Entscheidungsdatum
18.10.2017Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §7Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Christoph Lehne über die Beschwerde des Herrn BB vertreten durch RA Dr. CC, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Z vom 15.05.2017, ****
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die AA GmbH & Co KG vertreten durch Herrn RA MMag. Dr. DD hat mit Schriftsatz vom 04.11.2015 einen Antrag auf Erlassung eines Interessensbescheides ob der Liegenschaft in EZ **** KG Y, auf den Gst **** und **** gemäß § 30 Abs 2 Z 15 Mietrechtsgesetz – MRG gestellt. Mit dem angefochtenen Bescheid stellt die Bürgermeisterin der Stadt Z (in der Folge belangte Behörde genannt) fest, dass der geplante Neubau (Wohnanlage nach dem Entwurf des Architekturbüros EE aus Z gemäß dem Projektbericht der AA vom 29.03.2016) auf der Liegenschaft in EZ **** KG Y im öffentlichen Interesse liegt.
Dagegen hat Herr BB als Mieter dieser Liegenschaft und Betreiber eines Uhrengeschäftes vertreten durch RA Dr. CC fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen festgehalten, dass die Voraussetzungen für die Erlassung des Feststellungsbescheides nicht vorliegen würden, da genügend Wohnprojekte in Bau seien, die bei der Feststellung der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden seien. Zudem liege eine strukturelle Befangenheit vor, dadurch dass die Bürgermeisterin der Stadt Z über eine Gesellschaft der Stadt Z entscheide.
Im Ermittlungsverfahren wurde Beweis aufgenommen durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in deren Verlauf der Beschwerdeführer einvernommen wurde, zudem ein Vertreter der Beschwerdegegnerin, sowie der Sachbearbeiter FF des Amtes für Wohnungsvergabe als Zeuge. Zudem wurde ein Auszug aus der Unterschriftenliste gegen den Abbruch des verfahrensgegenständlichen Objektes zum Akt gegeben und ein Konvolut über Wohnanlagen die projektiert oder im Bau sind. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt. Der Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines wurde zurückgezogen. Die Vertreter der Parteien verzichteten auf eine Verkündung.
I. Sachverhalt:
Auf dem Gst **** ist das Wohngebäude Adresse 5 mit sieben Zweizimmerwohnungen mit je 43 bis 60 m² Nutzfläche zu einem Geschäftslokal (Uhrengeschäft) im Parterre errichtet. Das Gebäude wurde gemäß vorgelegtem Einreichplan am 06.04.1884 baurechtlich bewilligt. Dem Projektbericht der Beschwerdegegnerin vom 28.05.2015 ist zu entnehmen, dass die Bestandswohnungen aus je einer Küche und zwei Durchgangszimmern bestehen. In den Balkonbereichen seien nachträgliche kleine Nassräume eingebaut worden, da ursprünglich nur ein WC ohne Nassraum pro Wohnung errichtet worden sei. Das Gst **** ist mit einem eigenen kleinen Baukörper (Grundfläche laut Grundbuch 66 m²) bebaut. Bei diesem Gebäude handelt es sich um ein Erdgeschoß des Geschäftslokal, in welchem der Eissalon „GG“ betrieben wird. Der Inhaber dieses Betriebes hat sich den Beschwerdeausführungen nicht angeschlossen und einen Vergleich mit der Beschwerdegegnerin abgeschlossen. Dem Projektbericht der AA vom 29.03.216 ist zu entnehmen, dass die geplante Wohnanlage des Siegerprojektes des Architekturbüros EE aus Z aus 42 Wohnungen mit einer Gesamtwohnnutzfläche von 2.140 m² bestehen soll. In den ersten drei Obergeschoßen sind 20 betreute Zweizimmerwohnungen und in den weiteren sechs Obergeschoßen 22 familiengerechte Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen mit Balkonen und Logien geplant. Im Erdgeschoßbereich sind ein Aufenthaltsbereich und ein Büro für das Betreute Wohnen und möglich Geschäftsräume mit einer Gesamtnutzfläche von ca 270 m² situiert. Im Untergeschoß sind eine Tiefgarage mit 19 Abstellplätzen und die erforderlichen Nebenräume vorgesehen. Es handelt sich um ein Projekt des sozialen Wohnbaues mit entsprechender Finanzierungsunterstützung mit Wohnbauförderungsmitteln des Landes und der Vergabemöglichkeit durch die Stadtgemeinde Z. Dem Neubauprojekt gegenüberzustellen sind im Altbestand sieben Wohneinheiten mit lediglich rund 380 m² Wohnnutzfläche. Die Nutzfläche der gewerblichen Flächen wird im Übrigen ebenfalls übertroffen. Mit einer Versechsfachung der Wohnnutzfläche bei gleichzeitiger Erhöhung der Anzahl der Wohneinheiten um 35 Einheiten sind die allgemeinen Voraussetzungen an das Bauprojekt erfüllt, da hier