TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/24 I414 2171494-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.10.2017
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Entscheidungsdatum

24.10.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

I416 2171494-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Rwanda vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Mitglied der ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2017, Zl. IFA:

XXXX, Verfahren:XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., und IV., des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III., des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes III. wie folgt lautet:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 15.05.2014 in Bulgarien einen Antrag auf internationalen Schutz, dabei gab der Beschwerdeführer nachfolgende Identität an, XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Rwanda.

2. Der Beschwerdeführer reiste über Bulgarien, Griechenland und Italien unter Umgehung der Grenzkontrollen ins Bundesgebiet ein und stellte am 27.02.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 27.02.2017 gab der Beschwerdeführer befragt zu seinem Fluchtgrund wörtlich an:

"Mein Vater war ein katholischer Polizist. Ein Bruder war Pastor in einer Kirche. Er wurde von den Boko-Haram Leuten erschossen in einer Kirche in St. Margaret. Wir lebten in Tarapa State, im Norden. Eines Tages kamen Boko-Haram Leute in das Haus und töteten meine Familie. Ich war in der Schule. Mein Vater war einmal auf dem Fahrweg nach XXXX, hierbei wurde er erschossen. Ich bin in Nigeria nicht sicher und musste fliehen". Bei einer Rückkehr nach Nigeria befürchtet der Beschwerdeführer, dass er dasselbe Schicksal erleiden würde wie seinem Bruder.

3. Mit Verfahrensanordnung vom 30.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, den Antrag auf internationalen Schutz gem. § 5 AsylG zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublin-Staats Bulgarien besteht.

4. Am 29.06.2017 wurde das Verfahren des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zugelassen.

5. Am 21.08.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet) niederschriftlich einvernommen.

Bei der Einvernahme gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an:

Sein Name sei XXXX, er sei am XXXX, im Dorf XXXX in Taraba State, in Nigeria geboren. Er gehöre der Volksgruppe der Igbo an, sei ledig, Christ und habe keine Kinder. In Nigeria habe er bis zu seinem zwölften Lebensjahr die Schule besucht. Danach habe er seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit singen bestritten, er sei Kirchensänger gewesen. Der Vater des Beschwerdeführers sei Priester der United Church of Christ gewesen, und die Familie habe von diesem Einkommen gelebt. Sein Vater und seine zwei Brüder seien am 24.12.2012 gemeinsam ermordet worden. Seine Mutter sei vor ca. zwei Monaten verstorben. Er habe keinen Kontakt mehr in sein Heimatland. In Nigeria habe er keine Straftat begangen, mit den staatlichen Behörden habe er nie Probleme gehabt, er habe nur am 07.02.2014 bei der Polizeistation in XXXX zur Anzeige gebracht, dass er von "Muslime" verfolgt werde. Der Beschwerdeführer habe sich in Nigeria nie politisch oder religiös betätigt. Er sei niemals persönlichen Verfolgungshandlungen durch private Dritte und/oder heimatliche Behörden, staatliche Stellen aufgrund seiner politischen Gesinnung, religiösen Glaubenszugehörigkeit, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, Volksgruppenzugehörigkeit ausgesetzt gewesen. Weiters gibt er an, dass er seit seiner Geburt bis zu seiner Ausreise in XXXX, Malam Malami Street in Taraba State, in Nigeria gelebt habe. Er habe im April 2013 den Entschluss gefasst seine Heimat zu verlassen und habe im selben Jahr sein Heimatland verlassen.

Befragt nach seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, nachdem sein Vater und seine Brüder ermordet worden seien, habe er keinen Grund gehabt in seinem Heimatland zu bleiben. In der Ortschaft in der seine Familienangehörigen und er gelebt haben, sei die Bevölkerung gegen Christen. In der letzten Veranstaltung die der Beschwerdeführer in der Kirche besucht habe, habe es einen Anschlag gegeben, anschließend habe er beschlossen nach Österreich zu kommen.

