insbesondere verneint die Agrarbehörde die von den Beschwerdeführern behauptete Zuständigkeit aufgrund des § 37 Abs 7 TFLG 1996 sowie aufgrund einer analogen Anwendung des § 86d Abs 2 TFLG 1996.

Gegen diesen Bescheid haben die Gemeindegutsagrargemeinschaft Z sowie 97 Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z, alle vertreten durch Rechtsanwalt1, Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Entschädigungsleistung im vollen Umfang stattgegeben werde; hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zur neuerlichen Entscheidung an die Agrarbehörde zurückzuverweisen.

III.    Beschwerdevorbringen:

Die Beschwerdeführer bringen zunächst vor, im gegenständlichen Verfahren sei die Frage zu klären, ob der Landesgesetzgeber nach nationalem und internationalem Recht berechtigt sei, die Erstbeschwerdeführerin (Gemeindegutsagrargemeinschaft Z) und die weiteren Beschwerdeführer (97 Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z) entschädigungslos zu enteignen. Es seien nämlich Risiko und Ertrag sowie alle Vor- und Nachteile aus dem agrargemeinschaftlichen Eigentum der Gemeinde Z zugewendet und die Verfügungsbefugnis über das agrargemeinschaftliche Eigentum in die Hände eines neuen Staatsorgans, nämlich des „Substanzverwalters“, gelegt worden. Ein „angemessener Wertausgleich“ zugunsten der Beschwerdeführer habe aber nicht stattgefunden.

Der auf die Gemeinde übertragene Substanzwert (§ 33 Abs 5 TFLG 1996) und die auf den Substanzverwalter übertragenen Verfügungsrechte „über das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen der Agrargemeinschaft“ (§ 36c TFLG 1996) seien Vermögen und Vermögenswerte der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z und ihrer Mitglieder. Mit dem Inkrafttreten der TFLG-Novelle 2014 (LGBl Nr 70/2014) sei ihnen [den Beschwerdeführern] dieses Vermögen und diese Vermögenswerte entzogen und auf die Gemeinde übertragen worden. Der Entzug dieser Rechte und Vermögenswerte und deren Übertragung auf die Gemeinde seien als „Enteignung“ oder als „Eigentumsentziehung“ zu bezeichnen. Dieser Eigentumseingriff sei rechtswidrig ohne „fairen Ausgleich“ (Enteignungsentschädigung) der Vermögensverluste vorgenommen worden.

Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde habe mit der Begründung des angefochtenen Bescheides den untauglichen Versuch unternommen, die verfassungs- und völkerrechtlichen Garantien für ihr Eigentumsrecht zu umgehen. Entgegen der offenkundigen historischen Wahrheit werde die Fiktion aufgestellt, die Agrargemeinschaft Z sei niemals Eigentümerin im Rechtssinn gewesen und hätten die Mitglieder der Gemeindeguts-agrargemeinschaft Z keinerlei aliquote (= ganzteilenden) Anteilsrechte an der Erstbeschwerdeführerin besessen.

Die Beschwerdeführer halten ausdrücklich fest, dass nach der historischen Wahrheit und nach der offenkundigen historischen Gesetzeslage die Agrargemeinschaften, die jetzt als „atypisches Gemeindegut“ bezeichnet würden, bis zum Inkrafttreten der TFLG-Novellen 2010 und 2014 kraft rechtskräftiger behördlicher Feststellung reguläre Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke mit vollem Substanzrecht und den damit verbundenen Nutzungsrechten gewesen seien. Der jeweiligen politischen Ortsgemeinde seien nur die regulären Mitgliedschaftsrechte entsprechend ihren jeweiligen Anteilsrechten als Ergebnis des Regulierungsverfahrens zugestanden. Sei im Zuge des Regulierungsverfahrens der Ortsgemeinde kein Anteilsrecht zuerkannt worden, habe die politische Ortsgemeinde überhaupt kein Anteilsrecht am Eigentum der Agrargemeinschaft besessen. Dementsprechend sei die Agrargemeinschaft Z (Erstbeschwerdeführerin) Eigentümerin im Rechtssinn gewesen, ausschließlich den rechtskräftig festgestellten Mitgliedern habe ein Anteilsrecht am Eigentum der Erstbeschwerdeführerin gebührt.

Die Beschwerdeführer weisen darauf hin, dass, als ein Recht betrachtet, Eigentum nach der österreichischen Rechtsordnung die Befugnis sei, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten und jeden anderen davon auszuschließen. Eigentum sei durch zwei Rechtspositionen gekennzeichnet, nämlich dem Recht, über eine Sache zu verfügen, und dem Recht, sich den Nutzen aus der Sache zuzuwenden.

Beide Voraussetzungen seien im Fall der nunmehrigen Gemeindegutsagrargemeinschaft Z voll und ganz erfüllt gewesen.

Die Beschwerdeführer halten nochmals fest, dass dieses Eigentum entschädigungslos mit der TFLG-Novelle 2014 enteignet worden sei. Ihnen gebühre deshalb ein „fairer Ausgleich“ wegen der Vermögensverluste, die sie aufgrund der TFLG-Novelle 2014 (und teilweise bereits aufgrund der TFLG-Novelle 2010) erlitten hätten.

