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L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Krnt 1992 §30 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1. der Mag. KS und 2. des Dr. GS in W, beide
vertreten durch Dr. Renate Steiner, Rechtsanwalt in Wien I, Weihburggasse 18-20/50, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 30. Jänner 1997, Zl. 8B-BRM-127/5/1996, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien:
1.
Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch den Bürgermeister,
2.
Dr. MN in K), zu Recht
erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Landeshauptstadt Klagenfurt in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Liegenschaft G-gasse 1 A, Grundstück Nr. n1, KG. 72127 Klagenfurt. Ihre Liegenschaft wird vom Grundstück der Dr. M.Z. (jetzt: Dr. M.N.) Nr. n2, EZ nn1, KG Klagenfurt, L-förmig an der Nordseite (G-gasse 3) und an der Westseite umschlossen. Südseitig benachbart ist die Liegenschaft EZ nn2, Grundstück Nr. n3 (G-gasse 1), welche zur Zeit des hier gegenständlichen Verfahrens gleichfalls der Dr. M.Z. gehörte (jetzt gehört es der E.Z.).
Mit Schreiben vom 2. November 1993 an den Magistrat der mitbeteiligten Landeshauptstadt brachten die Beschwerdeführer vor, auf der Westseite ihres zur Gänze verbauten Grundstückes befänden sich drei Fenster- bzw. Licht- und Luftöffnungen. Unmittelbar daran schließe das Grundstück Nr. n2 der Dr. M.Z. an. Diese drei Öffnungen an der Westseite ihres Magazins seien vom Grundstück Nr. n2 her von außen mit Brettern verschlossen worden. Außerdem dürfte dahinter noch eine Mauer aufgezogen worden sein. Damit werde den Beschwerdeführern von der Westseite her jegliche Licht- und Luftzufuhr genommen und es bestehe hohe Brandgefahr. Für eine Bebauung des Grundstückes Nr. n2 in diesem Bereich bestehe keine Baubewilligung, weshalb beantragt wurde, der Eigentümerin der Liegenschaft Nr. n2, Frau Dr. M. Z., den Auftrag zur Beseitigung sämtlicher an der Westseite des Magazins G-gasse 1A, Grundstück Nr. n1, errichteter Verbauungen zu erteilen.
Da dieser Antrag unerledigt blieb, stellten die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 16. Mai 1995 (berichtigt am 27. Mai 1995) an den Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag vom 2. November 1993.
Mit Schreiben vom 10. Juni 1996 begehrten die Beschwerdeführer den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag vom 2. November 1993 an den Gemeinderat der mitbeteiligten Landeshauptstadt.
Über Aufforderung durch den Sachbearbeiter des Gemeinderates erstatteten die Beschwerdeführer am 18. April 1996 eine Äußerung, in der sie klarlegten, dass es sich bei der von ihnen gerügten Verschließung von Maueröffnungen um eine bauliche Maßnahme gemäß § 4 der Kärntner Bauordnung handle, die bewilligungspflichtig sei. Davon seien die Interessen der Beschwerdeführer als Nachbarn berührt, denen aus diesem Grund Parteistellung zukomme. Sie seien in ihren subjektiven öffentlichen Rechten als Nachbarn dadurch verletzt, dass die Eigentümerin der Nachbarliegenschaft ohne Baubewilligung drei Maueröffnungen an der Westseite des Objektes der Antragsteller von außen her verschlossen und dahinter eine Mauer aufgezogen habe, wodurch das Objekt der Beschwerdeführer beeinträchtigt sei.
Mit Bescheid vom 4. November 1996 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Landeshauptstadt den Antrag, der Eigentümerin des Grundstückes Nr. n2 den Auftrag zur Beseitigung sämtlicher an der Westseite des Magazins G-gasse 1A, Grundstück Nr. .197 (richtig: n1) errichteten Verbauungen zu erteilen, gemäß § 32 Abs. 3 Kärntner BauO 1992 in Verbindung mit § 73 Abs. 2 AVG und 34 Abs. 1 des Klagenfurter Stadtrechtes als unzulässig zurück.
In seiner Begründung bejahte der Gemeinderat zunächst seine Zuständigkeit auf Grund der Devolutionsanträge und die Anwendbarkeit der Kärntner BauO 1992. Das Recht auf Antragstellung nach § 30 Abs. 3 Kärntner BauO 1992 setze u.a. voraus, dass durch eine bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung eines bewilligungspflichtigen Vorhabens ein subjektiv-öffentliches Recht der Antragsteller verletzt werde. Der bloße Verweis auf die Anrainereigenschaft begründe kein subjektiv-öffentliches Recht und reiche für eine Antragstellung nach § 30 Abs. 3 Kärntner BauO 1992 nicht aus. Auch amtswegig sei eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten der Antragsteller nicht festzustellen, da eine Verschließung von Maueröffnungen mit Brettern kein baubewilligungspflichtiges Vorhaben darstelle, eine Mauererrichtung bei vorgegebener geschlossener Bebauungsweise nicht unzulässig wäre und eine behauptete Erhöhung der Brandbelästigung nicht herbei zu führen geeignet wäre.
