TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/23 L513 2162607-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.10.2017
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Entscheidungsdatum

23.10.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L 513 2162605-1/4E

L 513 2162628-1/4E

L 513 2162618-1/4E

L 513 2162625-1/4E

L 513 2162607-1/4E

L 513 2162613-1/4E

L 513 2162621-1/4E

L 513 2162615-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. DDr. Friedrich KINZLBAUER, LL.M über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M. sowie MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zl. 1094016510-151729931, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. DDr. Friedrich KINZLBAUER, LL.M über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M. sowie MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zl. 1071702404-150602275, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. DDr. Friedrich KINZLBAUER, LL.M über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M. sowie MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zl. 1094025705-151730093, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. DDr. Friedrich KINZLBAUER, LL.M über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M. sowie MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zl. 1094018210-151731035, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. DDr. Friedrich KINZLBAUER, LL.M über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M. sowie MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zl. 1094018504-151731189, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. DDr. Friedrich KINZLBAUER, LL.M über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M. sowie MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zl. 1094019000-151731464, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

7) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. DDr. Friedrich KINZLBAUER, LL.M über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M. sowie MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zl. 1094019610-151731472, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

8) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. DDr. Friedrich KINZLBAUER, LL.M über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M. sowie MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zl. 1094020502-151731502, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen an:

I.1. Bisheriger Verfahrenshergang

I.1.1. Der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin sind die Eltern der Viertbeschwerdeführerin, des Fünftbeschwerdeführers, der Sechstbeschwerdeführerin, der Siebtbeschwerdeführerin und des Achtbeschwerdeführers. Beim Erstbeschwerdeführer handelt es sich um den Vater des Zweitbeschwerdeführers.

Die Beschwerdeführer, gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als BF1 bis BF8 bezeichnet, sind Staatsangehörige des Irak sowie der arabischen Volksgruppe und - zumindest formal - der sunnitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, reisten im Juni 2015 (BF2) und im November 2015 (BF1 und BF3 bis BF8) illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 02.06.2015 (BF2) und am 09.11.2015 (BF1 und BF3 und bis BF8) vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.1.1.1. Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Kalsdorf bei Graz gab der BF1 am Tag der Antragstellung zu den Gründen seiner Flucht aus dem Heimatland befragt an, seine Kinder seien aufgrund deren Tätigkeit für die Amerikaner seit 2005 bedroht worden. Deshalb seien sie nach Syrien und anschließend in die Vereinigten Arabischen Emirate geflüchtet. Vor sieben Monaten sei er wegen seiner Enkelkinder in den Irak zurückgekehrt. Sein Sohn sei von Syrien nach Basra zurückgekehrt und gezwungen worden, bei den Milizen mitzukämpfen. Daraufhin sei dieser nach Bagdad geflüchtet. Nachdem sein Sohn dort keine Überlebenschance mehr gehabt habe, sei dieser in die Türkei und weiter nach Österreich geflüchtet. Er sei auch bedroht gewesen, wisse aber nicht von wem. Er hätte Drohbriefe bekommen und die Kinder hätten entführt und getötet werden sollen. Ihre Firma habe Transporte für die Amerikaner durchgeführt. Der BF2 wurde von Unbekannten geschlagen und gefoltert.

Die BF3 schilderte im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Kalsdorf bei Graz am Tag der Antragstellung, dass der BF2 vor acht Monaten nach Österreich geflohen sei. Sie hätte Drohbriefe von den schiitischen Milizen erhalten, die sich an den Sunniten rächen wollen. Nachdem sie bei der Polizei Anzeige erstatte habe, hätte sie weitere Drohungen erhalten. Sie habe ihren Schwiegervater - den BF1 - gebeten, zu ihnen zu kommen. Anschließend seien sie geflüchtet.

Der BF2 führte im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen EAST bereits zuvor am 04.06.2015 zu den Gründen seiner Flucht aus dem Heimatland befragt an, schiitische Milizen hätten ihn bedroht, falls er sich diesen nicht anschließe. Diese hätten dann von seiner sunnitischen Religionszugehörigkeit erfahren. Aus Angst um sein Leben sei er geflohen.

I.1.1.2. Am 16.05.2017 erfolgte eine Einvernahme des BF1, des BF2 und der BF3 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge kurz als "BFA" bezeichnet).

Zu den Gründen der Antragstellung befragt gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er zuletzt nicht im Irak gelebt habe. Er sei zurückgekehrt, habe seine Enkel geholt und den Irak verlassen. Seine Familie habe mit LKWs Waren und Materialien transportiert und habe sich nach dem Einmarsch der Amerikaner die Möglichkeit ergeben, für diese zu arbeiten, was seine Kinder getan hätten. Es sei dann zu Drohungen gekommen. Seine Kinder und seine Ehefrau hätte er alle nach Syrien geschickt. Er sei ca. einen Monat alleine im Irak verblieben, um seine Sachen noch zu klären. Anschließend sei er auch nach Syrien gereist.

