TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/19 G311 2164645-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.10.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.10.2017

Norm

AuslBG §18 Abs12
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G311 2164645-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef EBERHARD und Thomas WIEDNER als Beisitzer, über die Beschwerde der XXXX vertreten XXXX gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX vom 12.05.2107, GZ: XXXX, betreffend der Zurückweisung des Antrages auf Erteilung einer EU-Entsendebestätigung für XXXX, Staatsangehörigkeit: Türkei, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Die XXXX mit Firmensitz in Deutschland (im Folgenden: Beschwerdeführerin) meldete am 16.03.2017 der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung (ZKO) die Überlassung der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Türkei (im Folgenden: Arbeitnehmerin), für die berufliche Tätigkeit als "IT-Berater, Senior Support Engineer" gemäß § 19 Abs. 4 Lohn-Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) mit ZKOXXXX an.

Als Überlasser wurde die Beschwerdeführerin und als inländischer Beschäftigerbetrieb die XXXX etabliert in XXXX (im Folgenden: Auftraggeber), angeführt.

Per Email vom 21.03.2017 übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin Unterlagen hinsichtlich der ZKO4-Meldung vom 16.03.2017.

Mit Schreiben vom 24.03.2017 wurde die BF seitens des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde), unter Hinweis darauf, ansonsten aufgrund der Aktenlage entscheiden zu müssen, zur Vorlage näher bezeichneter Unterlagen bis längstens 10.04.2017, aufgefordert.

Mit Bescheid vom 12.05.2017 wies die belangte Behörde den "Antrag auf EU-Entsendungbestätigung (zko4 XXXX) für die o.g. Person vom 30.1.17" gemäß § 13 Abs. 3 AVG wegen Nichteinbringung fehlender Unterlagen zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Verbesserungsauftrag nur teilweise nachgekommen wurde, die Voraussetzungen für eine Entsendung gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG würden daher nicht vorliegen.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Die Beschwerde gegen die Untersagung der Entsendung begründete die Beschwerdeführerin im Wesentlichen damit, dass gegenständlich eine konzerninterne Überlassung im Sinne des Artikels 1 Abs. 3 lit. b der Entsenderichtlinie 96/71/EG, vorliege, die - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht mittels Meldung gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG, sondern rechtskonform gemäß § 19 Abs. 4 LSD-BG durch eine ZK04 Meldung angezeigt worden sei. Da das Verfahren gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG lediglich auf Meldungen gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG basiere, welche nur bei Entsendungen gemäß Artikel 1 Abs. 3 lit. a der Entsenderichtlinie zu erstatten seien, komme der belangten Behörde keine Prüfkompetenz zu und sei die Erlassung des bekämpften Bescheides ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Eine Umdeutung einer ZK04 Meldung nach § 17 Abs. 2 AÜG im Wege einer Analogie in eine ZK03 Meldung nach § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG zum ausschließlichen Zweck der Herleitung einer Prüfkompetenz sei unzulässig und aufgrund der klaren gesetzlichen Regelung nicht erlaubt. Die Untersagung der von der Beschwerdeführerin rechtskonform nach § 19 Abs. 4 LDS-BG gemeldeten grenzüberschreitenden Überlassung nach § 18 Abs. 12 AuslBG iVm § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG sei somit rechtswidrig und der entsprechende Bescheid zu beheben. Darüber sei hinsichtlich der Aufforderung der belangten Behörde um Vorlage von Unterlagen festzuhalten, da § 19 Abs. 4 LSD-BG den Inhalt einer Überlassungsmeldung abschließend regle. Der Beschwerdeführerin sei unzulässigerweise eine Sachentscheidung vorenthalten worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen:

Die beschwerdeführende XXXX mit Firmensitz in Deutschland meldete am 16.03.2017 der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung (ZKO) gemäß § 19 Abs. 4 LSD-BG mittels ZKO4 -Formular die Überlassung der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörige der Türkei, an die XXXX Österreich GmbH, einem der Unternehmensgruppe angehörenden Unternehmen mit Firmensitz in XXXX, für den Zeitraum vom 04.04.2017 bis 07.04.2017 als IT-Berater, Senior Support Engineer.