In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung brachten die Beschwerdeführer vor, dass das Verschließen von drei Maueröffnungen mit Brettern eine sonstige bauliche Anlage im Sinne des § 4 lit. a der BauO für Kärnten darstelle und dass die von der Nachbarin getroffene Maßnahme eine Änderung einer sonstigen baulichen Anlage gemäß lit. b der zitierten Gesetzesstelle sei. Überdies stelle das Verschließen von drei vorhandenen Maueröffnungen in jedem Fall eine Änderung der Verwendung eines Gebäudeteiles gemäß § 4 lit. c leg. cit. dar. Außerdem sei behauptet worden, dass vermutlich hinter den Brettern eine Mauer aufgezogen worden sei, wobei es sich ohne jeden Zweifel um eine bauliche Anlage handle, die einer Baugenehmigung bedürfe. Nachbarrechte würden dadurch beeinträchtigt werden, weil das Verschließen von vorhandenen Maueröffnungen die Belüftung behindere, wodurch wiederum die gesundheitlichen Belange der Nachbarn berührt würden und weil durch das Verschließen mit Brettern auch die Brandsicherheit beeinträchtigt werde. Diese Umstände seien im § 21 Abs. 5 der BauO für Kärnten ausdrücklich erwähnt, wozu komme, dass der Katalog der subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn dort nur demonstrativ aufgelistet werde.
In ihrer dazu erstatteten Gegenäußerung führte die mitbeteiligte Landeshaupstadt aus, dass von einer Gesundheitsbeeinträchtigung für das derzeit - bis auf die ruinenhaft bestehende West- und Südmauer (Reste eines mittlerweile abgebrochenen Gebäudes), für die in dieser Form ein baubehördlicher Konsens nicht vorliege - unbebaute Grundstück Nr. n1 bzw. etwaige sich auf diesem Grundstück aufhaltende Personen keine Rede sein könne. Wenn Bretter an der Außenwand eines mittlerweile großteils abgebrochenen Objektes der Vorstellungswerber angebracht wurden, liege eine Unzulässigkeit des Begehrens der Vorstellungswerber insoferne vor, als der inhaltlich angestrebte Bauauftrag nach § 32 Kärntner BauO den Vorstellungswerbern selbst als Grundeigentümern und somit auch als Eigentümern jener noch ruinenhaft bestehenden Westmauer, für die in dieser Form ein behördlicher Konsens nicht existiere und an der die Bretter befestigt wurden, erteilt werden müsste. Ein derartiger Fall sei von der Regelung des § 30 Abs. 3 Kärntner BauO nicht mitumfasst.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Es bedürfe keiner weiteren Begründung, dass das Verschließen von drei Maueröffnungen mit Brettern keine bauliche Anlage darstelle und, falls diese Anbringung von Brettern als "sonstige Baumaßnahme" zu bezeichnen wäre, auch diese keinesfalls einer Baubewilligung bedürfe. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 30 Abs. 3 Kärntner BauO sei das Antragsrecht der Partei von der Bewilligungspflicht des Vorhabens abhängig. Es stelle sich daher die Frage der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes der Beschwerdeführer nicht. Im Übrigen müsse jeder Grundeigentümer selbst für eine ausreichende Belichtung und Belüftung seiner Bauten auf seinem Grundstück Sorge tragen, ein Anspruch des Nachbarn auf Belichtung und Belüftung aus einem fremden Grundstück bestehe nicht.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht darauf verletzt, dass auf der Nachbarliegenschaft nicht drei Maueröffnungen ohne die erforderliche baubehördliche Bewilligung verschlossen würden bzw. dass eine ohne die erforderliche Bewilligung vorgenommene Verschließung wieder entfernt werde. Es wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. II Abs. 2 des Gesetzes vom 7. März 1996, mit dem die Kärntner Bauordnung 1992 geändert wurde, sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. September 1996) anhängige Verfahren grundsätzlich nach den bisher geltenden Bestimmungen weiter zu führen. Im Beschwerdefall ist somit die Kärntner Bauordnung 1992 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 25/1994 (im Folgenden: BO) anzuwenden.