Zur Zuständigkeit der belangten Behörde bringen die Beschwerdeführer vor, dass gemäß § 37 Abs 7 lit b TFLG 1996 die Agrarbehörde ? unter Ausschluss des Rechtsweges ? über Streitigkeiten zwischen der Gemeinde und einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c TFLG 1996 entscheide. Nach dem eindeutigen Wortlaut der eben zitierten Gesetzesbestimmung sei die belangte Behörde jedenfalls zuständig, über den Antrag der Erstbeschwerdeführerin zu entscheiden.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 37 Abs 7 lit a TFLG 1996 sei die Agrarbehörde zudem ausschließlich zuständig zur Entscheidung über Streitigkeiten aus dem Mitgliedschafts-verhältnis zwischen Agrargemeinschaftsmitgliedern. Gemäß der zuletzt zitierten Bestimmung sei daher die belangte Behörde auch zuständig, über den Antrag der weiteren Beschwerdeführer als Anteilsberechtigte an der Agrargemeinschaft Z zu entscheiden.

Die Beschwerdeführer halten fest, dass der von der belangten Behörde vertretene Standpunkt, ihr geltend gemachter Anspruch resultiere nicht aus der beiderseitigen Mitgliedschaft der politischen Ortsgemeinde einerseits und der Beschwerde führenden Agrargemeinschaftsmitglieder andererseits zur Beschwerde führenden Agrargemeinschaft, sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere halten die Beschwerde führenden Agrar-gemeinschaftsmitglieder fest, ihren Anteilsrechten sei die Substanz entzogen worden und nehme diese Substanz nunmehr der österreichische Staat in Form der politischen Ortsgemeinde für sich in Anspruch. Die politische Ortsgemeinde, also die Gemeinde Z, nehme das ursprüngliche Mitgliederrecht in Anspruch und sei daher passiv legitimiert, einen fairen Ausgleich wegen der Vermögensverluste der weiteren Beschwerdeführer zu leisten.

Außerdem sei der Rechtsstandpunkt der belangten Behörde unvereinbar mit § 86d TFLG 1996. Diese Bestimmung sei dahingehend zu interpretieren, dass ihr Recht [das Recht der Beschwerdeführer] auf „fairen Ausgleich“ wegen der Vermögensverluste, die sie [die Beschwerdeführer] aufgrund der TFLG-Novelle 2014 erlitten hätten, gerade nicht ausgeschlossen werde. Zudem ergebe sich aus § 86d TFLG 1996 die passive Antragslegitimation der politischen Ortsgemeinde für die Entschädigung der Legalenteignung, die durch die TFLG-Novelle 2014 vollzogen worden sei.

IV.      Rechtslage:

1.       Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996 (TFLG 1996), LGBl Nr 74/1996 idF LGBl Nr 70/2014, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Agrargemeinschaftliche Grundstücke

§ 33. (1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, die von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich und unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke auf Grund alter Übung genutzt werden. Als gemeinschaftliche Nutzung gilt auch eine wechselweise sowie eine nach Raum, Zeit und Art verschiedene Nutzung.

(2) Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, insbesondere:

[…]

c) Grundstücke, die

1.  im Eigentum einer Gemeinde stehen und zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften dienen oder

2.  vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren (Gemeindegut);

[…]

5) Der Substanzwert von Grundstücken im Sinn des Abs. 2 lit. c Z 2 ist jener Wert, der nach Abzug der Belastungen durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Er umfasst

a) die Erträge aus der Nutzung der Substanz dieser Grundstücke einschließlich des beweglichen und unbeweglichen Vermögens, das daraus erwirtschaftet wurde, (Substanzerlöse) und

b) den über den Umfang des Haus- und Gutsbedarfes der Nutzungsberechtigten erwirtschafteten Überschuss aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (Überling).

Die Substanz eines Grundstückes im Sinn des Abs. 2 lit. c Z 2 wird insbesondere dann genutzt, wenn es veräußert, verpachtet oder dauernd belastet wird, wenn darauf eine Dienstbarkeit oder ein Baurecht begründet oder die Jagd ausgeübt wird oder wenn es als Schottergrube, Steinbruch und dergleichen verwendet wird. Der Substanzwert steht der substanzberechtigten Gemeinde zu.

[…]“

„Aufsicht über die Agrargemeinschaften; Streitigkeiten

§ 37. […]

(7) Die Agrarbehörde hat auf Antrag unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges zu entscheiden über Streitigkeiten

a) zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sowie

b) zwischen der Gemeinde und einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c.