XXXX steht in einem Arbeitsverhältnis zur Beschwerdeführerin. Die XXXX GmbH Österreich ist ein der Unternehmensgruppe der XXXX angehörendes Unternehmen.

2. Beweiswürdigung:

Die Meldung der Überlassung nach Österreich gemäß § 19 Abs. 4 LSD-BG (Formular ZKO4) vom 16.03.2071 ist aktenkundig.

Dass die beiden Unternehmen derselben Unternehmensgruppe angehören ergibt sich aus einem von Amts wegen eingeholten Firmenbuchauszug.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

§ 18 AuslBG lautet auszugsweise:

"Voraussetzungen für die Beschäftigung; Entsendebewilligung

§ 18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

(2) bis (11) [...]

(12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden."

Die maßgeblichen Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) lauten:

"KAPITEL 3

DIENSTLEISTUNGEN

Artikel 56

(ex-Artikel 49 EGV)

Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.

Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.

Artikel 57

(ex-Artikel 50 EGV)

Dienstleistungen im Sinne der Verträge sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.

Als Dienstleistungen gelten insbesondere:

a) gewerbliche Tätigkeiten,

b) kaufmännische Tätigkeiten,

c) handwerkliche Tätigkeiten,

d) freiberufliche Tätigkeiten.

Unbeschadet des Kapitels über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt."

Unionsrechtlich regelt weiters die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.1996 die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsenderichtlinie). Gemäß Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie ist diese anzuwenden (liegt ein Anwendungsfall der Art. 56 und 57 AEUV vor), soweit Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

"a) einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat tätigen Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

b) einen Arbeitnehmer in eine Niederlassung oder ein der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

c) als Leiharbeitsunternehmen oder als einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellendes Unternehmen einen Arbeitnehmer in ein verwendendes Unternehmen entsenden, das seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat oder dort seine Tätigkeit ausübt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitunternehmen oder dem einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht."

§ 2 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) lautet:

"(1) Für die Beurteilung, ob ein Arbeitsverhältnis, eine grenzüberschreitende Entsendung oder Überlassung im Sinne dieses Bundesgesetzes vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend.

(2) Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, sind insbesondere § 4 Abs. 2 AÜG oder vergleichbare österreichische Rechtsvorschriften maßgebend.

(3) Das Vorliegen einer Entsendung im Sinne dieses Bundesgesetzes setzt nicht den Abschluss eines Dienstleistungsvertrages zwischen einem Arbeitgeber ohne Sitz in Österreich und einem im Inland tätigen Dienstleistungsempfänger voraus."

Der mit "Meldepflicht bei Entsendung oder Überlassung aus einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft" betitelte § 19 LSD-BG lautet auszugsweise:

"(1) Arbeitgeber und Überlasser mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft haben die Beschäftigung von nach Österreich entsandten Arbeitnehmern und nach Österreich überlassenen Arbeitskräften zu melden. Die Meldung hat für jede Entsendung oder Überlassung gesondert zu erfolgen. Nachträgliche Änderungen bei den Angaben gemäß Abs. 3 oder Abs. 4 sind unverzüglich zu melden. Ein Beschäftiger, der einen Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt in Bezug auf die Meldepflichten nach diesem Absatz und den Abs. 2 und 3 als Arbeitgeber.

....

(4) Die Meldung nach Abs. 1 hat für jede Überlassung gesondert zu erfolgen und hat folgende Angaben zu enthalten; nachträgliche Änderungen bei den Angaben sind unverzüglich zu melden:

1. Name und Anschrift des Überlassers,

2. Name und Anschrift des zur Vertretung nach außen Berufenen des Überlassers,

3. Name und Anschrift des Beschäftigers sowie dessen Umsatzsteueridentifikationsnummer und dessen Gewerbebefugnis oder Unternehmensgegenstand,

4. Name, Anschriften, Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern und Sozialversicherungsträger sowie Staatsangehörigkeit der überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen,

5. Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung der einzelnen überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen beim Beschäftiger,

6. Orte der Beschäftigung, jeweils unter genauer Angabe der Anschrift, in Österreich,

7. in den Fällen des § 21 Abs. 3 Angabe der Person (genaue Anschrift) oder der Zweigniederlassung (genaue Anschrift), bei der die Meldeunterlagen und Lohnunterlagen bereitgehalten werden,

8. Höhe des jedem einzelnen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Person nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts,

9. Art der Tätigkeit und Verwendung der einzelnen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen unter Berücksichtigung des maßgeblichen österreichischen Kollektivvertrages,

10. sofern für die Beschäftigung der überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen im Sitzstaat des Überlassers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung,

11. sofern die überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen im Sitzstaat des Überlassers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung.

..."

§ 20 Abs. 2 LSD-BG lautet:

" Die Zentrale Koordinationsstelle hat die Meldung einer Überlassung nach § 19 Abs. 4 an:

1. den zuständigen Krankenversicherungsträger (§§ 26 und 30 ASVG),

2. die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, und

3. den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

elektronisch zu übermitteln."

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 Abs. 12 AuslBG ist Voraussetzung für die Erlangung einer EU-Entsendebestätigung, dass die Ausländer zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung in Erfüllung eines dem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR erteilten Auftrages entsandt werden. Dies entspricht der Entsendung iSd Art. 1 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 96/71/EG (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).

Mit der Frage, was "Sache" des Verfahrens der behördlichen Entscheidung ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.02.2016, Ra 2015/09/0115, im Detail auseinandergesetzt.

Dem Verfahren lag zugrunde, dass am 02.03.2015 die Entsendung von zehn bosnischen Arbeitnehmern für eine Beschäftigung in N. angemeldet wurde. Mit jeweils einen Arbeitnehmer betreffenden Bescheiden vom 13.04.2015 wurde die Ausstellung der EU-Entsendebestätigung mit der Begründung verwehrt, dass Arbeitskräfteüberlassung vorliege und die Entsendung der zehn Arbeitnehmer daher untersagt. Das Bundesverwaltungsgericht behob die Bescheide mangels Zuständigkeit.

Der Verwaltungsgerichthof führte aus:

"Im Antragsverfahren wird die Sache des Verwaltungsverfahrens durch den zugrundeliegenden Antrag abgesteckt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2000, 99/01/0397).

Für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ist ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2003, 2002/17/0279, mwN).

Die Antragstellung determiniert grundsätzlich die Entscheidungskompetenz der Behörden. Dies ist aber nur dahingehend zu verstehen, dass mit der Antragstellung um Erteilung einer bestimmten behördlichen Entscheidung zum einen feststeht, um welches Verfahren es sich handelt, dass aber andererseits die beantragte Erledigung von der Behörde nach allen im jeweiligen Verfahren anzuwendenden Vorschriften zu prüfen ist. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes ist dort anzunehmen, wo sich aus einer Rechtsvorschrift ausnahmsweise die Verpflichtung des Antragstellers ableiten lässt, den Rechtsgrund seines Anspruches im Antrag zu nennen und damit die "Sache" des Verwaltungsverfahrens selbst auf diese Art einzugrenzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1996, 95/06/0200).

Nichts anderes gilt für eine Meldung, die Rechtsfolgen auszulösen im Stande ist und über die in einem gesetzlich bestimmten Verfahren abzusprechen ist.

