TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/24 L524 2122775-1

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Veröffentlicht am 24.10.2017
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Entscheidungsdatum

24.10.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L524 2122775-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER, LL.B. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2016, Zl. 1073922102-150691359, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.03.2017, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3

und § 57 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 17.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 19.06.2015 brachte der Beschwerdeführer vor, er sei ledig, gehöre der Volksgruppe der Araber an und sei sunnitischer Moslem. Er habe von 1996 bis 2008 seine Schulausbildung in Basra absolviert. Seine Eltern, vier Brüder und zwei Schwestern würden sich nach wie vor im Irak aufhalten. Er habe seine Heimat mit einem Flugzeug am 16.05.2015 legal verlassen, den Entschluss dazu habe er etwa vor einem Jahr gefasst. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes brachte er vor, er lebe als Sunnit in einem Schiitengebiet und sei oft von Schiiten bedroht worden; es sei ihm unterstellt worden, dass er ein Spion des IS sei.

2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 05.02.2016 verwies der Beschwerdeführer auf Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher bei der Erstbefragung und korrigierte das Protokoll dahingehend, dass er nicht legal ausgereist sei und auch keinen Reisepass habe. Zusammengefasst brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei Araber und Sunnit, habe bis zu seiner Ausreise Anfang Mai 2015 bei seiner Familie (Eltern, vier Brüder und zwei Schwestern) in Basra gewohnt. In seinem Heimatort Basra lebe nur mehr eine verheiratete Schwester, die restliche Familie befinde sich in der Türkei. Zum Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer an, er sei von Schiiten mehrmals bedrängt worden, sich am Krieg zu beteiligen und für das Land zu kämpfen. Einmal habe ihn eine dieser Personen mit einem spitzen Gegenstand gestochen und verletzt. Nach seiner Ausreise seien die Parteien zu seiner Familie gekommen und habe diese deshalb das Land verlassen.

3. Mit Bescheid des BFA vom 23.02.2016, Zl. 1073922102-150691359, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der vorgebrachte Sachverhalt bezüglich der behaupteten Verfolgung in seiner Gesamtheit als nicht glaubhaft zu beurteilen gewesen sei, weshalb ein asylrelevanter Sachverhalt als Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG nicht habe festgestellt werden können. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei wegen seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der jungen, ledigen und insbesondere wehrfähigen Männer (Zwangsrekrutierung) verfolgt und er könne nicht in seine Heimatregion zurückkehren; eine innerstaatliche Fluchtalternative sei für ihn ausgeschlossen. Zudem seien die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt worden.

5. Mit Schreiben vom 04.03.2016, eingelangt am 09.03.2016, wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt vorgelegt und der Gerichtsabteilung L502 zugewiesen. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 24.03.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung L522 zugewiesen. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.12.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung L524 zugewiesen.

6. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 27.03.2017 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter, beantragte jedoch die Abweisung der Beschwerde. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und verwies auf seine Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin. Dem Beschwerdeführer wurden im Rahmen der Verhandlung aktuelle Länderfeststellungen zur Lage im Irak ausgehändigt, zu denen der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.04.2017 eine Stellungnahme abgab.

7. Mit Schriftsatz vom 20.04.2017 teilte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht ergänzend mit, dass der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Familienleben im Bundesgebiet verfüge und im Fall der Nichtzuerkennung von Asyl oder subsidiärem Schutz eine Rückkehrentscheidung unzulässig und eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist Sunnit. Er ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer wurde in Basra geboren und ist dort aufgewachsen. Er hat etwa zwölf Jahre lang die Schule besucht und hat gelegentlich im elterlichen Betrieb mitgearbeitet. Er lebte bis zu seiner Ausreise im Familienverband mit seinen Eltern und Geschwistern.

Der Beschwerdeführer verließ ca. im Mai 2015 den Irak und reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 17.06.2015 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich. Er hat seit ca. Dezember 2015 eine Freundin, die österreichische Staatsbürgerin ist; sie leben nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine eigene, den Lebensunterhalt deckenden Mittel, er lebt von der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer ist Mitglied in einem Fitnessstudio, betreibt Sport und verbringt Zeit mit seiner Freundin und ihrer Familie. Er hat einen Kurs "Deutsch als Fremdsprache (Lesen & Schreiben 2) von 12.12.2016 bis 02.03.2017 und von 09.03.2017 bis 22.05.2017 einen Deutschkurs, Niveau A1.1, besucht. Der Beschwerdeführer ist gesund und strafrechtlich unbescholten.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund – Zwangsrekrutierung und Bedrohung durch Schiiten – wird der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt. Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft dargelegt und kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass er vor seiner Ausreise aus seiner Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

1. Politische Lage

Innenpolitik:

Die derzeitigen Anti-IS-Operationen sind zwar insofern erfolgreich, als sie den IS schwächen, gleichzeitig verschärfen sie aber die politische Instabilität. Die vom Iran unterstützten schiitischen Milizen haben gemeinsam mit der Partei des Ex-Premiers Nouri al-Maliki dem amtierenden Premier Abadi gedroht, ein Misstrauensvotum gegen ihn auszusprechen. Abadi steht in Gefahr sein Amt zu verlieren, und muss Zugeständnisse gegenüber den Milizen machen. Abadi war es beispielsweise auch nicht möglich, die Milizen davon abzuhalten, ihre Operationen in Tal Afar wieder aufzunehmen (ISW 7.2.2017).

Zusätzlich dazu hat das irakische Parlament im November 2016 die Volksmobilisierungseinheiten (Popular Mobilisation Forces/Hashd al-Shaabi) – jene Milizen, die wie die irakischen Sicherheitskräfte gegen den IS kämpfen – rechtlich der Armee gleichgestellt. [ ] Die meisten dieser Milizen sind schiitisch, etliche davon sind vom Iran abhängig, sind radikal und werden der Verbrechen an Sunniten beschuldigt. [ ] Diese rechtliche Gleichstellung ist ganz nach dem Geschmack von Expremier Nuri al-Maliki, der zurück an die Macht will und dessen neue politische Hausmacht die Milizen sind (Standard 28.11.2016).

Maliki gelingt es auch zunehmend mit Misstrauensanträgen gegenüber Abadis Ministern die Regierung zerbröckeln zu lassen. Der Verteidigungsminister und der Finanzminister wurden im Jahr 2016 bereits entlassen (Standard 23.9.2016). Über die Sommermonate 2016 wurden mit derartigen Methoden bereits fünf Minister erfolgreich abgesetzt (AA 7.2.2017).

Auch für die Region Kurdistan im Irak ist die Frage, ob Maliki zurück an die Macht kommt, von großer Bedeutung. Massoud Barzani, der Präsident der Kurdischen Regionalregierung [Amtszeit bereits abgelaufen - er befindet sich aber nach wie vor Amt], hat immer wieder mit Ankündigungen, die Unabhängigkeit Kurdistans erklären zu wollen, aufhorchen lassen. Falls Maliki zurückkehren würde, würde er dies in die Tat umsetzen, so Barzani (Ekurd Daily 23.1.2017).

Insbesondere auch im Süden des Irak regt sich verstärkter Widerstand gegen Malikis Vorhaben, an die Spitze der Macht zurückkehren zu wollen. Die Anhänger der Sadr-Bewegung wollen mittels Demonstrationen die Hoffnung Malikis auf eine Rückkehr verhindern. Ein inner-schiitischer Konflikt zwischen Sadristen und Maliki-Anhängern ist spürbar, auch wenn diesbezügliche militärische Auseinandersetzungen unwahrscheinlich sind (Al Monitor 26.12.2017). Am 11. Februar kam es in Bagdad allerdings zu schiitisch-schiitischen Zusammenstößen. Sicherheitskräfte der schiitisch dominierten Regierung schossen auf schiitische Demonstranten der regierungskritischen Sadr-Bewegung. Dabei wurden mindestens 6 Personen getötet, weitere hunderte wurden verletzt, außerdem wurden dabei Raketen in die "Green Zone" (ehemalige internationale Zone, in der sich viele Regierungs- und Botschaftsgebäude befinden) geschossen. Gerichtet war die Demonstration v.a. gegen den konfessionell-ethnischen Proporz in der irakischen Politik. Die Sadr-Bewegung richtet sich zwar v.a. auch gegen eine Rückkehr Malikis, gerade diesem könnte jedoch der Aktivismus Sadrs nutzen, da er den amtierenden Premier Abadi zusätzlich schwächt (MEE 12.2.2017, vgl. Standard 13.2.2017).

Die letzten nationalen Wahlen, die im April 2014 stattfanden, gewann der ehemalige Premierminister Nouri al-Maliki. Da es auf Grund seines autoritären und pro-schiitischen Regierungsstils massive Widerstände gegen Maliki gab, trat er im August 2014 auf kurdischen, internationalen, aber auch auf innerparteilichen Druck hin zurück (GIZ 6.2015). Es wird ihm unter anderem vorgeworfen, mit seiner sunnitisch-feindlichen Politik (Ausgrenzung von sunnitischen Politikern, Niederschlagung sunnitischer Demonstrationen, etc.) deutlich zur Entstehung radikaler sunnitischer Gruppen wie dem IS beigetragen zu haben (Qantara 17.8.2015). Maliki‘s Nachfolger ist der ebenfalls schiitische Parteikollege Haidar al-Abadi (beide gehören der schiitischen Dawa-Partei an), der eine Mehrparteienkoalition anführt, und der mit dem Versprechen angetreten ist, das ethno-religiöse Spektrum der irakischen Bevölkerung wieder stärker abzudecken (GIZ 6.2015). Allerdings gelang es Abadi bislang nicht, politische Verbündete für seine Reformpläne (insbesondere die Abschaffung des konfessionell-ethnischen Proporzes) zu finden. Er hat mit dem besonders Iran-freundlichen Ex-Premier Maliki (nunmehr Vorsitzender der Dawa-Partei) einen starken Widersacher innerhalb seiner Partei. Ein Problem Abadis ist auch die Macht der schiitischen Milizen, von denen viele vom Iran aus gesteuert werden (s. Abschnitt 3.1.). Diese Milizen - eher lose an die irakische Armee angeschlossen - sind für Abadi einerseits unverzichtbar im Kampf gegen den "Islamischen Staat" (Standard 5.1.2015), gleichzeitig wird deren Einsatz von der sunnitischen Bevölkerung aber als das "Austreiben des Teufels mit dem Beelzebub" gesehen. Die Sunniten fürchten das skrupellose Vorgehen dieser Milizen - einige betrachten den IS sogar als das geringere Übel und dulden die Extremisten daher in ihren Gebieten (ÖB Amman 5.2015). In der Tat unterscheiden sich einige der mit der Zentralregierung in Bagdad verbündeten schiitischen Milizen hinsichtlich ihres reaktionären Gesellschaftsbildes und ihrer Brutalität gegenüber Andersgläubigen kaum vom IS (Rohde 9.11.2015). Die US-Regierung (sowohl die Bush-, als auch die Obama-Regierung), die auch mit der Badr-Miliz zusammengearbeitet hat, hat vor den Gewaltexzessen der schiitischen Milizen gegenüber der sunnitische Bevölkerung die Augen verschlossen, und hat damit den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten angetrieben (Reuters 14.12.2015). Die aufgestaute Wut der Sunniten - auch darüber, dass sie niemanden mehr in der Regierung haben, der mit machvoller Stimme für sie sprechen könnte, trägt in Kombination mit dem Vorgehen der schiitischen Milizen dazu bei, dass sich viele Sunniten radikalisieren oder sich einfach aus Mangel an Alternativen unter die Kontrolle des IS begeben (Qantara 17.8.2015).

Zwölf Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 ist der Irak ein Staat ohne Gewaltmonopol, ohne Kontrolle über große Teile seines Territoriums oder seiner Grenzen, dessen Souveränität zunehmend vom Iran ausgehöhlt wird (Standard 4.12.2015). Nach 2003 ist der Irak (gemeinsam mit Syrien) zum Spiel- und Schlachtfeld konkurrierender regionaler und globaler Interessen zwischen Iran, Saudi-Arabien, der Türkei, den USA und neuerdings auch Russland geworden (Rohde 9.11.2015), wobei sich das Kräfteverhältnis der beiden wichtigsten Verbündeten der irakischen Regierung - die USA auf der einen Seite und der Iran auf der anderen - zunehmend zu Gunsten des Iran verschiebt. Der eher schwache Premierminister Abadi versucht es beiden Verbündeten recht zu machen: Damit die USA ihn aus der Luft unterstützen, muss er versuchen, die iranisch-assoziierten schiitischen Milizen vom Schlachtfeld fernzuhalten (Standard 4.12.2015).

Unter großem öffentlichem Druck und nach Demonstrationen tausender Menschen vor dem schwer bewachten Regierungsviertel in Bagdad hat Abadi Ende März 2016 angekündigt, sein altes Kabinett durch eine Regierung unabhängiger Technokraten zu ersetzen. Bisher waren alle Minister mit politischen Gruppen verbunden. Die neuen sollen nun laut Abadi auf Basis von Professionalität, Effizienz und Integrität ausgewählt werden (Spiegel 31.3.2016). Jedoch scheint das neue Kabinett zu zerbröckeln, bevor es überhaupt zur Abstimmung kommt. Die meisten Parteien stemmen sich gegen den drohenden Machtverlust (SK 8.4.2016).

Quellen:

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AA – Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage der Republik Irak

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Al Monitor (26.12.2017): Can public outcry in southern Iraq end Maliki’s political ambitions?