Anträge nach lit. a und b sind bei der Agrarbehörde schriftlich einzubringen und zu begründen. Richten sich solche Anträge gegen Beschlüsse der Vollversammlung, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung, richten sie sich gegen Beschlüsse oder Verfügungen anderer Organe der Agrargemeinschaft, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der satzungsgemäßen Bekanntmachung einzubringen. Nicht zulässig sind Anträge, die sich gegen vom Substanzverwalter einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 in den im § 36c Abs. 1 genannten Angelegenheiten getroffene Verfügungen richten, sowie Anträge von Mitgliedern, die dem von ihnen angefochtenen Beschluss bei der Beschlussfassung zugestimmt oder an dieser trotz ordnungsgemäßer Einladung nicht teilgenommen haben. Die Agrarbehörde hat Beschlüsse (Verfügungen) von Organen der Agrargemeinschaft aufzuheben, wenn sie gegen dieses Gesetz, eine Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder gegen den Regulierungsplan einschließlich eines Wirtschaftsplanes oder einer Satzung verstoßen, und dabei wesentliche Interessen des Antragstellers verletzen.

[…]“

„Zuständigkeit der Agrarbehörde im Zuge eines Verfahrens

§ 72. […]

(4) Die Zuständigkeit der Agrarbehörde erstreckt sich von der Einleitung bis zum Abschluss eines Zusammenlegungs-, Flurbereinigungs-, Teilungs-, Auseinandersetzungs- oder Regulierungsverfahrens, sofern sich aus dem Abs. 7 nichts anderes ergibt, auf die Verhandlung und Entscheidung über alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die zum Zweck der Durchführung der Zusammenlegung, Flurbereinigung, Teilung, Regulierung oder Auseinandersetzung in das Verfahren einbezogen werden müssen. Während dieses Zeitraumes ist in diesen Angelegenheiten die Zuständigkeit der Behörden ausgeschlossen, in deren Wirkungskreis die Angelegenheiten sonst gehören.

(5) Diese Zuständigkeit der Agrarbehörde erstreckt sich insbesondere auf:

a)  Streitigkeiten über Eigentum und Besitz an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken;

b)  Streitigkeiten über den Grenzverlauf der in lit. a angeführten Grundstücke einschließlich der Streitigkeiten über den Grenzverlauf zwischen einbezogenen und nicht einbezogenen Grundstücken;

c)   Streitigkeiten über Gegenleistungen für die Benutzung von in das Verfahren einbezogenen Grundstücken.

(6) Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind von der Agrarbehörde die Normen, die sonst für diese Angelegenheiten gelten (z. B. die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, des Wasser- und Forstrechtes), anzuwenden.

(7) Von der Zuständigkeit der Agrarbehörde sind ausgeschlossen:

a)   Streitigkeiten der im Abs. 5 erwähnten Art, die vor Einleitung des Agrarverfahrens bereits vor dem ordentlichen Richter anhängig waren;

b)   Streitigkeiten über Eigentum und Besitz an Liegenschaften, mit denen ein Anteil an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken, ein Benutzungs- und Verwaltungsrecht oder ein Anspruch auf Gegenleistungen bezüglich solcher Grundstücke verbunden ist;

c)   die Angelegenheiten der Eisenbahnen, der Bundesstraßen, der Landesstraßen, der Schifffahrt, der Luftfahrt, des Bergbaues, der Jagd und der Fischerei.“

„Zuständigkeit der Agrarbehörde außerhalb eines Verfahrens

§ 73. Der Agrarbehörde steht außerhalb eines Verfahrens (§ 72) die Entscheidung über die Fragen zu,

a)   ob in einem gegebenen Falle eine Agrargemeinschaft vorhanden ist,

b)   auf welches Gebiet sich die Grundstücke einer Agrargemeinschaft erstrecken (§ 33),

c)   wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist (§ 38 Abs. 1),

d)   ob Gemeindegut oder Gemeindevermögen vorliegt oder ob es sich um Grundstücke nach § 33 Abs. 2 lit. d handelt,

e)   ob und in welchem Umfang einer Stammsitzliegenschaft oder einer Person Anteilsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken zustehen.“

„Vermögensrechtliche Auseinandersetzung für die Vergangenheit bei Agrargemeinschaften auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2

§ 86d. (1) Vermögenswerte Ansprüche aus dem Mitgliedschaftsverhältnis und aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2, den Nutzungsberechtigten und der substanzberechtigten Gemeinde, die vor dem Ablauf des Tages der Kundmachung des Gesetzes LGBl. Nr. 70/2014 entstanden sind, gelten als wechselseitig abgegolten, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt ist. Eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung über solche Ansprüche findet nur statt in Bezug auf

a)   geldwerte unentgeltliche Zuwendungen der Agrargemeinschaft an Nutzungsberechtigte oder Dritte aus dem Substanzwert (§ 33 Abs. 5), die nach dem 10. Oktober 2008 erfolgt sind, jedoch mit Ausnahme von solchen Zuwendungen, die aus dem Überling (§ 33 Abs. 5 lit. b) oder nach dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 7/2010 mit Zustimmung der substanzberechtigten Gemeinde aus Substanzerlösen (§ 33 Abs. 5 lit. a) erfolgt sind,

b)   geldwerte unentgeltliche oder entgeltliche Zuwendungen der Agrargemeinschaft an Nutzungsberechtigte oder Dritte aus dem Substanzwert (§ 33 Abs. 5), die nach dem 28. November 2013 ohne Zustimmung der substanzberechtigten Gemeinde erfolgt sind,

