TE Lvwg Erkenntnis 2017/7/4 VGW-242/081/RP03/3317/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2017
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Entscheidungsdatum

04.07.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §14
WMG §15 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Landesrechtspfleger Dolas über die Beschwerde der Frau S. G., Wien, V.-Gasse, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40-Sozialzentrum für den ... Bezirk, vom 16.01.2017, Zahl MA 40 - SH/2017/1180128-001, mit welchem auf Grund des Antrages vom 30.12.2016 gemäß §§ 7, 8, 9, 10, 12, 14 und 15 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes idgF iZm §§ 1, 2, 3 und 4 der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (WMG-VO) idgF l.) eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs zuerkannt wurde und ll.) die Zuerkennung einer über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs hinausgehenden Mietbeihilfe abgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Sozialzentrum für den ... Bezirk, hat mit Bescheid vom 16.01.2017, zur Zahl MA 40 - SH/2017/1180128-001, der nunmehrigen Beschwerdeführerin aufgrund des Antrages vom 30.12.2016, gemäß §§ 7, 8, 9, 10, 12, 14 und 15 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes idgF iZm §§ 1, 2, 3 und 4 der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (WMG-VO) idgF l.) eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs zuerkannt und ll.) die Zuerkennung einer über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs hinausgehenden Mietbeihilfe abgewiesen.

Begründend führte die Behörde zusammengefasst aus, dass die Miete geringer sei als der Grundbetrag Wohnbedarf und daher kein Anspruch auf Mietbeihilfe bestehe. Voraussetzung für den Bezug der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sei der Nachweis, dass sich die Beschwerdeführerin aktiv um Verbesserung ihrer Lebenssituation bemühe, jedoch habe sie laut Mitteilung des AMS den Termin für 7.11.2016 nicht wahrgenommen. Ihre Leistung sei bereits für den Monat April 2014 um 25% und für die Monate Februar 2016 und September 2016 um jeweils 50% gekürzt worden. Da sie den Einsatz der Arbeitskraft und die Teilnahme an einer arbeitsintegrativen Maßnahme verweigere, sei ihre Leistung ab dem Monat Februar 2017 zu 100% zu kürzen gewesen.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 6.2.2017 gibt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen sinngemäß an, dass sie Anfang November an das AMS einen Brief geschrieben und mitgeteilt habe, warum sie nicht am Kurs teilnehmen habe können. Am 31.10.2016 seien ihr nämlich die Wohnungsschlüssel mit ihrer Jacke im Zug nach Ybbs an der Donau gestohlen worden. Bei ihrer Rückkehr habe sie daher einen Schlüsseldienst angerufen, der jedoch für das Einbauen von zwei Schlössern sowie das Aufsperren der Türe 390 (oder 340, da unleserlich) verlangt habe. Sie habe jedoch nur 200 Euro bei sich gehabt und habe die Türe daher lediglich aufmachen bzw. das Schloss aufbohren lassen. Da der Zylinderbeschlag beschädigt worden sei, habe sie die Türe nicht zusperren können und da sie von Montag bis Freitag von 7-15 Uhr die Türe nicht offen lassen könne, habe sie auch nicht am AMS-Kurs teilnehmen können. Dies habe sie dem AMS Anfang November noch vor Kursbeginn schriftlich mitgeteilt. Erst im Dezember 2016 habe sie noch Geld zum Wechsel des Schlosses sowie des Beschlags samt Schlüssel übrig gehabt und sei dafür „wieder“ 260 Euro verlangt worden. Sie habe vom AMS weder eine Abmeldungs-Benachrichtigung, noch einen neuen Termin bekommen.

Der Verwaltungsakt wurde am 3.3.2017 dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund des Beschwerdevorbringens erfolgte am 17.3.2017 eine hg. Anfrage an das AMS – ... und wurde diesbezüglich mit E-Mail vom 17.3.2017 Folgendes mitgeteilt:

„...Wir haben Fr. G. am 21.10.2016 den Kurs Neue Wege ausgefolgt wo sie mit 07.11.2016 beginnen sollte.