Der Beschwerdeführer gibt an, dass er in Österreich eine Freundin habe, welche XXXX hieße, sie wohne in Salzburg, sei Krankenschwester und 41 Jahre alt, ihren Nachnamen und die Wohnadresse wisse er nicht, er wisse auch nicht wo sie arbeitet würde. In der Florianigasse besuche er jeden Dienstag und Donnerstag einen Deutschkurs, jedoch könne er den Inhalten nicht folgen, daher möchte er einen A1 Kurs besuchen. In Italien habe er eine afrikanische Freundin, die von ihm ein Kind erwarten würde. Weiters gibt er an, dass er derzeit von der Grundversorgung leben würde.

6. Mit Bescheid vom 23.08.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), (Spruchpunkt I.), sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs. Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA- Verfahrensgesetz (BFA- VG) wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. Z. 2 FPG 2005 (Fremdenpolizeigesetz) erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.) und die Frist für eine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

7. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12.09.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Der Beschwerdeführer fasst den Sachverhalt betreffend seine Fluchtmotive wie folgt zusammen. Der Beschwerdeführer sei nigerianischer Staatsbürger, Christ und gehört der Volksgruppe der Igbo an. Er lebe im Dorf XXXX in Tarabe State. Sein Vater sei katholischer Priester und sei im Jahr 2012 von Boko Haram getötet worden. Auch seine beiden Brüder seien am selben Tag wie der Vater getötet worden. Der Beschwerdeführer erhielte Drohungen und fürchtete ebenfalls von radikalen Islamisten getötet zu werden, weshalb er sein Heimatland verließ.

Der Beschwerdeführer monierte darin mangelhafte Sachverhaltsermittlung, mangelhafte Beweiswürdigung, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Begründend brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Länderfeststellungen unvollständig und teilweise unrichtig seien. Die Länderfeststellungen würden allgemeine Aussagen über Nigeria beinhalten, jedoch würden sich diese kaum mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen und seien dadurch als Begründung zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz unzureichend. Die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit der Verfolgung von Personen, deren Familiengehörige aufgrund der Religionszugehörigkeit getötet wurden, und der Hungersnot in Nigeria auseinanderzusetzen. Die belangte Behörde habe den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen, weil sie sein Vorbringen zu den Fluchtgründen als unglaubwürdig erachtet habe. Diese Feststellung basiere auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung und einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung. Bei gesetzmäßiger Führung des Ermittlungsverfahrens hätte die belangte Behörde das Vorbringen zu entscheidungsrelevanten Tatsachen erheben und dem Beschwerdeführer nach einer mängelfreien Beweiswürdigung die Flüchtlingseigenschaft zuerkennen müssen. Die belangte Behörde hätte jedenfalls eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen. Die belangte Behörde habe als Grund für die Unglaubwürdigkeit vor allem Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme vor der belangten Behörde angeführt. Der Beschwerdeführer soll gesagt haben, dass sein Vater katholischer Polizist gewesen sei. Dies ergäbe keinen Sinn. Der Beschwerdeführer habe immer gesagt, dass sein Vater katholischer Priester gewesen sei und sei auf dem Weg nach XXXX in die Kirche St. Margarets Church von Boko Haram getötet worden. Am selben Tag seien beide Brüder in ihrem Haus von Boko Haram getötet worden, zu diesem Zeitpunkt wäre der Beschwerdeführer nicht zu Hause gewesen. Aufgrund von Drohungen gegen seine Person habe der Beschwerdeführer einige Zeit später seine Heimat verlassen. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, sich ausreichend mit dem Fluchtvorbringen auseinanderzusetzen und alle dazu notwendigen Feststellungen zu treffen, somit wäre dem Beschwerdeführer internationaler Schutz gemäß § 3 AsylG zu gewähren gewesen. Dem Beschwerdeführer würden auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offen stehen, da es dem Beschwerdeführer aufgrund der humanitären Situation in Nigeria nicht zumutbar wäre, in einen anderen Landesteil zu flüchten, daher hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen. Auch im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung habe die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Bescheid auf Grundlage eines mangelhaft geführten Verfahrens und einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung erlassen, dabei hätte sie erkennen müssen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig sei.