nicht von einer nur geringfügigen Vermehrung von grundsätzlich zur Linderung der Wohnungsnot geeigneten Wohnungen gesprochen werden kann. Derzeit beträgt die Anzahl der Wohnbevölkerung in Z laut den Hauptwohnsitzen 132.670. Beim Amt Wohnungsvergabe sind 2.103 Mietinteressenten und 635 Eigentumswohninteressenten (Stand vom 01.09.2017) vermerkt. Diese mehr als 3.000 Interessenten sind gemischtes Publikum. Es sind auch ältere Leute dabei. Das Alter reicht von 18 Jahren bis 90 Jahre. Die genannten Personen also Mietinteressenten und Kaufinteressenten sind bereits anerkannte Wohnungswerber. Sie wären nicht auf der Liste, wenn sie nicht die Kriterien für Wohnungssuchende erfüllen würden. Aus der Liste wurden bereits die Personen herausgefiltert die bereits eine Wohnung haben. Ebenso wurden jene Personen herausgestrichen, die bereits eine Wohnung besitzen, weil sie eine Tauschwohnung haben oder die eine Doppelvormerkung mit Miete und Eigentum haben. Im Jahr werden 450 bis 480 Wohnungen auf diese Weise vergeben. Mit den 2.103 Mietinteressenten und 635 Eigentumswohnungen sind insgesamt mehr als 2 % der Wohnbevölkerung als Wohnungssuchende vermerkt. Dem Beschwerdeführer wurden mehrere Standorte in vielen Gesprächen angeboten darunter ein Standort im bestehenden Gebäude der Beschwerdegegnerin in der Adresse 6 und wird dieser Standort auch weiterhin freigehalten, um zu dem Angebot zu stehen. Es wurde auch ein Standort im neuen Gebäude mit einer interimistischen Lösung beispielsweise in einem Container angeboten. Es kam aber nicht zu einer Einigung mit dem Beschwerdeführer.
II. Beweiswürdigung:
Die Angaben des Zeugen FF als Sachbearbeiter des Amtes für Wohnungsvergabe sind schlüssig und vollständig. Das Landesverwaltungsgericht hat keine Zweifel an der Ausführlichkeit dieser Angaben. Soweit Projekte im sozialen Wohnbau unterliegen wurden sie von diesem Sachbearbeiter bei seinen Angaben berücksichtigt. Die Angaben der Beschwerdeführerin über das verfahrensgegenständliche Projekt unterliegen für das Landesverwaltungsgericht keine Zweifel, ebenso ihre Angaben über die Extraangebote an den Beschwerdeführer. Weitere Beweisaufnahmen aus dem Gebiet der Statistik sind nicht erforderlich.
III. Rechtliche Ausführungen:
§ 30 Abs 2 Z.14 Mietrechtsgesetz lautet:
„§ 30. (1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.
(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn
Z.15.
ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;“
Der § 4 Abs 1 und 2 Bodenbeschaffungsgesetz lauten:
Ein quantitativer Wohnungsbedarf im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn in einer Gemeinde die Zahlen der vorhandenen und der im Bau befindlichen Wohnungen die Zahl der Haushalte um nicht mehr als 3 % von 100 übersteigt oder in einer Gemeinde 2 % der Wohnbevölkerung als wohnungssuchende gemeldet und von der Gemeinde als solche anerkannt sind. Barackenwohnungen, Behelfsheime, Einzelräume und sonstige Notunterkünfte sind nicht als Wohnungen zu zählen (1). Ein qualitativer Wohnungswählbestand iSd Bundesgesetzes liegt vor, wenn in einer Gemeinde die Zahl der mangelhaft ausgestatteten Wohnungen mehr als 10 % der Zahl der vorhandenen Wohnungen (Abs 1) beträgt. Als mangelhaft ausgestattet gelten Wohnungen mit Wasserentnahme oder Bad außerhalb derselben (Abs 2). Unter Stadterneuerungsgesetz § 1 Abs 1 und 2: Die Landesregierung kann der Verordnung ein Gemeindegebiet oder ein Teil eines Gemeindegebietes, dass Städte bauliche Missstände (§ 6 Abs 1) aufweist, die nur durch Sanierungsmaßnahmen beseitigt werden können, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zum Sanierungsgebiet erklären. In dieser Verordnung oder mit gesonderter Verordnung kann die Landesregierung auf Antrag für einzelne Liegenschaften bzw Baulichkeiten bestimmen, dass diese von der Anwendung von Maßnahmen nach Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ausgenommen werden; solche Ausnahmen sind nur für Liegenschaften bzw Baulichkeiten zulässig, die aufgrund ihres Baualters, ihres Bauzustandes oder einverleibt in Wohnungseigentums- und Sanierungsmaßnahmen nicht verhindern oder erschweren und für von der Gemeinde wahrzunehmende öffentliche Zwecke, nicht benötigt werden. Liegenschaften bzw Baulichkeiten in denen mindestens die Hälfte der Wohnungen mangelhaft ausgestattet ist (§ 3 Z 10) dürfen in solche Ausnahmen nicht einbezogen werden.
