Entscheidungsdatum
11.09.2017Index
L24009 Gemeindebedienstete WienNorm
UFG Wr 1967 §1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richter Mag.a Hornschall als Vorsitzende, Mag.a Jilek-Viti als Berichterin, Mag. Kasper als Beisitzer und seine fachkundigen Laienrichter Mag. Hassfurther und Mag. Dr. Raab über die Beschwerde des Herrn Dipl.-Ing. B. E., vertreten durch Rechtsanwalt, vom 23.12.2014, gegen den Bescheid der Magistratsdirektion - Personalstelle S., vom 04.12.2014, Zl. P 691/WL, betreffend Dienstunfall gemäß § 2 Z 10 UFG
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Angefochtener Bescheid, Beschwerde und Verfahrensgang
1. Der Spruch des angefochtenen Bescheides vom 04.12.2014, Zahl P 691/WL, gerichtet an den Beschwerdeführer, lautet wie folgt:
„I.
Der Magistrat der Stadt Wien stellt gemäß § 7 Abs. 6 des Unfallfürsorgegesetzes 1967 (UFG 1967) LGBL.Nr. 8/1969 in der Fassung LGBL Nr. 49/2013 fest, dass Sie am 18.09.2014 um 07.28 Uhr dadurch, dass Sie auf dem Weg zum Dienst mit dem Motorrad von einer Autofahrerin, welche den Gegenverkehr mißachtete, in einen Verkehrsunfall verwickelt wurden, keinen Dienstunfall im Sinne des § 2 Z 10 Unfallfürsorgegesetz 1967 (UFG 1967) LGBL.Nr. 8/1969 in der Fassung LGBL Nr. 49/2013 erlitten haben.
II.
Weiters wird festgestellt, dass Ihnen eine Versehrtenrente gemäß § 6 des Unfallfürsogegesetzes 1967 (UFG 1967) LGBL.Nr. 8/1969 in der Fassung LGBL Nr. 49/2013 nicht gebührt. Ein Versehrtengeld gemäß § 16 des Unfallfürsorgegesetzes 1967 (UFG 1967) LGBL.Nr. 8/1969 in der Fassung LGBL Nr. 49/2013 wird Ihnen nicht zuerkannt.“
Begründend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 2 Z 10 lit. c Unfallfürsorgegesetz 1967 (UFG 1967) im Wesentlichen zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer habe am Tag des Unfalls den Arbeitsweg von M., Ba., Haus ... aus angetreten. Dabei handle es sich nach den Personendaten des Beschwerdeführers weder um seinen ständigen Wohnsitz in G., F.-Platz, noch um den Zweitwohnsitz in G., R.-gasse. Vielmehr sei dies die Adresse von Bekannten des Beschwerdeführers, bei denen dieser übernachtet habe, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
2. Dagegen richtete sich die frist- und formgerecht eingebrachte Beschwerde des Beschwerdeführers vom 23.12.2014, mit der er die Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides geltend machte:
2.1. Ein Ermittlungsverfahren habe es de facto nicht gegeben. Der Unfallmeldung habe der Beschwerdeführer ursprünglich keine Bedeutung zugmessen. Da er zu diesem Zeitpunkt nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, habe er über die Bedeutung der einschlägigen Judikatur zu dieser Frage nicht Bescheid gewusst. Ferner habe er keine Möglichkeit zum Parteiengehör gehabt.
2.2. Er habe zusammen mit seiner Gattin das Haus in M., Ba., seit circa 3 Jahren während des Sommers durchgehend bewohnt. Es sei ihnen von einer Bekannten zur Verfügung gestellt worden, wobei sich der Beschwerdeführer an den monatlichen Regien (zB. Wassergebühren, Müllentsorgung, Gemeindeabgaben, Stromabgaben,…) beteiligt und im Sommer um die Pflege des Hauses gekümmert habe. Weiters habe er auch sein Zeitungsabonnement für diese Zeit umgeleitet. Richtig sei jedoch, dass er diese Adresse als Wohnsitz weder polizeilich, noch dem Dienstgeber gemeldet habe, dies aus Unkenntnis über die Wichtigkeit dieser Meldung.
