TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/3 I414 2118114-1

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Veröffentlicht am 03.11.2017
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Entscheidungsdatum

03.11.2017

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z4

Spruch

I414 2118114-1/14.E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (Vers. Nr. XXXX), vertreten durch Dr. Obermoser Wirtschaftstreuhand GmbH, St. Johanner Straße 49a, 6370 Kitzbühel, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Tirol vom 27.10.2015, AZ.: XXXXXXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 4 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG) stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 27.10.2015, AZ.: XXXXXXXX, stellte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Tirol (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) gemäß § 194 Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) iVm § 410 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) fest, dass XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet) im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliege. Weiters sprach die belangte Behörde aus, dass die monatliche Beitragsgrundlage für das Kalenderjahr 2013 monatlich € 543,82 betrage. Die monatliche Pensionsversicherung € 100,61 und in der Krankenversicherung € 41,60 betrage. Darüber hinaus stellte die belangte Behörde einen monatlichen Beitragszuschlag von € 13,23 für das Beitragsjahr 2013 fest.

Begründend führt die belangte im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer ab dem 04.09.2007 Kommanditist der "XXXX KG" sei. Der Versicherungserklärung vom 14.09.2011 sei von der steuerlichen Vertretung der Gesellschafts- und Zusammenschlussvertrag der Firma "XXXX KG" beigelegt worden, aus dieser sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer als Kommanditist der "XXXX KG" weder über Geschäftsführungsbefugnisse verfüge, noch in der Firma mittätig sei. Gesellschaftsrechtlich sei der Beschwerdeführer als Kommanditist mit 10% am Gesellschaftskapital/Gewinn/Verlust beteiligt. Am 06.05.2015 sei der belangten Behörde die Daten des Einkommensteuerbescheides 2013 – Bescheiddatum vom 12.12.2014 - übermittelt worden. Dabei sei bescheidmäßig festgestellt worden, dass die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb im Jahre 2013 € 6.525,89 betrugen.

Seit dem 01.03.2011 beziehe der Beschwerdeführer von der belangten Behörde eine Erwerbsunfähigkeitspension.

Darüber hinaus bestehe gemäß § 8 ASVG iVm § 2 GSVG aufgrund der Pflichtversicherung nach dem GSVG im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem ASVG.

Nach Durchsicht des Gesellschaftsvertrages sei festzustellen, dass die Gesellschafterstellung als Kommanditist über eine reine Kapitalgeberfunktion hinausgehe. Laut § 6 des Gesellschaftervertrages werde über entsprechende Vorwegbezüge für die Arbeitsleistung des Komplementärs von der Gesellschaft von Jahr zu Jahr entschieden. Dass der Beschwerdeführer zu 100% (Anmerkung: gemeint wohl 10%) am Gesellschaftskapital beteiligt sei, entscheide er somit als Kommanditist über die Vorwegbezüge des Komplementärs und habe dadurch eine Einflussnahme auf die gewöhnliche Geschäftsführung.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch den ausgewiesenen Vertreter, Dr. Obermoser Wirtschaftstreuhand GmbH, fristgerecht am 27.10.2015 Beschwerde. Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass es in keiner Weise nachvollziehbar sei, wie die belangte Behörde auf eine Beteiligung von 100% an Gesellschaftskapital vom Beschwerdeführer komme. Wie eindeutig und durchgängig zu entnehmen sei, bestehe zwischen dem Komplementär und dem Kommanditisten ein Anteilsverhältnis von 90% zu 10%.

Gemäß diesem Beteiligungsverhältnis seien auch die Beschlüsse über die Vorwegbezüge des Komplementärs zu fassen. Das heißt auf Grund der lediglich 10%igen Anteile habe sein Mandant schlichtweg keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft.

Kommanditisten, deren Beteiligung entsprechend dem gesetzlichen Regelmodell einer Kommanditgesellschaft sei, seien nicht erwerbstätig und somit nicht pflichtversichert, da ihre Rechte und Pflichten vom Gesetz so beschränkt seien, dass ihre Tätigkeit nicht als selbstständige Erwerbstätigkeit angesehen werden könne.

