Gbk 2015/11/26 GBK III/174/15

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Veröffentlicht am 26.11.2015
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Norm

§31 Abs1 iVm §32 Abs1 GlBG

Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts

Text

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Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundesministerium für Bildung und Frauen gelangte am 26. November 2015 über den am 13. Mai 2015 eingelangten Antrag von Herrn A betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin

X GmbH

gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

durch die X GmbH eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, gemäß § 32 Abs. 1 GlBG nicht vorliegt.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag wie folgt dar:

Der Antragsteller bringt zusammengefasst vor, dass die Zurverfügungstellung eines eigenen Frauenbereiches in dem von der Antragsgegnerin betriebenen Fitnesscenters eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des männlichen Geschlechts darstelle, da ihm dadurch der Zugang zu einem beträchtlichen Teil der Geräte verwehrt würde.

Darüber hinaus würden die vom Antragsteller benötigten Geräte außerhalb dieses Bereichs, unter anderen dann auch noch von Frauen besetzt, wodurch ihm diese auch nicht zur Verfügung stünden.

Männer auszusperren, ihnen den Zugang zu einem Teil der Geräte zu verwehren und ihnen schlechte Absichten zu unterstellen sei diskriminierend und nicht zu rechtfertigen. Es bestünde in diesem Fall kein spezieller Schutzbedarf für Frauen.

Von der Antragsgegnerin langte zu den Vorwürfen am … im Wesentlichen folgende Stellungnahme bei Senat III ein:

Die Antragsgegnerin betreibe den Fitnessclub seit über 30 Jahren. Genauso lange gebe es in den Fitnessräumlichkeiten auch einen eigenen Frauenbereich. Damit sei die Antragsgegnerin unter Fitnessclubs nicht alleine, sondern gebe es in den meisten Fitnessclubs entsprechende Bereiche für Frauen, dies sowohl betreffend die Nassräumlichkeiten als auch die Saunabereiche und auch gewöhnliche Trainingsbereiche. Dies sei jedenfalls sachlich gerechtfertigt, da sehr viele Frauen in diesen Bereichen, wo sie entweder nur sehr spärlich oder in Nassräumlichkeiten gar nicht bekleidet seien, sich durch „gaffende Männer“ beeinträchtigt fühlen würden.

Im konkreten Fitnessclub habe der Bereich mit den Trainingsgeräten eine Fläche von ca. 1.250 m2. Etwa 10 % dieser Fläche seien durch Sichtplatten der alleinigen Nutzung für Frauen vorbehalten. In diesem Frauenbereich seien aber ausschließlich Trainingsgeräte untergebracht, die noch einmal im allgemeinen Trainingsbereich des Clubs, welcher auch Männern zugänglich sei, erneut aufgestellt und damit der Nutzung durch Männer nicht entzogen seien.

In den Sitzungen des Senates III am … wurden der Antragsteller sowie, als Vertreterin bzw. Vertreter der Antragsgegnerin, Frau Y und Herr Z befragt:

Der Antragsteller erläuterte in seiner Befragung am … im Wesentlichen, dass er diesen eigenen Frauentrainingsbereich als Diskriminierung ansehe. Für den Ausschluss von Männern aus diesem Bereich gebe es keine sachliche Rechtfertigung.

Auch werde dem Antragsteller dadurch ein Teil der Trainingsgeräte entzogen. Trainingsgeräte außerhalb des Frauentrainingsbereichs würden aber ebenfalls wieder von Frauen verwendet, sodass diese auch nicht zur Verfügung stünden. Insgesamt würden daher Frauen, bei gleichem Eintritt, mehr Geräte zur Verfügung stehen.

Der Antragsteller sehe keinen speziellen Schutzbedarf für Frauen. Ansonsten müssten in allen öffentlichen Bereichen - wie Schwimmbäder, öffentliche Busse oder Lokalen, wo Männer Frauen ansehen könnten - spezielle Bereiche für Frauen geschaffen werden.