Zu Details befragt führte der BF1 unter anderem aus, der Irak sei 2003, 2004 von den Amerikanern eingenommen worden. Im ersten Jahr habe niemand etwas wegen ihrer Tätigkeit für die Amerikaner gesagt. Danach hätten die Drohungen begonnen. Sie hätten die Arbeit für die Amerikaner aufgegeben und begonnen, Erdölprodukte von Baidschi nach Bagdad zu transportieren. Von 2003 bis 2005 hätten sie mit den Amerikanern gearbeitet. Bis Ende 2005 müsse es gewesen sein. Er sei Eigentümer der LKWs gewesen. Auf seine Söhne sei geschossen worden. Drei Kugeln erwischten das Fahrzeug, aber sein Sohn sei unverletzt geblieben. Zudem hätte er Nachrichten mit Inhalten, wie: "Du bist ein Verräter" erhalten. Einmal sei von drei Fahrzeugen, auf denen Maschinengewehre auf der Ladefläche befestigt gewesen seien, in die Richtung ihres Hauses geschossen worden. Er sei - ein oder zwei Tage vor seiner Ausreise nach Syrien im Oktober 2006 - alleine zu Hause gewesen. Seine gesamte Familie hätte sich damals schon in Syrien befunden. Von wem das Haus beschossen worden sei, wisse er nicht. Er hätte gesehen, dass in den Autos zwei oder drei vermummte Personen gewesen seien. Er hätte Autos gesehen und in den Autos seien Personen gesessen, jedoch könne er nicht sagen, wie viele es gewesen seien.

Die BF3 sei von Milizen mit einem Drohbrief samt einer Patrone bedroht worden. Man habe sie aufgefordert, das Haus zu verlassen. Den Brief habe sie vielleicht am 26.09.2015 erhalten.

Die BF3 habe ihn diesbezüglich in Dubai angerufen. Zwei Tage nach Erhalt des Drohbriefes sei er in den Irak gereist.

Der BF2 habe in Basra gearbeitet und sei dann im Süden bekannt geworden, dass es sich beim BF2 um einen Sunniten handle. Von wem sein Sohn bedroht worden sei, wisse er nicht. Er wisse auch nicht, welche Forderungen an seinen Sohn gestellt worden seien. Er könne sich nicht genau erinnern, wann sein Sohn bedroht worden sei - im März/April 2015. Er wisse nicht, ob sein Sohn angegriffen worden sei.

Er selbst sei telefonisch bedroht worden, was er nicht so ernst genommen habe. Nachdem sein Haus direkt beschossen worden sei, habe er sich zur Ausreise entschieden. Des Weiteren sei in der Woche, in der er seine Familie ins Ausland geschickt habe, in Richtung seines Motorrades geschossen worden, als er zum Bäcker gefahren sei. Er wisse nicht, wer geschossen habe.

Die Regierung könne ihn nicht vor den Milizen oder Kriminellen beschützen. Das Menschenleben habe keinen Wert.

Jeder der dort arbeitet und schon eine Vorgeschichte habe, z. B. dass er für die Amerikaner gearbeitet habe, werde immer im Auge behalten, da diese auf Geld aus seien. Seine Familie sei bekannt für deren Reichtum und Erfolg im Transportwesen. Ein Jahr vor seiner Ankunft in Österreich hätte er eine Drohnachricht über Facebook mit dem Inhalt erhalten: "Wir verbrennen euch, egal wo ihr hingeht." Er wisse nicht genau, von wem er diese Nachricht erhalten habe.

Zu den Gründen der Antragstellung befragt gab der Zweitbeschwerdeführer an, dass er mit einem Unternehmensfahrzeug gegen Sonnenuntergang von der Arbeit nach Hause zurückgekehrt sei. Er habe in einer Wohnung im ersten Stock gewohnt. Darunter seien Geschäftslokale gewesen. Bei Beginn seiner Tätigkeit in Basra hätte er mit dem Unternehmensgeschäftsführer vereinbart, nicht bekanntzumachen, dass er Sunnit sei. Eines Tages sei er mit dem Sohn des Bruders des Geschäftsführers in einem Restaurant gesessen. Dann habe dessen Bruder angerufen und ihm mitgeteilt, eine Miliz habe die Tür seiner Wohnung aufgebrochen und sei sie in die Wohnung hineingegangen. Dann habe das Gespräch geendet und habe ihm der Sohn des Bruders gesagt, dass er ihn nicht mehr nach Hause bringen könne, woraufhin ihn dieser dann zum Haus dessen Onkels väterlicherseits gebracht habe. Lediglich der Geschäftsführer habe von seiner Religionszugehörigkeit gewusst. Dieser habe auch gewusst, dass er vorher den Irak einmal verlassen habe, weil es damals um Entführungen und dergleichen gegangen sei und er mit den amerikanischen Truppen gearbeitet habe. Er hätte große Angst gehabt, weil er im Jahr 2006 entführt worden sei. In der Folge habe er Basra in Richtung Bagdad verlassen. Er sei dann ein paar Tage im Dorf, beim Haus seiner Familie, geblieben. Er habe telefonisch Kontakt zum Geschäftsführer des Unternehmens gehalten, welcher ihm erklärt habe, dass ihn die Miliz suche und auch eine Drohung übergeben habe. Am 25.05.2015 habe er den Irak verlassen.

Zu Details befragt führte der BF2 unter anderem aus, 2013 bei diesem Unternehmen zu arbeiten begonnen zu haben. An das genaue Datum könne er sich nicht erinnern. Die Wohnung habe ihm der Geschäftsführer organsiert. Diese sei in der Nähe von dessen Haus gewesen. Der Geschäftsführer habe auch die Miete bezahlt. Es habe lediglich eine Wohnung gegeben. Die Milizen hätten seine Wohnung nicht mehr aufgesucht, sondern seien zur Fabrik gegangen. In die Wohnung seien sie am 20. oder am 21.05.2015 gegen Abend eingebrochen. Es habe sich gezeigt, dass es sich um die Asa'ib Ahl al-Haqq handle. Seine Familie betreibe das Transportunternehmen auch noch derzeit. Von 2004 bis 2005 habe er mit den Amerikanern zusammengearbeitet. 2006 sei er entführt worden. Damals sei er in der Ölraffinerie von Baidschi gewesen. Er habe damals eine Tankstelle gehabt, welche einem Schiiten in Bagdad gehört habe. Damals habe ihm der IS unterstellt, ein Verräter und Kollaborateur zu sein. Sein Vater habe Lösegeld gezahlt und sei er freigelassen worden.

Bei einer Rückkehr habe er sowohl Angst vor den Milizen, als auch vor dem IS.

Zu den Gründen der Antragstellung befragt gab die BF3 an, dass sie nach ihrer Rückkehr aus Syrien nicht zum Haus in Bagdad zurückgekehrt, sondern zu dem Haus auf der Farm gegangen sei. Sie hätte eine Todesdrohung erhalten und Angst bekommen. Damals sei sie mit ihren Kindern zu Hause gesessen. Dann hätte sie Geräusche von Schusswaffen gehört, sei hinausgegangen und habe ein Kuvert samt Drohbrief und Patrone gesehen. Sie habe den BF1 angerufen, welcher zu ihr gekommen sei. Anschließend hätten sie eine Anzeige bei Gericht eingebracht. Danach habe der Richter einen Beschluss erlassen und sei ihr von der Rechtsanwältin mitgeteilt worden, dass sie nach Hause gehen sollen, da das Haus von der Polizei bewacht werde. Nach fünf Tagen sei die Polizei wieder weggegangen.

Zu Details befragt führte die BF3 unter anderem aus, den Drohbrief am 28.08.2016 erhalten zu haben. Wer den Drohbrief verfasst habe, wisse sie nicht. Der Drohbrief sei zu Mittag hinter die Türe geworfen worden. Die Anzeige habe sie am 02.09.2016 erstattet. Man habe bei Gericht ihre Aussage aufgenommen und die Rechtsanwältin habe ihr mitgeteilt, dass sie nach Hause gehen sollten und das Haus dann bewacht werde. Nach Erhalt des Drohbriefes am 28.08.2016 sei sie zu Gericht gegangen. Anschließend sei sie nicht mehr bedroht worden, da sie sich woanders aufgehalten habe bzw. die Polizei bei ihrem Haus gewesen sei. Sie sei wegen ihres Ehemannes bedroht worden. Nach der Rückkehr aus Syrien sei sie zum Haus auf der Farm. Der BF2 sei hingegen nach Basra gegangen, wo er im Rahmen seiner Arbeit bedroht worden sei. Sie wisse nur, dass er in Basra in einem Transportunternehmen und früher mit den Amerikanern gearbeitet habe. In Basra habe man von seiner Religionszugehörigkeit erfahren, weshalb der BF2 bedroht worden sei. Zudem habe man mit ihm kooperieren wollen. Ihr Ehemann sei 2013 nach Basra gegangen. Konkreter wisse sie es nicht. Von wem der BF2 bedroht worden sei, wisse sie nicht. Der BF2 sei in Basra persönlich bedroht worden. Dann sei er nach Hause gekommen. Er habe ihr erzählt, dass sie ihn zu Hause angegriffen und töten hätten wollen. Der BF2 sei hierbei nicht verletzt worden.