Es werde daher beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid zu beheben, dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. In eventu, den Bescheid bezüglich des Spruchpunktes II. zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG Abs. 1 Z. 1 zuzuerkennen. In eventu, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen, sowie festzustellen, dass die gem. § 52 FPG erlassene Rückkehrentscheidung gem. § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (plus) gem. § 55 AsylG vorliegen würden und dem Beschwerdeführer wäre daher gem. § 58 Abs. 2 eine Aufenthaltsberechtigung (plus) von Amts wegen zu erteilen. In eventu, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG vorliegen würden und dem Beschwerdeführer wäre daher eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG von Amt wegen zu erteilen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen männlichen, nigerianischen Staatsbürger, und somit um einen Drittstaatsangehörigen gemäß des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Weitere Feststellungen zu seiner Identität können allerdings nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer stellte am 15.05.2014 in Bulgarien einen Antrag auf internationalen Schutz, im Zuge der Antragstellung hat er folgende Identität angegeben: XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit:

Rwanda.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, nicht verheiratet, bekennt sich zum Christentum und ist Angehöriger der Volksgruppe der Igbo.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist er daher auch erwerbsfähig. Der Beschwerdeführer weist eine mehrjährige Schulbildung in Nigeria auf.

Der Beschwerdeführer befindet sich in der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer hält sich seit mindestens 27.02.2017 in Österreich auf; er verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Dass der Beschwerdeführer an beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen hat, konnte nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer ist derzeit auch kein Mitglied eines Vereines oder sonstigen integrationsbegründenden Institution. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Nigeria einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Nicht festgestellt werden kann auch, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria: Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 23.08.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung Im angefochtenen Bescheid wurde das zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle (Stand 08.05.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist im Hinblick auf die aktuelle Fassung (Stand 07.08.2017) der obgenannten Staatendokumentation auch keine Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst feststellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.

Es wird weiters festgestellt, dass er, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl, können nicht festgestellt werden.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), in das Zentralen Melderegister (ZMR), in das European Dactyloscopy (EURODAC), dem Grundversorgungssystem und das Strafregister der Republik Österreich sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen, abgesehen von der Erlassung eines Einreiseverbotes, in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Herkunft und seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ergibt sich aufgrund einer European Dactyloscopy (EURODAC) Abfrage. Ebenfalls beruht die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien auf internationalen Schutz unter einer anderen Identität gestellt haben auf einer EURODAC Abfrage.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Schulbildung und seinen familiären Anknüpfungspunkten ergeben sich aus seinen diesbezüglich ebenfalls glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen, dass keine soziale und integrative Verfestigung in Österreich bestehen ergeben sich aus seinen eigenen Angaben, wie auch, dass weder ein schützenswertes Privat- noch Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität besteht.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten privaten Kontakte, entsprechen, selbst wenn sie objektiv vorhanden und für Ihn subjektiv von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben und Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 25.09.2017.

2.3. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Vorweg ist festzustellen ist, dass das Bundesamt im zuvor angeführten Bescheid der gegenständlichen Entscheidung ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt hat und dass in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar dargestellt sind.

Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben des Beschwerdeführers.

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

Die persönliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Umstand, dass er unter einer Alias Identität in Bulgarien um internationalen Schutz angesucht hat.

[ ]

Vorhalt: Gemäß einer Dublinanfragebeantwortung gaben Sie in Bulgarien folgende Generalien an: XXXX, geb. am XXXX, in Rwanda.

Was sagen Sie dazu?

