TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/25 I416 2173907-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.2017
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Entscheidungsdatum

25.10.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z4
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

I416 2173907-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, alias XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Dr. Peter LECHENAUER und Dr. Margrit SWOZIL, Hubert-Sattler-Gasse 10, 5020 Salzburg gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 26.09.2017, Zl. 1135125910-161549868/BMI-BFA_SBG_AST_01_TEAM_04, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste von Italien kommend in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.11.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte er wörtlich an: "Ich will mit meinem Vater in Österreich leben. Ich will ihm helfen, da er krank ist." Gefragt was er im Fall seiner Rückkehr befürchten müsse antwortete er: "Ich möchte mit meinem Vater hier bleiben, um ihm zu helfen." Konkrete Hinweise, dass ihm im Falle seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würde, oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, gebe es nicht.

2. Mit Schreiben vom 16.11.2016 wurde dem Asylwerber gemäß § 28 Abs. 2 AsylG mitgeteilt, dass Dublin Konsultationen mit Italien geführt werden.

3. Mit Schreiben vom 29.11.2016 wurde eine Vollmachtsbekanntgabe der Rechtsanwälte Dr. Peter LECHENAUER und Dr. Margrit SWOZIL, Hubert-Sattler-Gasse 10, 5020 Salzburg übermittelt.

4. Am 24.08.2017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen, wobei er befragt zu seinen persönlichen Verhältnissen in Nigeria ausführte, dass er am XXXX, in XXXX in Edo State geboren und nigerianischer Staatsbürger sei. Er sei ledig, gehöre der Volksgruppe der Edo an, sei Christ und habe zuletzt in Benin City gemeinsam mit seiner Mutter und seinen beiden Brüdern gelebt. Bezüglich seiner Identität legte der Beschwerdeführer eine Geburtsurkunde lautend auf den Namen XXXX vor und wurde seitens der anwesenden Vertrauensperson (Vater des Beschwerdeführers) erklärend ausgeführt, dass XXXX der Name seines Vaters, XXXX sein europäischer und XXXX sein afrikanischer Vorname sei. Hinsichtlich seiner Schulbildung führte er aus, dass er die Primary School und die Secondary School besucht habe, gefragt wann er dies besucht und wann er diese abgeschlossen habe, antwortete er:

"Ich kann mich nicht erinnern wann ich abgeschlossen habe, ich kann mich nicht erinnern, wann ich begonnen habe." Er habe Maurer gelernt und dadurch seinen Lebensunterhalt in Nigeria bestritten, auch sei er von seinem Vater fianziell unterstützt worden. In seiner Heimat sei er weder vorbestraft gewesen, noch habe er mit Behörden, Gerichten oder der Polizei Probleme gehabt und habe keine Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit, oder seines Religionsbekenntnisses gehabt. Gefragt, ob er politisch tätig gewesen sei antwortete er: "Ja für die APC." Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, dass er wegen seines Vaters geflohen sei, weil er bei ihm leben wolle. Gefragt, ob dies sein einziger Fluchtgrund sei, antwortete er wörtlich: "Das ist der Hauptgrund. Aber der andere Grund sind politische Geschichten, Probleme mit der APC. Aber hinsichtlich dessen hätte ich auch in Italien bleiben können. Der Grund warum ich nach Österreich kam ist ausschließlich mein Vater."

Auf Nachfrage führte er dazu aus, dass er einfaches APC Mitglied gewesen sei und es Probleme gegeben habe, da es in Nigeria öfters Regierungswechsel geben würde. Gefragt, ob er von den Problemen betroffen gewesen sei antwortete er wörtlich: "Über die Probleme weiß ich nichts, sie betrafen mich nicht. Ich kann mich nicht erinnern." Auf die Frage, ob er jemals persönlich aus parteipolitischen Gründen attackiert worden sei, antwortete er:

Nein, aber ich wurde bedroht." Gefragt, von wem er bedroht worden sei und unter welchen Umständen antwortete er: Ich persönlich wurde nicht bedroht. Aber als Mitglied der APC hatte ich ein bisschen Angst aufgrund der Drohungen durch die andere Partei." Die Frage, ob er persönlich also nicht bedroht worden sei, beantwortete er:

"Nein." Gefragt, was er im Falle seiner Rückkehr befürchten müsse und ob etwas gegen seine Rückkehr zu seiner Mutter und seinen Brüdern sprechen würde, antwortete er: "Ich will nicht zurück."