In der Folge verneinte die BF3, dass der BF2 persönlich angegriffen worden sei. Dies habe es nicht gegeben. Sonst wäre er nicht mehr am Leben. Wer im Irak festgenommen werde, werde umgebracht. Die Milizen hätten ein Interesse am BF2, weil dieser für die Amerikaner gearbeitet habe. Sie würden ihn als Verräter betrachten. Sie könne sich nicht daran erinnern, wann er für die Amerikaner gearbeitet habe. Im Zeitpunkt der Heirat habe er für die Amerikaner gearbeitet. Damals sei er auch immer wieder zu Besuch gekommen. Danach sei er nach Baidschi arbeiten gegangen und danach habe es ein Ereignis gegeben, weshalb sie das Land nach Syrien verlassen hätten müssen. Über dieses Ereignis habe man ihr nichts erzählt. Jedenfalls hätte sie Spuren am BF2 gesehen, wonach er geschlagen worden sei. Er habe ihr damals gesagt, dass er nicht entführt worden sei. Er sei in der Raffinerie zusammengeschlagen und von den Amerikanern befreit worden.

Im Rahmen der Einvernahmen brachten der BF1 und der BF2 mehrere Unterlagen bezüglich des Ausreisevorbringens und ihrer Integration in Vorlage. Konkret handelte es sich hierbei im Falle des BF1 um einen Bericht über ein von Asylwerbern organsiertes Protestcamp in Graz, ein Empfehlungsschreiben des Vereins XXXX, eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs, eine Bestätigung über die Teilnahme des BF1 an verschiedenen Aktivitäten durch die Initiative XXXX samt einigen diesbezüglichen Links und eine Bestätigung der Austauschplattform XXXX über die aktive Beteiligung des BF1. Der BF2 legte zwei Bestätigungen über den Besuch von Deutschkursen, eine Bestätigung der Austauschplattform XXXX über die aktive Beteiligung des BF2 und einen Drohbrief vom 24.05.2015 vor. Ferner übermittelte der BF2 einen Ehevertrag und eine "Klage" der BF3 gegen einen unbekannten Täter vom September 2015. Auch die BF3 brachte einen Drohbrief, die "Klage" der BF2 gegen einen unbekannten Täter vom September 2015 sowie zwei weitere diesbezügliche Schriftstücke in Vorlage.

I.1.1.3. Im Rahmen einer von den Beschwerdeführern gemeinsam verfassten Stellungnahme vom 20.05.2017 wurde ausgeführt, dass die Verfolgungsgefahr, insbesondere auch deshalb aktuell sei, da die staatlichen Institutionen des Irak von der schiitischen Bevölkerungsmehrheit dominiert werden würden und der Konflikt im Irak eine immer mehr konfessionelle Dimension angenommen habe und andererseits der irakische Staat zur Bekämpfung der sich als "IS" bezeichnenden Terroristen intensiv auf die Hilfe dieser Milizen angewiesen sei. Die Beschwerdeführer hätten daher keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, wobei sie auch keinen Schutz seitens der irakischen Behörden erwarten könnten. Gewisse militärische Erfolge der irakischen Armee gegen den IS seien zwar erfreulich, aber Mossul sei nach wie vor nicht befreit. Unter auszugsweiser Zitierung des UNHCR Update zur Situation im Irak wird ausgeführt, dass sich deutlich die verzweifelte Lage der mehreren hunderttausend Inlandsvertriebenen aufgrund der Mossul-Offensive zeige. Von einer Befriedung könne daher nicht gesprochen werden. Darüber hinaus bestehe weiterhin die intensive Gefahr von Repressalien der mit der irakischen Armee immer enger verflochtenen radikal-schiitischen Milizen gegenüber der sunnitischen Zivilbevölkerung. Wie sich die Situation entwickeln werde, wenn der IS eines Tages tatsächlich vertrieben oder vernichtet werde, könne wohl niemand mit Sicherheit sagen, aber Anzeichen für Optimismus seien nicht erkennbar.

Hinsichtlich der Integration der Beschwerdeführer sei festzustellen, dass diese bereits die deutsche Sprache ausreichend erlernt haben, um sich im Alltag verständigen zu können, vielfältige soziale Kontakte geknüpft haben und im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels selbsterhaltungsfähig wären.

I.1.2. Der jeweilige Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten wurde folglich mit jeweils im Spruch genannten Bescheid des BFA gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der jeweilige Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.1.2.1. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausführliche Feststellungen.

I.1.2.2. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete das BFA das Vorbringen der Beschwerdeführer als unglaubwürdig.