A: Hätte ich gesagt ich bin aus Nigeria, wäre ich für ein Jahr ins Gefängnis gekommen.

Dem Verwaltungsgericht ist keinerlei Geschehen bekannt, dass nur auf Grund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer aus Nigeria stammt und nigerianischer Staatsangehöriger ist, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einer Haftstrafe unterworfen werden würde.

Im Administrativverfahren gab der Beschwerdeführer an:

"Mein Vater war ein katholischer Polizist. Ein Bruder war Pastor in einer Kirche. Er wurde von Boko Haram Leuten erschossen, in einer Kirche in St. Margareten. Wir lebten in Tarapa State, im Norden. Eines Tages kamen Boko Haram Leute zu uns in das Haus und töteten meine Familie. Ich war in der Schule. Mein Vater war einmal auf dem Fahrweg nach XXXX, hierbei wurde er erschossen. Ich bin in Nigeria nicht sicher und musste fliehen."

Abweichend davon gab der Beschwerdeführer bei der niederschriftlichen Einvernahme an vor der belangten Behörde nachfolgendes an:

[ ]

Vater: XXXX, ca. 60 als er starb, er wurde ermordet, am 24.12.2012,

Brüder:

XXXX, geb. am XXXX, er ist gestorben, er wurde gemeinsam mit meinem Vater ermordet,

XXXX, geb. am XXXX, er ist gestorben, er wurde gemeinsam mit meinem Vater ermordet,

[ ]

"Mein Vater war ein Priester, auch mein Bruder, ich bin ein Kirchensänger. Nachdem sie gestorben sind, hatte ich keinen Grund mehr dort zu bleiben. In der Ortschaft in der wir lebten waren die Menschen gegen die Christen. In der letzten Veranstaltung die ich besucht habe, in der Kirche, auf welche ein Anschlag geschah, habe ich beschlossen von dort wegzugehen. Es gab keinen sicheren Platz für mich. Es war im April 2013 als ich mich entschloss einen Weg aus dem Dorf zu finden und nach Österreich zu kommen".

Abweichend von der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater Priester und nicht katholischer Polizist sei, dass sein Bruder Priester und nicht Pastor sei, dass sein Vater und seine Brüder gemeinsam am 24.12.2012 ermordet worden wären, bei der Ersteinvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater auf dem Fahrweg nach XXXX, einer seiner Brüder in der Kirche in "St. Margareten" und seine Familie im Haus ermordet worden wären. In der Beschwerdeschrift vom 12.09.2017 wurde diesbezüglich wörtlich ausgeführt: "Am selben Tag wurden seine beiden Brüder in ihrem Haus von Boko Haram getötet", der Beschwerdeführer hat laut seinen Angaben nur zwei Brüder, daraus folgt, dass entgegen der Erstbefragung nicht mehr behauptet werde, dass einer seiner Brüder in einer Kirche einem ermordet worden wäre.

Weiters gab der Beschwerdeführer an, dass er im Jahre 2013 die Kirche besucht hätte und aufgrund eines Anschlages in der Kirche habe er Nigeria 2013 verlassen, jedoch habe der Beschwerdeführer am 07.02.2014 in der Polizeistation in XXXX zur Anzeige gebracht, dass er von Islamisten verfolgt worden wäre, obwohl er zu diesem Zeitpunkt Nigeria schon verlassen hat.

Weiters gab der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme an, er habe seinen Lebensunterhalt in Nigeria ausschließlich mit Singen (Kirchensänger) bestritten, abweichend davon gab er später an, dass er zwischen 2012 bis 2013 in XXXX gelegentlich am Bau gearbeitet hätte und sich mit dem Verdienst seine Flucht nach Europa finanziert habe.

Befragt ob der Beschwerdeführer noch Kontakt in Heimatland hat, gab er an, dass er keinen Kontakt in seine Heimat habe. Befragt woher er weiß, dass seine Mutter vor zwei Monaten verstorben sei, gab er an, dass er mit einem Schulfreund Kontakt über Facebook Kontakt habe.

