Gbk 2016/2/18 GBK III/180/15

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Veröffentlicht am 18.02.2016
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Norm

§31 Abs1 iVm §32 Abs1 GlBG

Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Unmittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit

Text

Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundesministerium für Bildung und Frauen gelangte am 18. Februar 2016 über den am 7. Juli 2015 eingelangten Antrag von Herrn A (in der Folge „Antragsteller“), betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin

Frau X

gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

durch die Antragsgegnerin eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Herkunft gemäß § 32 Abs. 1 GlBG vorliegt.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag im Wesentlichen wie folgt dar:

Die Antragsgegnerin sei laut Firmenbuch Inhaberin des „...“ und vermiete Ferienwohnungen. Der Antragsteller und seine Familie, sowie zwei weitere befreundete Familien, hätten ihren Urlaub gemeinsam in „...“ verbringen wollen. Der Antragsteller habe die Antragsgegnerin per E-Mail kontaktiert, um für den Zeitraum von … vier Ferienwohnungen zu buchen.

Am … habe der Antragsteller die Bestätigung der Reservierung der vier Wohnungen erhalten. Zur weiteren Bestätigung der Reservierung habe die Antragsgegnerin um eine Anzahlung von € 200,- pro Wohnung ersucht, welche der Antragsteller am … überwiesen habe.

Kurz nach Bestätigung seiner Anzahlung habe der Antragsteller von der Antragsgegnerin am … folgende Nachricht per E-Mail erhalten: „Ich wollte noch fragen sind sie jüdischer Abstammung dann kann ich sie leider nicht nehmen.“

Von der Antragsgegnerin langte zu den Vorwürfen keine Stellungnahme bei Senat III ein.

In der Sitzung der GBK am … wurde der Antragsteller als Auskunftsperson befragt:

Der Antragsteller erläuterte in seiner Befragung im Wesentlichen, dass er für den Urlaub eine Wohnung mit einem Garten gesucht habe. Da aber schon alles ausgebucht gewesen sei, habe er auf einen Garten verzichten müssen und stattdessen vier Wohnungen für seine und drei befreundete Familien gesucht.

Schließlich habe er von der Antragsgegnerin ein E-Mail bekommen, dass sie in dieser Zeit vier Wohnungen frei habe und dies kein Problem sei. Nach einigem informativen E-Mailverkehr mit Fragen nach der Größe der Wohnung etc., habe die Antragsgegnerin per E-Mail eine Buchungsbestätigung übermittelt. Im Gegenzug habe der Antragsteller die von der Antragsgegnerin gewünschte Anzahlung in der Höhe von € 800,- überwiesen.

Kurz darauf habe der Antragsteller von der Antragsgegnerin ein weiteres E-Mail mit dem Inhalt erhalten: „Ich wollte noch fragen, sind Sie jüdischer Abstammung? Dann kann ich Sie leider nicht nehmen.“

Die Antragsgegnerin ist der mehrmaligen Aufforderung, zur Befragung vor Senat III zu erscheinen, nicht nachgekommen.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung des Antragstellers gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 leg.cit. zu prüfen, nämlich, ob die Weigerung der Antragsgegnerin dem Antragsteller Ferienwohnungen zu vermieten, aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers erfolgte oder sie aus anderen, vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktionierten Ablehnungsgründen erfolgte und der Antragsgegnerin der Beweis darüber im Verfahren gelungen ist.

Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (2) Für das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sowie für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses

      1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,

      2. bei sozialen Vergünstigungen,

      3. bei der Bildung,

sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

§ 38.

(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des „...“ und vermietet Ferienwohnungen. Der Antragsteller und seine Familie, sowie zwei weitere befreundete Familien, hätten ihren Urlaub gemeinsam in „...“ verbringen wollen. Der Antragsteller kontaktierte die Antragsgegnerin per E-Mail, um für den Zeitraum von … vier Ferienwohnungen zu buchen.

Am … erhielt der Antragsteller die Bestätigung der Reservierung der vier Wohnungen. Zur weiteren Bestätigung der Reservierung ersuchte die Antragsgegnerin um eine Anzahlung von € 200,- pro Wohnung, welche der Antragsteller am … überwies.

Am … erhielt der Antragsteller von der Antragsgegnerin folgende Nachricht (Originalzitat): „Ich wollte noch fragen sind sie jüdischer Abstammung dann kann ich sie leider nicht nehmen.“

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III bejahte in seiner Sitzung vom 18. Februar 2016 die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung des Antragstellers aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit iSd § 32 Abs. 1 leg.cit.