Sie meldete sich erst am 23.1.2017 wieder in der Infozone AMS … Wien.

Für uns ist es kein Entschuldbares Fernbleiben vom Kurs da Sie ja auch nicht Kontakt mit uns aufnahm und uns auch keinerlei schriftlichen Belege über dieses „Türproblem“ vorlegte.“

Auf Grund des Beschwerdevorbringens und zur Abklärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes wurde am 19.5.2017 vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher die Beschwerdeführerin geladen wurde. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin mit der Ladung vom 13.4.2017 aufgefordert, spätestens zur Verhandlung alle Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass sie an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilgenommen und von sich aus alle zumutbaren Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung unternommen hat (AMS-Betreuungsvereinbarung, AMS-Terminkarte, Bestätigungen über die bisher getätigten Bewerbungen für Stelleangebote, die vom AMS vermittelt wurden sowie auch Bestätigungen über die bisher getätigten Aktivbewerbungen), weiters eine Bestätigung ihrer erwähnte Mitteilung an das AMS von „Anfang November 2016“ warum sie dem AMS-Kurs vom 7.11.2016 fernblieb sowie auch eine Bestätigung über die Diebstahlsanzeige vom 31.10.2016. Die belangte Behörde wurde ebenso geladen, erschien jedoch unentschuldigt nicht zur Verhandlung. Das Verhandlungsprotokoll lautet auszugsweise wie folgt:

Die Beschwerdeführerin gab anlässlich ihrer Einvernahme Folgendes zu Protokoll:

„Auf Befragen, ob ich die Diebstahlsanzeige mitgenommen habe, gebe ich an, dass ich gar keine gemacht habe, weil ich ja nicht weiß, wer die Täter waren. Die BF wird darauf hingewiesen, dass man auch gegen unbekannte Personen eine Anzeige erstatten kann.

Auf Befragen, ob ich eine Bestätigung betreffend meiner Mitteilung an das AMS, warum ich dem AMS Kurs vom 7.11.2016 ferngeblieben bin, gebe ich an, dass ich dies zwar eingeschrieben aufgegeben habe bei der Post, jedoch habe ich keinen Beleg darüber. Ich gebe an, dass ich zwar den Beleg drüber noch haben müsste, weil ich alle Belege aufhebe, jedoch habe ich dies trotz Aufforderung in der Ladung vergessen mitzunehmen.

Ich lege meine Terminkarte vom AMS vor. Diese wird in Kopie als Beilage ./A zum Verhandlungsprotokoll genommen. Aus dieser geht hervor, dass ich heute um 08:45 Uhr beim AMS war und mein nächster Termin ist am 7.6.2017. Auf Befragen, ob ich die Betreuungsvereinbarung des AMS mitgenommen habe, gebe ich an, dass ich eine solche Betreuungsvereinbarung seit 2015 noch nie erhalten habe und gar nicht weiß was das ist. Befragt zu der Terminkarte gebe ich an, dass der Eintrag vom 1.2.2017, dass ich im Ausland gewesen sei, nicht stimmt, weil ich mir das mit 209,00 Euro nicht leisten kann. Ich war am 3.2.2017 beim AMS um dies zu korrigieren, dort wurde mir gesagt, dass ich am 19.5.2017 einen neuen Termin habe und ich erst zu dem neuen Termin erscheinen soll.

Ich gebe an, dass ich gesundheitlich angeschlagen bin, weil ich eine Metallplatte im Kopf habe und weiters Operationen am Knie hatte. Ich war beim praktischen Arzt im ... Bezirk und weiters beim Neurologen auf der A.-Straße, beim Augenarzt Dr. A. und bei einem Psychologen, allerdings weiß ich nicht, wo sich der befindet. Unterlagen diesbezüglich habe ich absolut keine. Der Neurologe hat zu mir gesagt, dass ich Anspruch auf Pflegestufe 3 hätte. Auf Befragen gebe ich an, dass diese Untersuchungen bereits 1995-1997 stattgefunden haben, und war ich damals in der K.-Straße wohnhaft.

Auf Befragen, ob ich Bestätigungen von Stellenangeboten zu denen ich mich beworben hatte, mitgenommen habe, gebe ich an, dass ich diese beim AMS abgeben musste und daher nichts vorlegen kann.

Laut Kontoauszug bekomme ich Leistungen der MA 40 in der Höhe von 837,00 Euro ab März 2017.

Auf Befragen, warum die Ersatzschlüssel der Wohnung bei Gericht waren, gebe ich an, dass diese von der Polizei beschlagnahmt wurden. Der Mieter der Wohnung, mit dem ich zusammengewohnt habe, Herr Z., ist nämlich 2015 verstorben und habe ich selbst die Polizei angerufen, die eben diese Schlüssel beschlagnahmt haben.

Auf Befragen, wann ich den Schlüsseldienst gerufen habe, gebe ich an, dass ich dies nicht mehr genau weiß. Der Verhandlungsleiter bringt der BF ihr Beschwerdeschreiben zur Kenntnis, wonach sie beim zurückfahren (am nächsten Tag) den Schlüsseldienst angerufen habe, der ihr die Tür aufgemacht habe, der vorgelegte Einzahlungsbeleg über 410,00 Euro jedoch vom 25.12.2016 ist. Diesbezüglich gebe ich an, dass ich am 1.11.2016 kein Geld hatte und dem Schlüsseldienst 150,00 Euro bezahlt haben (die BF wird darauf hingewiesen, dass laut ihrem Schreiben ein Betrag von 200,00 Euro bezahlt wurde). Ich konnte den vollen Betrag erst am 25.12.2016 bezahlen und habe darum auch mit diesem Datum den Zahlungsbeleg erhalten.“

In ihren Schlussausführungen gab die Beschwerdeführerin an, dass sie ihre Wohnungstüre nicht von früh bis spät offen lassen könne und daher auch nicht zum AMS Kurs gehen konnte.

An die Beschwerdeführerin erging am Ende der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Aufforderung den Beleg (eingeschriebene Aufgabe bei der Post) des Schreibens, mit ihrer Mitteilung an das AMS dem Verwaltungsgericht innerhalb einer Woche vorzulegen.

Beim Verwaltungsgericht Wien wurden mit Postaufgabe vom 19.5.2017 drei Bahntickets sowie eine Rechnung für zwei aufgegebene Briefe eingebracht. Aus der Rechnung vom 9.11.2016, 17.27 Uhr geht die Aufgabe eines Maxi-Briefes innerhalb Österreichs (handschriftlich vermerkt „Brief für Arbeitsamt“) sowie ein weiterer Maxi-Brief nach Frankreich (handschriftlich vermerkt „EG“ und „Brief für Europäisches Gericht“) bei der Österreichischen Post AG hervor.

Mit Briefaufgabe vom 23.5.2017 wurde ein Schreiben der MA 40 vom 23.5.2017 vorgelegt, worin bestätigt wird, dass die Beschwerdeführerin derzeit Geldleistungen in der Höhe von monatlich 209,44 Euro bezieht.

Aufgrund einer weiteren hg. Anfrage vom 19.6.2017, teilte das AMS – ... mit Schreiben vom 20.6.2017 Folgendes mit:

„Das AMS hat kein Schreiben der Kundin von November 2016 erhalten, dazu kam schon eine Gerichtsanfrage im März 2017.

Fr. G. bekam seit 05/2016 8 Vermittlungsvorschläge im Bereich Kellnerin, die allerdings negativ verliefen.

Seit Sommer 2016 behauptet Fr. G. besachwaltet zu werden, bis heute kein Urteil vorgelegt.