"Sache" des Verfahrens der Behörde erster Instanz war demnach, über die (den Inhalt der) von der Erstmitbeteiligten erstattete(n) Meldung gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG abzusprechen. Welche Behörde hiefür zuständig ist, bestimmt unmissverständlich § 18 Abs. 12 AuslBG. Gegenständlich war dies die Revisionswerberin. Diese Behörde hatte zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Entsendung von ausländischen Arbeitnehmern im Sinne des § 18 Abs. 12 AuslBG handelt oder nicht und ob die Bedingungen des § 18 Abs. 12 Z. 1 und 2 AuslBG eingehalten werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat aber ausgehend vom rechtlichen Ergebnis seiner Prüfung, dass es sich um Arbeitskräfteüberlassung handle, unzulässigerweise auf eine (im Nachhinein) eingetretene Unzuständigkeit der Revisionswerberin geschlossen. Eine solche Rechtsauffassung verbietet sich schon deshalb, weil sie zur Konsequenz hätte, dass für die Prüfung einer erstatteten Meldung gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG iVm § 18 Abs. 12 AuslBG (dahingehend, ob überhaupt eine Entsendung vorliegt) keine Behörde zuständig wäre. Die Zuständigkeit einer Behörde für die durch die Meldung ausgelöste Pflicht zur Entscheidung gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG bleibt auch im Falle der Feststellung einer in Wahrheit vorliegenden Arbeitskräfteüberlassung nach dem AÜG (welche nach dem Urteil des EuGH vom 11. September 2014, C-91/13 ohnehin nach den Gesichtspunkten des § 18 Abs. 12 Z. 1 und 2 AuslBG zu prüfen wäre) aufrecht, sowie auch die Zuständigkeit, vor ihrer Entscheidung zu klären, unter welchen Bedingungen die Beschäftigung der überlassenen (als entsendet anzusehenden) Arbeitnehmer (vgl. § 18 Abs. 12 Z. 1 und 2 AuslBG, das Urteil des EuGH vom 11. September 2014, C-91/13, insbesondere dessen RNr. 55, 57 bis 59, und das dazu ergangene hg. Erkenntnis vom 21. April 2015, Ra 2015/09/0006, mit dem lediglich das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung und anderer konstitutiv wirkender Bewilligungen oder Bestätigungen als nicht vereinbar mit dem EU-Recht erkannt wurde) in Österreich zulässig ist."

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist festzuhalten, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die von der Beschwerdeführerin erstattete Meldung einer Überlassung nach Österreich gemäß § 19 Abs. 4 LSD-BG war, welche mittels ZK04 Formular erstattet wurde.

Auf Grund des in § 27 VwGVG normierten Prüfungsumfanges des Verwaltungsgerichtes, war die gegenständliche Entscheidung auf die Zurückweisungsentscheidung der belangten Behörde beschränkt. Eine nähere Erörterung, ob nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) im Gegenstand eine Arbeitskräfteüberlassung iSd § 2 Abs.2 lit. e AuslBG und keine Entsendung iSd § 2 Abs. 2 lit. d AuslBG gegeben war, konnte daher dahingestellt bleiben. Eine Meldung einer Entsendung nach Österreich gemäß § 19 Abs. 3 LSD-BG liegt gegenständlich vor, weshalb die belangte Behörde darüber auch nicht absprechen durfte.

Die belangte Behörde wird zur Information in Hinblick auf die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene "Zurückweisung gemäß § 13 Abs. 3 AVG" auf die diesbezüglich ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

Liegt eine mittels Formularvordruck erstattete und allen Erfordernissen des § 7b Abs. 4 AVRAG entsprechende Meldung vor, stellt sich die Forderung hinsichtlich der Vorlage weiterer Unterlagen, ungeachtet deren Zu- oder Unzulässigkeit, gegenständlich nicht als Mängelbehebungsauftrag mit den Konsequenzen des § 13 Abs. 3 AVG dar. Das Verhalten der Antragsteller wäre demnach nur in eine Beurteilung dahingehend einzubeziehen gewesen, ob die Voraussetzungen für die Bestätigung der EU-Entsendung vorliegen oder nicht, weshalb sich die, eine inhaltliche Erledigung verweigernde, zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde, h als rechtswidrig erweist (vgl. VwGH 24.01.2014, 2013/09/0093; 21.03.2013, 2012/09/0120).

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid zu beheben.

Da aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine Verhandlung entfallen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung folgt in allen wesentlichen Rechtsfragen der darin zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes

Schlagworte

EU-Entsendebestätigung, Rechtsanschauung des VwGH,
Verfahrensgegenstand, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:G311.2164645.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten