Gbk 2015/10/27 GBK III/179/15

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Veröffentlicht am 27.10.2015
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Norm

§31 Abs1 iVm §35 Abs1 GlBG

Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Sexuelle Belästigung

Text

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Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundesministerium für Bildung und Frauen gelangte am 27. Oktober 2015 über den am 18. Juni 2015 eingelangten Antrag der Anwältin für Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen (GAW) für Frau A und Frau B (in der Folge „Erst- und Zweitantragstellerin“), betreffend die Überprüfung, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine sexuelle Belästigung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch den Antragsgegner

Herrn X

gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 35 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

der Antragsgegner die Erst- und Zweitantragstellerin gemäß § 35 Abs. 1 GlBG sexuell belästigt hat.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag im Wesentlichen wie folgt dar:

Die Antragstellerinnen hätten mit dem Antragsgegner, von dem sie zuvor bereits einmal eine Massagedienstleistung in Anspruch genommen hätten, am ...… für ca. 16:30 einen Heilmassagetermin in der Wohnung der Zweitantragstellerin vereinbart. Der Antragsgegner habe den beiden unter Hinweis auf den zeitnah stattgefundenen Geburtstag der Erstantragstellerin sowie des herannahenden Weihnachtsfestes eine Ganzkörpermassage zum Preis einer Teilmassage angeboten, was die beiden angenommen hätten. Wie bereits beim ersten Massagetermin habe der Antragsgegner auch diesmal zunächst um ein Glas Wein gebeten, was die beiden Frauen doch einigermaßen irritiert habe, dem sie aber nachgekommen seien.

Danach habe der Antragsgegner mit der Massage an der Erstantragstellerin begonnen, welche im Wohnzimmer stattgefunden habe. Die Zweitantragstellerin habe sich während dieser Zeit im Bereich der, in einer Ecke des großen Wohn-Essraums befindlichen, Küche befunden, wobei sie mit dem Aufbau eines Katzenkratzbaums beschäftigt gewesen sei. Ebenfalls anwesend gewesen sei während dieser Zeit zunächst noch Herr C, ein Bekannter der Erst- und Zweitantragstellerin. Herr C habe die beiden zuvor auf einen Kaffee besucht und habe die Zeit bis zu einem anschließend stattfindenden Termin in der Wohnung der Zweitantragstellerin überbrücken wollen.

Die Erstantragstellerin habe den Antragsgegner zuvor noch ersucht, hauptsächlich die sie schmerzenden Bereiche Rücken und Waden zu massieren. Die Massage habe in Bauchlage begonnen und es seien zuerst ihre Füße, anschließend die Beine und ihr Po massiert worden. Die Erstantragstellerin habe feststellen müssen, dass sich der Antragsgegner in der Folge hauptsächlich auf ihre Beine und ihren Po konzentriert habe, wobei er sie mehrmals sogar bis hin zu ihrem After massiert habe und dabei mit seinen beiden Daumen auch unter ihre Unterhose, das einzige Kleidungsstück das sie während der Massage getragen habe, gefahren sei.

Die Erstantragstellerin habe auf diese, für sie sehr unangenehmen, Berührungen äußerst irritiert und angespannt reagiert, was vom Antragsgegner dahingehend kommentiert worden sei, dass sich die Erstantragstellerin doch entspannen solle und es genießen solle, da er ja wüsste, was ihr gut tue. Danach habe der Antragsgegner die Erstantragstellerin aufgefordert, sich auf den Rücken zu legen, wobei die daraufhin folgende Massage erneut nicht die von ihr gewünschten Bereiche, sondern nur ihre lnnenoberschenkel, ihr Schambein und schließlich auch ihre Brüste, umfasst habe.

Die Erstantragstellerin habe diese Berührungen für eine professionelle Massage als unangebracht und als nicht dem zuvor Vereinbarten entsprechend empfunden und habe darauf mit einer zunehmend verspannten Körperhaltung reagiert. Die Situation sei für die Erstantragstellerin in der Folge umso entwürdigender geworden, als der Antragsgegner in jenem Moment, als die Zweitantragstellerin und Herr C kurz das Wohnzimmer verlassen hätten, auch noch begonnen habe, der Erstantragstellerin Komplimente für ihren Körper zu machen.

Auch auf diese Äußerungen habe die Erstantragstellerin nicht reagiert und habe dem Antragsgegner damit erneut signalisiert, dass es sich dabei um für sie nicht erwünschte Annäherungsversuche gehandelt habe. Der Antragsgegner habe damit aufgehört, als die Zweitantragstellerin wieder den Wohnzimmerbereich betreten habe.

Schließlich habe er die einseitigen körperlichen Annäherungen aber trotzdem fortgesetzt, indem er der Erstantragstellerin gegen Ende der Massage auch noch mit einem Kuss, den die Erstantragstellerin durch schnelles Wegdrehen noch von ihrem Mund weg hin zu ihrer Wange habe ablenken können und darauffolgend mit einem weiteren Kuss auf ihren Mund überrumpelt habe.

Die Erstantragstellerin habe zuvor noch nie eine Ganzkörpermassage in Anspruch genommen. Sie sei von diesem Verlauf der Massage derart überrascht gewesen, dass sie zunächst auch nichts weiter dazu habe sagen können, zumal sie durch die einseitigen Übergriffe einer einschüchternden und demütigenden Situation ausgesetzt gewesen sei. Diese Verunsicherung sei durch die Tatsache verstärkt worden, dass der Antragsgegner seit längerer Zeit zu ihren entfernt Bekannten gezählt habe.

In weiterer Folge habe der Antragsgegner dann wie zuvor vereinbart mit der Massage an der Zweitantragstellerin, ebenfalls zunächst in Bauchlage begonnen. Auch bei der Zweitantragstellerin habe er von Beginn an hauptsächlich und sehr intensiv die Innenseite ihrer Oberschenkel massiert und habe dabei mehrmals auch ihre äußeren Schamlippen berührt.

Die Zweitantragstellerin habe sich in diesem Moment wie versteinert gefühlt, jedoch zunächst noch gehofft, auf die Professionalität des Antragsgegners vertrauen zu können. Zunehmend habe sie jedoch bemerken müssen, wie sie sich immer unwohler und der Situation hilflos ausgeliefert gefühlt habe.