c)   die angemessene finanzielle Abgeltung einer besonderen, über den für die bestimmungsgemäße Ziehung von Früchten erforderlichen Aufwand hinausgehenden unternehmerischen Leistung der Agrargemeinschaft bzw. ihrer Mitglieder (Abs. 4), durch die im Rahmen eines erwerbswirtschaftlichen Unternehmens, das nach § 37 Abs. 4 bzw. einer diesem entsprechenden landesgesetzlichen Bestimmung agrarbehördlich genehmigt oder bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes LGBl. Nr. 33/1969 betrieben wurde, Vermögenswerte geschaffen wurden, aus denen die substanzberechtigte Gemeinde weiterhin über die bestimmungsgemäße Ziehung von Früchten hinausgehende Substanzerlöse erzielen kann.

(2) Ansprüche nach Abs. 1 lit. a, b und c sind im Verfahren nach § 37 Abs. 7 mit der Maßgabe geltend zu machen, dass der Antrag bei sonstigem Anspruchsverlust innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 70/2014 bei der Agrarbehörde schriftlich einzubringen ist.

(3) Im Fall des Abs. 1 lit. b hat die Agrarbehörde Gegenleistungen aus entgeltlichen Rechtsgeschäften, die der Agrargemeinschaft zugutekamen, angemessen zu berücksichtigen.

(4) Eine besondere unternehmerische Leistung im Sinn des Abs. 1 lit. c liegt dann vor, wenn durch die Agrargemeinschaft bzw. ihre Mitglieder im Rahmen eines erwerbswirtschaftlichen Unternehmens Leistungen, Kenntnisse oder Fähigkeiten eingebracht oder Risiken übernommen wurden, wodurch nicht nur die unternehmenstypische Fruchtziehung ermöglicht, sondern auch der Unternehmenswert nachhaltig gesteigert wurde. Keine besondere unternehmerische Leistung im Sinn des Abs. 1 lit. c stellen alle für den unternehmenstypischen Betrieb notwendigen Leistungen sowie bloß unternehmenswerterhaltende Maßnahmen dar; gleiches gilt, wenn die unternehmerische Tätigkeit lediglich die Verwaltung von Beteiligungsrechten umfasste.

(5) Ein Antrag nach Abs. 1 lit. c ist von der Agrargemeinschaft zu stellen; er bedarf eines Beschlusses der Vollversammlung (§ 36c Abs. 5). Dem Antrag ist ein von einem Steuerberater oder einem Wirtschaftsprüfer erstelltes Gutachten über die Bewertung der von der Agrargemeinschaft bzw. ihren Mitgliedern erbrachten besonderen unternehmerischen Leistung im Sinn des Abs. 1 lit. c anzuschließen; dieses hat jedenfalls

a)   eine Bewertung des aktuellen Unternehmenswertes einschließlich der besonderen unternehmerischen Leistung im Sinn des Abs. 1 lit. c unter Berücksichtigung aller geldwerten unentgeltlichen Zuwendungen der Agrargemeinschaft an Nutzungsberechtigte oder Dritte aus Mitteln des Unternehmens,

b)   eine Aufstellung aller der Substanz zuzurechnenden Bestandteile des Unternehmenswertes wie insbesondere die Bereitstellung von Sach- und Geldmitteln, fiktive Grundbereitstellungs- und Fremdfinanzierungskosten sowie

c)   eine Aufstellung aller für den typischen Unternehmensbetrieb erforderlichen Betriebs-, Personal- und Erhaltungskosten

zu beinhalten.

(6) Im Fall des Abs. 1 lit. c können die Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 und die substanzberechtigte Gemeinde während der im Abs. 2 bestimmten Frist vor der Agrarbehörde auch ein Übereinkommen erzielen. Dieses Übereinkommen hat jedenfalls die von der Agrargemeinschaft bzw. ihren Mitgliedern erbrachte besondere unternehmerische Leistung im Sinn des Abs. 1 lit. c genau zu bezeichnen sowie die dafür der Agrargemeinschaft zugewiesene finanzielle Abgeltung und die Modalitäten ihrer Leistung zu regeln. Das Zustandekommen eines Übereinkommens bedarf eines Beschlusses des Gemeinderates der substanzberechtigten Gemeinde und eines Beschlusses der Vollversammlung (§ 36c Abs. 5). Das Übereinkommen bedarf zu seiner Wirksamkeit weiters der Genehmigung der Agrarbehörde. Dem Antrag auf Genehmigung ist ein von einem Steuerberater oder einem Wirtschaftsprüfer erstelltes Gutachten über die Bewertung der von der Agrargemeinschaft bzw. ihren Mitgliedern erbrachten besonderen unternehmerischen Leistung im Sinn des Abs. 1 lit. c, das den Vorgaben des Abs. 5 zweiter Satz zu entsprechen hat, anzuschließen. Die agrarbehördliche Genehmigung eines solchen Übereinkommens darf nur versagt werden, wenn ein Beschluss des Gemeinderates oder der Vollversammlung nicht vorliegt, das vorgelegte Gutachten den Vorgaben des Abs. 5 zweiter Satz nicht entspricht oder sich aufgrund des vorgelegten Gutachtens ergibt, dass die der Agrargemeinschaft zugewiesene finanzielle Abgeltung außer Verhältnis zum Wert der besonderen unternehmerischen Leistung im Sinn des Abs. 1 lit. c steht.“