Die Betreuungsvereinbarungen liegen bei. Unterbrechung der Betreuungsvereinbarung aufgrund Krankenstände und Fehlzeiten.“

Anbei wurden drei Betreuungsvereinbarungen des AMS mit der Beschwerdeführerin vom 13.5.2016, 27.1.2017 sowie vom 7.6.2017 übermittelt.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Zum Sachverhalt:

Die 1970 geborene Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und begehrte mit Antrag vom 30.12.2016 die Zuerkennung von Leistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes sowie Mietbeihilfe nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz. Laut diesem Antrag besitzt die Beschwerdeführerin kein Vermögen, ist arbeitslos und bezieht lediglich 837,-- Euro an Mindestsicherung. Sie wohnt an der Adresse Wien, V.-Gasse zur Hauptmiete, bezahlt einen Mietzins in der Höhe von monatlich 129,36 Euro und hat gemäß dem Antrag am 30.12.2016 Wohnbeihilfe/Mietzinsbeihilfe beantragt.

Im behördlichen Verwaltungsakt befindet sich weiters das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Förderung als Hilfe in besonderen Lebenslagen vom 2.1.2017 gemäß §§ 39 und 40 WMG. Darin ist von der Beschwerdeführerin als Begründung ihres Ansuchens Folgendes ausgeführt:

„Da ich am 25.12.2016 meine Schlüssel verloren habe und 410 Euro für den Schlüsseldienst zahlen musste bitte ich um Kostenersatz teil oder voll der 410 Euro! Feiertagszuschlag, 2. Schlösser aufmachen und die Wohnungstüre aufbrechen + 1. Schluss auswechseln“

Diesem Ansuchen ist der Zahlungsbeleg des EVVA-Schlüsseldienstes vom 25.12.2016 über 410,-- Euro in Kopie beigelegt.

Aus einer behördlich durchgeführten Abfrage in der Datenbank AMS Behördenportal vom 16.1.2017 geht hervor, dass die Beschwerdeführerin vom 16.10.2016 bis 6.11.2016 beim AMS als arbeitssuchend gemeldet war. Weiters ist auf dieser Abfrage handschriftlich „Termin 7.11. nicht erschienen“ vermerkt.

In der Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid vom 16.1.2017 erlassen.

Im Behördenakt befindet weiters in Kopie der Bescheid vom 4.2.2016, zur Zahl MA 40 – SH/2016/00102445-001, woraus hervorgeht, dass die der Beschwerdeführerin Leistungen der Mindestsicherung zuerkannt, diese jedoch für den Zeitraum 1.2.2016 bis 31.3.2016 um 50% gekürzt wurden. Begründend führte die Behörde darin aus, dass die Kürzungen der Leistung erfolgten, weil die Beschwerdeführerin erneut nicht zur Arbeitssuche beim AMS im Zeitraum 2.12.2015 bis 14.1.2016 gemeldet war.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen gründen sich auf den unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz) hat Anspruch auf Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung, wer

1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

Gemäß § 6 Z 4 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes haben Hilfe suchende oder empfangende Personen Ansprüche, die der Deckung des Bedarfs nach diesem Gesetz dienen, nachhaltig zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos, unzumutbar oder mit einem unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbunden ist.

Gemäß § 6 Z 6 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes haben Hilfe suchende oder empfangende Personen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ihre Mitwirkungspflichten im Verfahren und während des Bezuges von Leistungen zu erfüllen.

Gemäß § 9 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes wird ein über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs nach § 8 Abs. 1 hinausgehender Bedarf an die anspruchsberechtigten Personen als Bedarfsgemeinschaft in Form einer monatlichen Geldleistung (Mietbeihilfe) zuerkannt, wenn dieser nachweislich weder durch eigene Mittel noch durch Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Die Mietbeihilfe gebührt ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist die Mietbeihilfe, bei durch unbedenkliche Urkunden nachgewiesenen tatsächlich höheren Kosten der Abdeckung des Wohnbedarfs, bis zur Höhe der Bruttomiete zuzuerkennen und wird wie folgt berechnet:

1. Den Ausgangswert bilden die nach Abzug sonstiger Leistungen tatsächlich verbleibenden Wohnkosten bis zu den Mietbeihilfenobergrenzen nach Abs. 3.