I.1.2.3. In der rechtlichen Beurteilung wurde jeweils begründend dargelegt, warum der von den Beschwerdeführern vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass deren Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

I.1.2.4. Hinsichtlich des Inhaltes der angefochtenen Bescheide im Detail wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

I.1.3. Mit Verfahrensanordnung vom 02.06.2017 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG jeweils amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

I.1.4. Gegen die angefochtenen Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 17.06.2017 Beschwerde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

I.1.4.1. Zunächst wurde nach kurzer Wiederholung des Ausreisevorbringens moniert, dass die Erklärungen des BFA bei näherer Begutachtung nicht stichhaltig seien. Die Beschwerdeführer hätten sehr konkrete Angaben gemacht, die von der Behörde entsprechend zu würdigen gewesen wären. Die Behauptungen des BFA würden umso mehr verwundern, als die Länderberichte, die zunehmende Eskalation des inter-konfessionellen Bürgerkrieges im Irak belegen würden. Unverständlich seien bereits die Vorwürfe an den BF1 und die BF3, dass sie voneinander abweichende Angaben über die Zustellung des Drohbriefes an die BF3 gemacht hätten. Das BFA erhebe den Vorwurf der BF1 hätte nicht von Schüssen erzählt, während die BF3 gesagt habe, dass sie Schüsse gehört habe. Der BF1 sei dabei jedoch nicht einmal anwesend gewesen und daher sei nicht nachvollziehbar, warum das BFA darin eine "massiv divergierende Darstellung" zu erkennen glaube.

Die Vorgehensweise, den Beschwerdeführern mit gänzlich unlogischen Anschuldigungen die Glaubwürdigkeit abzusprechen, erwecke den Eindruck, dass das BFA den Fall der Beschwerdeführer von Beginn an nicht objektiv behandelt habe, sondern in der Beweiswürdigung lediglich seine bereits vorgefasste Meinung auszuführen versuche, woraufhin auch der völlig übertriebene emotionale Tonfall hindeute. Es sei festzustellen, dass bei der Rückerzählung tatsächlich selbst erlebter Vorfälle durch verschiedene Personen Unterschiede in der Erinnerung auftauchen würden; dies im Gegensatz zu einer bloß gelernten "Geschichte", wo alles übereinstimme. Ebenso sei nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführer den genauen Wortlaut der Drohbriefe nicht auswendig gelernt hätten, sondern lediglich den Inhalt wiedergeben können. Dass das BFA den Beschwerdeführern dies zum Vorwurf mache und die Beweismittel pauschal ohne jegliche Überprüfung als wertlos herabwürdige, anstatt eine Prüfung welcher Art auch immer durchzuführen, spreche ebenfalls gegen die Objektivität der Ermittlungen des BFA.

Hinsichtlich der Vorwürfe bezüglich der Ergänzungen in der Einvernahme beim BFA gegenüber den polizeilichen Erstbefragungen sei festzustellen, dass diese nicht einmal gesetzlich dazu gedacht sei, die Fluchtgründe eines Asylwerbers erschöpfend darzustellen.

Auch sei festzustellen, dass die Beschwerdeführer in ihren Wahrnehmungen aufgrund der Unübersichtlichkeit der Ereignisse überfordert gewesen seien, zumal dies natürlich auch traumatisierend gewesen sei. Dies wäre den Beschwerdeführern hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit allenfalls anzurechnen gewesen.

Wenn dem BF1 in Bezug auf die Anzeige vorgeworfen werde, er hätte sich darin widersprochen, ob er oder die BF3 die Anzeige erstattet hätte, sei festzustellen, dass dies eine unzulässige Verkürzung seiner Aussagen darstelle und aus dem Zusammenhang klar sei, was er damit gemeint habe.

Ebenso hätten der BF1 und die anderen Beschwerdeführer ausführlich erklärt, warum er in den Irak zurückgekehrt sei, nämlich aus Furcht um seine Enkelkinder und die BF3. Dass er "keinen Repressalien" ausgesetzt gewesen wäre, sei ein völliger Gegensatz zu den tatsächlichen Aussagen der Beschwerdeführer, die nur in selektiven Teilen in die Beweiswürdigung eingeflossen seien.

Dasselbe gelte für die Erklärungen des BF2 zu seiner Wohnsituation in Basra. Die diesbezüglichen Vorwürfe des BFA würden ins Leere gehen, da das BFA ignoriere, dass aus seinen Angaben zu entnehmen sei, dass die Eingangstüre zu seiner Wohnung im Erdgeschoß gewesen sei und dahinter erst die Treppe, die zu den Wohnräumen im ersten Stock geführt hätte. Davon abgesehen sei auch durch das gewaltsame Eindringen bewaffneter Personen durch die Tür von der Straße erkennbar, dass Milizangehörige seine Wohnung angreifen würden, was durchaus von außen wahrnehmbar sei.

I.1.4.2. Die Verfolgungsgefahr der Beschwerdeführer sei insbesondere auch deshalb aktuell, da die staatlichen Institutionen des Irak von den bewaffneten radikal-schiitischen Milizen dominiert werden würden und der Konflikt im Irak eine immer mehr konfessionelle Dimension angenommen habe, zumal der irakische Staat zur Bekämpfung des IS intensiv auf die Hilfe gerade dieser Milizen angewiesen sei. Die Beschwerdeführer hätten daher in anderen Landesteilen keine Fluchtalternative zur Verfügung und könnten keinen Schutz seitens der irakischen Behörden erwarten. Auch sei unter Verweis auf die vom BFA herangezogenen Länderberichte festzuhalten, dass diese die Bedrohung der Beschwerdeführer eindrücklich schildern würden.