Frau Y erläuterte in ihrer Befragung am … im Wesentlichen, dass der Bereich der „Ladyfitness“ ca. vor 20 Jahren entstanden sei. Im gegenständlichen Fitnessstudio seien bei einer Gesamtfläche von 1000m2 nur 150m2 speziell für Frauen reserviert. Auf diesen 150m2 stünden nur die wichtigsten Geräte, in Summe ca. 20 – 25 Stück. Diese Geräte stünden aber auch im allgemeinen Bereich, jeweils in doppelter Anzahl, zur Verfügung. Insgesamt gebe es jedes Gerät dreimal. Es gebe daher kein Gerät im Frauentrainingsbereich, das im normalen Fitnessbereich nicht zur Verfügung stünde.

Übungen von Frauen an bestimmten Fitnessgeräten, wie Adduktoren- und Abduktorengeräten, sowie bestimmte freie Übungen, würden immer wieder Blicke von Männern anziehen. Frauen würden sich durch diese Blicke unwohl und gestört fühlen und so sei über die Jahre immer wieder ein eigener Frauentrainingsbereich gefordert worden. Um Frauen vor Blicken und Belästigungen zu schützen sei die Antragsgegnerin dieser Forderung nachgekommen und habe einen eigenen Frauentrainingsbereich eingerichtet.

Mittlerweile sei es auch so, dass schon 16-jährige Mädchen in diesen Bereich gehen würden. Mädchen in diesem Alter seien noch schüchtern bzw. in einer Phase, wo sie sich Männern nicht gerne bei gewissen Übungen zeigen würden. Auch würden in diesem Bereich sehr viele Muslimas trainieren.

Herr Z erläuterte in seiner Befragung am … im Wesentlichen, dass es in der Fitnesscenterszene branchenüblich sei, einen Frauentrainingsbereich anzubieten. Auch die Fitnessstudios der Antragsgegnerin verfügten – bis auf eines – über eigene Frauentrainingsbereiche. Diese Fitnessstudios hätten alle ca. eine Gesamtfläche von 1000m2, wobei davon 100 bis 200m2 als Frauentrainingsbereiche eingerichtet seien. Die Frauentrainingsbereiche und die allgemeinen Bereiche seien mit den gleichen Geräten bestückt und dadurch würden Männer und Frauen auch die gleichen Trainingsmöglichkeiten vorfinden.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 GlBG zu prüfen, nämlich, ob Männer durch Einrichtung eines eigenen Frauenbereichs in einem Fitnessstudio der Antragsgegnerin beim Zugang zu Dienstleistungen aufgrund des Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfahren haben als Frauen.

Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (1) Für das Merkmal des Geschlechts gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

§ 33. Die Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen, einschließlich Wohnraum, ausschließlich oder überwiegend für Personen eines Geschlechts ist keine Diskriminierung, wenn dies dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, also durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

§ 38.

(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Die Antragsgegnerin betreibt das gegenständliche Fitnessstudio, in dem es neben allgemein zugänglichen Trainingsbereichen für beide Geschlechter auch einen Bereich gibt, welcher nur Frauen zugänglich ist. Dieser Frauentrainingsbereich nimmt ca. 10-15% der Gesamtfläche des Studios ein und ist mit den wichtigsten 20 – 25 Trainingsgeräten ausgestattet. Diese Trainingsgeräte stehen auch im allgemeinen Bereich nochmals und jeweils doppelt zur Verfügung. Es gibt keine Trainingsgeräte, welche nur in dem für Frauen vorbehaltenen Bereich vorhanden sind.

Der Monatsbeitrag für die Benutzung des Fitnessstudios ist für beide Geschlechter gleich hoch.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III verneinte in seiner Sitzung vom 26. November 2015 die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin iSd § 32 Abs. 1 leg.cit.

Die Antragsgegnerin betreibt das gegenständliche Fitnessstudio, welches gegen Entgelt allgemein zugänglich ist. Dieses ist im Sinne des § 30 Abs. 1 leg.cit. als Dienstleistung, die der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, zu qualifizieren.