2.       Bundes-Verfassungsgesetz:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Art 137 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idF BGBl I Nr 51/2012, lauten samt Überschrift wie folgt:

„B. Verfassungsgerichtsbarkeit

Artikel 137

Der Verfassungsgerichtshof erkennt über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die Länder, die Gemeinden und die Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.“

3.       Jurisdiktionsnorm:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 1 der Jurisdiktionsnorm (JN), RGBl 111/1895 idF BGBl I Nr 87/2015, lautet samt Überschrift wie folgt:

„Ordentliche Gerichte.

§ 1. Die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen wird, soweit dieselben nicht durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen sind, durch Bezirksgerichte, Bezirksgerichte für Handelssachen, Landesgerichte, Handelsgerichte, durch Oberlandes-gerichte und durch den Obersten Gerichtshof (ordentliche Gerichte) ausgeübt.“

4.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 24/2017, einschließlich der Überschriften lauten auszugsweise wie folgt:

„Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die  Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass  der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung  unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die  angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.      die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

[…]“

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

V.       Erwägungen:

1.       Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer am 27.09.2016 zugestellt. Die am 21.10.2016 bei der Agrarbehörde eingelangte Beschwerde ? Schriftsatz vom 21.10.2016 ? ist daher fristgerecht.

2.       Zur Vertretungsbefugnis des Obmannes der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z:

Bei dem unter anderem von der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z als Erstbeschwerdeführerin geltend gemachten Anspruch gegenüber der Gemeinde Z handelt es sich um keine gemäß § 36c Abs 6 TFLG 1996 in die Zuständigkeit des Substanzverwalters fallende Angelegenheit. Im Zusammenhang mit dem mit Schriftsatz vom 30.06.2016 geltend gemachten Anspruch ist daher der Obmann der Gemeindeguts-agrargemeinschaft Z das zuständige vertretungsbefugte Organ.

3.       Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Mit Bescheid vom 21.09.2016, ZL ****, hat die Tiroler Landesregierung den Antrag der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z und von 97 Mitgliedern der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z auf Leistung einer Entschädigungszahlung durch die Gemeinde Z wegen Unzuständigkeit der Agrarbehörde als unzulässig zurückgewiesen. Die Gemeindegutsagrargemeinschaft Z sowie die 97 Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z waren daher berechtigt, gegen die Zurückweisung ihres Antrages wegen Unzuständigkeit der Agrarbehörde Beschwerde zu erheben.

4.       In der Sache:

4.1.    Zum Prüfungsumfang des Landesverwaltungsgerichtes Tirol:

Im gegenständlichen Fall hat das Landesverwaltungsgericht Tirol über eine Beschwerde gegen den Bescheid einer Agrarbehörde und damit einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden (vgl Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG).

Die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde hat mit Bescheid vom 21.09.2016, Zl ****, den Antrag der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z und von 97 Mitgliedern der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z, die Gemeinde Z schuldig zu erkennen, einen Betrag in Höhe von mehr als 42 Mio Euro binnen 14 Tagen zu bezahlen, wegen ihrer Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat daher lediglich zu prüfen, ob diese Zurückweisung, also eine formale Entscheidung, zu Recht ergangen ist. Zwar normiert § 28 Abs 2 und Abs 3 VwGVG die Pflicht zur Entscheidung „in der Sache selbst“. Hat allerdings die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist „die Sache“ eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die „Rechtmäßigkeit der Zurückweisung“ [vgl VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002; ebenso Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrens-recht10 (2014), Rz 833 mit weiteren Hinweisen].

4.2.    Zum Antrag auf Leistung einer Entschädigung:

Die Beschwerdeführer haben im Schriftsatz vom 30.06.2016 die Erlassung des folgenden Bescheides beantragt:

„Die mitbeteiligte Partei ist schuldig, den Antragstellern zu Handen ihres Rechtsvertreters einen Betrag in Höhe von EUR 42,103.654.- (zweiundvierzig Millionen 103.654,00 EURO) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Hinsichtlich eines Teilbetrages von EUR 41,677.691,00 räumen die Antragsteller eine Ersetzungsbefugnis derart ein, dass die mitbeteiligte Partei berechtigt ist, anstelle Geldzahlung zu leisten, auf ihr Substanzrecht gem § 33 Abs 5 TFLG 1996 rechtswirksam zu verzichten.“

Begründet wird dieser Antrag mit der durch die TFLG-Novelle vom 30.06.2014, LGBl Nr 70/2014, erfolgte Legalenteignung der Beschwerdeführer. Mit dem Inkrafttreten dieser Novelle sei der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z das Eigentum am Regulierungsgebiet und allen damit verbundenen Vermögenswerten entzogen worden. Das Eigentum der Agrargemeinschaft Z sei durch den Landesgesetzgeber in eine Sonderform des öffentlichen Eigentums – „atypisches Gemeindegut“ genannt – verwandelt worden. Ebenso sei den Beschwerde führenden Mitgliedern der Agrargemeinschaft die „Substanz“ ihres Anteilsrechtes entzogen worden. Insbesondere sei damit auch das Recht auf Beteiligung an Überschüssen bzw auf Gewinne abgeschnitten worden.