Der Antragsgegner habe die Zweitantragstellerin dann aufgefordert, sich auf den Rücken zu legen und habe sie in der Folge nicht nur intensiv im Bereich der Brüste sondern auch unter ihrer Unterhose an ihrem Schambein massiert. Plötzlich habe er mit einem Ruck ihre Unterhose bis zu ihren Kniekehlen heruntergezogen. Die Zweitantragstellerin sei vor Angst erstarrt und habe den Antragsgegner entsetzt darauf hingewiesen, dass sie ja nun gar nichts mehr anhabe.

Der Antragsgegner habe darauf jedoch nicht reagiert, sondern habe die Beine der Zweitantragstellerin aufgestellt und habe begonnen, sie wieder an der Oberschenkelinnenseite bis hin zu ihrem Intimbereich zu massieren, wobei er mehrmals die Beine der Zweitantragstellerin auseinandergedrückt habe. Die Zweitantragstellerin sei durch diesen massiven Übergriff so eingeschüchtert gewesen, dass sie sich am ganzen Körper verkrampft habe. Der Antragsgegner habe daraufhin gemeint, sie solle locker bleiben und es genießen.

Herr C habe gegenüber der Gleichbehandlungsanwaltschaft berichtet, dass er in diesem Moment auch sehr überrascht und ihm die Situation sehr unangenehm gewesen sei, er jedoch das Verhältnis zwischen dem Antragsgegner und den Antragstellerinnen nicht genau gekannt habe und sich daher nicht habe einmischen wollen. Zudem habe er zu diesem Zeitpunkt auch bereits zu seinem Termin aufbrechen müssen und habe daher die Wohnung noch während die Zweitantragstellerin massiert geworden sei, verlassen.

Als die Massage zu Ende gewesen sei, hätten die Antragstellerinnen schnell den für die Massagen vereinbarten Preis bezahlt. Die Erstantragstellerin habe dem Antragsgegner noch geholfen, den Tisch hinunterzutragen. Erst als er das Haus verlassen habe, sei den beiden das volle Ausmaß des soeben Erlebten bewusst geworden und sie hätten sich getraut, darüber zu sprechen.

In den folgenden Tagen habe der Antragsgegner mehrmals versucht, die Erstantragstellerin telefonisch zu kontaktieren. Die Zweitantragstellerin habe ihm daraufhin mitgeteilt, dass sie aufgrund der Vorfälle vom ...… keine Massagen von ihm mehr wünschen würden.

Vom Antragsgegner langte zu den Vorwürfen am … im Wesentlichen folgende Stellungnahme ein:

Richtig sei der Umstand, dass der Antragsgegner am ...… gegenüber den Antragstellerinnen Ganzkörpermassagen durchgeführt habe. Bereits zuvor hätten beide Teilmassage-Leistungen vom Antragsgegner konsumiert. Am besagten Tag sei der Antragsgegner von der Erstantragstellerin darauf hingewiesen worden, dass sie kürzlich Geburtstag gehabt habe, weshalb es zum Angebot der Durchführung einer Ganzkörpermassage (anstelle der vereinbarten Teilmassage, aber zu deren Preis) gekommen sei. Nach sinngemäßer Aussage der Zweitantragstellerin „.....und ich bekomme gar nichts?“ habe der Antragsgegner auch dieser entgegenkommend eine Ganzkörpermassage zu den Konditionen einer Teilmassage angeboten. Der aus dem bisherigen Akteninhalt aus den Aussagen der Antragstellerinnen ableitbare Hergang, diese lnitiative sei allein vom Antragsgegner ausgegangen, sei sohin irreführend und unrichtig.

Tatsachenwidrig sei auch die Behauptung der beiden Antragstellerinnen, der Antragsgegner habe bei einem früheren und auch beim gegenständlichen Massagetermin von sich aus um ein Glas Wein gebeten. Anlässlich des ersten Termins habe die Erstantragstellerin den Antragsgegner gefragt, ob er etwas trinken wolle, es gäbe jedoch nur Wasser im Haus. Nachdem der Antragsgegner kein Wasser gewollt habe, habe die Erstantragstellerin von sich aus von einer Nachbarin im Haus eine Flasche Wein besorgt. Der Antragsgegner selbst habe nicht um Wein gebeten. Nicht zuletzt aufgrund seiner Diabeteserkrankung sei der Antragsgegner ein äußerst mäßiger Konsument von Alkohol.

Anlässlich des gegenständlichen Massagetermins am ...… sei dem Antragsgegner von der Erstantragstellerin bereits bei der Begrüßung sinngemäß mitgeteilt worden „X (gemeint der Antragsgegner), wir haben heute eine Flasche Wein". Von einer Irritation der beiden Frauen aufgrund einer Frage des Antragsgegners nach Wein, könne sohin keine Rede sein.

Richtig sei, dass der Antragsgegner mit der Massage an der Erstantragstellerin begonnen habe und beide Massagen im Wohn-Schlaf-Esszimmer der Einzimmerwohnung der Zweitantragstellerin stattgefunden haben. Den überwiegenden Teil der Zeit habe sich die Zweitantragstellerin im Zimmer aufgehalten und habe mit dem ebenfalls anwesenden Herrn C einen Kratzbaum installiert. Lediglich kurzfristig habe sich die Zweitantragstellerin mit Herrn C im Bad der Wohnung aufgehalten.

Während der Massage der Zweitantragstellerin seien die Erstantragstellerin und Herr C den gesamten Zeitraum im selben Raum anwesend gewesen und hätten die Massage an der Zweitantragstellerin beobachtet. Ergänzend dazu sei angemerkt, dass die Erstantragstellerin ausdrücklich darum gebeten habe, dem Antragsgegner zwecks eigener Erlernung von Massagetechniken über die Schultern blicken zu dürfen. Aufgrund der laufenden Anwesenheit der drei genannten Personen sei der Vorhalt der Antragstellerinnen umso weniger nachvollziehbar.