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Ekurd Daily (23.1.2017): Barzani: Kurdistan would declare independence if Maliki becomes Iraqi PM again, http://ekurd.net/kurdistan-independence-maliki-2017-01-23, Zugriff 13.2.2017

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Middle East Eye (12.2.2017): Inter-Shia tension mounts in Baghdad after clashes,

http://www.middleeasteye.net/news/inter-shia-tension-mounts-baghdad-after-clashes-1268563748, Zugriff 13.2.2017

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ISW - Institute for the Study of War (7.2.2017): Warning Update:

Iraq’s Sunni Insurgency Begins as ISIS Loses Ground in Mosul,

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Standard (28.11.2016): Milizen: Zerstörung der Armee www.derstandard.at/2000048292489/Irakische-Milizen-Zerstoerung-der-Armee, Zugriff 10.2.2017

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Standard (23.9.2016): Parlament feuert Finanzminister: Iraks Regierung zerbröselt,

http://derstandard.at/2000044800677/Finanzminister-zurueckgetreten-Iraks-Regierung-wird-sturmreif-geschossen, Zugriff 13.2.2017

-

Standard (13.2.2017): Schiiten gegen Schiiten im Irak, http://derstandard.at/2000052505984/Schiiten-gegen-Schiiten-im-Irak, Zugriff 13.2.2017

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GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2015): Irak – Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 17.12..2015

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Österreichische Botschaft Amman (5.2015): Asylländerbericht Irak

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Qantara (17.8.2015): Der Irak ist irreversibel gespalten, https://de.qantara.de/inhalt/der-aufstieg-des-is-und-der-zerfall-des-irak-der-irak-ist-irreversibel-gespalten, Zugriff 14.1.2016

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Rohde, Achim (9.11.2015): Konfliktporträt: Irak, veröffentlicht von BPB

http://www.ecoi.net/local_link/315594/454291_de.html, Zugriff14.1.2016

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Der Standard (4.12.2015): Der Irak wird zum Spielfeld für ein neues Match,

http://derstandard.at/2000026971833/Der-Irak-wird-zum-Spielfeld-fuer-ein-neues-Match, Zugriff 14.1.2016

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Der Standard (5.11.2015): Iraks Premier Abadi fährt seinen Reformkarren an die Wand,

http://derstandard.at/2000025096956/Iraks-Premier-Abadi-faehrt-seinen-Reformkarren-an-die-Wand , Zugriff 14.1.2016

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Reuters (14.12.2015): Torture by Iraqi militias: the report Washington did not want you to see, http://www.reuters.com/investigates/special-report/mideast-crisis-iraq-militias/, Zugriff 9.3.2016

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Der Spiegel (31.3.2016): Proteste im Irak: Regierungschef nominiert Technokraten-Kabinett, http://www.spiegel.de/politik/ausland/irak-regierungschef-haider-al-abadi-nominiert-technokraten-kabinett-a-1084907.html, Zugriff 6.4.2016

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Standard Kompakt (8.4.2016): Irak: Reformkabinett stolpert vor dem Start

1.1. "Islamischer Staat"

Der IS (der "Islamische Staat") baut innerhalb seiner Einflussgebiete pseudo-staatliche Strukturen auf. So gibt es beispielsweise einen "Diwan" (vergleichbar mit einem Ministerium) für natürliche Ressourcen, einschließlich der Verwertung von Antiquitäten. Ein anderer Diwan behandelt die "Verwertung" von Kriegsbeute, einschließlich SklavInnen (The Daily Star 29.12.0215). Unterstützung bekommt der IS von einigen ehemaligen Mitgliedern der Baath-Partei. Die Organisation Jaysh Rij?l a?-?ar?qa an-Naqshabandiya (Army of the Men of the Naqshbandi Order, auch Naqshabandi Order genannt - kurz JRTN) und andere ähnliche Ex-Baathistische Gruppen stimmen zwar nicht mit der Ideologie des IS überein, unterstützen diesen zum Teil aber als eine Organisation, die die irakische Regierung bekämpft (CRS 9.2015). Frühere Geheimdienstagenten, Kommandanten von Spezialeinheiten und Parteifunktionäre des Saddam-Regimes zählen zu den führenden Mitgliedern des IS und waren auch maßgeblich bei seinem strategischen Aufbau beteiligt (Qantara 13.7.2015).

Es gibt eine strenge Religionspolizei (Welt 21.9.2015), ein IS-Regierungskabinett, den IS-Militärrat sowie den Schura-Rat, in dem die IS-Kleriker sitzen, die gleichzeitig als oberste Richter fungieren. Eine Trennung zwischen Religion und Staat existiert nicht. Die IS-Ideologie ist offizielle Staatsdoktrin. Der IS hat seine Gebiete in Provinzen aufgeteilt, diese wiederum in Bezirke. Jede Provinz wird von einem IS-Gouverneur regiert. Dabei nutzt der IS die ihm unterstellte zivile Verwaltung, einen eigenen Sicherheitsapparat samt Geheimdienst sowie eigene Gerichtshöfe. Die Bezirke haben ebenfalls eigene Verwaltungs- und Sicherheitsorgane sowie Richter. Der Islamische Staat bezeichnet Abu Bakr al-Baghdadi als seinen Kalifen und Anführer. Zumindest nach außen ist Baghdadi das Gesicht der Organisation. Die Finanzierung des IS findet über viele verschiedene Quellen statt. Die wichtigsten sind:

Zwangspfändungen, Versklavung, Zwangsprostitution, Lösegeld, Einkommensteuer, Zoll, Kulturraub, Ölschmuggel sowie die Übernahme von Strom- und Wasserversorgern. Teilweise zahlt die irakische Regierung die Gehälter der in IS-Gebiet lebenden Staatsbediensteten noch aus – wovon der IS profitiert (Spiegel 2.12.2015). Teilweise setzt der Staat die Zahlungen der Gehälter aber aus, und versucht damit dem IS zu schaden, macht damit aber gleichzeitig die dort lebende Bevölkerung erst recht vom IS abhängig (Al Arabiya 23.12.2015).