Hinsichtlich der Möglichkeit zu den Länderberichten eine Stellungnahme abzugeben, behielt sich die Rechtsvertretung die Übersendung einer solchen vor. Seitens des Beschwerdeführers wurden folgende Dokumente im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegt:

1. Attestation of Birth vom 10.05.2016 betreffend XXXX; 2. Die Kopie einer eidesstattlichen, nicht beglaubigt übersetzten Erklärung von Frau XXXX, dass XXXXihr Sohn ist, am XXXX in XXXX in Edo State in Nigeria geboren ist und XXXX(Vater) und XXXX (Mutter) seine biologischen Eltern sind; 3. Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Karte Plus von XXXX gültig bis 31.03.2017; Befundbericht "medilab" vom 15.02.2017,hinsichtlich einer Infektionsdiagnostik Hepatitis B, C;

4. Kopie einer Geburtsurkunde (Certifikation of Birth) vom 25.08.2003. lautend auf XXXX, geb. am 15.04.1995; 5. Privatgutachten der "biotech agency" vom 18.11.2016 betreffend der Vaterschaft von XXXX; 6. Meldezettel ausgestellt auf XXXX vom 03.04.2017; 7. Rudimentär ausgefüllter (ohne Vermieter) und nichtunterfertigter Untermietvertrag; 8. Kopie Wohnungsmietvertrag auf unbestimmte Zeit zwischen XXXX als Vermieter und XXXX als Mieter ohne Angabe eines Mietzinses unterfertigt von XXXX vom 06.04.2017, als Vermieterin; 9. Endbefund vom Institut XXXXvom 15.02.2017 hinsichtlich HIV-Screening; 10. Buchungsbestätigung der VHS Salzburg vom 11.05.2017 für "Deutsch für Asylwerbende-A 1/2" (Beginn 03.05.2017. Kursende 22.08.2017);

5. Mit Bescheid vom 26.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel Besondere Schutz "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Auch wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz "gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 4 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF" die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

4. Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 27.09.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20/5, in 1090 Wien als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

5. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 09.10.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer monierte darin Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften wegen wesentlicher Ermittlungsmängel und inhaltliche Rechtswidrigkeit. Begründend brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen unsubstantiiert vor, dass sich die Behörde mit seiner Begründung gar nicht näher auseinandergesetzt habe, er habe versucht zu schildern, dass er parteipolitisch verfolgt werde. Er führte weiters unsubstantiiert aus, dass er mit den Worten "nicht persönlich" bedroht gemeint habe, dass er in seiner Funktion als Parteimitglied und nicht als Privatperson bedroht worden sei. Es fehle eine genaue Begründung warum seine Schilderungen keine Konventionsfluchtgründe darstellen würden. Die Begründung sei pauschal und die Feststellungen nicht ausreichend. Er sei stets von seinem Vater finanziell unterstützt worden und habe es auch ohne persönlichen Kontakt eine Nahebeziehung gegeben, da sie regelmäßig miteinander telefoniert hätten. Überdies habe die Behörde auf die von ihm vorgelegten Dokumente zur Identitätsfeststellung keinen ernsthaften Bezug genommen. Zur Polizei sei er nicht gegangen, weil er den Sicherheitsbehörden nicht trauen würde, da Korruption und unmenschliche Behandlung in Nigeria alltäglich seien. Hinsichtlich seiner in Österreich geknüpften sozialen Kontakten führte er aus, dass er über Deutschkenntnisse verfüge und bereits ein A1 Zertifikat absolviert habe, ehrenamtliche Tätigkeiten ausübe und sich einen großen Freundeskreise aufgebaut habe. Bei seiner Rückkehr wäre er aufgrund seiner politischen Überzeugung einer Verfolgung ausgesetzt und fürchte er nach seiner Rückkehr von ACP Gegnern verfolgt zu und neuerlich bedroht zu werden. In einer Gesamtschau sei ihm daher internationaler Schutz, in eventu subsidiärer Schutz zu gewähren. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und den vollinhaltlich zu den Spruchpunkten

I. bis V. aufheben und der gegenständlichen Beschwerde stattgeben, die aufschiebende Wirkung zu erkennen und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen, in eventu den Angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Der Beschwerde legte der Beschwerdeführer ein ÖSD Zertifikat über eine abgelegte Deutschprüfung A1 bei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias, und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b Asylgesetz.