Eine Teilmassage erfolge grundsätzlich nur in Bauchlage; massiert würden der Rücken und die Beine. Eine Ganzkörpermassage würde im Gegensatz zu einer Teilmassage auch in der Rückenlage ausgeführt. Sie umfasse daher auch den Bauch- und Brustbereich bzw. die Beine auf der Vorderseite. Eine Ganzkörpermassage beginne grundsätzlich bei den Füßen und Beinen und umfasse auch eine Massage der lnnenoberschenkel in Rückenlage, so auch bei der Massage an der Erstantragstellerin.

Es sei nicht, wie von den Antragstellerinnen behauptet, das Schambein berührt oder gar massiert worden. In Rückenlage würden die Beine deshalb aufgestellt, um die Oberschenkel vom Knie beginnend in Richtung Hüfte zu massieren. Dabei solle insbesondere das Bindegewebe angesprochen werden. Danach seien gegenständlich der Hüftbereich und schließlich der Bauch und der Bereich rund um die Brust (nicht jedoch die Brust selbst) massiert worden. Wie bei einer Ganzkörpermassage üblich, sei abschließend die Erstantragstellerin auf dem Massagetisch aufgesetzt worden und seien einige abschließende Massagebewegungen im Nackenbereich erfolgt.

Die Darstellung, wonach der Antragsgegner der Erstantragstellerin Komplimente für ihren Körper gemacht habe sei irreführend und unrichtig. Vielmehr habe die Erstantragstellerin selbst über Beschwerden („Wehwehchen“) geklagt‚ wobei sie der Antragsgegner aus seiner Sicht als Masseur im Positiven beruhigt habe.

Zur Massage an der Zweitantragstellerin gelte im Wesentlichen das zur Massage an der Erstantragstellerin Ausgeführte. Zurückgewiesen werde, dass der Antragsgegner die äußeren Schamlippen berührt hätte. Die Darstellung, dass der Antragsgegner der Zweitantragstellerin ruckartig die Unterhose hinunter gezogen habe, entspreche nicht den Tatsachen. Die Unterhose sei zwar bewegt worden, jedoch nicht in der dargestellten Weise und nach Vorankündigung sowie lediglich zu dem Zweck, die im Rahmen der Massage üblichen ausstreifenden Massagebewegungen durchzuführen. Dies stelle eine völlig übliche Vorgehensweise im Rahmen einer Ganzkörpermassage dar und sei somit gängige Praxis.

Zu beiden Massagen sei zuzustimmen, dass der Antragsgegner durchaus darauf hingewiesen habe, die beiden Antragstellerinnen mögen ihre Muskulatur lockern und sich entspannen. Dies sei jedoch ein gänzlich üblicher Hinweis, da ansonsten - bei angespannter Muskulatur - eine ordnungsgemäße Massage nicht möglich sei. Keinesfalls stelle dies ein „Überreden oder Drängen“ zur Duldung eines Eingriffs in die Geschlechtssphäre der Meldungslegerinnen dar.

Der Antragsgegner stimme zu, dass eine unmittelbare Massage des Intimbereichs und der Brüste nicht lege artis sei. Betont werde jedoch nochmals, dass diese Bereiche - unter Verweis auf das Vorstehende - vom Antragsgegner nicht massiert worden seien.

Zusammengefasst seien die Vorwürfe der Antragstellerinnen für den Antragsgegner weder gerechtfertigt noch nachvollziehbar. Weder während des Termins am ...… noch im Zuge von dessen Beendigung habe es jedwede Äußerung im Sinne der nun erhobenen Vorwürfe gegeben. Ganz im Gegenteil sei die Erstantragstellerin dem Antragsgegner noch behilflich gewesen, dessen Massagetisch zu seinem Fahrzeug zu bringen und sei sowohl die Verabschiedung der Erstantragstellerin als auch der Zweitantragstellerin freundschaftlich (in Entsprechung des bisherigen guten Verhältnisses) gewesen. Bemerkenswert sei, dass im Rahmen der Verabschiedung der Erstantragstellerin diese aktiv auf den Antragsgegner zugegangen sei und sich mit Wangenküssen („Bussi links, Bussi rechts“) verabschiedet habe.

Unrichtig sei weiters auch die Darstellung, der Antragsgegner habe mehrmals versucht, die Erstantragstellerin telefonisch zu kontaktieren. Wie besprochen habe der Antragsgegner zwecks Vereinbarung eines weiteren Massagetermins bei der Erstantragstellerin angerufen, habe diese aber nicht erreicht. Ein Rückruf sei durch die Zweitantragstellerin erfolgt, welche keinen weiteren Termin gewünscht habe. Darüber hinausgehende Telefonate, insbesondere aktive durch den Antragsgegner, habe es nicht gegeben.

In der Sitzung der GBK am … wurden die Antragstellerinnen, getrennt davon der Antragsgegner sowie Herr C als Auskunftspersonen befragt:

Die Erstantragstellerin erläuterte in ihrer Befragung im Wesentlichen, dass sie den Antragsgegner von einem Stammtisch ihrer Schwiegereltern kenne, wo sie ihn ein paar Mal getroffen habe. Von diesem Stammtisch wisse sie auch, dass der Antragsgegner Massagen anbiete. Sie sei der Meinung gewesen, dass der Antragsgegner Massagen beruflich anbiete.

Als sie ihn wieder einmal bei einer Veranstaltung getroffen habe, habe die Erstantragstellerin mit ihm einen Termin für eine Massage vereinbart. Diese habe ca. 2-3 Wochen vor dem gegenständlichen Abend stattgefunden und sei in Ordnung gewesen.

Am ... sei zunächst die Erstantragstellerin massiert worden. Sie habe sich in Bauchlage auf den Massagetisch gelegt und habe dem Antragsgegner im Vorfeld gesagt, dass ihr der Rücken und die Waden wichtig seien, da sie dort immer Schmerzen habe. Außer ihrer Unterhose habe sie keine Kleidung angehabt.

Der Antragsgegner habe mit der Massage bei den Füßen begonnen und habe sie über die Waden hinauf zu den Oberschenkeln fortgeführt. Sehr lange habe dann der Antragsgegner das Gesäß massiert. Die Erstantragstellerin habe eine Unterhose angehabt und der Antragsgegner sei ihr vom unteren Gesäßteil mit dem Daumen bis hinauf zum Lendenwirbel gefahren.