Die Anführer des IS haben langjährige Erfahrung im Untergrund. Während der US-Besatzungszeit mussten sie sich verstecken und sie wissen daher auch, wie man die Überwachungsmethoden der US-Amerikaner austrickst (Spiegel 2.12.2015).

Quellen:

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Al Arabiya (23.12.2015): Despair, hardship as Iraq cuts off wages in ISIS cities,

http://english.alarabiya.net/en/business/economy/2015/10/02/Despair-hardship-as-Iraq-cuts-off-wages-in-ISIS-cities.html, Zugriff 23.12.2015

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CRS - Congressional Research Service, Iraq (9.2015): Politics and Governance, https://www.fas.org/sgp/crs/mideast/RS21968.pdf, Zugriff 27 10. 2015

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The Daily Star (29.12.2015): Seized documents reveal Daesh’s departments of war spoils,

http://www.dailystar.com.lb/News/Middle-East/2015/Dec-29/329313-seized-documents-reveal-daeshs-departments-of-war-spoils.ashx , Zugriff 14.1.2016

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Die Welt (21.9.2015): Küssen, Schuhe anschauen und enge Jeans verboten,

http://www.welt.de/politik/ausland/article146637319/Kuessen-Schuhe-anschauen-und-enge-Jeans-verboten.html, Zugriff 15.1.2015

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Qantara (13.7.2015): The strategists of terror, https://en.qantara.de/content/interview-with-der-spiegel-reporter-christoph-reuter-the-strategists-of-terror, Zugriff 19.1.2016

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Rohde, Achim (9.11.2015): Konfliktporträt: Irak,

http://www.ecoi.net/local_link/315594/454291_de.html, Zugriff14.1.2016

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Spiegel (2.12.2015): Terrormiliz IS - So funktioniert der "Islamische Staat",

http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-alles-wichtige-zum-is-a-1042664.html#sponfakt=1, Zugriff 23.12.2015

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Die Zeit (18.11.2015): "Dies ist kein Konflikt der Kulturen", http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-11/islamischer-staat-paris-attentat-david-romano-militaer-strategie/seite-2, Zugriff 14.1.2016

2. Sicherheitslage

Mossul-Offensive:

Die seit zwei Jahren geplante Offensive auf die zweitgrößte Stadt des Irak, Mossul, die Hochburg des IS im Irak, startete überstürzt im Oktober 2016, ohne die Frage der politischen Nachfolge in Mossul geklärt zu haben. Die Kampagne wird von einer sehr heterogenen Koalition aus lokalen und regionalen Akteuren mit unterschiedlichen Interessen geführt (IFK 1.2017).

Der [bevölkerungsreichere] Westteil Mossuls ist nach wie vor in den Händen des IS. Die Vereinten Nationen rechnen mit Militäraktionen zur Rückeroberung des Westteils in den kommenden Wochen. Ein Massenexodus kann dabei nicht ausgeschlossen werden. Aus dem Ostteil sind laut IOM (International Organization for Migration) im Zuge der Kämpfe 180.000 Menschen geflohen, 550.000 seien vor Ort geblieben (NNZ 24.1.2017).

Allgemein wird angenommen, dass die Einheiten bei der Eroberung des Westteiles auf noch größeren Widerstand treffen werden. Darüber hinaus verzeichnet die von den USA trainierte und ausgestattete Eliteeinheit Counter Terrorism Service (CTS), auf die sich der Irak bei der Eroberung Mossuls hauptsächlich verlässt, massive Verluste ("über 50 Prozent"). Auch bei der irakischen Armee würde es herbe Verluste geben, wobei jedoch die irakischen Behörden selbst keine Zahlen bekanntgeben (Al-Jazeera 31.1.2017).

Im Zuge der Offensive zur Rückeroberung der IS-Gebiete in und um Mossul evakuierte der IS Zivilisten, um diese als menschliche Schutzschilde zu benutzen (HRW 1.2017).