2. Dieser Ausgangswert wird durch die Anzahl der in der Wohnung lebenden volljährigen Personen geteilt und mit der Anzahl der volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft multipliziert.

3. Von dem für die Bedarfsgemeinschaft ermittelten Wert wird ein Betrag in folgender Höhe vom jeweiligen Mindeststandard nach § 8 Abs. 2 abgezogen:

a) für jede volljährige Hilfe suchende oder empfangende Person ein Betrag in der Höhe von 25 vH;

b) für jede Hilfe suchende oder empfangende Person, die das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht hat und für jede volljährige auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Person, wenn sie alleinstehend ist oder mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft lebt, ein Betrag in der Höhe von 13,5 vH;

c) für jede Hilfe suchende oder empfangende Person, die das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht hat und für jede volljährige auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Person, wenn bei mehr als einer Person der Bedarfsgemeinschaft diese Voraussetzungen vorliegen, ein Betrag von 9 vH.

Gemäß § 10 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.

Gemäß § 10 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes erfolgt bei der Berechnung der Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs von mehreren Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, die Bemessung für die Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen aller anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

Gemäß § 10 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes sind Zahlungsverpflichtungen, insbesondere auch solche auf Grund unterhaltsrechtlicher Beziehungen, bei der Bemessung nicht als einkommensmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Forderungen, die bei der Hilfe suchenden Person zwangsweise eingetrieben werden oder zu deren Begleichung sie nach einem Schuldenregulierungsverfahren verpflichtet ist.

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung sind gesetzliche oder vertragliche und der Höhe nach bestimmte Ansprüche der Hilfe suchenden Person auf Leistungen, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, auch dann anzurechnen, wenn die Hilfe suchende Person diese nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich) verfolgt, sofern die Geltendmachung weder offenbar aussichtslos noch unzumutbar ist. Dies ist von der unterhaltsberechtigten Person oder ihrer gesetzlichen Vertretung glaubhaft zu machen.

Gemäß § 14 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes sind Hilfe suchende oder empfangende Personen verpflichtet, zumutbare Beschäftigungen anzunehmen, sich nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen und von sich aus alle zumutbaren Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen. Diese Pflichten bestehen insbesondere auch dann, wenn mit einer ausgeübten Beschäftigung der Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht gedeckt werden kann oder das volle Beschäftigungsausmaß nicht erreicht wird. Wenn die Hilfe suchende oder empfangende Person nach angemessener Frist keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen kann, ist sie verpflichtet, auch Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, die nicht unmittelbar ihrer beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen, die ihr jedoch im Hinblick auf diese zugemutet werden können. Bei weiter andauernder Arbeitslosigkeit ist sie verpflichtet, andere Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, auch wenn sie nicht der beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen.

Gemäß § 14 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes darf der Einsatz der eigenen Arbeitskraft nicht verlangt werden von Personen, die

1. das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht haben,

2. erwerbsunfähig sind,

3. Betreuungspflichten gegenüber Kindern haben, welche das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und keiner Beschäftigung nachgehen können, weil keine geeigneten Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen,

4. pflegebedürftige Angehörige, welche ein Pflegegeld mindestens der Stufe 3 beziehen, überwiegend betreuen,

5. Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkrankten Kindern (§§ 14a, 14b Bundesgesetz, mit dem arbeitsvertragsrechtliche Bestimmungen an das EG-Recht angepasst, Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG, und das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz und das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz geändert werden) leisten,

6. in einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen und zielstrebig verfolgten Erwerbs- oder Schulausbildung stehen, sofern sie noch keine abgeschlossene Erwerbsausbildung oder Schulausbildung auf Maturaniveau haben.