Laut den Ausführungen der Beschwerdeführer im Antrag vom 30.06.2016, aber auch in dem gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Rechtsmittel, verfüge nunmehr die Gemeinde Z aufgrund der TFLG-Novelle LGBl Nr 70/2014, teilweise bereits aufgrund der TFLG-Novelle BGBl Nr 7/2010 über Vermögenswerte, die vor dem Inkrafttreten der beiden genannten Novellen im Eigentum der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z und der Beschwerde führenden Mitglieder der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z gestanden hätten.

Das gegen die Gemeinde Z gerichtete Begehren der Beschwerdeführer richtet sich daher auf die Leistung einer Entschädigung für die ? nach Ansicht der Beschwerdeführer ? durch die Novelle LGBl Nr 70/2014, teilweise bereits durch die Novelle LGBl Nr 7/2010, erfolgte Legalenteignung.

4.3.    Zum Tatbestand des Art 137 B-VG:

Art 137 B-VG beruft den Verfassungsgerichtshof unter bestimmten Voraussetzungen zur Entscheidung über vermögensrechtliche Ansprüche. Bei der Zuständigkeit nach Art 137 B-VG handelt es sich um eine Auffangkompetenz. Sie ermöglicht die Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche gegenüber Gebietskörperschaften und Gemeindeverbänden, für die kein anderer Weg der Verfolgung eröffnet ist. Art 137 B-VG dient somit der Schließung einer Lücke; er greift allein in den Fällen, in denen die Anrufung eines ordentlichen Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde nicht zulässig ist.

Für die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes kommt es aber lediglich darauf an, dass der einfache Gesetzgeber die Durchsetzung der Ansprüche weder den ordentlichen Gerichten zugewiesen noch dafür den Verwaltungsrechtsweg öffnet hat [dazu siehe Zellenberg in Korinek/Holoubek/Bezemek/Fuchs/Martin/Zellenberg (Hrsg) Österreichisches Bundes-verfassungsrecht – Kommentar, Band I/4 (2016) Rz 10 ff zu Art 137].

4.4.    Zur (Un)Zuständigkeit der Agrarbehörde:

4.4.1.  Allgemeines:

Gemäß § 1 JN wird die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen durch die ordentlichen Gerichte ausgeübt, soweit dieselbe nicht durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen wird. Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche fallen daher grundsätzlich in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, sofern nicht durch ein Gesetz etwas anderes verfügt wird. Eine Verwaltungsbehörde hat folglich nur dann über einen vermögensrechtlichen Anspruch zu entscheiden, sofern ein solcher vermögensrechtlicher Anspruch in einem Verwaltungsverfahren geltend zu machen ist.

Das TFLG 1996 enthält Bestimmungen, aufgrund derer die Agrarbehörde zur Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche zuständig ist. Die Beschwerdeführer verweisen in diesem Zusammenhang insbesondere auf § 37 Abs 7 TFLG 1996 und behaupten zudem, die Zuständigkeit der Agrarbehörde lasse sich aus einer analogen Anwendung des § 86d TFLG 1996 ableiten.

4.4.2.  Zu den einzelnen Tatbeständen des TFLG 1996:

4.4.2.1. Generalzuständigkeit:

Gem § 72 Abs 4 TFLG 1996 erstreckt sich von der Einleitung bis zum Abschluss der in dieser Bestimmung genannten Verfahren die Zuständigkeit der Agrarbehörde auf die Verhandlung und Entscheidung über alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die zum Zweck der Durchführung der Zusammenlegung, Flurbereinigung, Teilung, Regulierung oder Auseinandersetzung in das Verfahren einbezogen werden müssen. Davon ausgenommen sind lediglich die im § 72 Abs 7 TFLG 1996 genannten Streitigkeiten.

Eine Zuständigkeit der Agrarbehörde über den von den Beschwerdeführern gegenüber der Gemeinde Z geltend gemachten Anspruch scheidet allerdings schon deshalb aus, weil betreffend die Gemeindegutsagrargemeinschaft Z keines der in § 72 Abs 4 TFLG 1996 genannten Verfahren anhängig ist. Diesbezüglich ist auf die zutreffenden Darlegungen der belangten Behörde zu verweisen, die auch die Beschwerdeführer in ihrem Rechtsmittel nicht mehr bestreiten.