Die schiitischen Milizen (inzwischen rechtlich der regulären Armee gleichgestellt – s.u.) werden von vielen (insbesondere von vielen Sunniten) mehr gefürchtet als der IS. Ihnen werden Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen vorgeworfen. Zeugen berichten von Folter, Schlägen und Ermordungen. Im Zuge der Befreiung der Stadt Mossul nimmt das Terrain, das die Milizen unter ihrer Kontrolle haben, stark zu. Die Stadt Mossul ist von den Milizen [und den kurdischen Peschmerga] umzingelt (BBC 3.12.2016), wobei vereinbart war, dass die Milizen die Stadt nicht betreten werden, jedoch wird berichtet, dass (vermutliche) Miliz-Angehörige im Ostteil der Stadt auf Zivilisten schießen (MEM 8.2.2017).

Seit der US-Invasion in den Irak im Jahr 2003 ist ein starker Anstieg der Todeszahlen zu beobachten, der sich insbesondere ab dem Jahr 2012 noch einmal verstärkt. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Todeszahlen im Irak (in Dunkelrot) bis zum Jahr 2014.

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(VOH 17.11.2015)

Im Jahr 2014 war der Konflikt im Irak der zweit-tödlichste (nach Syrien) weltweit. Es wurden laut der österreichischen Botschaft in Amman 21.073 Todesopfer verzeichnet. Damit haben sich die Opferzahlen im Irak verglichen zu 2013 (9.742 Todesopfer) mehr als verdoppelt. Auch die Anschlagskriminalität im Irak erreichte, vor allem durch die Taten des IS, 2014 einen Höhepunkt. Die Anzahl der IrakerInnen, die 2014 Opfer von Anschlägen wurden, erreichte ein Ausmaß wie zuvor nur in den berüchtigten Bürgerkriegsjahren 2006/2007: über 12.000 tote und 23.000 verletzte ZivilistInnen (ÖB Amman 5.2015).

Die folgende Grafik zeigt die Anzahl der getöteten Zivilisten im Irak (inkl. Zivilpolizisten) für die Monate Jänner bis Dezember 2015 sowie die Anzahl der getöteten Iraker insgesamt. Demnach wurden im Jahr 2015 12.740 Iraker getötet, 7.515 davon waren Zivilisten (inklusive Zivilpolizei). 14.855 Zivilisten (inkl. Zivilpolizei) wurden verletzt. UNIRAQ wurde bei der Erfassung der Opferzahlen behindert, die Zahlen sollten daher als Minimumangaben gesehen werden. Sofern man anhand dieser Zahlen auf die Sicherheitslage im Irak schließen kann, hat sich die diese im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr 2014 gebessert. Verglichen mit dem Jahr 2013 war die Sicherheitslage im Jahr 2015 schlechter. In der folgenden Grafik finden sich die Mindestzahlen für das Jahr 2015:

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Quelle: Daten: UNAMI (Jänner bis Dezember 2015), Grafik:

Staatendokumentation

Für den Monat Februar 2016 berichtet UNAMI, dass zumindest 670 Iraker getötet und 1.290 verletzt wurden. Darunter waren 410 getötete Zivilisten (einschließlich Bundespolizei, Sahwa Zivilschutz, Leibwächter, Polizei für den Schutz von Gebäuden und Anlagen, sowie Feuerwehr) und 1.050 verletzte. Die Provinz Bagdad war (im Monat Februar 2016) mit zumindest 277 getöteten Zivilisten dabei am stärksten betroffen, ebenfalls stark betroffen waren Diyala (40 getötete Zivilisten), Nineweh (42 getötete Zivilisten) und Kirkuk (29 getötete Zivilisten). Auf Grund der unübersichtlichen und volatilen Sicherheitslage können laut UNAMI die zu Anbar dokumentierten Zahlen (4 getötete und 126 verletzte Zivilisten) besonders stark von den tatsächlichen Zahlen abweichen (UNAMI 2.2016). Im März 2016 wurden nach der Zählung von Iraq Body Count (IBC) 1.073 Zivilpersonen getötet. Nach der UN Assistance Mission for Iraq (UNAMI) gab es 575 zivile Todesopfer und 1.196 Verletzte im März 2016. Weiter wurden 544 Mitglieder der irakischen Armee, Peshmerga-Kämpfer und andere Verbündete (ohne Opferzahlen der Anbar-Operationen) getötet und 365 verletzt. Die am stärksten betroffene Provinz war im März abermals Bagdad mit 1.029 (259 Tote, 770 Verletzte) zivilen Opfern. In der Provinz Nineweh gab es 133 Tote und 89 Verletzte, in der Provinz Babil 65 Tote und 141 Verletzte, in der Provinz Kirkuk 34 Tote und 57 Verletzte, in der Provinz Diyala elf Tote und in der Provinz Salahuddin sechs Tote und einen Verletzten (Mindestzahlen) (BAMF 4.4.2016).

Am 27.2.2016 kam es zu einem Doppel-Selbstmordanschlag im schiitisch dominierten Viertel Sadr City (Bagdad) mit 70 Todesopfern. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Doppelanschlag (Reuters 29.2.2016). Bei einem weiteren – ebenfalls vom IS verübten – Selbstmordanschlag am 6.3.2016 südlich der Stadt Bagdad starben 47 Menschen (National 6.3.2016).