2.3. Die Rechtsprechung und Lehre zum Begriffsumfang des Arbeitsunfalles zu § 175 ASVG sei nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf den Dienstunfall im Sinne des Unfallfürsorgegesetzes anzuwenden. Der eine Endpunkt des geschützten Weges sei die Arbeitsstätte, der andere werde im Gesetz nicht genannt, von der Rechtsprechung werde jedoch die ständige Zweitwohnung sowie ein Ausweichquartier bei Unbenützbarkeit der Wohnung als ständiger Aufenthaltsort bejaht. Maßgeblich sei, dass sich der Versicherte dort ständig aufhalte, das sei im Falle seines Sommerquartiers in M. gegeben.
2.4. Der Beschwerdeführer beantragte die Feststellung eines Dienstunfalles und die Gewährung der Versehrtenrente, in eventu die Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung vor der belangten Behörde.
3. Die belangte Behörde legte am 27.01.2015 (einlangend) die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor. Von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde Abstand genommen. Mit Schreiben vom 27.01.2015 übermittelte die belangte Behörde die Konkretisierung zur Urkundenvorlage vom 14.01.2015 durch den Beschwerdeführer (Umleitung des Zeitungsabonnements von 14.07.2014 bis 15.12.2014 nach M.).
4. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 31.05.2017 wurde die Rechtssache zur Zahl VGW-171/053/1058/2015 dem Richter Mag. Kasper von Amts wegen abgenommen und der Richterin Mag.a Viti (nunmehr Mag.a Jilek-Viti) zur Zahl VGW-171/083/1058/2015 übertragen.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
II. Das Verwaltungsgericht Wien sieht folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
1. Der Beschwerdeführer ist Dienstnehmer der Stadt Wien, konkret ist er der Personalstelle S. dienstzugeteilt und arbeitet als Streckenmanager bei den ... (Behördenakt S4).
2. Seinen Hauptwohnsitz hatte der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Unfalles in G., F.-Platz gemeldet; diese Adresse gab er auch bei der Dienststelle als ständigen Aufenthalt bekannt. Die Adresse G., R.-gasse schien bei der Dienststelle als Zweitwohnsitz auf (Behördenakt S4; S14). Hingegen hatte der Beschwerdeführer die Adresse M., Ba. weder polizeilich, noch bei der Dienststelle gemeldet (Behördenakt S14; Beschwerde S4).
3. Die Wegstrecke zwischen dem Dienstort des Beschwerdeführers in Wien, E.-straße und der Adresse in G., F.-Platz beträgt circa 17 Kilometer, jene zur Adresse in G., R.-gasse beträgt circa 18 Kilometer. Zwischen der Adresse M., Ba. und dem Dienstort liegt eine Wegstrecke von circa 23 Kilometer (Behördenakt S22-24).
4. Der Beschwerdeführer bezieht ein Zeitungsabonnement, für das er bis zum 13.07.2014 und ab dem 16.12.2014 die Adresse G., F.-Platz als Stammadresse angegeben hat. Von 14.07.2014 bis 15.12.2014 gab er als Stammadresse M., Ba. an. Er ließ das Abonnement mehrmals umleiten, so zum Beispiel vom 04.09.2013 bis 25.09.2013 nach Ga. sowie vom 01.11.2014 bis 30.11.2014 in das A. in K. (Behördenakt S32-33).
5. Am 18.09.2014 trat der Beschwerdeführer seinen Weg zum Arbeitsort in Wien, E.-straße, von M., Ba. aus an. Um circa 07.28 Uhr geriet er in einen Verkehrsunfall in M., ..., im Kreuzungsbereich der ..., bei dem er schwer verletzt wurde (Behördenakt S4; S10; S1-3).
III. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung
1. Beweise wurden erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere die dem Akt einliegende Unfallanzeige und den im Akt dokumentierten E-Mail-Verkehr. Die Feststellungen beruhen auf den jeweils in Klammern angeführten Beweismitteln und ergeben sich aus dem Akteninhalt. Der festgestellte Sachverhalt blieb ferner im gesamten Verfahren unbestritten.
2. Die Feststellungen zu den gemeldeten Adressen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem E-Mail vom 09.10.2014 (Behördenakt S14). Ferner räumt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde selbst ein, dass er die Adresse in M. weder polizeilich, noch dem Dienstgeber gemeldet hat (Beschwerde S4).
3. Die Feststellungen zum Unfallhergang sowie zu den Örtlichkeiten am Unfalltag ergeben sich aus dem Unfallbericht und wurden zudem vom Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht bestritten.
4. Die Feststellungen zum Zeitungsabonnement ergeben sich aus dem E-Mail vom 12.01.2015, das vom Beschwerdeführer im Verfahren als Beweis vorgelegt wurde.
5. Die Entfernungen zwischen den einzelnen verfahrensgegenständlichen Adressen ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Akt (Seite 22ff). Die Adresse in M., Ba. ist laut Streckenplänen nicht ein dem Dienstort näher gelegener Ort als die der Dienstbehörde gemeldeten Wohnsitze.
IV. Rechtsgrundlagen
Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über die Unfallfürsorge für die Beamten der Bundeshauptstadt Wien, ihre Hinterbliebenen und Angehörigen (Unfallfürsorgegesetz 1967 – UFG 1967) idF. LGBl. Nr. 49/2013 lauten:
„Anwendungsbereich
§ 1. (1) Dieses Gesetz regelt die Ansprüche der Beamten der Bundeshauptstadt Wien, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen auf Leistungen aus Anlaß eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit.
(2) Bei Vollziehung dieses Gesetzes sind im Einzelfall bei Frauen die Bezeichnung „Beamtin“ und die entsprechenden weiblichen Bezeichnungen (zB Ehegattin, eingetragene Partnerin, Versehrte, Anspruchsberechtigte) zu verwenden.“
„Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieses Gesetzes gilt als
[…]
10.
Dienstunfall: ein Unfall, der sich ereignet
a)
im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis;
b)
auf einem mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg zum oder vom Ort der Dienstverrichtung;
c)
auf einem mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg von oder nach dem ständigen Aufenthaltsort, wenn der Beamte wegen der Entfernung seines ständigen Aufenthaltsortes vom Ort der Dienstverrichtung an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft hat;
d)
auf einem Weg vom Ort der Dienstverrichtung oder vom ständigen Aufenthaltsort (Unterkunft) zu einer vor dem Verlassen dieses Ortes bekanntgegebenen ärztlichen Untersuchungs- oder Behandlungsstelle (freiberuflich tätiger Arzt, Ambulatorium, Krankenanstalt) oder Betriebsstätte eines Dentisten zur Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, Zahnbehandlung oder der Durchführung einer Vorsorge(Gesunden)untersuchung und anschließend auf dem Weg zurück zum Ort der Dienstverrichtung oder zum ständigen Aufenthaltsort (zur Unterkunft); hiebei ist es unerheblich, wann die ärztliche Hilfe oder die Zahnbehandlung erforderlich geworden ist;
e)
auf einem Weg vom Ort der Dienstverrichtung oder vom ständigen Aufenthaltsort (von der Unterkunft) zu einer ärztlichen Untersuchungsstelle, wenn sich der Beamte der Untersuchung auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift, einer Anordnung der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien, der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe oder einer dienstlichen Anordnung unterzieht, und anschließend auf dem Weg zurück zum Ort der Dienstverrichtung oder zum ständigen Aufenthaltsort (zur Unterkunft);
f)
bei einer mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung oder Erneuerung des Arbeitsgerätes, auch wenn dieses vom Beamten beigestellt wird;
g)
bei einer anderen Tätigkeit, zu der der Beamte durch ein vorgesetztes Organ herangezogen wird;
h)