I.1.4.3. Die Befürchtungen der Beschwerdeführer durch radikale Schiiten einer Verfolgung ausgesetzt zu sein, seien daher nicht spekulativ, sondern realistisch und sie würden durch die Länderberichte bestätigt werden. Verfolgungshandlungen, wie sie von den Beschwerdeführern beschrieben worden seien, seien nicht (bloß) kriminelle Handlungen, sondern Teil einer tiefergehenden Strategie radikaler Schiiten im Irak, den interkonfessionellen Bürgerkrieg anzuheizen.

I.1.4.4. Im Übrigen wurde - unter auszugsweiser Zitierung der UNHCR-Richtlinien zum Schutzbedarf irakischer Flüchtlinge bezüglich der Situation von Frauen - ausgeführt, dass von der Behörde auch die geschlechtsspezifische Verfolgung der BF3 im Irak nicht beachtet worden sei.

I.1.4.5. Zudem sei die Befürchtung gerechtfertigt, dass im Falle eines Sieges der irakischen Streitkräfte über den IS, der eigentliche Bürgerkrieg erst beginnen werde. Die Länderberichte würden ebenfalls zeigen, dass die derzeitigen Anti-IS-Operationen die politische Instabilität fördern, da der irakische Premierminister dadurch noch abhängiger vom Iran und den schiitischen Milizen werde, obwohl die schiitischen Milizen für eine Vielzahl schwerer Menschenrechtsverletzungen verantwortlich seien. Die allgemeine Situation im Irak sei daher weiterhin instabil und eine Abschiebung der Beschwerdeführer wäre unverantwortlich.

I.1.4.6. Auch hinsichtlich des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführer sei eine nur unzureichende Behandlung mit deren Vorbringen erfolgt. Der bloße Verweis auf die Aufenthaltsdauer könne die Integration der Beschwerdeführer in Österreich nicht entkräften. Die Beschwerdeführer hätten sich schon in Österreich integriert, die deutsche Sprache erlernt und soziale Kontakte geknüpft. Die Kinder würden mit Erfolg die Schule besuchen und die Beschwerdeführer seien arbeitsfähig und -willig.

I.1.4.7. Das Bundesamt habe sich in seiner Beweiswürdigung auf das Zitieren vorgeformter, formelhafter Textbausteine beschränkt, ohne den Fall der Beschwerdeführer einer ordnungsgemäßen Prüfung zu unterziehen. Den Erklärungen dazu fehle jeglicher Begründungswert. Das Vorbringen der Beschwerdeführer entspreche der Wahrheit, sei glaubwürdig und gründlich substantiiert. Den Beschwerdeführern drohe in ihrer Heimat Verfolgung iSd GFK und es wäre ihnen daher Asyl zu gewähren gewesen. Allenfalls wäre ihnen subsidiärer Schutz zuzuerkennen oder eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären gewesen.

Es stelle eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar, dass die Behörde es verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation der Beschwerdeführer und der aktuellen Situation im Irak auseinanderzusetzen. Die Verpflichtung, ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen, bedeute, dass die konkrete und aktuelle Situation untersucht werde. Dies sei in diesem Fall verabsäumt worden, insbesondere dadurch, dass dem Bundesamt als Spezialbehörde ausreichend Material vorliegen müsste, aus dem die Verfolgungssituation erkennbar sei.

Dadurch, dass sich die erkennende Behörde nicht mit der konkreten Situation der Beschwerdeführer auseinandergesetzt habe, sei eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht möglich gewesen.

I.1.4.8. Abschließend wurden daher die Anträge gestellt, den Beschwerdeführern Asyl zu gewähren; allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren; allenfalls die angefochtenen Bescheide aufzuheben und zur Ergänzung des Verfahrens an das BFA zurückzuverweisen; einen landeskundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation im Irak befasst; eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen; allenfalls eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären; allenfalls einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen und allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung in den Irak unzulässig sei.

I.1.4.9. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

I.1.5. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

1.4. Familienverfahren

§ 34 AsylG 2005 lautet:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

Gemäß § 2 Absatz 1 Z 22 leg. cit. ist somit ein Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren mit den oa. Familienangehörigen vor.

1.5. Verweise, Wiederholungen

1.5.1. Das erkennende ist Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

1.5.2. Ebenso ist es nicht unzulässig, Teile der Begründung des Bescheides der Verwaltungsbehörde wörtlich wiederzugeben. Es widerspricht aber grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen eines (insoweit erstmals entscheidenden) Gerichts, wenn sich der Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung nicht aus der Gerichtsentscheidung selbst, sondern erst aus einer Zusammenschau mit der Begründung der Bescheide ergibt. Die für die bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen müssen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen, da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof möglich ist (Erk. d. VfGH v. 7.11.2008, U67/08-9 mwN).