Vom Diskriminierungsverbot gemäß § 30 Abs. 1 leg.cit. erfasst sind Rechtsverhältnisse, einschließlich deren Anbahnung und Begründung und die Inanspruchnahme von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses. Durch die Wortfolge „einschließlich Wohnraum“ wird die Vermittlung von Wohnraum ausdrücklich als mögliche Dienstleistung genannt.

Die Dienstleistungen der Antragsgegnerin (Vermieten von Ferienwohnungen - Beherbergungsbetrieb) können gegen Entgelt in Anspruch genommen werden und richten sich an einen unbestimmten Adressatenkreis. Sie sind somit als Dienstleistungen im Sinne des Art. 57 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) zu qualifizieren. Der festgestellte Sachverhalt ist somit vom Geltungsbereich des Gleichbehandlungsgesetzes umfasst.

Vom Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. ist auszugehen, wenn eine weniger günstige Behandlung von Personen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, in direktem oder ausdrücklichem Bezug auf deren ethnische Zugehörigkeit erfolgt.

Aus den Schilderungen des Antragstellers und dem vorgelegten Schriftverkehr ging nachvollziehbar und glaubwürdig hervor, dass sich der Vorfall wie im Antrag ausgeführt, zugetragen hat. Aufgrund dessen ist Senat III zur Ansicht gelangt, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Vermietung der Ferienwohnungen allein aufgrund seiner ethnischen Herkunft verweigert hat.

Schon zu GBK III/15/06 hat der Senat vor Einleitung des Verfahrens diskutiert, ob es sich bei Diskriminierungen von Personen jüdischen Glaubens alleine um solche aufgrund der Religion handeln würde und damit nicht vom Geltungsbereich des Teil III des Gleichbehandlungsgesetzes umfasst wären. Nach Einbeziehung zweier Fachexperten und der Ansicht, dass das Gleichbehandlungsgesetz eine weite Auslegung gebietet, kam Senat III zum Schluss, dass unter den Begriff „Judentum“ auch die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe im Sinne des (nunmehrigen) § 31 Abs. 3 leg.cit. zu subsumieren ist.

Unter dieser Voraussetzung erfüllt die Weigerung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit eine Ferienwohnungen zu vermieten, welche durch das E-Mail vom …auch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wurde, die Voraussetzungen einer unmittelbaren Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit.

Die Antragstellerin hat zu diesem Vorwurf weder schriftlich Stellung bezogen, noch ist sie - trotz mehrmaliger Aufforderung - zur Befragung vor dem Senat erschienen.

Der Antragsgegnerin ist es nach Ansicht des Senates III daher nicht gelungen, den Vorwurf der Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. zu entkräften. Gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Antragsgegner/in glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Das bedeutet, dass für diesen ganz konkreten Einzelfall ein bestimmtes, vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktioniertes Motiv erkennbar sein muss, das für die Verweigerung der Dienstleistung gegenüber diesem Antragsteller/dieser Antragstellerin ausschlaggebend gewesen ist.

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch die Antragsgegnerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz vorliegt.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hält es daher für notwendig, dass die Antragsgegnerin sich mit der geltenden Rechtslage vertraut macht, das Gleichbehandlungsgesetz respektiert und in Hinkunft alle Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit, gleich behandelt.

Ferner soll auf der Homepage der Antragsgegnerin (www.....at) ab sofort ein gut erkennbarer und dauerhafter Hinweis auf die Existenz des Gleichbehandlungsgesetzes aufgenommen werden, sowie an derselben Stelle explizit darauf hingewiesen werden, dass niemand aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert wird und dass sich Personen zur Beratung an die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden können.

Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Demgemäß muss die Schadenersatzleistung wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Der Senat III der Gleichbehandlungskommission empfiehlt daher der Antragsgegnerin einen dementsprechenden Schadenersatz an den Antragsteller zu leisten.

Wien, im Februar 2016

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

Hinweis: Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz sind die Vorschläge der Gleichbehandlungskommission binnen zwei Monaten umzusetzen. Wenn einem Auftrag gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz (siehe obige Vorschläge des Senates III) nicht binnen zwei Monaten entsprochen wird, kann jede im Senat III vertretene Interessenvertretung gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2017
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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