4.4.2.2. Tatbestand des § 73 TFLG 1996:

Unabhängig von einem anhängigen agrarbehördlichen Verfahren ist die Agrarbehörde zur Entscheidung über die in lit a bis e des § 73 TFLG 1996 angeführten Fragen zuständig. Der von den Beschwerdeführern gegenüber der Gemeinde Z geltend gemachte Anspruch auf Entschädigungsleistung lässt sich unter keinen der Tatbestände in den lit a bis e des § 73 TFLG 1996 subsumieren. Die belangte Behörde hat sich insbesondere mit der Frage auseinandergesetzt, ob auf den von den Beschwerdeführern gegenüber der Gemeinde Z geltend gemachten Anspruch die Tatbestände der lit c und e des § 73 TFLG 1996 anzuwenden sind und dies zutreffenderweise verneint. Das Landesverwaltungsgericht Tirol verweist in diesem Zusammenhang auf die Darlegungen der belangten Behörde, die die Beschwerdeführer in ihrem Rechtsmittel nicht mehr bestreiten.

4.4.2.3. Aufsichtsrecht gemäß § 37 Abs 7 TFLG 1996:

Gem § 37 Abs 7 lit a und b TFLG 1996 hat die Agrarbehörde über die in der zitierten Bestimmung genannten Streitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges zu entscheiden.

Bezogen auf die lit a des § 37 Abs 7 TFLG 1996 ist die Agrarbehörde aber nicht schlechthin zuständig zur Entscheidung von allen Streitigkeiten zwischen der Agrargemeinschaft und deren Mitgliedern oder zwischen Mitgliedern untereinander.

Die Voraussetzungen, welche eine Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 37 Abs 7 lit a TFLG 1996 begründen, sind:

?    Der Streit muss sich aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ergeben.

?    Der Streit muss zwischen Agrargemeinschaftsmitgliedern oder zwischen einem Mitglied und einer Agrargemeinschaft bestehen.

Eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass sie Rechte (Pflichten) der Agrargemeinschaft gegenüber dem Mitglied, Rechte (Pflichten) des Mitgliedes gegenüber der Agrargemeinschaft und Rechte (Pflichten) des Mitgliedes gegenüber den anderen Mitgliedern der Agrargemeinschaft zum Gegenstand hat. Somit kann nur Gegenstand der Entscheidung der Agrarbehörde sein, was das TFLG 1996, Regulierungspläne und die Verwaltungssatzungen über das Mitgliedschaftsverhältnis bestimmen. Streitigkeiten, die über diesen Rahmen hinaus gehen und mit dem Mitgliedschaftsverhältnis nichts mehr zu tun haben, sind grundsätzlich gemäß § 1 JN vor den ordentlichen Gerichten auszutragen (vgl Lang, Tiroler Agrarrecht II, 212 f mit Hinweis auf VfSlg 7799/1976; vgl auch VwGH vom 17.10.2002, Zl 2001/07/0108 mit weiteren Nachweisen).

Aus § 37 Abs 7 lit b TFLG 1996 ist ebenfalls nicht abzuleiten, dass die Agrarbehörde über jede Streitigkeit zwischen einer Gemeinde und einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c TFLG 1996 zu entscheiden hat. Gegenstand der Entscheidung der Agrarbehörde kann nur eine Streitigkeit zwischen der Gemeinde und der Gemeindegutsagrargemeinschaft sein, soweit diese Streitigkeit einen sachlichen Zusammenhang mit dem TFLG 1996, Regulierungsplänen und/oder Verwaltungssatzungen aufweist.

Das TFLG 1996 enthält im zweiten Unterabschnitt des zweiten Hauptstückes Sonderbestimmungen für Agrargemeinschaften auf Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996, die insbesondere auch das Verhältnis zwischen Gemeinde und Gemeindegutsagrargemeinschaft regeln. § 37 Abs 7 lit b TFLG 1996 erfasst somit solche Streitigkeiten, die sich aus diesem besonderen Verhältnis zwischen der Gemeinde und einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit b Z 2 TFLG 1996 ergeben.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer handelt es sich bei den von ihnen mit Schriftsatz vom 30.06.2016 gegenüber der Gemeinde Z geltend gemachten Anspruch um keine Streitigkeit iSd § 37 Abs 7 lit a und b TFLG 1996. Das Begehren der Beschwerdeführer zielt nicht darauf ab, unterschiedliche Rechtsauffassungen im Hinblick auf die sich aus dem TFLG 1996, dem Regulierungsplan oder Verwaltungssatzungen ergebenden Rechte und Pflichten durch die Agrarbehörde klären zu lassen. Grundlage des von den Beschwerdeführern gegenüber der Gemeinde Z geltend gemachten Anspruchs ist ausschließlich die von den Rechtsmittelwerbern behauptete Verfassungswidrigkeit der Novelle LGBl Nr 70/2014, da diese angeblich eine entschädigungslose Enteignung der Agrargemeinschaft Z und einen entschädigungslosen Entzug der Substanz der den weiteren Beschwerdeführern zustehenden Nutzungsrechte bewirkt habe. Bei einer materiellen Prüfung des von den Beschwerdeführern geltend gemachten Anspruchs wäre daher die Verfassungskonformität der durch die Novelle LGBl Nr 70/2014 eingeführten Bestimmungen zu prüfen. Die Agrarbehörde ist aber zur Überprüfung der von den Beschwerdeführern behaupteten Verfassungswidrigkeit der Novelle LGBl Nr 70/2014 nicht zuständig. Eine solche Prüfung fällt gemäß Art 140 B-VG in die alleinige Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes.