In dieser Situation habe es die Erstantragstellerin schon zusammengekrampft und sie sei komplett verspannt gewesen, da sie nicht gewusst habe, ob diese Vorgangsweise in Ordnung sei. Der Antragsgegner habe gemeint, dass sie sich nicht so verkrampfen solle und er schon wisse, was ihr gut tue. Dann habe er die Massage am Rücken fortgesetzt.

Als diese beendet gewesen sei, habe der Antragsgegner gesagt, dass sie sich umdrehen solle. Die Erstantragstellerin habe sich daher auf den Rücken gelegt. Wie zuvor habe der Antragsgegner mit der Massage bei den Füßen begonnen. Im Bereich des Schambeins habe der Antragsgegner ziemlich lange und knapp hineinmassiert, sodass sich die Erstantragstellerin aufgrund dieser unangenehmen Berührungen wiederum verkrampft habe. Der Antragsgegner habe immer nur gemeint, dass sie locker bleiben solle.

Der Antragsgegner habe dann eine Flasche Massageöl zur Hand genommen und habe die Brüste der Erstantragstellerin, welche nicht bedeckt gewesen seien, vollständig massiert. Auf die Frage der Erstantragstellerin, was es in diesem Bereich zu massieren gebe, habe der Antragsgegner gemeint, dass dies der Durchblutungsförderung des dortigen Gewebes diene.

Nachdem die Erstantragstellerin sich aufsetzen sollte, habe der Antragsgegner ihr den Nacken massiert und habe gemeint, dass sie einen wunderschönen Körper habe. Über diese Aussage sei die Erstantragstellerin sehr verwundert gewesen, da diese nichts mit einer Massage zu tun habe.

Der Antragsgegner sei dann um den Tisch herumgegangen und habe sie von vorne massiert. Plötzlich sei er ihr näher gekommen und habe versucht, ihr einen Kuss auf den Mund zu geben. Die Erstantragstellerin habe sich aber weggedreht und der Antragsgegner habe sie daher auf die Wange geküsst. Ihre Frage, was denn das solle, habe der Antragsgegner ignoriert, indem er nur gelacht, gegrinst und weiter massiert habe.

Als der Antragsgegner mit der Massage zum Ende gekommen sei, habe er der Erstantragstellerin plötzlich einen Kuss auf den Mund gegeben. Auf ihre Frage, was das nun gewesen sei, habe der Antragsgegner nur geantwortet, dass die Erstantragstellerin nun fertig sei.

Der Erstantragstellerin sei die gesamte Situation sehr unangenehm und erdrückend gewesen. Da sie aber noch nie eine Ganzkörpermassage gehabt habe, habe sie auch nicht gewusst, wie eine solche korrekt ablaufen würde. Sie sei wie gelähmt gewesen.

Die Zweitantragstellerin erläuterte in ihrer Befragung im Wesentlichen, dass sie den Antragsgegner bei einem Sportfest kennengelernt habe. Die Erstantragstellerin sei mit dem Antragsgegner an einem Tisch gesessen und habe ihn der Zweitantragstellerin vorgestellt.

Am Tag der Massage hätten die Antragstellerinnen einen neuen Kratzbaum für Katzen gekauft. Herr C sei ein langjähriger Bekannter der Zweitantragstellerin und sei ihr beim Zusammenbau behilflich gewesen, während die Erstantragstellerin massiert worden sei. Die Zweitantragstellerin sei zudem mit Herrn C zeitweise im Bad gewesen.

Während der Massage der Erstantragstellerin habe sich die Zweitantragstellerin schon gewundert, dass der Antragsgegner ihr nicht einmal die Brüste abgedeckt habe, obwohl ein weiterer Mann anwesend gewesen sei. Auch habe sie beobachtet, dass der Antragsgegner das Gesäß der Erstantragstellerin sehr lange und relativ nahe am Anus massiert habe.

Als die Zweitantragstellerin an der Reihe gewesen sei, habe der Antragsgegner zunächst die Füße und Beine massiert und sei dabei ziemlich weit den Innenschenkel hinaufgewandert, sodass er die äußeren Schamlippen berührt habe. Dies habe bei ihr Erinnerungen an ein Missbrauchserlebnis hervorgerufen, sodass die Zweitantragstellerin große Hemmungen gehabt habe, etwas zu sagen. Sie habe ein großes Schamgefühl verspürt, habe aber auch niemandem Unrecht tun wollen.

Die Massage sei vom Antragsgegner fortgesetzt worden und er habe auch bei der Zweitantragstellerin die Brüste massiert. Extrem unangenehm sei es geworden als der Antragsgegner die Beine der auf dem Rücken liegenden Zweitantragstellerin hochgestellt habe. Anschließend habe der Antragsgegner ruckartig ihre Unterhose bis zu den Knien hochgezogen. Auf den Hinweis der Zweitantragstellerin, dass sie nun gar nicht mehr anhabe, habe der Antragsgegner nur gelacht und sei den Einwand einfach übergangen. Er sei vor ihr gestanden und habe in die Innenschenkel hineinmassiert und dabei immer wieder die Schamlippen berührt. Die Zweitantragstellerin habe sich in der Situation sehr unwohl und hilflos gefühlt.

Der Antragsgegner erläuterte in der Befragung im Wesentlichen, dass er kein gewerblicher Masseur sei und dies nur nebenberuflich ausübe. Massieren habe er im Rahmen eines Volkshochschulkurses und im Rahmen seiner Berufsausbildung zum Pflegehelfer erlernt.

Die Antragstellerinnen und er hätten aufgrund des Geburtstages der Erstantragstellerin und des bevorstehenden Weihnachtsfestes, eine Ganzkörpermassage zum Preis einer Teilmassage vereinbart.

Der Antragsgegner habe die Massagen vorschriftsmäßig durchgeführt. Er habe mit den Füßen begonnen und sich nach oben durchgearbeitet. Auch habe er Bindegewebsmassagen gegen Cellulite vorgenommen, welche über einen Ausstrich der Gesäßmuskulatur beendet würden. Dann sei der Rücken der Antragstellerinnen massiert worden. Nachdem der Rücken beendet gewesen sei, hätten sich die Antragstellerinnen umgedreht und der Antragsgegner habe wieder bei den Füßen zu massieren begonnen.