Dem Konzept der fairen Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung entsprechend seien Kommanditisten dann pflichtversichert, wenn der Kommanditist in gleicher Weise mitunternehmerisch tätig werde, dies entspräche auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Der Komplementär hätte neben einer Tätigkeitsvergütung, welche bei der Gewinnermittlung der KG Berücksichtigung finde, Anspruch auf 90% des verbleibenden Gewinnes. Daher lasse sich ableiten, dass es sich um eine reine Kommanditbeteiligung handle, bei welcher lediglich eine reine Kapitalbeteiligung und keine aktive Tätigkeit seitens des Kommanditisten vorliegen würden. Dem Beschwerdeführer seien vertragsrechtlich keinerlei Geschäftsbefugnisse eingeräumt worden, auch sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich, Maßnahmen die die Geschäftsführung beträfen zu beschließen oder zu verhindern. Auch seien die ausschlaggebenden Elemente der selbständigen Erwerbstätigkeit wie Unternehmensinitiative und Übernahme von Unternehmensrisiko wie von der belangten Behörde ausgeführt wurde, lägen bei dem Beschwerdeführer nicht vor.

Die jährlich wiederkehrenden Beschlüsse über die Vorwegbezüge würden sohin keinesfalls die Einbeziehung in die Pflichtversicherung rechtfertigen.

3. Mit Beschwerdevorlage vom 04.12.2015 wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Verfahrensakten samt Stellungnahme vorgelegt. Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen wurde im Wesentlichen angeführt, dass im verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 27.10.2015 irrtümlich die Beteiligung des Beschwerdeführers als Kommanditist am Gesellschaftskapital mit 100% bezeichnet worden sei. Richtigerweise hätte es zu lauten gehabt, dass die Beteiligung am Gesellschaftskapital 10% betragen würde. Diese Korrektur ändere jedoch nichts an den übrigen Ausführungen des Bescheides. Sowohl in § 6 des Gesellschafts- und Zusammenschlussvertrages –letzter Absatz-, als auch in § 8 sei übereinstimmend die Einstimmigkeit der Gesellschafterbeschlüsse festgelegt. In § 6 beschließe die Gesellschaft über die Vorwegbezüge für die Arbeitsleistung des Komplementärs und bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter. Da laut Bestimmung des Gesellschaftervertrages alle Beschlüsse einstimmig zu beschließen seien, knüpfen daran entsprechende Mitwirkungsrechte an.

Grundsätzlich bestehe bei Kommanditgesellschaften keine Verpflichtung zur Vertragserrichtung und hätte in diesen Fall eine Beurteilung nach den Bestimmungen des Unternehmensgesetzbuches (kurz UGB) zu erfolgen. Entsprechen der Judikatur sei in den Fällen, in welchen ein Vertrag errichtet wurde, nach dem Wortlaut des Vertragswerkes vorzugehen und sollte genau aufgelistet werden, für welche Geschäfte Gesellschafterbeschlüsse vorgesehen seien. Somit sei für alle Geschäfte ein Gesellschaftsbeschluss aller Gesellschafter erforderlich, weshalb daraus eine Einflussnahme auf die gewöhnliche Geschäftsführung abzuleiten wäre.

4. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26.09.2016 wurde die gegenständliche Rechtsache der Gerichtsabteilung I414 zugewiesen.

5. Am 10.10.2017 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Anlässlich dieser Verhandlung wurde der Beschwerdeführer, und der Geschäftsführer der KG, einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck zur FN XXXX am 04.09.2007 eingetragene Kommanditgesellschaft führte den Firmenwortlaut "XXXX KG". Die Gesellschaft wurde mit 24.02.2016 aufgelöst. Unternehmensgegenstand der Gesellschaft war die Führung eines Gastronomie- und Beherbergungsbetriebes.

Der Eintragung des Beschwerdeführers als Kommanditist der XXXX KG lag ein, zwischen XXXX und dem Beschwerdeführer, Gesellschaftervertrag und Zusammenschlussvertrag zugrunde.

Dieser lautet Auszugweise, wörtlich wiedergegeben, wie folgt:

[ ]

"§ 3 Gegenstand des Unternehmens

Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft ist die Betreibung von Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben.

[ ]

§ 5 Stellung der Gesellschafter

Herr XXXX übt die Stellung in der Gesellschaft als Kommanditist und Herr XXXX als Komplementär aus.

§ 6 Einlagen

Herr XXXX bringt im Sinne des Umgründungssteuergesetzes, BGBl 1991/699 gemäß Art. IV. sein bisheriges protokollierte Einzelunternehmen "Cafe XXXX" als Sacheinlage gemäß § 23 Abs. 2 UmGrStG in die neu gegründete KG ein. Der Sacheinlagewert beträgt €

85,17 darüber hinaus leistet Herr XXXX eine bare Zuzahlung von €

914,83, sodass das gesamte Kommanditkapital € 1.000,00 beträgt.

Liegenschaften werden nicht an die KG übertragen bzw. eingebracht. Herr XXXX macht von der Möglichkeit Gebrauch, das bisherige betriebsnotwendige bebaute Grundstück EZ XXXX GB XXXX nicht auf die Mitunternehmerschaft zu übertragen, sondern ihr nut zur Nutzung zu überlassen und das Grundstück daher durch Nichtansatz in der Übertragungsbilanz nach § 16 Abs. 5 Z 3 UmGrStG zurückbehält. Ein entsprechender Nutzungsvertrag wird gesondert abgeschossen.

Herr XXXX bringt seine Arbeitskraft in die Gesellschaft ein.

Gewinn und Verlust bzw. Vermögen der Gesellschaft wird im Verhältnis XXXX 90 % und XXXX 10 % aufgeteilt. Über entsprechende Vorwegbezüge für die Arbeitsleistung des Komplementärs beschließt die Gesellschaft von Jahr zu Jahr.

§ 7 Geschäftsführung und Vertretung

Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft obliegt ausschließlich dem persönlich haftenden Gesellschafter. Der Kommanditist ist davon ausgeschlossen.

Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgehen, bedürfen der Zustimmung des Kommanditisten.

§ 8 Gesellschafterbeschlüsse

Gesellschafterbeschlüsse bedürfen der Zustimmung aller Gesellschafter.

[ ]

§ 10 Jahresabschluss

Das erste Geschäftsjahr endet an dem der Gesellschaftsgründung folgenden 31. Dezember; die folgenden Geschäftsjahre stimmen mit dem Kalenderjahr überein.

Der Jahresabschluss ist nach den Bestimmungen des Unternehmensgesetzbuches unter der Verantwortung der Komplementärgesellschaft aufzustellen.

§ 11 Rechte der Gesellschafter

Die Gesellschafter haben das Recht, jederzeit vom Komplementär über die Geschäftsgebarung im Allgemeinen wie im besonderen Auskunft zu verlangen. Sie können zu diesem Zweck während der Geschäftsstunden jederzeit Einsicht in die Buchhaltung, Korrespondenz und die sonstigen Geschäftsunterlagen nehmen.

[ ]

Kufstein, am 01.08.2007

Unterschriften".

1.2. Mit Schreiben vom 12.05.2015 wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde mitgeteilt, dass diese die Daten des Einkommensbescheides 2013 erhalten habe, welche Einkünfte aus Gewerbebetrieb enthalten. Bei Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen, sei der Beschwerdeführer vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 in der GSVG- Pensions- und Krankenversicherung der Pflichtversicherung unterlegen.

1.3. Die Daten des Einkommensteuerbescheides vom 10.12.2014 für das Jahr 2013 weisen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 9.449,40, Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 6.525,89, sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von €

5.241,72 aus.

1.4. Am 21.08.2015 beantragte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Feststellung der vorgeschriebenen Beiträge für das Jahr 2013.

1.5. Der Beschwerdeführer verfügte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über keine Geschäftsführerbefugnis, er hatte keinen Einfluss auf die gewerberechtliche Geschäftsführung oder übte im Betrieb eine Tätigkeit aus.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere den darin enthaltenen Gesellschafts- und Zusammenschlussvertrag, und aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Kommanditist der "XXXX KG" war, ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug.

Die zu den vom Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Kalenderjahr erzielten Einkünften getroffenen Feststellungen gründen auf den Einkommenssteuerbescheid vom 10.12.2014.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer keinen Einfluss auf die gewerberechtliche Geschäftsführung hatte oder dass er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Betrieb mittätig war, gründet sich einerseits aus der Einvernahme des Beschwerdeführers, andererseits auf der damit im Wesentlichen übereinstimmenden Zeugenaussage des Komplementärs durch das Bundesverwaltungsverwaltungsgericht im Zuge der mündlichen Verhandlung am 10.10.2017.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 194 GSVG iVm § 414 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG auf Antrag einer Partei, welche gleichzeitig mit der Beschwerde oder dem Vorlageantrag oder binnen vier Wochen ab Zustellung der Beschwerde einzubringen ist, durch einen Senat.

Ein diesbezüglicher Antrag wurde nicht gestellt, weshalb Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

Im gegenständlichen Verfahren ist im Wesentlichen die Frage zu klären, ob die für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 erfolgte Einbeziehung des Beschwerdeführers in die Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG zu Recht erfolgt ist.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezieht sich darauf, dass ihm keine Geschäftsbefugnisse eingeräumt worden seien. Es sei auch in keiner Weise nachvollziehbar, wie die belangte Behörde auf eine Beteiligung des Beschwerdeführers von 100% am Gesellschaftskapital komme, wie den Gesellschaftsvertrag eindeutig und durchgängig zu entnehmen sei, bestehe zwischen den Komplementär und dem Kommanditisten ein Anteilsverhältnis von 90% zu 10%.