bei der Betätigung als Mitglied einer gesetzlichen Vertretung des Personals, ferner als am selben Ort der Dienstverrichtung Beschäftigter bei der Mitwirkung an der Besorgung von Aufgaben einer gesetzlichen Vertretung des Personals im Auftrag oder auf Ersuchen eines Mitgliedes dieser Vertretung, bei einer mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Inanspruchnahme einer gesetzlichen Vertretung des Personals oder bei der Teilnahme an einer von einer gesetzlichen Vertretung des Personals einberufenen Versammlung; lit. b und c sind sinngemäß anzuwenden;
i)
beim Besuch eines Kurses, der der Vorbereitung zur Ablegung einer Dienstprüfung dient, oder einer dienstlichen Lehrveranstaltung; lit. b und c sind sinngemäß anzuwenden;
j)
beim Besuch eines beruflichen Schulungs-(Fortbildungs-)Kurses, soweit dieser Besuch geeignet ist, das berufliche Fortkommen des Beamten zu fördern; lit. b und c sind sinngemäß anzuwenden;
k)
beim Vortrag in einem beruflichen Schulungs-(Fortbildungs-)Kurs für Bedienstete der Stadt Wien, soweit der Besuch dieses Kurses geeignet ist, das berufliche Fortkommen der Bediensteten zu fördern; lit. b und c sind sinngemäß anzuwenden;
l)
beim Besuch eines Schulungskurses für Mitglieder einer gesetzlichen Vertretung des Personals oder beim Vortrag in einem solchen Schulungskurs; lit. b und c sind sinngemäß anzuwenden;
m)
beim Vortrag oder bei der Tätigkeit als Prüfer (Mitglied einer Prüfungskommission) an einer Privatschule oder einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997, oder einer medizinisch-technischen Akademie nach dem MTD-Gesetz, BGBl. Nr. 460/1992, sofern die Schule (Akademie) von der Stadt Wien erhalten wird;
n)
auf einem Weg vom Ort der Dienstverrichtung, den der Beamte zurücklegt, um während der Arbeitszeit, einschließlich der in der Arbeitszeit liegenden Arbeitspausen, in der Nähe des Ortes der Dienstverrichtung oder im ständigen Aufenthaltsort (in der Unterkunft) lebenswichtige persönliche Bedürfnisse zu befriedigen, anschließend auf dem Weg zurück zum Ort der Dienstverrichtung sowie bei dieser Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse, sofern sie in der Nähe des Ortes der Dienstverrichtung, jedoch außerhalb des ständigen Aufenthaltsortes (der Unterkunft) des Beamten erfolgt;
o)
auf einem mit der unbaren Überweisung der Bezüge zusammenhängenden Weg vom Ort der Dienstverrichtung oder vom ständigen Aufenthaltsort (von der Unterkunft) zu einem Geldinstitut zum Zweck der Behebung der Bezüge und anschließend auf dem Weg zurück zum Ort der Dienstverrichtung oder zum ständigen Aufenthaltsort (zur Unterkunft);
p)
auf einem Weg zum oder vom Ort der Dienstverrichtung, der im Rahmen einer Fahrgemeinschaft von Bediensteten der Stadt Wien zurückgelegt worden ist, die sich auf einem in der lit. b genannten Weg befinden;
qu)
auf einem Weg zum oder vom Ort der Dienstverrichtung mit dem Zweck, eine minderjährige Person zu einer Kinderbetreuungseinrichtung, zur Tagesbetreuung, in fremde Obhut oder zu einer Schule zu bringen oder von dort abzuholen, sofern für die minderjährige Person eine Aufsichtspflicht besteht; vom Erfordernis der Minderjährigkeit wird abgesehen, wenn die begleitete Person die in § 12 Abs. 2 Z 1 oder 3 genannten Voraussetzungen erfüllt;
verbotswidriges Handeln schließt die Annahme eines Dienstunfalles nicht aus;
[…]“
V. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 1 Abs. 1 UFG 1967 regelt das Unfallfürsorgegesetz die Ansprüche der Beamten der Bundeshauptstadt Wien, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen auf Leistungen aus Anlass eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit. Das Vorliegen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit ist daher unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung eines Anspruches aus dem UFG 1967. § 2 Z 10 UFG 1967 definiert den Begriff des Dienstunfalles. Gemäß dessen lit. c ist ein Dienstunfall ein Unfall, der sich ereignet auf einem mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg von oder nach dem ständigen Aufenthaltsort, wenn der Beamte wegen der Entfernung seines ständigen Aufenthaltsortes vom Ort der Dienstverrichtung an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft hat.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht § 2 Z 10 UFG 1967 im Wesentlichen dem § 175 ASVG. Die Rechtsprechung und Lehre zum Begriffsumfang des Arbeitsunfalles ist daher auch auf den Dienstunfall iSd UFG anzuwenden (VwGH 24.9.1997, 95/12/0333; 19.03.2003, 97/12/0368).