Weitere Feststellungen zu seiner Identität können nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist er daher auch erwerbsfähig. Der Beschwerdeführer weist eine mehrjährige Schulbildung in Nigeria auf und hat zuletzt als Maurer gearbeitet.

Der Beschwerdeführer ist ledig und ist christlichen Glaubens. Der Beschwerdeführer befindet sich in der Grundversorgung und ist privat untergebracht.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über einen familiären Anknüpfungspunkt durch seinen Vater, sonstige maßgebliche private Beziehungen oder eine relevante Integration, abgesehen von seinen Sprachkenntnissen auf dem Niveau "Deutsch A 1/2" weist der Beschwerdeführer nicht auf.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Ein konkreter Anlass bzw. persönliche Bedrohung für das "fluchtartige" Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Als Grund, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er bei seinem Vater leben wolle.

Die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme geschilderten Probleme als Mitglied der Partei APC konnten nicht glaubhaft gemacht werden. Eine persönliche Bedrohung konnte nicht festgestellt werden.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 26.09.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 07.08.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist im Hinblick auf die aktuelle Fassung der obgenannten Staatendokumentation auch keine Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst feststellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.

Es wird weiters festgestellt, dass er, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in das Zentralen Melderegister und das Strafregister der Republik Österreich sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Soweit der Beschwerdeführer namentlich genannt wird, dient dies lediglich der Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei, bedeutet jedoch nicht eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG.

Die Feststellungen betreffend die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde.

Die Feststellungen betreffend der persönlichen familiären Verhältnisse (Vater) des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Dass keine wesentlichen privaten Kontakte in Österreich vorliegen, ergibt sich aus seinen Angaben und wurde auch in der Beschwerde nichts Substantiiertes angeführt, sodass sein bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben und Familienleben im Sinne der EMRK entspricht.

Die Feststellungen bezüglich seiner Deutschkenntnisse beruhen auf dem der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und darüberhinaus auf dem in der Beschwerde vorgelegten ÖSD Zertifikat A1, wobei sich die Vorlage des Zertifikates im Rahmen der Beschwerde aus dem zeitlichen Kontext zwischen Kursende, Einvernahme und Prüfungstermin erklärt. Aus diesen Unterlagen ergeben sich durchaus Integrationsbemühungen, die jedoch insgesamt nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben im Sinne der EMRK entsprechen.

Der Beschwerdeführer brachte weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde, konkrete Angaben vor, die die Annahme einer umfassenden Integration in Österreich in gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 19.10.2017.

2.3. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Vorweg ist festzustellen ist, dass das Bundesamt im zuvor angeführten Bescheid der gegenständlichen Entscheidung ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt hat und dass in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar dargestellt sind.

Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben des Beschwerdeführers.

Im Administrativverfahren gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Ersteinvernahme vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an Nigeria verlassen zu haben, um bei seinem Vater zu leben, im Rahmen der Einvernahme zum Asylverfahren vor der belangten Behörde machte er darüberhinaus geltend, dass er einfaches Mitglied der Partei "APC" sei und als solches ein "bisschen" Angst aufgrund der Drohungen durch die andere Partei gehabt habe, wobei er eine persönliche Bedrohung durchwegs verneinte.

Die Behörde und in weiterer Folge das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten – z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht. Im gegenständlichen Fall ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers keine Asylrelevanz aufweist, dies aus den folgenden Erwägungen:

Die belangte Behörde zeigte im angefochtenen Bescheid eindeutig und fundiert auf, aus welchen Gründen sie dem Beschwerdeführer die Asylrelevanz hinsichtlich seines Vorbringens betreffend versagte und weshalb sie letztlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aufgrund seiner eigenen Angaben und der aufgetretenen Unplausibilitäten seiner Schilderungen, zum Schluss gekommen ist, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verfolgungsgründe keine Asylrelevanz aufweist. Diese Beweiswürdigung ist begründet. Dazu wird festgehalten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht der Beweiswürdigung der belangten Behörde vollinhaltlich anschließt. Dies insbesondere da der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme gar nicht behauptet verfolgt oder bedroht zu werden.

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zu einem Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.

h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen. Diesen Anforderungen werden die Angaben des Beschwerdeführers nicht gerecht.