Die am meisten gefährdeten Personengruppen sind neben religiösen und ethnischen Minderheiten auch Berufsgruppen wie Polizisten, Soldaten, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte, Mitglieder des Sicherheitsapparats, sogenannte "Kollaborateure", aber auch Mitarbeiter von Ministerien (AA 18.2.2016, s. auch Abschnitt 8).

Insgesamt kann die Sicherheitslage im Irak im Jahr 2015 als weiterhin höchst instabil bezeichnet werden. Die Kampfhandlungen konzentrierten sich weitgehend auf die Provinzen Anbar, Ninewah und Salah al-Din. Die irakische Regierung und die KRG konzentrierten sich weiterhin darauf, territoriale Fortschritte gegen den IS zu machen (UN Security Council 26.10.2015).

Der Aufstieg der zahlreichen konfessionellen Milizen und sonstigen bewaffneten Organisationen und Gruppen geht insbesondere auf den Bürgerkrieg von 2005 bis 2007 zurück. Heute stehen sich v.a. der aus Al-Qaida hervorgegangene "Islamische Staat", die schiitischen Milizen und die kurdischen Peschmerga gegenüber. Die schiitischen Milizen in ihrer Gesamtheit werden als militärisch stärker als die irakische Armee eingeschätzt (Standard 18.11.2015), und einige davon machen sich massiver Menschenrechtsverletzungen schuldig (RSF 18.4.2015, vgl. HRW 20.9.2015, vgl. Rohde 9.11.2016). Neben deren gewaltsamen Übergriffen auf Teile der sunnitischen Bevölkerung gibt es auch schiitische Milizen, die - ähnlich wie islamistische sunnitische Gruppen - gegen (nach deren Definition) "un-islamisches" Verhalten vorgehen und z.B. Bordelle, Nachtclubs oder Alkoholgeschäfte attackieren (Washington Post 21.1.2016). Die Peschmerga kämpfen zwar an der Seite der Zentralregierung, beschränken sich jedoch auf die Verteidigung der kurdischen Gebiete gegen den IS (Rohde 9.11.2015), gleichzeitig befinden sie sich aber auch in einem gespannten Verhältnis zu den schiitischen Milizen (Deutschlandfunk 5.12.2015). All diese Akteure sind mit externen Mächten liiert, allen voran Iran, Saudi-Arabien, Türkei oder den USA (Rohde 9.11.2015). Die USA sind mit einigen tausend US-Soldaten im Irak präsent und haben vor, ihre Präsenz mit weiteren Bodentruppen auszubauen. (Spiegel 2.12.2015, vgl. FAZ 24.10.2015, vgl. Focus 9.3.2016). Die von den USA angeführte Koalition gegen den IS hat im Irak seit Beginn ihrer Luftangriffe im August 2014 mehr als 6.800 Luftschläge durchgeführt (auf der folgenden Karte in blau dargestellt). Die Karte zeigt außerdem, welche Gebiete vom IS kontrolliert werden, bzw. in welchen Gebieten der IS die Möglichkeit hat, frei zu operieren – schraffiert dargestellt (BBC 29.2.2016):

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Die folgende Karte zeigt, welche Gebiete im Irak von welchen militärischen Organisationen/Milizen kontrolliert werden:

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Quelle: ISW (15.12.2016)

Laut einer Untersuchung des in den USA ansässigen Instituts IHS Jane's habe der IS im Jahr 2015 in Syrien und Irak insgesamt mehr Land eingebüßt als erobert. Insgesamt soll die Miliz etwa 14 Prozent ihres Territoriums eingebüßt haben. Zu den Verlusten im Irak zählten die Stadt Tikrit und die Raffinerie von Baiji. Zudem haben die Extremisten die Kontrolle über einen Teil einer Schnellstraße zwischen Raqqa in Syrien und Mossul im Irak verloren, was logistische Schwierigkeiten mit sich bringe. Erobert hat der IS im Irak die Provinz Anbar, sowie deren Hauptstadt Ramadi [letztere wurde in der Zwischenzeit wieder zurückerobert] (Standard 22.12.2015).

Im November 2015 eroberten die irakisch-kurdischen Peschmerga gemeinsam mit Einheiten der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihres syrischen Ablegers YPG und mit Unterstützung durch amerikanische Luftschläge die Stadt Sinjar vom IS zurück (NZZ 13.11.2015). (In der Folge dessen kam es dort zwischenzeitlich zu Zusammenstößen zwischen jesidischen Kämpfern und Einheiten der KDP-Peschmerga (Ekurd 26.11.2015).)