Die polizeiliche Meldung sagt über den "wahren Wohnort" nichts Entscheidendes aus (VwGH 24.09.1997, 95/12/0333). Als "ständiger Aufenthalt" im Sinne des § 175 Abs 2 Z 1 ASVG kommt nur ein Ort in Betracht, der obwohl eine tägliche Reise von und nach der Arbeitsstätte unwirtschaftlich und unzumutbar ist, noch als Mittelpunkt der privaten Lebensinteressen des Arbeitnehmers angesehen werden kann, weil er dem Zusammenleben der Familie und der Durchführung der sonst in der Wohnung erforderlichen Haushaltsverrichtungen dient und häufig und regelmäßig an arbeitsfreien Tagen auch aufgesucht wird (OGH 08.3.1988, 10ObS24/88; 10ObS75/88; 10ObS83/88; 10ObS153/88; 10ObS210/89; 10ObS254/92; 10ObS60/93; 10ObS204/93; 10ObS209/95; 10ObS225/97d; 10ObS212/00z; 10ObS17/07h; 10ObS47/07w; 10ObS71/07z). Ob eine Wohnung als Mittelpunkt der privaten Lebensinteressen der betreffenden Person bezeichnet werden kann, hängt von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles ab (OGH 26.6.2007, 10 ObS 71/07z). Verfügt der Versicherte - ausnahmsweise - über zwei gleichwertige „ständige" Aufenthaltsorte, so ist gemäß § 175 Abs 2 Z 1 ASVG der Weg von jedem dieser beiden ständigen Aufenthaltsorte zur Arbeitsstätte geschützt (OGH 11.5.2007, 10 ObS 47/07w). Es könne niemandem verwehrt werden, sich mehrere Wohnungen einzurichten, wenn nur der Wille deutlich erkennbar werde, dass diese zweite Wohnung tatsächlich als zweiter Wohnsitz der Familie anzusehen sei und nicht nur vorübergehend, etwa aus Gründen der Erholung (Sommerfrische) oder für sonstige andere Gelegenheiten, benützt werde (OLG Wien 35 R 158/84, SSV 24/84).
3. Gegenständlich war zu klären, ob es sich bei dem Unfall am 18.09.2014, bei dem der Beschwerdeführer verletzt wurde, um einen Dienstunfall im Sinne des § 2 Abs. 10 UFG 1967 handelte und gegebenenfalls, ob dem Beschwerdeführer dadurch Ansprüche nach dem UFG 1967 entstanden sind. Maßgeblich für die Beurteilung dieser Frage ist, ob die Adresse in M., Ba., von wo aus der Beschwerdeführer am 18.09.2014 den Weg zu seinem Arbeitsplatz in Wien, E.-straße angetreten hat, als ständiger Aufenthaltsort des Beschwerdeführers fungiert. Dies war aus folgenden Gründen zu verneinen:
3.1. Zentrales Element für die Begründung eines ständigen Aufenthaltes ist, der deutlich erkennbare Wille tatsächlich einen zweiten Wohnsitz begründen und nicht nur vorübergehend die Wohnung benützen zu wollen. Dies konnte der Beschwerdeführer jedoch gerade nicht darlegen. Zwar gab der Beschwerdeführer an, sich an den monatlichen Regien und der Pflege des Hauses in M., Ba. beteiligt zu haben, er räumte jedoch mehrmals ein, sich lediglich in den Sommermonaten in diesem Haus aufzuhalten. Selbst wenn er sich also in den Sommermonaten regelmäßig an der Adresse in M., Ba. aufgehalten hat, so kann schon aus diesem Grund (auch im Hinblick auf die Rechtsprechung wonach bei Aufenthalten zur Sommerfrische ein ständiger Aufenthalt verneint wird) nicht von einem deutlich erkennbaren Willen dort auch einen Wohnsitz zu begründen ausgegangen werden. Vielmehr ist gerade in diesem Fall von einer vorübergehenden Benützung des Hauses auszugehen.