Dazu ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer selbst auf wiederholtem Nachfragen der belangten Behörde weder eine Bedrohung noch eine Verfolgung geltend machte. So führte er auf die Frage, ob er diese Probleme mit der APC näher ausführen könne, wörtlich an:

"Ich war einfaches APC- Mitglied. Es gab Probleme in Nigeria gibt es öfters Regierungswechsel, wissen sie." Auf die Frage, ob er von diesen Problemen betroffen gewesen sei, antwortete er: "Über die Probleme weiß ich nichts, sie betrafen mich nicht. Ich kann mich nicht erinnern." Nachgefragt, ob er jemals aus parteipolitischen Gründen persönlich attackiert worden sei, antwortete er: "Nein, aber ich wurde bedroht." Nachgefragt, von wem er bedroht worden sei und unter welchen Umständen, gab er an: "Ich persönlich wurde nicht bedroht. Aber als Mitglied der APC hatte ich ein bisschen Angst aufgrund der Drohungen der anderen Partei." Nachgefragt, ob er persönlich nicht bedroht worden sei, antwortete er: "Nein."

Auch in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vom 09.10.2017 wird vom Beschwerdeführer kein konkretes Vorbringen, welches über sein Vorbringen im Administrativverfahren hinausgeht erstattet. Er moniert allgemein dass die Behörde seinen Antrag wegen des behaupteten Fehlens der Flüchtlingseigenschaft zu Unrecht abgewiesen hätte, ohne asylrelevante Tatsachen vorzubringen, wirft der Behörde vor sie hätte sich mit seinem Vorbringen nicht sachgerecht auseinandergesetzt, ohne sich konkret mit der Beweiswürdigung auseinanderzusetzen und behauptet letztendlich eine mangelhaftes Ermittlungsverfahren, ohne substantiiert darauf einzugehen, warum das Fluchtvorbringen entgegen der Ansicht der belangten Behörde subjektiv einen asylrechtlichen Tatbestand erfüllen würde. Seine Ausführungen beschränken sich darauf, die aufgrund seiner Aussagen der Beweiswürdigung zugrunde gelegten Sachverhalte, durch nicht belegte Zusammenhänge, die seine Fluchtgeschichte plausibler erscheinen lassen sollen, zu ergänzen. Das betrifft auch seine erstmals, diametral zu seinem bisherigen Vorbringen, vorgebrachte unsubstantiierte Behauptung, als Parteimitglied persönlich verfolgt zu werden.

Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (VwGH 20.1.1993, 92/01/0752; 19.5.1994, 94/19/0465 mwN.) und dass die erstinstanzliche Behörde nicht verpflichtet ist, den Antragsteller derart anzuleiten, dass sein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss. Im gegenständlichen Fall hat sich die Behörde darüberhinaus, wie umseits angeführt, sehr wohl durch wiederholtes Nachfragen mit seinem Vorbringen detailliert auseinandergesetzt. Sein dahingehendes Vorbringen in der Beschwerde ist im Ergebnis nicht dergestalt, um damit der behördlichen Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten. Im Wesentlichen beschränkt er sich in seiner Beschwerdebegründung lediglich auf den Verweis, dass er in seiner Heimat aufgrund seiner politischen Überzeugung einer Verfolgung ausgesetzt sei und er nach seiner Rückkehr erneut von den Gegnern der APC verfolgt und erneut bedroht werden würde.

Der erkennende Richter kommt - wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt. Dies auch insbesondere, da der Beschwerdeführer hinsichtlich der Geschehnisse – Verfolgung durch eine andere politische Partei - nur vage, allgemeine und keine personenbezogenen Angaben machte und auch keine verifizierbaren oder konkreten Erlebnisse schilderte oder eine spezifische Verfolgungsgefahr durch diese Personen zum Ausdruck brachte bzw. diese sogar verneinte. Es war folglich kein spezielles individuelles Gefährdungspotential des Beschwerdeführers zu erkennen.

Darüberhinaus ist auszuführen, dass selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung des Vorbringens und der Annahme, dass entgegen seiner eigenen Aussagen eine Bedrohung und Verfolgung vorliegen würde, es sich um eine Verfolgung durch Privatpersonen handeln würde, dieser hätte er durch Inanspruchnahme von Schutz seitens der staatlichen Behörden begegnen können. Wenn der Beschwerdeführer darüberhinaus unsubstantiiert behauptet, dass er den nigerianischen Sicherheitsbehörden nicht trauen würde, so ist unter Zugrundelegung des gegenständlichen Sachverhaltes als reine Schutzbehauptung zu sehen.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation: Nigeria,

3. Quartal 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 8. November 2016, herangezogen.

Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungsgefahr, die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land, sodass sich Bürger in jedem Teil des Landes niederlassen können. Es besteht daher für jeden grundsätzlich die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen.

Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und einen Bundeshauptstadtbezirk sowie 774 Local Government Areas (LGA/Bezirke) untergliedert. Die Bundesstaaten werden von direkt gewählten Gouverneuren regiert (AA 21.11.2016; vgl. AA 4.2017a; vgl. GIZ 7.2017a). Die Bundesstaaten verfügen auch über direkt gewählte Parlamente (AA 4.2017a). Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die Verfassung vom 29.5.1999 enthält alle Attribute eines demokratischen Rechtsstaates (inkl. Grundrechtskatalog), und orientiert sich insgesamt am System der USA. Einem starken Präsidenten, der zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, und einem Vizepräsidenten stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber (AA 21.11.2016; vgl. AA 4.2017a). In der Verfassungswirklichkeit dominiert die Exekutive in Gestalt des direkt gewählten Präsidenten und die direkt gewählten Gouverneure. Der Kampf um politische Ämter wird mit großer Intensität und häufig auch mit undemokratischen, gewaltsamen Mitteln geführt. Polizei und Justiz werden ebenfalls vom Bund kontrolliert (AA 21.11.2016).

Die Parteienzugehörigkeit orientiert sich bei den meisten der ca. 50 kleineren Parteien an Führungspersonen. Loyalitäten gegenüber der eigenen ethnischen Gruppe bzw. gegenüber Personen gehen anderen Loyalitäten vor; entsprechend repräsentiert keine der Parteien eine eindeutige politische Richtung (AA 21.11.2016).

Die Wahlen von Präsident und Nationalversammlung 2015 und die seitdem stattgefundenen Wahlen der Gouverneur- und Landesparlamente in 31 von 36 Bundesstaaten haben die politische Landschaft in Nigeria grundlegend verändert. Die seit 2013 im All Progressives‘ Congress (APC) vereinigte Opposition gewann neben der Präsidentschaftswahl eine klare Mehrheit in beiden Häusern des Parlaments und regiert nun auch in 23 der 36 Bundesstaaten. Die seit 1999 dominierende People-s Democratic Party (PDP) musste zum ersten Mal in die Opposition und ist durch Streitigkeiten um die Parteiführung stark geschwächt. Lediglich in den südöstlichen Bundesstaaten des ölreichen Niger-Deltas konnte sie sich als Regierungs-partei behaupten (AA 21.11.2016).

Bei den Präsidentschaftswahlen am 28.3.2015 besiegte der frühere Militärmachthaber und Kandidat der Opposition, Muhammadu Buhari, den bisherigen Amtsinhaber Goodluck Jonathan mit 54,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Bei diesen Wahlen, die von der internationalen Öffentlichkeit als beispielhaft für die Demokratie Afrikas gelobt wurden, kam es zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit Nigerias zu einem demokratischen Machtwechsel (GIZ 7.2017a). Der APC gewann die Gouverneurswahlen in 20 von 29 Bundesstaaten. Er stellt in den 36 Bundesstaaten derzeit 24 Gouverneure, die PDP 11 und All Progress Grand Alliance (APGA) einen Gouverneur. Unter den 36 Gouverneuren ist weiterhin keine Frau. Die Wahlen vom März/April 2015 wurden sowohl in Nigeria als auch von internationalen Wahlbeobachtern trotz organisatorischer Mängel als im Großen und Ganzen frei und fair bezeichnet. Die Spitzenkandidaten Jonathan und Buhari hatten sich in einer Vereinbarung (Abuja Accord) zur Gewaltlosigkeit verpflichtet. Dies und die Tatsache, dass Präsident Jonathan seine Wahlniederlage sofort anerkannte, dürfte größere gewalttätige Auseinandersetzungen verhindert haben. Die Minister der Regierung Buhari wurden nach einem längeren Sondierungsprozess am 11.11.2015 vereidigt (AA 4.2017a).