1.5.3. Grundsätzlich ist im gegenständlichen Fall anzuführen, dass das BFA ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchführte und in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenfasste. Das BFA hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation im Irak auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation der Beschwerdeführer gebracht.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

2.1. Basierend auf dem Ergebnis des Beweisverfahrens sind folgende Feststellungen zu treffen:

2.1.1. Die Beschwerdeführer

Die Beschwerdeführer sind irakische Staatsangehörige und gehören der arabischen Volksgruppe sowie der sunnitischen Religionsgemeinschaft an.

Die Identität der Beschwerdeführer steht fest. Die Beschwerdeführer tragen den im Spruch angeführten Namen und sind an dem angegebenen Datum geboren.

Vier Schwestern des BF1 und die Eltern sowie eine Schwester der BF3 leben nach wie vor ohne erkennbare Schwierigkeiten im Irak.

Der Erst-, der Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin besuchten mehrere Jahre die Schule, wobei der BF2 die Matura erfolgreich ablegte. Der BF1 und der BF2 waren im Transportwesen tätig. Die BF3 organisierte den Haushalt der Familie. Die BF4 und der BF5 waren im Irak bereits im schulpflichtigen Alter.

Der BF1, der BF2 und die BF3 sind gesunde, arbeitsfähige Menschen, wobei der BF1 und der BF2 auch über Berufserfahrung verfügt, sowie mit bestehenden Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.

Die Beschwerdeführer verfügen über ein irakisches Ausweisdokument und eine Wohnmöglichkeit im Familienverband.

2.1.2. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Zweitbeschwerdeführer bzw. dessen Familie vor der nunmehrigen Ausreise von Angehörigen der Miliz Asa'ib Ahl al-Haq in Zusammenhang mit dem Betrieb eines Transportunternehmens bzw. wegen der Religionszugehörigkeit bedroht oder beim BF2 von diesen Personen ein Versuch unternommen wurde, diesen zu einer Kooperation zu bewegen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer vor ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder Verfolgung durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt waren oder sie im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären.

Die Beschwerdeführer leiden weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Es kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung der Beschwerdeführer festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie kriegerische Ereignisse oder extremistische Anschläge im Irak.

2.1.3. Der BF2 hält sich seit etwa Juni 2015 und die übrigen Beschwerdeführer seit November 2015 in Österreich auf. Sie reisten rechtswidrig in Österreich ein, sind seither Asylwerber und verfügen über keinen anderen Aufenthaltstitel.

In Österreich leben keine Verwandten der Beschwerdeführer. Die Beschwerdeführer befanden sich ab dem Monat ihrer Einreise bis Ende November 2016 in der Grundversorgung, lebten von staatlicher Unterstützung und sind der BF1, der BF2 und die BF3 in Österreich noch keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen. Anschließend finanzierten die Beschwerdeführer ihren Lebensunterhalt in Österreich durch den Verkauf von Schmuck der BF3. Der BF1 und der BF2 absolvierten Deutsch-Sprachkurse. Der BF1 hat in Österreich ein Protestcamp von Asylwerbern in Graz unterstützt. Die schulpflichtigen Beschwerdeführer besuchen laut den Ausführungen in der Beschwerde die Schule. Die Beschwerdeführer knüpften im Bundesgebiet soziale Kontakte und verbringen mit diesen Personen teilweise ihre Freizeit, wobei sie auch an verschiedenen Projekten und Veranstaltungen teilnehmen.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration der Beschwerdeführer in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Sie haben mit Ausnahme ihres nunmehrigen Aufenthalts in Europa ihr gesamtes Leben im arabischen Kulturraum, vor allem im Irak, verbracht, wo sie sozialisiert wurden und wo sich nach wie vor ihre nächsten Verwandten aufhalten.

Der Erst-, der Zweit-, und die Drittbeschwerdeführerin sind strafrechtlich unbescholten.

2.1.4. Die Lage im Herkunftsstaat Irak

Zur aktuellen Lage im Irak wird auf die länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde in den bekämpften Bescheiden verwiesen, die auch der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt werden. Insbesondere wurden nachstehende länderkundliche Feststellungen (unter Heranziehung der in den angefochtenen Bescheiden im Detail angeführten und nachstehend abgekürzt zitierten Quellen) getroffen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die nachstehenden Ausführungen zum Themenbereich "Medizinische Versorgung" lediglich im Bescheid des BF1 und des BF2, zum Themenbereich "Sicherheitslage - Die mehrheitlich von Schiiten bewohnten südlichen Provinzen Iraks" lediglich im Bescheid des BF2, zum Themenbereich "Frauen" lediglich im Bescheid der BF3 und zum Themenbereich "Kinder" lediglich in den Bescheiden der BF4 bis BF8 zu finden sind:

Politische Lage

Die letzten nationalen Wahlen, die im April 2014 stattfanden, gewann der ehemalige Premierminister Nouri al-Maliki. Da es auf Grund seines autoritären und pro-schiitischen Regierungsstils massive Widerstände gegen Maliki gab, trat er im August 2014 auf kurdischen, internationalen, aber auch auf innerparteilichen Druck hin zurück (GIZ 6.2015). Es wird ihm unter anderem vorgeworfen, mit seiner sunnitisch-feindlichen Politik (Ausgrenzung von sunnitischen Politikern, Niederschlagung sunnitischer Demonstrationen, etc.) deutlich zur Entstehung radikaler sunnitischer Gruppen wie dem IS beigetragen zu haben (Qantara 17.8.2015). Maliki's Nachfolger ist der ebenfalls schiitische Parteikollege Haidar al-Abadi (beide gehören der schiitischen Dawa-Partei an), der eine Mehrparteienkoalition anführt, und der mit dem Versprechen angetreten ist, das ethno-religiöse Spektrum der irakischen Bevölkerung wieder stärker abzudecken (GIZ 6.2015). Allerdings gelang es Abadi bislang nicht, politische Verbündete für seine Reformpläne (insbesondere die Abschaffung des konfessionell-ethnischen Proporzes) zu finden. Er hat mit dem besonders Iran-freundlichen Ex-Premier Maliki (nunmehr Vorsitzender der Dawa-Partei) einen starken Widersacher innerhalb seiner Partei. Ein Problem Abadis ist auch die Macht der schiitischen Milizen, von denen viele vom Iran aus gesteuert werden (s. Abschnitt 3.1.). Diese Milizen - eher lose an die irakische Armee angeschlossen - sind für Abadi einerseits unverzichtbar im Kampf gegen den "Islamischen Staat" (Standard 5.1.2015), gleichzeitig wird deren Einsatz von der sunnitischen Bevölkerung aber als das "Austreiben des Teufels mit dem Beelzebub" gesehen. Die Sunniten fürchten das skrupellose Vorgehen dieser Milizen - einige betrachten den IS sogar als das geringere Übel und dulden die Extremisten daher in ihren Gebieten (ÖB Amman 5.2015). In der Tat unterscheiden sich einige der mit der Zentralregierung in Bagdad verbündeten schiitischen Milizen hinsichtlich ihres reaktionären Gesellschaftsbildes und ihrer Brutalität gegenüber Andersgläubigen kaum vom IS (Rohde 9.11.2015). Die US-Regierung (sowohl die Bush-, als auch die Obama-Regierung), die auch mit der Badr-Miliz zusammengearbeitet hat, hat vor den Gewaltexzessen der schiitischen Milizen gegenüber der sunnitische Bevölkerung die Augen verschlossen, und hat damit den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten angetrieben (Reuters 14.12.2015). Die aufgestaute Wut der Sunniten - auch darüber, dass sie niemanden mehr in der Regierung haben, der mit machvoller Stimme für sie sprechen könnte, trägt in Kombination mit dem Vorgehen der schiitischen Milizen dazu bei, dass sich viele Sunniten radikalisieren oder sich einfach aus Mangel an Alternativen unter die Kontrolle des IS begeben (Qantara 17.8.2015).

Zwölf Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 ist der Irak ein Staat ohne Gewaltmonopol, ohne Kontrolle über große Teile seines Territoriums oder seiner Grenzen, dessen Souveränität zunehmend vom Iran ausgehöhlt wird (Standard 4.12.2015). Nach 2003 ist der Irak (gemeinsam mit Syrien) zum Spiel- und Schlachtfeld konkurrierender regionaler und globaler Interessen zwischen Iran, Saudi-Arabien, der Türkei, den USA und neuerdings auch Russland geworden (Rohde 9.11.2015), wobei sich das Kräfteverhältnis der beiden wichtigsten Verbündeten der irakischen Regierung - die USA auf der einen Seite und der Iran auf der anderen - zunehmend zu Gunsten des Iran verschiebt. Der eher schwache Premierminister Abadi versucht es beiden Verbündeten recht zu machen: Damit die USA ihn aus der Luft unterstützen, muss er versuchen, die iranisch-assoziierten schiitischen Milizen vom Schlachtfeld fernzuhalten (Standard 4.12.2015).

Unter großem öffentlichem Druck und nach Demonstrationen tausender Menschen vor dem schwer bewachten Regierungsviertel in Bagdad hat Abadi Ende März 2016 angekündigt, sein altes Kabinett durch eine Regierung unabhängiger Technokraten zu ersetzen. Bisher waren alle Minister mit politischen Gruppen verbunden. Die neuen sollen nun laut Abadi auf Basis von Professionalität, Effizienz und Integrität ausgewählt werden (Spiegel 31.3.2016). Jedoch scheint das neue Kabinett zu zerbröckeln, bevor es überhaupt zur Abstimmung kommt. Die meisten Parteien stemmen sich gegen den drohenden Machtverlust (SK 8.4.2016).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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