Gemäß § 15 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist, wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person ihre Arbeitskraft nicht in zumutbarer Weise oder nicht so gut wie möglich einsetzt oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen nicht entsprechend mitwirkt, der im Rahmen der Bemessung auf sie entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts stufenweise bis zu 50 vH zu kürzen. Bei fortgesetzter beharrlicher Weigerung, die Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen, ist eine weitergehende Kürzung bis zu 100 vH zulässig.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (WMG-VO) vom 1.1.2016, LGBl. Nr. 38/2010 in der Fassung LGBl. Nr. 10/2016 lauten wie folgt:

Artikel I§ 1.Mindeststandards, Grundbeträge zur Deckung des Wohnbedarfs und Geringfügigkeitsgrenze

(1) Für volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben, und für volljährige Personen, die ausschließlich mit Personen nach § 7 Abs. 2 Z 3 oder Z 4 WMG eine Bedarfsgemeinschaft bilden, beträgt der Mindeststandard

EUR 837,76.

Dieser enthält folgenden Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs:

 

a)

für volljährige Personen, soweit sie nicht unter lit. b fallen

EUR 209,44;

b)

für Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben, oder für auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen

EUR 113,10.

 

 

§ 2.Mietbeihilfenobergrenzen

(1) Die Mietbeihilfenobergrenzen betragen:

 

1.

bei 1 bis 2 Bewohnerinnen oder Bewohnern

EUR 313,10;

Eine Hilfe suchende oder empfangende Person ist unter anderem verpflichtet, zumutbare Beschäftigungen anzunehmen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen und von sich aus alle zumutbaren Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen. Die Pflichten bestehen insbesondere dann, wenn mit einer ausgeübten Beschäftigung der Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht gedeckt werden kann oder das volle Beschäftigungsausmaß nicht erreicht wird. Dazu gehört insbesondere auch, sich dem Arbeitsmarkt entsprechend zur Verfügung zu stellen, was durch eine Meldung als arbeitslos bzw. arbeitssuchend beim Arbeitsmarktservice zu dokumentieren ist.

Wenn eine solche Person ihre Arbeitskraft nicht in zumutbarer Weise oder nicht so gut wie möglich einsetzt, ist der im Rahmen der Bemessung auf sie entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts stufenweise bis zu 50% zu kürzen. Bei fortgesetzter beharrlicher Weigerung, die Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen, ist eine weitergehende Kürzung bis zu 100 vH zulässig.

Hierzu ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin entsprechend ihrer Darlegungen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.5.2017 keineswegs den Eindruck erweckt hat, ernsthaft einer Beschäftigung nachgehen bzw. an arbeitsintegrativen Maßnahmen mitwirken zu wollen. Unterlagen die belegen sollen, dass sie ihre Arbeitskraft so gut wie möglich eingesetzt hat, oder dass sie an arbeitsintegrativen Maßnahmen entsprechend mitgewirkt hat, wurden trotz Aufforderung keine vorgelegt. Sie hat lediglich lapidar angegeben, dass sie diese beim AMS abgegeben hat und könne sie daher nichts vorlegen.

Überdies scheinen aufgrund der widersprüchlichen Angaben im Laufe des gesamten Verfahrens (Laut Ansuchen vom 2.1.2017 hat die Beschwerdeführerin ihre Schlüssel am 25.12.2016 verloren, im Beschwerdeverfahren gab sie jedoch an, dass diese am 31.10.2016 im Zug gestohlen wurden. Ebenso variieren die dem Schlüsseldienst bezahlten Beträge.) erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschwerdevorbringens.

Der Aufforderung des Gerichts eine Diebstahlsanzeige zur Untermauerung ihrer Angaben, dass ihr die Wohnungsschlüssel gestohlen worden seien, vorzulegen, kam die Beschwerdeführerin nicht nach. Begründend gab sie an, keine Anzeige erstattet zu haben „weil sie ja nicht wisse wer die Täter waren“.

