Entscheidungsdatum
27.07.2017Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG 1991 §45 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Lehofer-Pfiffner über die Beschwerde des Z M, geb. am xx, vertreten durch Rechtsanwälte
P & P, J, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 22.05.2017, GZ: BHGU-15.1-9876/2017,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG iVm § 38 VwGVG
e i n g e s t e l l t .
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz
(im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 22.05.2017 wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer „als einzelunternehmerisch tätiger Arbeitgeber auf dem Standort in G, Egasse“ eine Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes vorgeworfen, wonach die von ihm am 19.03.2017 im Café Ch, G, Egasse, beschäftigte Dienstnehmerin P J nicht vor deren Arbeitsantritt bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als geringfügig beschäftigte Dienstnehmerin angemeldet wurde.
Wegen Verletzung des § 111 Abs 1 Z 1 iVm § 33 Abs 1 und 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG wurde eine Geldstrafe und für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 111 Abs 2 ASVG eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde rechtzeitig durch den rechtsfreundlich vertretenen Beschuldigten Beschwerde erhoben und im Wesentlichen eingewandt, dass es sich bei P J nicht um eine Dienstnehmerin des Beschwerdeführers gehandelt habe.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:
Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG konnte eine Verhandlung entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Auf Grund des vorliegenden Aktes der belangten Behörde in Verbindung mit ergänzenden Erhebungen des Landesverwaltungsgerichtes ist von folgendem für die rechtliche Beurteilung relevanten Sachverhalt auszugehen:
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines im Unternehmensregister eingetragenen Einzelunternehmens mit Sitz in T, Tstraße. Er betreibt von diesem Unternehmenssitz aus zwei Gastgewerbebetriebe, und zwar seit 02.10.2014 das Gastgewerbe in der Betriebsart „Gasthaus“ mit Gewerbestandort am Unternehmenssitz sowie seit 10.03.2016 das Gastgewerbe in der Betriebsart „Pub“ („Old-English-Pub Ch“) in G, Egasse.
Auf Grund einer Anzeige führten Beamte der Finanzpolizei für das Finanzamt Graz-Umgebung am 19.03.2017, um 17.40 Uhr, eine Kontrolle im Old-English-Pub Ch in G, Egasse, durch. Dabei wurde die kroatische Staatsangehörige P J hinter der Theke angetroffen. Auf Grund weiterer Beobachtungen im Lokal und einer Niederschriftsaufnahme mit der Dienstnehmerin des Beschwerdeführers und Kellnerin im Lokal, L B, wurden seitens der Finanzpolizei ein Strafantrag wegen Verletzung des ASVG und ein Strafantrag wegen Verletzung des AuslBG an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung gestellt, da für P J keine entsprechende arbeitsmarktbehördliche Bewilligung vorlag und keine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt war.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dies hat durch Angabe von Tatort, Tatzeit sowie des wesentlichen Inhaltes des Tatgeschehens zu erfolgen.
Gemäß § 111 Abs 5 ASVG gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienst-gebers liegt, gegenständlich somit am Unternehmenssitz des Einzelunternehmens des Beschwerdeführers in T, Tstraße.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer im Straferkenntnis die Übertretung „als einzelunternehmerisch tätiger Arbeitgeber auf dem Standort in G, Egasse“ zur Last gelegt und den tatsächlichen Unternehmenssitz in T, Tstraße, weder im Spruch noch in der Begründung genannt. Sie hat dem Beschuldigten somit einen unrichtigen Tatort vorgeworfen. Der richtige Tatort wurde dem Beschuldigten auch in keiner Verfolgungshandlung vorgehalten.
Eine Richtigstellung des hinsichtlich des Tatortes unrichtigen Tatvorwurfs ist dem Landesverwaltungsgericht Steiermark verwehrt, da es sich dabei um eine Auswechslung der Tat handeln würde.
Da der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung am vorgeworfenen Tatort nicht begangen hat, war der Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.
Angemerkt wird, dass mit der gegenständlichen Verfahrenseinstellung der Einleitung eines neuen Strafverfahrens mit dem korrekten Tatort nichts entgegensteht, zumal die Verfolgungsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Gemäß § 111 Abs 3 ASVG in der tatzeitlich geltenden Fassung beträgt die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen wie der gegenständlichen ein Jahr.
Die mitbeteiligte Partei, Finanzpolizei für das Finanzamt Graz-Umgebung, wurde von der beabsichtigten Einstellung in Kenntnis gesetzt und hat in ihrer Stellungnahme vom 13.07.2017 – bezugnehmend auf die Anlastung des falschen Tatortes – grundsätzlich keinen Einwand erhoben.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Straferkenntnis, Tatort, Betrieb, Unrichtigkeit, Einstellung, neuerliche EinleitungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2017:LVwG.33.13.1754.2017Zuletzt aktualisiert am
13.11.2017