3.2. Auch die Umbestellung des Zeitungsabonnements ist kein ausreichendes Element für die Begründung eines ständigen Aufenthalts in M., Ba., zumal der Historie der Zustelladressen des Zeitungsabonnements zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer die Zeitung auch bei kurzen Aufenthalten, wie zum Beispiel in Ga. oder bei seinem Rehabilitationsaufenthalt in K., umleiten ließ. Die Umleitung des Zeitungsabonnements erfolgte auch lediglich für 5 Monate, somit ist dieser Aufenthaltsort im Jahresverlauf nicht als ständig anzusehen.
3.3. Der Umstand, dass er keine Kenntnis von der Wichtigkeit der Meldung des Wohnsitzes an den Dienstgeber hatte ist für die Beurteilung der Frage des Vorliegens eines Dienstunfalles, auch im Hinblick darauf, dass es nicht auf eine (polizeiliche) Meldung, sondern auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles ankommt, unerheblich. Diese Nicht-Meldung des Wohnsitzes deutet aber darauf hin, dass gerade kein Wille des Beschwerdeführers vorliegt, einen nicht nur vorübergehenden Wohnsitz in M., Ba. zu begründen. Hätte der Beschwerdeführer nämlich die Absicht einen ständigen Aufenthalt an dieser Adresse zu begründen, ist er auf § 35 DO 1994 zu verweisen, wonach die Änderung des Wohnsitzes eine Meldepflicht gegenüber dem Dienstgeber begründet hätte.
3.4. Ferner kann ausgeschlossen werden, dass die Unterkunft in M., Ba. dem Dienstort näher gelegen ist, als der ständige Wohnsitz des Beschwerdeführers in G., F.-Platz, zumal die Entfernung zwischen Dienstort und erstgenannter Adresse circa 23 Kilometer beträgt, wohingegen die zweitgenannte Adresse lediglich circa 17 Kilometer vom Dienstort des Beschwerdeführers entfernt ist.
4. Das Vorliegen eines Dienstunfalles im Sinne des § 2 Z 10 UFG 1967 war somit zu verneinen und spruchgemäß zu entscheiden.
5. Mangels Vorliegens eines Dienstunfalles erübrigte sich auch die Prüfung etwaiger Ansprüche aus dem UFG 1967, für deren Entstehen das Vorliegen eines Dienstunfalles eine notwendige Voraussetzung ist (§ 1 Abs. 1 UFG 1967).
6. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien konnte gemäß § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Von der Einvernahme der vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen konnte abgesehen werden, da sich der festgestellte maßgebende Sachverhalt bereits aus dem Akteninhalt ergab und zudem unbestritten blieb. Dass sich der Beschwerdeführer ausschließlich vorübergehend während der Sommermonate an der Adresse in M., Ba. aufhielt, hat er mehrmals im Verfahren bekräftigt. Dieser Umstand war für die Beurteilung der Frage, ob ein ständiger Aufenthalt begründet wurde, ausschlaggebend.
7. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Dienstunfall, ständiger Aufenthaltsort, WohnsitzAnmerkung
VwGH v. 22.2.2018, Ra 2017/09/0053European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.171.083.1058.2015Zuletzt aktualisiert am
15.03.2018