Die Beine seien hochgestellt worden, um das Hautrollen zu ermöglichen, das in das Bindegewebe wirke. Bei beiden Antragstellerinnen sei die Unterhose zu den Knien hinaufgezogen worden, da er den Ausstrich von unten habe schöner machen wollen.

Der Antragsgegner sei seiner Meinung nach von den Antragstellerinnen ersucht worden, ihre Brüste zu massieren. Da sie sich zukünftig gegenseitig massieren würden, hätten sie sehen wollen, wie das gehe. Er habe daher mit der Handkante die Brüste außen herum massiert. Dabei massiere man die Ansätze der Muskulatur.

Aus Sicht des Antragsgegner seien die Massagen fachlich korrekt gewesen und er wisse nicht woher die Vorwürfe stammen würden. Er schließe strikt aus, dass er den Intimbereich der Antragstellerinnen jemals berührt habe. Hinzu komme, dass der Antragsgegner eine durchblutungsfördernde Creme benutzt habe. Sollte diese mit einer Schleimhaut in Verbindung kommen, brenne dies und es wäre eine unmittelbare Reaktion der Antragstellerinnen erfolgt.

Auch seien eine der Antragstellerinnen und ihr Bekannter immer nur einen oder zwei Meter neben ihm gestanden. Darüber hinaus habe er nie das Gefühl gehabt, dass den Antragstellerinnen bestimmte Situationen unangenehm gewesen seien. Dass sich Kunden verspannen würden und der Antragsgegner ihnen daher sage, dass sie locker lassen sollen, komme sehr oft vor.

Die Bemerkung des Antragsgegners über den Körper der Erstantragstellerin habe einzig daraus resultiert, dass sie sich negativ über ihn geäußert habe und der Antragsgegner etwas Positives habe antworten wollen. Auch habe er die Erstantragstellerin nie auf den Mund geküsst. Er habe sie nach der Massage nur noch um ein „Schmatzerl“ für ihren Geburtstag gebeten und auch sie habe ihm einen Schmatzer auf die Wange gegeben.

Herr C erläuterte in der Befragung im Wesentlichen, dass er am ... zu Besuch bei den Antragstellerinnen gewesen sei. Der Befragte habe sich im selben Raum befunden und habe die Massagen der Antragstellerinnen beobachtet.

Die Erstantragstellerin sei als erste massiert worden. Dass ihr die Massage unangenehm gewesen sei, habe die Erstantragstellerin ihm erst im Nachhinein erzählt. Der Befragte habe über die Art der gebuchten Massage keine Informationen gehabt und sich daher nicht weiter eingemischt. Der Antragsgegner habe sie überall auf der Brust massiert und die Brüste seien komplett geknetet worden.

Auch habe der Befragte beobachtet, wie bei den Antragstellerinnen die Unterhose heruntergezogen worden sei und der Antragsgegner in weiterer Folge ihren Intimbereich berührt habe. Er habe sie zwischen den Beinen massiert und sei ihnen dabei in das Gesäß hineingefahren. Auch habe der Antragsgegner dabei die Scheide berührt, worauf sich der Befragte weggedreht habe.

Die Antragstellerinnen hätten ihm gegenüber während der Massagen nichts geäußert, ansonsten er eingeschritten wäre. Die Antragstellerinnen seien am Tisch gelegen, hätten kein Wort gesagt und sich nicht gerührt. Dies habe den Befragten eigentlich verwundert, er habe aber keine Ahnung über den Umfang der Bekanntschaft zwischen den Antragstellerinnen und dem Antragsgegner gehabt und deswegen nichts gesagt.

Der Befragte habe den Versuch des Antragsgegners, die Erstantragstellerin zu küssen, nicht beobachten können. Zu diesem Zeitpunkt sei er mit der Zweitantragstellerin wegen einer Reparatur im Badezimmer gewesen. Von diesem Versuch des Antragsgegners sei ihm erst im Nachhinein erzählt worden.

Der Befragte sei während der Massage der Zweitantragstellerin gegangen.

Nach Übersendung der beantragten Protokolle der Befragungen langte bei Senat III am … im Wesentlichen folgende Stellungnahme des Antragsgegners ein:

Bei Sichtung der Ergebnisse der Befragungen der Antragstellerinnen laut übermitteltem Wortprotokoll seien zahlreiche Widersprüche erkennbar, welche bei Betrachtung der dem Antragsgegner zur Last gelegten Gesetzesverletzung keinesfalls unberücksichtigt bleiben dürften.

Keine der beiden Antragstellerinnen halte die den im Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft auf Einleitung des Verfahrens enthaltenen Vorwurf, es sei auch das Schambein unmittelbar massiert worden, aufrecht („beim Schambein", „knapp halt dort, wo“, „bis zum Schambein“ etc.) im Gegensatz dazu habe der Zeuge C eine dazu diametrale Wahrnehmung angegeben.

Die Erstantragstellerin habe angegeben, hätte der Antragsgegner bestimmte Grenzen überschritten, hätte sie sich dagegen zur Wehr gesetzt. Das habe sie jedoch unbestritten nicht.

Hingegen seien die Angaben des Antragsgegners, eine Massage lege artis durchgeführt zu haben, durchgängig glaubwürdig und schlüssig. Es sei auch der von den Antragstellerinnen bestätigte Umstand, dass der Antragsgegner eine Massagecreme verwendet habe, welche zu einer unmittelbaren Reaktion („Brennen“) geführt hätte, wenn damit tatsächlich Schleimhäute in Kontakt getreten wären, zu beachten.

Die Antragstellerinnen würden sich selbst zur Fragestellung, ob sämtliche Personen bei der Massage der Erstantragstellerin anwesend gewesen seien, widersprechen.

Nicht nachvollziehbar sei weiters, dass zwar angegeben werde, dass man sich während der Massagen laufend unterhalten habe, dennoch trotz ständiger Kommunikation der anwesenden Personen, insbesondere zwischen dem Antragsgegner und den Antragstellerinnen, während der Massagen keinerlei Äußerung gegenüber dem Antragsgegner im Sinne des nunmehr gemachten Vorwurfs erfolgt sei.