Die Beschwerdeführerin wurde trotz Aufforderung und unterlassener Vorlage bis zur öffentlichen mündlichen Verhandlung, neuerlich aufgefordert die erwähnte behauptete rechtzeitige Aufgabe ihrer Mitteilung an das AMS innerhalb einer Woche nachzuweisen. Aus der dem Verwaltungsgericht Wien vorgelegter Rechnung der Österreichischen Post AG geht jedoch nicht hervor, wohin der darauf angeführte Maxi-Brief nach Österreich genau versendet wurde - dies wurde lediglich von der Beschwerdeführerin handschriftlich ergänzt - und sagt dies auch nichts über den Inhalt oder Absender dieses Briefes aus. Überdies ist die vorgelegte Rechnung mit 9.11.2016, 17.27 Uhr datiert und kann daher von einer rechtzeitigen Mitteilung an das AMS für den am 7.11.2016 begonnenen Kurs nicht die Rede sein.

Die unsubstantiierten Behauptungen der Beschwerdeführerin, sie habe aufgrund des Diebstahls ihrer Wohnungsschlüssel und mangels Möglichkeit die Wohnung zu versperren am AMS-Kurs am 7.11.2016 nicht teilnehmen können und dies rechtzeitig dem AMS mitgeteilt, kann daher lediglich als reine Schutzbehauptung eingestuft werden.

Auch die Behauptung der Beschwerdeführerin sie habe keine Anzeige bezüglich des Diebstahls ihrer Schlüssel erstattet, weil sie nicht wisse wer die Täter seien, erscheinen lebensfremd und gehen ausschließlich zu ihren Lasten.

In der Gesamtbetrachtung der vorliegenden Feststellungen, kann daher durchaus davon ausgegangen werden, dass das Verhalten der Beschwerdeführerin einer

fortgesetzten beharrlichen Weigerung an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen gleichzusetzen ist und somit eine weitergehende Kürzung bis zu 100 % zulässig ist.

Die durch die Behörde festgesetzte weitere Kürzung des Mindestbedarfes der Beschwerdeführerin erfolgte somit zu Recht.

Die Bemessung der Leistung für die Bedarfsgemeinschaft hat unter Heranziehung der oben getätigten Ausführungen wie folgt zu erfolgen:

Bei der Bemessung des Bedarfes der Hilfe suchenden Person ist zunächst vom Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (WMG-VO) auszugehen, welcher für eine volljährige Person 837,76 Euro beträgt. Auf Grund der oben festgestellten Verletzung der durch § 14 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes statuierten Pflichten der Beschwerdeführerin, war der Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhaltes nach den Vorgaben des § 15 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes zu kürzen. Da eine Kürzung der Mindeststandards – laut gegenständlich bekämpftem Bescheid und von der Beschwerdeführerin unbestritten - bereits mit April 2014 um 25% und in weiterer Folge im Februar 2016 (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 11.7.2016 zur Zl: VGW-141/015/1867/2016-14) um 50% erfolgte und diese nicht zur Einhaltung ihrer Obliegenheiten motivieren konnte, war der Mindeststandard mit auch weiterhin einer entsprechenden Kürzung von 100% zuzuführen.

Sohin beschränkt sich der Mindestbedarf der Beschwerdeführerin ausschließlich auf den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs in der Höhe von 209,44 Euro.

Dem Mindestbedarf der Bedarfsgemeinschaft in der Höhe von 209,44 Euro ist gemäß § 10 Abs. 2 WMG das erzielte Einkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen, jedoch verfügt die Beschwerdeführerin über kein Einkommen. Daher entspricht der Mindestbedarf der Beschwerdeführerin auch dem Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs in der Höhe von 209,44 Euro.

Die zuerkannten Leistungen in der Höhe von monatlich 209,44 Euro wurden daher von der Behörde richtig berechnet.

Da der Mietzins über 129,36 Euro geringer ist, als der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs, besteht kein Anspruch auf Mietbeihilfe.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Mindestsicherung; Einsatz der Arbeitskraft, keine Teilnahme an arbeitsintegrativen Maßnahmen; stufenweise Leistungskürzung bis 50%; nunmehr 100%

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.081.RP03.3317.2017

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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