Die politische Opposition kann sich grundsätzlich frei betätigen. Das gilt auch für die seit 1999 regierende PDP, die seit den letzten Wahlen im März 2015 nun zum ersten Mal in der Opposition ist (AA 21.11.2016). Die Verfassung und die Gesetze erlauben die freie Bildung politischer Parteien (USDOS 3.3.2017). Gelegentlich sind jedoch Eingriffe seitens der Staatsgewalt zu verzeichnen. Dies betrifft vor allem Gruppen mit sezessionistischen Zielen. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung vor (AA 21.11.2016).

Das Gesetz sieht für Korruption Strafen vor. Trotzdem bleibt Korruption weit verbreitet (USDOS 3.3.2017). Die Regierung Nigerias hat den notwendigen Kampf gegen Korruption zu einem Teil ihrer Wirtschaftspolitik erklärt (AA 4.2017c). Obwohl die Bemühungen der Economic and Financial Crimes Commission (EFCC) und der Independent Corrupt Practices and Other Related Offenses Commission (ICPC) sich auf Regierungsbeamte mit niedrigem und mittlerem Rang konzentrierten, begannen beide Orga-nisationen mit Ermittlungen und Anklagen gegen verschiedene hochrangige Regierungsbe-amte (USDOS 3.3.2017). Die ICPC hält ein breites Mandat bezüglich der Verfolgung fast aller Formen von Korruption, während das EFCC auf Finanzdelikte beschränkt ist (USDOS 3.3.2017).

Zur wirtschaftlichen Lage ist allgemein auszuführen, dass Nigeria seit 2014 als die größte Volkswirtschaft Afrikas gilt, im Jahr 2014 wurde sogar das Bruttoinlandsprodukt von Südafrika übertroffen (GIZ 7.2017c), neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (AA 21.11.2016). Neben Millionen von Kleinbauern gibt es Großfarmen. In den letzten Jahren wuchs dieser Sektor mit 10 Prozent überdurchschnittlich, denn die Förderung der Landwirtschaft mittels finanzieller und technischer Anreize (Produktivitätssteigerung mittels Düngermittel und Ausbau des Transportnetzwerkes) stand im Mittelpunkt von Wirtschaftsreformen der Regierung (GIZ 7.2017c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde – durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet. Die unterentwickelte Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 4.2017c). Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen aber auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten nicht mehr aus (ÖBA 9.2016)

Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit (BS 2016). Die überwiegende Mehrheit der Nigerianer ist im informellen Arbeitsmarkt tätig und bekommt somit keine Pension (TE 25.10.2014). Jedoch wurde das Pension Reform Act novelliert, um die Kosten und Nutzen für die Mitarbeiter von öffentlichen und privaten Sektor zu harmonisieren (BS 2016). Bis März 2016 waren es etwa 7,01 Millionen Arbeitnehmer die beim Contributory Pension Scheme registriert sind und dazu beitragen. Dies repräsentiert etwa 7,45 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung und 3,95 Prozent der gesamten Bevölkerung. 26 von 36 Bundesstaaten haben das Contributory Pension Scheme übernommen (TD 2.5.2016).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Community Economic Empowerment and Development Strategy (CEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 7.2017c). Geldtransfers und Investitionen der im Ausland lebenden Nigerianer tragen wesentlich zur Unterstützung der Wirtschaft bei (AA 3.12.2015).

Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe (IOM 8.2014). Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten.

Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist je nach Region um 35-80 Euro zu erhalten. Saison- und regionalmäßig werden auch gebratene Maiskolben zusätzlich angeboten. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "Minifarming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare über Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Schnecken und "grass-cutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖBA 9.2016).

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 21.11.2016). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 3.3.2017). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 9.2016). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 21.11.2016). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee (USDOS 3.3.2017). Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b). Zum Rechtsschutz ist auszuführen, dass das Institut der Pflichtverteidigung erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt wurde. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen (AA 21.11.2016). Rechtsberatungen und Rechtsbeistand bieten u.a. die folgenden Organisationen: Legal Aid Council; die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC); Legal Defence and Assistance Project (LEDAP) (IOM 8.2013). Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben (AA 21.11.2016).

Da ein Meldewesen nicht vorhanden (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2016) ist und auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem nicht existiert, ist es damit in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 9.2016). Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt außerdem darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Es besteht auch wie im Länderbericht ausgeführt, keine Gefahr dahingehend, dass der ob eines abgelehnten Asylantrages rückgeführte Asylwerber bei seiner Rückkehr nach Nigeria mit staatlichen Repressionen zu rechnen habe.

(Quellen):

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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