Der behauptete Fluchtgrund konnte nicht glaubhaft gemacht werden, da der Beschwerdeführer, bei seinen Einvernahmen in wesentlichen Punkten lückenhafte und unplausible Angaben machte. Diese Überlegung stützt sich auf die vagen, unsubstantiierten, oberflächlichen und detailarmen Schilderungen des Beschwerdeführers zu den Geschehnissen, welche ihn letztlich dazu veranlasst haben sein Heimatland zu verlassen, wobei er eine persönliche Verfolgung selbst verneint hat. Die Antworten des Beschwerdeführers blieben selbst auf Vorhalt und wiederholtem Nachfragen inhaltlich dürftig und unplausibel.

Diese Ausführungen lassen in ihrer Gesamtbetrachtung die fluchtauslösenden Ereignisse als reine gedankliche Konstruktion erscheinen, der jegliche Stringenz hinsichtlich einer Verfolgung fehlt, sodass die Angaben zu seinen Fluchtgründen jegliche Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit vermissen lassen. Seinem Vorbringen ist außerdem entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid eindeutig und fundiert aufgezeigt hat, aus welchen Gründen sie dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit versagte und weshalb sie letztlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aufgrund der fehlenden Stringenz seines Vorbringens und der aufgetretenen Unplausibilitäten seiner Schilderungen, zum Schluss gekommen ist, dass der Asylantrag nur zum Zwecke der Aufenthaltserlangung gestellt wurde und das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der behaupteten Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspricht.

Es wird vom Beschwerdeführer darüber hinaus in seiner Beschwerde kein konkretes Vorbringen, welches über sein Vorbringen im Administrativverfahren hinausgeht erstattet. Er moniert allgemein dass die Behörde seinen Antrag wegen des behaupteten Fehlens der Flüchtlingseigenschaft zu Unrecht abgewiesen hätte, ohne asylrelevante Tatsachen vorzubringen, wirft der Behörde vor sie hätte sich mit seinem Vorbringen nicht sachgerecht auseinandergesetzt, ohne sich konkret mit der Beweiswürdigung auseinanderzusetzen und behauptet letztendlich eine mangelhaftes Ermittlungsverfahren, ohne substantiiert darauf einzugehen, warum das Fluchtvorbringen entgegen der Ansicht der belangten Behörde subjektiv einen asylrechtlichen Tatbestand erfüllen würde. Seine Ausführungen beschränken sich darauf, die aufgrund seiner Aussagen der Beweiswürdigung zugrunde gelegten Sachverhalte, durch nicht belegte Zusammenhänge, die seine Fluchtgeschichte plausibler erscheinen lassen sollen, zu ergänzen.

Sofern im Beschwerdeschriftsatz nämlich zum Ausdruck gebracht wird, dass die Behörde um ihrer Pflicht zur Erforschung des wahren Sachverhaltes zu genügen, von Amts wegen darauf hinzuwirken gehabt hätte, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben vervollständigt werden, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt werden und überhaupt alle Aufschlüsse welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen gegeben werden, ist dem dahingehend entgegenzutreten, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, dass dieser die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorbringt (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334). Dem Beschwerdeführer wurde im vorliegenden Fall im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen ausreichend Gelegenheit eingeräumt, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände anzuführen, wobei zusammengefasst festzuhalten ist, dass sein Schildern der angeführten Gründe vage und unkonkret, widersprüchlich und ohne Stringenz geblieben ist.

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen. Diesen Anforderungen werden die Angaben des Beschwerdeführers aufgrund der obigen Ausführungen nicht gerecht.

Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (VwGH 20.1.1993, 92/01/0752; 19.5.1994, 94/19/0465 mwN.) und dass die erstinstanzliche Behörde nicht verpflichtet ist, den Antragsteller derart anzuleiten, dass sein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss. Dieses Vorbringen in der Beschwerde ist im Ergebnis nicht dergestalt, um damit der behördlichen Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten.