Den Kurden gelang es auch, den IS aus Dörfern in der Nähe von Kirkuk zu vertreiben (NTV 11.9.2015). Gleichzeitig benutzen die Kurden den Krieg gegen den IS aber auch, um in den ohnehin lange umstrittenen Gebieten kurdische Fakten zu schaffen (unter anderem auch mit der Übernahme der Stadt Kirkuk im Sommer 2014), Araber werden zum Teil vertrieben (20Minuten 8.2015, vgl. Deutschlandfunk 15.7.2015). Umgekehrt kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, wo Teile der sunnitischen Bevölkerung den vorrückenden Peshmerga in den Rücken fallen und mit dem IS zusammenarbeiten. Es herrscht Misstrauen auf beiden Seiten, bei den Kurden, sowie den Arabern (20Minuten 8.2015).

Im Dezember 2015 gab Abadi die Rückeroberung der Stadt Ramadis bekannt, die im Mai in die Hände des IS gefallen war. Für die Armee ist der Sieg in Ramadi ein wichtiger und lang ersehnter Erfolg (Standard 29.12.2015). In dem ein Jahr andauernden Kampf gegen den IS in Ramadi, wurde die Stadt völlig zerstört (Haaretz 18.1.2016).

Stammeskämpfer haben die am 19.02.16 begonnenen Gefechte gegen den IS in Falluja eingestellt, nachdem der IS Angaben der Armee zufolge mehr als 100 Bewohner der Stadt als Geiseln gefangen genommen hatte. Angaben des Verwaltungschefs zufolge soll es sich um rund 60 Gefangene handeln. Die Stämme befürchteten, dass die Geiseln hingerichtet würden (BAMF 22.2.2016). Ende März 2016 begannen irakische Truppen (mit Unterstützung durch US-Luftangriffe) mit einer Großoffensive auf die vom IS besetzte Großstadt Mossul, der zweitgrößten Stadt Iraks, die nach wie vor vom IS gehalten wird (Standard 24.3.2016).

Quellen:

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Al-Jazeera (31.1.2017): Taking west Mosul: A bridge too far?, http://www.aljazeera.com/indepth/opinion/2017/01/west-mosul-bridge-170130133948071.html, Zugriff 13.2.2017

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AA – Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (22.2.2016): Gruppe

22 - Informationszentrum Asyl und Migration, Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1456148840_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-22-02-2016-deutsch.pdf, Zugriff 9.3.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (4.4.2016):

Briefing Notes – Irak

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BBC (29.2.2016): Battle for Iraq and Syria in maps, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-27838034, Zugriff 10.3.2016

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BBC (3.12.2017): Iraqi Shia militias' show of force in battle for Mosul , http://www.bbc.com/news/world-middle-east-38194653, Zugriff 13.2017

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Deutschlandfunk (15.7.2015): Die fragwürdigen Methoden der Peschmerga,

http://www.deutschlandfunk.de/kurden-im-nordirak-die-fragwuerdigen-methoden-der-peschmerga.724.de.html?dram:article_id=325533 , Zugriff 14.1.2016

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Deutschlandfunk (5.12.2015): Schiitische Milizen unter den Bodentruppen,

http://www.deutschlandfunk.de/kampf-gegen-den-is-schiitische-milizen-unter-den.799.de.html?dram:article_id=338924 , Zugriff 14.1.2016

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Ekurd Daily (26.11.2015): Clashes erupted between Yazidi fighters and KDP Peshmerga in Iraq’s Sinjar, http://ekurd.net/clashes-yazidis-peshmerga-sinjar-2015-11-26, Zugriff 14.1.2016

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FAZ – Frankfurter Allgemeine (24.10.2015): Verteidigungsminister Carter rechnet mit weiteren Kampfeinsätzen, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/amerikanische-truppen-im-irak-verteidigungsminister-carter-rechnet-mit-weiteren-kampfeinsaetzen-13873630.html , Zugriff 14.1.2016

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Focus (9.3.2016): USA schicken immer mehr Soldaten in den Irak, http://www.focus.de/politik/ausland/islamischer-staat/isis-terror-im-news-ticker-wie-in-vietnam-usa-schickt-immer-mehr-soldaten-in-den-irak_id_4743099.html, Zugriff 10.3.2016

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HRW – Human Rights Watch (20.9.2015): Ruinous Aftermath, Militias Abuses Following Iraq’s Recapture of Tikrit, , https://www.hrw.org/report/2015/09/20/ruinous-aftermath/militias-abuses-following-iraqs-recapture-tikrit, Zugriff 19.1.2016

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Haaretz (18.1.2016): After Year-long Battle With ISIS, Iraq's Ramadi Lies in Ruins,

http://www.haaretz.com/middle-east-news/1.698148#!, Zugriff 19.1.2016

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HRW - Human Rights Watch (1.2017): Report: Iraq: Events of 2016, https://www.hrw.org/world-report/2017/country-chapters/iraq , Zugriff 13.22017

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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