Nicht nachvollziehbar sei auch die Aussage der Zweitantragstellerin, Herr C hätte während der Massage den Antragsgegner sogar angesprochen. Dies würde von Herrn C ausdrücklich in Abrede gestellt. Vielmehr bestätige dieser, dass keine der beiden Damen sich auch nur in irgendeiner Weise verbal oder nonverbal gegenüber dem Antragsgegner negativ geäußert hätten. Deshalb habe auch er sich nicht eingemischt.

Nicht nachvollziehbar sei auch die Aussage der Erstantragstellerin, wenn diese meine, sie kenne Herrn C nicht so gut und sei es ihr deshalb nicht so angenehm gewesen, dass sie während der Massage nackt am Massagetisch gelegen sei. Betrachte man nämlich die Aussage Herrn Cs seien diesbezügliche Berührungsängste wohl auszuschließen, wenn man davon ausgehe, dass die Antragstellerinnen und Herr C offenbar doch besser bekannt seien und gemeinsam auch FKK ausüben würden. Vor diesem Hintergrund scheine die Aussage der Erstantragstellerin unglaubwürdig.

Weiters stehe auch die Stellungnahme des Herrn C (Beilage 1 zum Einleitungsantrag) mit dessen eigenen Angaben bei der Befragung durch den Senat, als auch mit den Angaben der Antragstellerinnen im Widerspruch. Es sei jedenfalls der Schluss zulässig, dass seine Angaben doch wesentlich auch auf Hörensagen, also auf nachträglichen Erzählungen der Antragstellerinnen, beruhen würden.

Wenngleich vorstehende Ausführungen nur beispielhafte Widersprüche in manchen Details der Aussagen der Antragstellerinnen aufzeigen würden, ergebe sich umgekehrt, dass diese oftmals im Widerspruch mit sich selbst stünden und deshalb keinesfalls geeignet dafür seien, die durchgängig schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Angaben des Antragsgegners zu wiederlegen. Die Angaben der Antragstellerinnen würden bei einer Gesamtbetrachtung für eine zweifelsfreie Beurteilung keineswegs ausreichen. Diese würden (auch in Details abseits vom eigentlichen Vorwurf) mehrheitlich konstruiert und ausgeschmückt wirken, um (unberechtigt) ein insgesamt schlechtes Bild hinsichtlich des Antragsgegners darzustellen und um dadurch (vermeintlich) den eigentlichen Vorwurf zu stützen.

Mit seinen Ausführungen ersuche der Antragsgegner um entsprechende Berücksichtigung, auch im Sinne des § 38 Abs. 3 GlBG letzter Satz, wobei nach Ansicht des Antragsgegners ihm sehr wohl der Beweis dafür gelungen sei, dass seine Angaben insgesamt glaubhafter als jene der Antragstellerinnen seien.

Letztlich erlaube sich der Antragsgegner darauf hinzuweisen, dass sich aufgrund seiner Angaben zum Umfang seiner Tätigkeit und zur Adressierung seines Kundenkreises die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 30 ff GIBG nicht rechtfertigen lasse. Der Antragsgegner betreibe kein nach außen tretendes und der Öffentlichkeit zugewandtes Unternehmen, sondern gehe seiner Tätigkeit nur im Bekanntenkreis nach, wobei er selbst angebe, dass dies oft im Tausch erfolge, überdies er damit nicht öffentlich nach außen trete, sondern vielmehr sich Personen aus seinem Bekanntenkreis an ihn wenden würden.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte zu prüfen, ob durch den Antragsgegner eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine sexuellen Belästigung der Antragstellerinnen gemäß § 35 Abs. 1 leg.cit. vorliegt.

Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (1) Für das Merkmal des Geschlechts gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 35. (1) Unerwünschte, unangebrachte oder anstößige Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit einem der Gründe nach § 31 oder der sexuellen Sphäre stehen, und bezwecken oder bewirken,

         1.       dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird und

         2.       ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes                    oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person geschaffen wird,

gelten als Diskriminierung.

§ 38.

(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Die Antragstellerinnen haben mit dem Antragsgegner für den ... einen Massagetermin in der Wohnung der Zweitantragstellerin vereinbart. Ebenfalls anwesend war zu diesem Zeitpunkt Herr C, ein Bekannter der Antragstellerinnen.

Der Antragsgegner hat den Antragstellerinnen unter Hinweis auf den zeitnah stattgefundenen Geburtstag der Erstantragstellerin sowie des herannahenden Weihnachtsfestes eine Ganzkörpermassage zum Preis einer Teilmassage angeboten.

Danach hat der Antragsgegner mit der Massage der Erstantragstellerin begonnen. Die Erstantragstellerin hat den Antragsgegner zuvor noch ersucht, hauptsächlich die sie schmerzenden Bereiche Rücken und Waden zu massieren. Die Massage hat in Bauchlage begonnen und es sind zuerst ihre Füße, anschließend ihre Beine und ihr Gesäß massiert worden. Der Antragsgegner hat sich in der Folge hauptsächlich auf die Beine und das Gesäß der Erstantragstellerin konzentriert, wobei er sie mehrmals bis hin zu ihrem Anus massierte und dabei mit seinen Daumen auch unter ihre Unterhose fuhr, das einzige Kleidungsstück das sie während der Massage trug.

Der Antragsgegner hat die Erstantragstellerin danach aufgefordert, sich auf den Rücken zu legen, wobei die daraufhin folgende Massage erneut nicht die von ihr gewünschten Bereiche, sondern nur die Innenseite ihrer Oberschenkel, ihr Schambein und schließlich auch ihre Brüste, umfasst hat. Währenddessen hat der Antragsgegner gegenüber der Erstantragstellerin unerwünschte Komplimente bezüglich der Attraktivität ihres Körpers geäußert.

Schließlich hat er die einseitigen körperlichen Annäherungen fortgesetzt, indem er die Erstantragstellerin gegen Ende der Massage versuchte zu küssen. Die Erstantragstellerin konnte diesen Versuch durch schnelles Wegdrehen noch von ihrem Mund weg, hin zu ihrer Wange ablenken. Kurz darauf hat sie der Antragsgegner mit einem weiteren Kuss auf ihren Mund überrumpelt.