4.4.2.4. Zur analogen Anwendung des § 86d TFLG 1996:

Die Beschwerdeführer begründen die Zuständigkeit der Agrarbehörde auch mit einer analogen Anwendung des § 86d Abs 2 TFLG 1996. Ergänzend dazu halten sie in ihrer Beschwerde fest, in den verfassungs- und völkerrechtswidrigen Grenzen des § 86d TFLG 1996 sei „die passive Antragslegitimation der politischen Ortsgemeinde für die Entschädigung der Legalenteignung, die durch die TFLG Novelle 2014 vollzogen wurde, ausdrücklich anerkannt“ worden.

Diese Ausführungen sind nicht zutreffend.

Zunächst hält das Landesverwaltungsgericht Tirol fest, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13.10.2016, Zl G 219/2015-28, § 86d TFLG 1996 idF LGBl Nr 70/2014 als verfassungswidrig aufgehoben hat. Diese Aufhebung tritt allerdings erst mit Ablauf des 31.12.2017 in Kraft. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat diese Bestimmung daher zum derzeitigen Zeitpunkt noch anzuwenden.

§ 86d Abs 2 TFLG 1996 legt lediglich fest, dass die in § 86d Abs 1 lit a, b und c TFLG 1996 umschriebenen Ansprüche im Verfahren nach § 37 Abs 7 TFLG 1996 spätestens zum 30.06.2014 geltend zu machen waren.

Zu prüfen ist daher, ob die von den Beschwerdeführern geltend gemachte Entschädigungsleistung als vermögenswerter Anspruch aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zwischen der Gemeindegutsagrargemeinschaft Z, den Nutzungsberechtigten (Agrargemeinschaftsmitgliedern) und der substanzberechtigten Gemeinde Z zu qualifizieren ist.

Mit Eintritt der Rechtskraft des Bescheides vom 10.08.1959, Zl ****, wurden die damaligen Grundstücke des Regulierungsgebietes in das formale Eigentum der Agrargemeinschaft Z übertragen. Dies führte zum Verlust des Alleineigentums der Gemeinde Z und dessen Verwandlung in Anteile an der neu gebildeten Agrargemeinschaft Z (vgl VfGH 13.10.2016, Zl G 219/2015-28, Rz 170). Der Substanzwert am Gemeindegut bestand daher seit jeher, also auch nach Eintritt der Rechtskraft des Regulierungsbescheides aus dem Jahr 1959, der Gemeinde Z zu (vgl VfGH 13.10.2016, Zl G 219/2015-28, Rz 178, mit Hinweis auf VfSlg 18.446/2008 und 1936/1982).

Das Gemeindegut wird aufgrund alter Übung unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften genutzt. Gemeindegut unterscheidet sich betreffend Zweckwidmung des Grundstückes nicht von den sonstigen agrargemeinschaftlichen Grundstücken, die gemäß § 33 Abs 1 TFLG 1996 „von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich und unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke aufgrund alter Übung genutzt werden“.

Das Nutzungsrecht am Gemeindegut besteht nur im Umfang des Haus- und Gutsbedarfes der berechtigten Liegenschaft (so auch § 70 Abs 2 erster Satz Tiroler Gemeindeordnung 2011). Der Gemeinde stehen der Substanzwert und die Überschüsse aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit aus dem Titel des Eigentumsrechtes zu (VfGH 20.10.2013, Zlen B 505/2012 ua).

Der Landesgesetzgeber ist daher verpflichtet, dem Substanzanspruch der Gemeinde und damit unmittelbar zusammenhängend dem auch aus verfassungsrechtlicher Sicht erheblichen Umstand, dass die Nutzungsberechtigten in Ansehung des Substanzwertes über keinerlei Rechte verfügen und zudem lediglich Ansprüche auf Naturalleistungen im Ausmaß ihres Haus- und Gutsbedarfs haben, im Rahmen der Organisation der atypischen Gemeindegutsagrargemeinschaft als Selbstverwaltungskörper Rechnung zu tragen.

Die in § 86d Abs 1 TFLG 1996 geregelte vermögensrechtliche Auseinandersetzung für die Vergangenheit ergänzt die Bestimmungen des TFLG 1996 über die Wirtschaftsführung und Substanzverwaltung und dient der Wahrung des Substanzanspruchs der substanz-berechtigten Gemeinde. § 86d Abs 1 TFLG 1996 erfasst jene Fälle, in denen aus der Substanz erwirtschaftete Vermögenswerte die Agrargemeinschaft ohne Gegenleistung verlassen haben. Allerdings gilt es auch gegenläufige Ansprüche der Nutzungsberechtigten zu berücksichtigen und zwischen diesen Ansprüchen und dem Substanzanspruch der Gemeinde einen angemessenen Ausgleich zu schaffen.

Ausdrücklich heißt es zu § 86d Abs 1 TFLG 1996 in Rz 169 des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 13.10.2016, Zl G 219/2015-28:

„Dem Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht entgegenzutreten,

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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