Darüber hinaus ist auszuführen, dass selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung des Vorbringens des Beschwerdeführers, im gegenständlichen Fall kein Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen (siehe 3.2.1. Ausführungen zum Status des Asylberechtigten) würde.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher - wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.

Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, der über eine mehrjährige Schulbildung verfügt, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde, zumal er in Nigeria als Kirchensänger sowie als Bauarbeiter seinen Lebensunterhalt bestritt.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation: Nigeria,

3. Quartal 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 8. November 2016, herangezogen.

Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr, die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land, sodass sich Bürger in jedem Teil des Landes niederlassen können. Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen. Prinzipiell sollte es einer Person, die von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Es besteht daher auch für den Beschwerdeführer die Möglichkeit durch Umzug in einen anderen Teil des Landes allenfalls möglichen Repressionen auszuweichen, wobei aus dem Akt keine derartigen Repressionen ersichtlich sind.

Es ist richtig, dass aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria. In mehreren Städten Nord- und Nordostnigerias finden immer wieder Gefechte zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen statt. Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsstellen, christliche Einrichtungen - aber auch Einrichtungen gemäßigter Moslems - sowie Märkte, Wohnviertel und internationale Organisationen sind Anschlagsziele der militanten Gruppen. Drohungen bestehen gegen moslemische Einrichtungen im Süden (BMEIA 23.8.2016).

In Lagos gibt es keine Fälle von Tötungen durch Boko Haram. Die Terroristen sind nicht in der Lage, eine Person überall in Nigeria aufzuspüren. Wenn sich Menschen von Boko Haram bedroht fühlen, dann können sie im Land umsiedeln (VA1 16.11.2015). Im Süden gibt es Schläfer-Zellen der Boko Haram. Trotzdem können z.B. Deserteure der Boko Haram in den Süden umsiedeln, wo sie sicher sind (VA2 16.11.2015).

Hinsichtlich der Problematik der Konflikte zwischen Muslimen und Christen ist auszuführen, dass in Nigeria sind rund 50 Prozent der Bevölkerung Muslime, 40-45 Prozent Christen und 5-10 Prozent Anhänger von Naturreligionen (CIA 1.8.2016; vgl. GIZ 6.2016b). Der Norden ist überwiegend muslimisch, der Süden überwiegend christlich bzw. "christlich-animistisch" (AA 3.12.2015). Allerdings gibt es im Norden, wo die moslemischen Hausa-Fulani überwiegen, auch signifikante Anteile christlicher Bevölkerung. In Zentralnigeria, in Abuja und in den südwestlichen Yoruba-Bundesstaaten halten sich die Anteile an Muslimen und Christen die Waage (USDOS 10.8.2016).

Die in Nigeria beheimateten drei Kategorien von einheimischen Christen (historisch gewachsenen Kirchen, protestantische Freikirchen, und Gemeinden mit Christen muslimischer Herkunft) erleiden in den nördlichen Staaten Verfolgung. Besonders in den Scharia-Staaten ist eine Abkehr vom Islam hin zum christlichen Glauben gefährlich und kann viele Nöte nach sich ziehen. Christen werden in den Ausbildungseinrichtungen oft als Bürger zweiter Klasse betrachtet und dementsprechend behandelt. Christliche Mädchen stehen ständig in der Gefahr, entführt und zwangsverheiratet zu werden. Laut Open Doors Feldex-perten haben einige der Scharia-Staaten sogar Organisationen zu dem Zweck der Entführung und Zwangsbekehrung von christlichen Mädchen gegründet (OD 1.2016).

Jene Personen, die sich vor einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, wie Boko Haram, fürchten, sollten in der Lage sein, Schutz bei Behörden zu suchen oder eine innerstaatliche Relokationsmöglichkeit in Anspruch zu nehmen (UKHO 12.2013; vgl. UKHO 9.6.2015).