Die Massage der Zweitantragstellerin hat ebenfalls in Bauchlage begonnen. Von Beginn an hat der Antragsgegner hauptsächlich und sehr intensiv die Innenseite ihrer Oberschenkel massiert und dabei mehrmals ihre äußeren Schamlippen berührt.

Nach der Aufforderung sich auf den Rücken zu legen, hat der Antragsgegner in der Folge nicht nur intensiv den Bereich der Brüste der Zweitantragstellerin, sondern auch unter ihrer Unterhose bis zu ihrem Schambein massiert. Als der Antragsgegner mit einem Ruck die Unterhose der Zweitantragstellerin bis zu ihren Kniekehlen herunterzog, hat sie ihn darauf hingewiesen, dass sie ja nun gar nichts mehr anhabe.

Der Antragsgegner hat darauf nicht reagiert, sondern hat die Beine der Zweitantragstellerin aufgestellt und sie wieder an der Oberschenkelinnenseite bis hin zu ihrem Intimbereich massiert. Dabei hat der Antragsgegner mehrmals die Beine der Zweitantragstellerin auseinandergedrückt.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III bejahte in seiner Sitzung vom 29. Oktober 2015 die Frage sexuellen Belästigung der Antragstellerinnen durch den Antragsgegner iSd § 35 Abs. 1 leg.cit.

Gemäß § 35 Abs. 1 leg.cit. sind sexuelle Belästigungen aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, verboten. Vom Diskriminierungsverbot erfasst sind Rechtsverhältnisse, einschließlich deren Anbahnung und Begründung und die Inanspruchnahme von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses.

Der Antragsgegner hat im gegenständlichen Fall Massagedienstleistungen gegen Entgelt angeboten und ist daher ein Rechtsverhältnis mit der jeweiligen Antragstellerin eingegangen. Da er diese Massagedienstleistungen auch einer unbestimmten Öffentlichkeit angeboten hat, ist der vorliegende Sachverhalt vom Geltungsbereich der §§ 30 ff Gleichbehandlungsgesetz umfasst. Irrelevant ist, dass er die Massagedienstleistungen nicht hauptberuflich angeboten hat.

Dem Einwand des Antragsgegners, dass er kein nach außen tretendes und der Öffentlichkeit zugewandtes Unternehmen betreibe, sondern seiner Tätigkeit nur im Bekanntenkreis nachgehe, muss Folgendes entgegengehalten werden:

Die Formulierung „Güter und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen“ umfasst all jene Güter und Dienstleistungen, die einem unbestimmten Adressatenkreis angeboten werden. Ausgenommen sind lediglich Rechtsgeschäfte im Bereich des Familienlebens und der Privatsphäre.

Aufgrund der Faktenlage hat der Antragsgegner zumindest die Mitglieder des Sportverein-Stammtisches über seine Massagedienstleistungen informiert. Es ergeben sich aber keinerlei Hinweise, dass der Antragsgegner sein Angebot nur den damals konkret anwesenden Personen zur Verfügung stehen wollte. Aufgrund des Fehlens dieser Einschränkung ist davon auszugehen, dass auch der Antragsgegner einen unbestimmten Adressatenkreis ansprechen wollte bzw. angesprochen hat und damit rechnen musste, dass sein Angebot über den Freundschafts- und Bekanntenkreis hinaus bekannt und konsumiert werden könnte.

Zur Beurteilung der Frage, ob der Tatbestand einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts durch eine sexuelle Belästigung durch den Antragsgegner gemäß § 35 GlBG verwirklicht worden ist, ist zunächst Folgendes zu bemerken:

Sexuelle Belästigung ist jede Form von unerwünschtem Verhalten sexueller Natur, das sich in unerwünschter verbaler, nicht-verbaler oder physischer Form äußert und das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird und bezweckt oder bewirkt, dass ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person geschaffen wird. Dazu wird auf das subjektive Empfinden der betroffenen Person abgestellt, nämlich darauf, ob sie oder er persönlich ein nach objektiven Kriterien die Würde verletzendes Verhalten als unangebracht, unerwünscht oder anstößig empfindet. Der Tatbestand der sexuellen Belästigung verlangt ein Verhalten, das im Zusammenhang mit der sexuellen Sphäre steht und für den/die Belästiger/in erkennbar von der belästigten Person nicht erwünscht ist.

Der Begriff "Verhalten" ist dabei weit zu definieren und umfasst neben körperlichen Handlungen auch verbale und nonverbale Verhaltensweisen. Die Ablehnung eines bestimmten Verhaltens muss jedoch nicht unbedingt ausdrücklich erfolgen, sondern kann auch schlüssig erklärt werden, etwa durch Abwenden oder eine sonstige schlüssige Geste. Keinesfalls wird damit eine „Ablehnungspflicht“ gefordert. An die Ablehnung darf kein so hoher Maßstab gesetzt werden, dass sie erst dann als solche gilt, wenn sie vom/von der Belästiger/in wahrgenommen wird.

Auf die Motivation für eine Belästigung kommt es grundsätzlich nicht an. Es wird nur vorausgesetzt, dass ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wurde, das die Würde der Person beeinträchtigt. Ein die Würde beeinträchtigendes Verhalten setzt ein gewisses Mindestmaß an Intensität voraus, wobei allerdings ein fortgesetztes Verhalten selbst bei kleineren Übergriffen dieses erreicht.

Zur Erfüllung des vom Gleichbehandlungsgesetzes definierten Tatbestandes der sexuellen Belästigung ist somit weder Vorsatz des Belästigers/der Belästigerin zu belästigendem Verhalten noch dessen/deren Absicht, tatsächlich sexuelle Handlungen setzen zu wollen, erforderlich und erfolgt daher grundsätzlich verschuldensunabhängig. Subjektive Elemente auf Seite der Belästiger/innen bleiben somit außer Betracht.

Zu den Beweislastregeln des Gleichbehandlungsgesetzes ist anzumerken, dass gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des § 35 Abs. 1 leg.cit. beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Dem/der Antragsgegner/in obliegt es bei Berufung auf § 35 Abs. 1 leg.cit. zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Antragsgegner/in glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

In diesem Zusammenhang kommt der mündlichen Befragung der Beteiligten und dem Eindruck, den der erkennende Senat von ihnen gewinnt, eine Schlüsselrolle bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Vorbringens zu.