Dieses Bundesgesetz gilt auch für Gebäude außerhalb von Sanierungsgebieten sofern 1. sie mit den Bebauungsvorschriften im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan vereinbar sind, 2. mindestens die Hälfte der Gesamtnutzfläche, das ist die Summe der Nutzflächen aller Wohnungen und Geschäftsräumen. Wohnungszweckend dient 3. die mehr als zwei Wohnungen enthalten und mindestens die Hälfte der Wohnungen mangelhaft ausgestattet sind (§ 3 Z 10). Hievon ausgenommen sind landwirtschaftliche Wohnhäuser außerhalb eines geschlossenen Siedlungsgebietes. Z 1 gilt für zum Abbruch bestimmte Gebäude nicht.
Nach § 3 Z 10 iSd Bundesgesetzes gelten als mangelhaft ausgestattete Wohnungen mit Wasserentnahme oder Abort (WC)außerhalb derselben. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seine Entscheidungen (vgl VwGH 92/95/0144 ua) davon aus, dass unter Sanierung die Beseitigung städtebaulicher Missstände unter Bedachtnahme auf die Bebauungsvorschriften zu verstehen ist.
Assanierungsbedürftigkeit liegt nach Moritz (IMZ 1987) jedenfalls nicht schon deshalb vor weil sich ein Haus in einem schlechten Zustand befindet. Es müsse auch der Baukonsens gewisse Wünsche offen lassen. Die als Sanierungsbedürftigkeiten müsse aufgrund des konsensgemäßen Zustandes des gesamten Hauses beurteilt werden. Die bloße Beseitigung partiell ungesunder Wohnungsverhältnisse Gebäude fällt nicht unter den Begriff der Sanierung. Eine als Sanierungsbedürftigkeit liegt laut Moritz (IMZ vom 25.04.1987, Heft A) sicher dann vor, wenn sie auch nach den Bestimmungen des Stadterneuerungsgesetzes (§ 1 Abs 2) gegeben ist.
Dass der Begriff der Assanierung nach dem Mietsrechtsgesetze im Sinne des Abort(WC)tadterneuerungsgesetzes auszulegen ist, geht aus der Literatur und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig hervor. Im Sinne der Entscheidung des VwGH beispielsweise vom 28.02.2008, GZ 2006/06/0232 müssen nachfolgend aufgezählte Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Stadterneuerungsgesetzes (a Sanierungsbedürftigkeit von Gebäuden außerhalb von Sanierungsgebieten) kumulativ vorliegen.
1. es ist kein landwirtschaftliches Wohnhauses außerhalb eines geschlossenen Siedlungsgebietes betroffen;
2. das Gebäude ist mit den Bebauungsvorschriften (Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan) vereinbart.
3. Mindestens die Hälfte der gesamten Nutzfläche das ist die Summe der Nutzflächen aller Wohnungen und Geschäftsräume dient Wohnzwecken;
4. es befinden sich mehr als zwei Wohnungen im Gebäude;
5. mindestens die Hälfte der darin befindlichen Wohnungen ist mangelhaft ausgestattet, das heißt ohne Wasserentnahmestelle oder ohne Abort(WC) in der Wohnung (§ 3 Z 10 StEG);
Es liegen nicht alle Voraussetzungen nach 1 bis 5 für den Begriff der Assnierung vor. Die Voraussetzungen zu Punkt 5 werden nicht erfüllt. Ein öffentliches Interesse zu Sanierungszwecken scheidet daher aus.
Ein quantitativer Wohnungsbedarf ist gegeben, wenn
1. Die Zahl der vorhandenen und der im Bau befindlichen Wohnungen die Zahl der Haushalte um nicht mehr als 3 % übersteigt.
oder
2. in der Gemeinde 2 % der Wohnbevölkerung als wohnungssuchende gemeldet und von der Gemeinde als solche anerkannt sind. Die genannte Voraussetzung liegt nach Einvernahme des Sachbearbeiters des Amtes für Wohnungsvergabe eindeutig vor. Diese Feststellung wurde auch unter Berücksichtigung jener Projekte getätigt, die im sozialen Wohnbau unterliegen. Das geplante Objekt ist zur Vermehrung der Wohnungen die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes geeignet führt nicht nur zu einer geringfügigen Anhebung des Wohnungsangebotes im sozialen Bereich.