Vom Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. ist auszugehen, wenn eine weniger günstige Behandlung von Personen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, in direktem oder ausdrücklichem Bezug auf das Geschlecht erfolgt.

Die Antragsgegnerin stellt in diesem Fitnessstudio mit einer Gesamtfläche von 1000m2 einen Teilbereich von 150m2 ausschließlich Frauen zur Verfügung. Nicht verifiziert werden konnte, dass die im Frauenbereich der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Trainingsgeräte ausschließlich auf die speziellen physischen Bedürfnisse von Frauen abgestimmt sind und diese somit von Männern in sportlicher und physiologischer Hinsicht überhaupt nicht benutzbar wären.

Die Vergleichbarkeit der Situation ist daher gegeben, da Männern allein aufgrund des Geschlechts der Zugang zum Frauenbereich untersagt wird und sie nur deswegen nicht die gesamte zur Verfügung stehende Trainingsfläche nutzen können.

Dies bedeutet zunächst, dass Männer, insbesondere durch die Leistung des gleichen Monatsbeitrags, eine weniger günstige Behandlung als Frauen erfahren und deshalb eine Ungleichbehandlung von Männern gegenüber Frauen vorliegt.

Es ist daher weiter zu prüfen, ob diese Ungleichbehandlung unter die Ausnahmebestimmung des § 33 leg.cit. zu subsumieren ist. Gemäß § 33 leg.cit. ist die Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen ausschließlich oder überwiegend für ein Geschlecht, somit eine geschlechtermäßige Ungleichbehandlung, dann keine Diskriminierung, wenn diese (Ungleich)behandlung durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind.

In Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2004/113/EG wird unter anderem der Schutz der Privatsphäre und des sittlichen Empfindens als ein legitimes Ziel genannt, wonach eine unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen gerechtfertigt sein kann.

Die Antragsgegnerin konnte überzeugend darlegen, dass die Bereitstellung des Frauenbereichs - unter den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten - das geeignetste und auch ein erforderliches Mittel zur Verhinderung von Belästigungen und dem Schutz der Privatsphäre im Rahmen der Erbringung ihrer Dienstleistung darstellt.

Die Bereitstellung eines Frauenbereichs in einem Fitnessstudio ist nach Ansicht des Senates III geeignet, den Schutz der Privatsphäre und des sittlichen Empfindens zu erreichen. Frauen wird die Möglichkeit geboten, sich in einem Bereich aufzuhalten, in dem keine Belästigungen durch Männer erfolgen können.

Auch ist das Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen. Dazu wird festgestellt, dass Angemessenheit sowohl nach quantitativen als auch nach qualitativen Kriterien geprüft werden kann. Die Angemessenheit resultiert im gegenständlichen Fall daraus, dass durch die Einrichtung eines Frauenbereichs – welcher ca. 15 % der Gesamtfläche eines Studios einnimmt – Männern kein gravierender Nachteil entsteht. Die Argumentation des Antragstellers, dass ihm dadurch ein beträchtlicher Teil der Geräte verwehrt würde, kann diesbezüglich nicht bestätigt werden. Zudem stehen die im Frauentrainingsbereich aufgestellten Geräte auch im allgemeinen Bereich, jeweils in doppelter Anzahl, jedem Geschlecht zur Verfügung.

Würden die Flächen der Frauenbereiche auch für Männer zur Verfügung stehen, ließe sich daraus nicht ableiten, dass der sofortige und ungehinderte Zugang zu den Trainingsgeräten für den Antragsteller gegeben wäre. Zudem kann darin keine Einschränkung hinsichtlich der Erreichung von Trainingszielen von Männern erblickt werden.

Schließlich ist die Einrichtung von Frauenbereichen auch erforderlich, um Frauen einen adäquaten Schutz vor Belästigungen bzw. der Privatsphäre zu gewährleisten.

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass die Antragsgegnerin keine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz zu verantworten hat.

Wien, im November 2015

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2017
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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