Für Senat III der GBK sind die von der Erstantragstellerin und der Zweitantragstellerin erhobenen Vorwürfe der sexuellen Belästigung, aufgrund ihrer glaubwürdigen und schlüssigen mündlichen Schilderungen zweifellos in der vorgetragenen Weise vorgefallen und daher unter die zuvor ausgeführten rechtlichen Schilderungen zu subsumieren. Die Antragstellerinnen konnten dem erkennenden Senat in ihrer Befragung überzeugend darlegen, dass der Antragsgegner einen unerwünschten, unangebrachten sowie anstößigen Körperkontakt im Zuge der gegenständlichen Massagen vollzogen hat. Diese Ansicht des Senates wurde durch die Aussage von Herrn C bekräftigt.

Der Antragsgegner hat gegenüber der Erstantragstellerin unangebrachte, der sexuellen Sphäre zugehörige, unerwünschte und ihre Würde verletzende Verhaltensweisen gesetzt, indem er sie zunächst mehrmals bis hin zu ihrem Anus massierte und dabei mit seinen Daumen unter ihre Unterhose fuhr. Weiters hat er nicht die von ihr gewünschten Bereiche, sondern nur die Innenseite ihrer Oberschenkel, ihr Schambein und schließlich auch ihre Brüste massiert. Schließlich hat der Antragsgegner gegenüber der Erstantragstellerin unerwünschte Komplimente bezüglich der Attraktivität ihres Körpers geäußert und die einseitigen körperlichen Annäherungen fortgesetzt, indem er die Erstantragstellerin gegen Ende der Massage versuchte zu küssen bzw. geküsst hat.

Durch dieses Verhalten wurde für die Erstantragstellerin ein einschüchterndes, entwürdigendes und demütigendes Umfeld geschaffen, weshalb der Tatbestand einer sexuellen Belästigung gemäß § 35 Abs. 1 leg.cit. durch den Antragsgegner erfüllt wurde.

Auch bei der Zweitantragstellerin hat der Antragsgegner von Beginn an hauptsächlich und sehr intensiv die Innenseite ihrer Oberschenkel massiert und dabei mehrmals ihre äußeren Schamlippen berührt. In der Folge hat der Antragsgegner nicht nur intensiv den Bereich der Brüste der Zweitantragstellerin, sondern auch unter ihrer Unterhose bis zu ihrem Schambein massiert. Als der Antragsgegner mit einem Ruck die Unterhose der Zweitantragstellerin bis zu ihren Kniekehlen herunterzog, hat sie ihn darauf hingewiesen, dass sie ja nun gar nichts mehr anhabe. Der Antragsgegner hat darauf nicht reagiert, sondern hat die Beine der Zweitantragstellerin aufgestellt und sie wieder an der Oberschenkelinnenseite bis hin zu ihrem Intimbereich massiert. Dabei hat der Antragsgegner mehrmals die Beine der Zweitantragstellerin auseinandergedrückt.

Der Antragsgegner hat durch dieses Verhalten gegenüber der Zweitantragstellerin unangebrachte, der sexuellen Sphäre zugehörige, unerwünschte und ihre Würde verletzende Verhaltensweisen gesetzt. Dadurch wurde für die Zweitantragstellerin ein einschüchterndes, entwürdigendes und demütigendes Umfeld geschaffen, weshalb der Tatbestand einer sexuellen Belästigung gemäß § 35 Abs. 1 leg.cit. durch den Antragsgegner erfüllt wurde.

Hervorzuheben ist auch das besondere Vertrauensverhältnis, das die Antragstellerinnen dem Antragsgegner, aufgrund der bestehenden Bekanntschaft, entgegengebracht haben. Aufgrund dieses Umstandes ist eine höhere Schwelle beim Aussprechen von Unbehagen durch die Antragstellerinnen nachvollziehbar und typisch für eine solche Situation. Darüber hinaus ist ein Verhalten nicht erst dann als unerwünscht oder abgelehnt zu betrachten, wenn sich die betroffene Person lautstark zur Wehr setzt. Die Ablehnung eines bestimmten Verhaltens kann auch schlüssig erfolgen, was nach Ansicht des erkennenden Senats der Fall gewesen ist. Dass der Antragsgegner nicht erkannte oder erkennen wollte, dass sein Verhalten unerwünscht war, muss auf dessen mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft dies zu erkennen, zurückgeführt werden.

Auch ist es dem Senat wichtig zu betonen, dass belästigte Personen mit derartigen Übergriffen unterschiedlich umgehen und unterschiedlich lange brauchen um eine sexuelle Belästigung zu verarbeiten. Diesen Überlegungen folgt im Übrigen auch der österreichische Gesetzgeber, der für Teil III des Gleichbehandlungsgesetzes keinerlei Verjährungsfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Grund einer sexuellen Belästigung vorgesehen hat.

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch den Antragsgegner Diskriminierungen in Form von sexuellen Belästigungen sowohl gegenüber der Erstantragstellerin als auch der Zweitantragstellerin, jeweils gemäß § 35 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz vorliegen.

Dem Antragsgegner wird empfohlen, sich mit der geltenden Rechtslage vertraut zu machen und hinkünftig das Gleichbehandlungsgesetz zu respektieren.

Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Demgemäß muss die Schadenersatzleistung wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission schlägt daher dem Antragsgegner vor, beiden Antragstellerinnen jeweils einen angemessenen Schadenersatz zu leisten, wobei § 38 Abs. 2 Gleichbehandlungsgesetz bei einer Belästigung oder sexuellen Belästigung einen Mindestbetrag von 1.000 Euro vorsieht. Für weitere Vergleichsgespräche steht die Gleichbehandlungsanwaltschaft zur Verfügung.

Wien, im Oktober 2015

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

Hinweis: Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz sind die Vorschläge der Gleichbehandlungskommission binnen zwei Monaten umzusetzen. Wenn einem Auftrag gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz (siehe obige Vorschläge des Senates III) nicht binnen zwei Monaten entsprochen wird, kann jede im Senat III vertretene Interessenvertretung gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2017
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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