Die Beschwerdeführer wollen mit ihrem Antrag vom 2. November 1993 die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages erwirken. § 30 Abs. 3 BO sieht vor, dass dann, wenn durch eine bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung eines bewilligungspflichtigen Vorhabens ein subjektiv-öffentliches Recht einer Partei des Baubewilligungsverfahrens, also auch des Nachbarn, verletzt wird, diesem das Recht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach § 31 und § 32 und anschließend die Parteistellung in diesen baubehördlichen Verfahren zusteht. Daraus ergibt sich die grundsätzliche Parteistellung des Nachbarn im Bauauftragsverfahren.
Voraussetzung eines Bauauftrages ist zunächst, dass eine baubewilligungspflichtige Baumaßnahme ohne Bewilligung bzw. entgegen der Bewilligung gesetzt wurde. Ist dies der Fall, werden also derartige Vorhaben ohne Baubewilligung ausgeführt, so hat gemäß § 32 Abs. 1 BO die Behörde - unbeschadet der Bestimmungen des § 30 - dem Inhaber der Baubewilligung - bei Bauführungen ohne Baubewilligung dem Grundeigentümer - mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist den rechtmäßigen Zustand wieder her zu stellen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, darf nicht eingeräumt werden, wenn der Flächenwidmungsplan oder der Bebauungsplan der Erteilung einer Baubewilligung entgegensteht.
Bei der hier behaupteten Bauführung ohne Baubewilligung ist somit ein Bauauftrag dem Grundeigentümer zu erteilen. Nun haben die Beschwerdeführer in ihrer Eingabe vom 2. November 1993 ausgeführt, sie seien die Eigentümer des Grundstückes Nr. n1, dieses Grundstück sei zur Gänze verbaut und es befänden sich dort in der westlichen Seite drei Fenster- bzw. Licht- bzw. Luftöffnungen. Diese drei Öffnungen an der Westseite ihres Magazins seien von außen her verschlossen worden. Auch in ihrer Vorstellung haben die Beschwerdeführer auf ihren Antrag verwiesen, der Nachbarin aufzutragen, die gesetzte bauliche Maßnahme des Verschließens von Maueröffnungen an der Westseite des Objektes der Beschwerdeführer zu entfernen.
Nach diesem Vorbringen war davon auszugehen, dass sich das Gebäude (Magazin) bzw. der offenbar nunmehr vorhandene Gebäuderest (Mauer) auf dem Grundstück Nr. n1 der Beschwerdeführer befindet. Wenn die Beschwerdeführer nunmehr im oben wiedergegebenen Beschwerdepunkt dartun wollen, diese Maueröffnungen befänden sich auf der Nachbarliegenschaft, so muss diese neue Sachverhaltsbehauptung als dem aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbot widersprechend unberücksichtigt bleiben. § 32 Abs. 1 BO sieht bei bewilligungspflichtigen, aber bewilligungslos ausgeführten Vorhaben allein den Auftrag an den Grundeigentümer vor; die Beschwerdeführer haben nun nicht beantragt, dass ihnen selbst ein Auftrag erteilt werde. Einen Auftrag an Dritte, auf dem Grundstück der Beschwerdeführer gesetzte Baumaßnahmen wieder zu beseitigen, sieht das Gesetz aber nicht vor.
Die Behauptung, dass auf dem Nachbargrundstück auch eine Mauer errichtet worden wäre, wird in der Beschwerde nicht mehr aufrecht erhalten. Auch der Verwaltungsgerichtshof ist der keiner weiteren Begründung bedürftigen Auffassung, dass das Verschließen von Fensteröffnungen durch Holzbretter keine Errichtung von sonstigen baulichen Anlagen im Sinne des § 4 lit. a BO darstellt; es liegt weder eine "Errichtung" noch eine "bauliche Anlage" vor. Mit dem Verweis auf die Bewilligungstatbestände des § 4 lit. b und lit. c BO verkennen die Beschwerdeführer, dass sich die Änderung bzw. die Änderung der Verwendung auf das Gebäude, die sonstige bauliche Anlage oder den Gebäudeteil beziehen muss. Selbstverständlich ist es vorstellbar, dass durch ein Verschließen von Fenstern eines Gebäudes Ortsbildfragen berührt werden und dass aus diesem Grunde die Baubehörde einschreitet; die Beschwerdeführer haben aber, wie schon oben aufgezeigt, nicht beantragt, dass die Baubehörde ihnen als Grundeigentümern einen Beseitigungsauftrag erteilen soll.
Da somit weder baubewilligungspflichtige Maßnahmen gesetzt wurden, noch die Erteilung eines Bauauftrages bei der vorliegenden behaupteten konsenslosen Bauführung an einen anderen als den Grundeigentümer in Betracht kam, ist der Gemeinderat zu Recht mit einer Zurückweisung des Ansuchens vorgegangen. Die Beschwerde gegen den dies billigenden Vorstellungsbescheid erwies sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. August 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997050082.X00Im RIS seit
24.11.2000Zuletzt aktualisiert am
19.07.2017