Dazu wird insbesondere ausgeführt, dass aufgrund der Länderberichte für 25 Bundesstaaten weder ethnische Gewalt noch Gewalt durch Boko Haram berichtet wird (Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Cross River, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Kebbi, Kogi, Kwara, Niger, Ogun, Ondo, Osun, Oyo, Rivers, Sokoto). (OSAC 15.4.2016).

Es besteht daher für den Beschwerdeführer sehr wohl die Möglichkeit einen Wohnsitz in einem anderen Bundesstaat zu nehmen um eine mögliche Verfolgung durch Boko Haram zu entgehen.

Zur wirtschaftlichen Lage ist allgemein auszuführen, dass Nigeria seit 2014 als die größte Volkswirtschaft Afrikas gilt, im Jahr 2014 wurde sogar das Bruttoinlandsprodukt von Südafrika übertroffen (GIZ 7.2017c), neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (AA 21.11.2016). Neben Millionen von Kleinbauern gibt es Großfarmen. In den letzten Jahren wuchs dieser Sektor mit 10 Prozent überdurchschnittlich, denn die Förderung der Landwirtschaft mittels finanzieller und technischer Anreize (Produktivitätssteigerung mittels Düngermittel und Ausbau des Transportnetzwerkes) stand im Mittelpunkt von Wirtschaftsreformen der Regierung (GIZ 7.2017c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde – durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet. Die unterentwickelte Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 4.2017c). Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen aber auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten nicht mehr aus (ÖBA 9.2016)

Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit (BS 2016). Die überwiegende Mehrheit der Nigerianer ist im informellen Arbeitsmarkt tätig und bekommt somit keine Pension (TE 25.10.2014). Jedoch wurde das Pension Reform Act novelliert, um die Kosten und Nutzen für die Mitarbeiter von öffentlichen und privaten Sektor zu harmonisieren (BS 2016). Bis März 2016 waren es etwa 7,01 Millionen Arbeitnehmer die beim Contributory Pension Scheme registriert sind und dazu beitragen. Dies repräsentiert etwa 7,45 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung und 3,95 Prozent der gesamten Bevölkerung. 26 von 36 Bundesstaaten haben das Contributory Pension Scheme übernommen (TD 2.5.2016).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Community Economic Empowerment and Development Strategy (CEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 7.2017c). Geldtransfers und Investitionen der im Ausland lebenden Nigerianer tragen wesentlich zur Unterstützung der Wirtschaft bei (AA 3.12.2015).

Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe (IOM 8.2014). Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten.

Verdienstmöglichkeiten für RückkehrerInnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist je nach Region um 35-80 Euro zu erhalten. Saison- und regionalmäßig werden auch gebratene Maiskolben zusätzlich angeboten. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "Minifarming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare über Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Schnecken und "grass-cutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖBA 9.2016).

Da ein Meldewesen nicht vorhanden (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2016) ist und auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem nicht existiert, ist es damit in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 9.2016).

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 21.11.2016). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 3.3.2017). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 9.2016). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 21.11.2016). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee (USDOS 3.3.2017). Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b). Zum Rechtsschutz ist auszuführen, dass das Institut der Pflichtverteidigung erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt wurde. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen (AA 21.11.2016). Rechtsberatungen und Rechtsbeistand bieten u.a. die folgenden Organisationen: Legal Aid Council; die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC); Legal Defence and Assistance Project (LEDAP) (IOM 8.2013). Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben (AA 21.11.2016).

Es besteht auch wie im Länderbericht ausgeführt, keine Gefahr dahingehend, dass der ob eines abgelehnten Asylantrages rückgeführte Asylwerber bei seiner Rückkehr nach Nigeria mit staatlichen Repressionen zu rechnen habe.

Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt außerdem darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

(Quellen):

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https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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