IV. Interessensabwägung:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Entscheidungen feststellt (vergleiche beispielsweise Entscheidung vom 16.05.2013, 2012/06/0135) ist die Aufzählung des § 30 Abs 2 Z 15 MRG, welche Umstände im öffentlichen Interesse liegen demonstrativ. Das dort umschriebene öffentliche Interesse (unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Mieter) können sachverhaltsmäßig allenfalls erst durch ein „Zusammenwirken“ verschiedener der in dieser Gesetzesstelle aufgezählten Kriterien gegeben sein. Dabei sei aber stets zu bedenken, dass es sich bei dieser Bestimmung um eine auf die Einschränkung bestehender Privatrechte gerichtete und daher im Zweifel restriktiv auszulegende Norm handelt. Dabei ist aber stets zu bedenken, dass es sich bei dieser Bestimmung um eine auf die Einschränkung bestehender privat richtig gerichtete und daher im Zweifel restriktiv auszulegende Norm handelt. Eine Interessensabwägung hat nicht nur bei widerstreitenden öffentlichen Interessen stattzufinden sondern auch gegenüber schutzwürdigen Interessen des durch die Kündigung betroffenen Mieters (vgl VwGH Erkenntnis vom 23.12.1999, 97/06/0143). Der Antragsgegner und Beschwerdeführer führt zwecks Wahrung seiner Interessen als Mieter in seiner Stellungnahme einige Punkte an die schlagwortartig aufgelistet und erörtert werden, 1. eine lange Tradition- der Uhrmacherbetrieb wird in zweiter Generation seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts – vom Antragsgegner selbst seit rund 30 Jahren im Gebäude Adresse 5 geführt. 2. Die Vernichtung der wirtschaftlichen und privaten Existenz bei Standortaufgabe- der Uhrmacherbetrieb sei aufgrund seiner Qualität und Qualifikation über die Grenzen Zs hinaus bekannt. 3. Die Bürgermeinung gegen Schließung im Rahmen einer Unterschriftenaktion hätten sich nahezu 2.000 Bürger gegen eine Schließung ausgesprochen und damit ein massives Interesse an der Erhaltung des Betriebes gezeigt. Dies gelte auch für eine vorübergehende Schließung für den Fall dass das Angebot für eine Nutzung nach Errichtung des Neubauprojektes erfolgen solle. Die lange Tradition des Uhrmacherbetriebes im derzeitigen Standort wird keineswegs angezweifelt. Es ist jedoch nicht schlüssig, dass mit einer Verlegung des Uhrmachergeschäftes in einem Ersatzlokal die wirtschaftlich oder persönliche Existenz gefährdet werde. Da der Beschwerdeführer die Qualifikation und Qualität seiner Arbeit über die Grenzen Zs hinaus bekannt ist, müsste es ihm möglich sein bei rechtzeitiger Bekanntgabe an die Kundschaft auch in einem neuen Standort sein Geschäft aufrecht zu erhalten. Ein qualifizierter und bekannter Uhrmacher, der eine treue Kundschaft besitzt, ist nicht auf ein bestimmtes Geschäftslokal angewiesen. Für das Landesverwaltungsgericht ist nicht nachvollziehbar, warum die Nutzung eines nur in geringer Entfernung angebotener Ersatzlokals einen wirtschaftlichen Untergang bedeuten soll. Eine Unterschriftenaktion ist nicht von Bedeutung im Mietrechtsgesetz und auf sie muss daher nicht Bedacht genommen werden.
Zur Frage der Befangenheit:
Die Regelung des § 7 AVG dient dazu, die persönliche Voreingenommenheit von Entscheidungsträgern in einem Verwaltungsverfahren auszuschließen. Diese Regelung ist nicht dazu bestimmt, ganze Behörden von einer Entscheidung auszuschließen. Außerdem steht mit dem Landesverwaltungsgericht eine unabhängige Instanz zur Verfügung, die die Überlegungen der belangten Behörde überprüfen kann. Der Einwand der Befangenheit trifft daher nicht zu. insgesamt gesehen können die Überlegungen der belangten Behörde für die Feststellung eines öffentlichen Interesses an dem Neubau und dem Abbruch des derzeitigen Objektes absolut nachvollzogen werden. Das Interesse an einer Linderung der Wohnungsnot durch den Neubau überwiegt gegenüber den Interessen des Mieters.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (ua 23.11.2004, 2004/06/0111, sowie 18.12.2008, 2008/06/0108), noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Zudem ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Christoph Lehne
(Richter)
Schlagworte
Interessenabwägung; Wohnungsbedarf;Anmerkung
Mit Beschluss vom 26.02.2018, Z E 4267/2017-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 18.10.2017, Z LVwG-2017/16/1493-5 erhobenen Beschwerde ab.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.16.1493.5Zuletzt aktualisiert am
10.06.2020