Richtig ist, dass die belangte Behörde in der Bescheidbegründung irrtümlich die Beteiligung des Beschwerdeführers als Kommanditist am Gesellschaftskapital mit 100% bezeichnete. Richtigerweise hätte es zu lauten gehabt, dass die Beteiligung des Beschwerdeführers am Gesellschaftskapital 10% beträgt. Es handelt sich dabei um eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit, durch diesen offensichtlichen Fehler wird der Bedeutungsgehalt der Begründung jedoch nicht verändert. Nach der ständigen Judikatur beruht eine Unrichtigkeit dann "offenbar auf einem Versehen", wenn sie für die Partei klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können, dies trifft im vorliegenden Fall zu. Abgesehen von dieser einmaligen offensichtlichen Unrichtigen Bezeichnung, wurde die Beteiligung am Gesellschaftskapital an anderer Stelle in der Bescheidbegründung richtig bezeichnet. Ebenfalls geht aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Gesellschaftsvertrag und Zusammenschlussvertrag nach § 6 eindeutig hervor, dass der Gewinn und Verlust beziehungsweise das Vermögen der Gesellschaft im Verhältnis Komplementär 90% und Kommanditist 10% aufgeteilt wird.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 erster Satz GSVG unterliegen der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund der betrieblichen Tätigkeit nicht schon eine Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6 GSVG) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen.

Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG richtet sich nach der Einkommensteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die die Versicherungsgrenzen übersteigenden Einkünfte der in § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach dieser Bestimmung besteht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum weiter ausgeübt wurde und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist (VwGH 24.01.2006, Zl. 2003/08/0231).

Im gegenständlichen Beschwerdefall liegt ein rechtskräftiger – für das Verwaltungsgericht bindender – Einkommenssteuerbescheid der für den Beschwerdeführer zuständigen Abgabenbehörde für das beschwerdegegenständliche Kalenderjahr vor.

Mit der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG hat der Gesetzgeber auch das "Ziel der Harmonisierung mit dem Steuerrecht" verfolgt und dazu ausdrücklich auf bestimmte Einkunftsarten nach dem EStG 1988 Bezug genommen, die eine selbständige, auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Erwerbstätigkeit voraussetzen, nämlich auf Einkünfte aus "selbständiger Arbeit" im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 3 iVm. § 23 EStG 1988, somit aus einer "selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt" (§ 23 Z. 1 EStG 1988). Einkünfte, die steuerlich diesen Einkunftsarten zuzuordnen sind, können daher nicht als der Privatsphäre zugehörig angesehen werden (vgl. VwGH 11.09.2008, Zl. 2006/08/0243 mwN).

§ 23 des Einkommenssteuergesetzes 1988 (EStG 1988) lautet:

"Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 3 Z 3)

§ 23. Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind:

1. Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.

2. Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (wie insbesondere offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften), sowie die Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen haben.

3. Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24."

In seinen Erkenntnissen vom 11.09.2008, Zl. 2006/08/0041 und vom 11.09.2008, Zl. 2006/08/0243 hat sich der Verwaltungsgerichtshof eingehend mit der Frage der Pflichtversicherung eines Kommanditisten und der Frage der "neuen Selbständigkeit" auseinandergesetzt.

Demnach unterfallen der "neuen Selbständigkeit" (1) selbständig erwerbstätige Personen, die (2) auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit (3) bestimmte Arten von Einkünften im Sinne des EStG 1988 beziehen. Damit nimmt der Gesetzgeber sowohl auf die selbständige Tätigkeit, als auch auf die betriebliche Tätigkeit Bezug, zum einen ausdrücklich und zum anderen indirekt durch die Bezugnahme auf die §§ 22 und 23 EStG 1988.

Kommanditisten werden nur dann in die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG einbezogen, wenn sie selbständig erwerbstätig sind. Tätigkeitsvergütungen, die Kommanditisten mit "Mitunternehmer" – Status aus allfälligen, für die Gesellschaft im Rahmen von Arbeits- oder sonstigen Dienstleistungsverhältnissen erzielen, werden als Sonderbetriebseinnahmen den Einkünften aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 EStG oder aus Gewerbebetrieb gemäß § 23 EStG zugeordnet (Brameshuber in Neumann, GSVG für Steuerberater, Rz. 159 zu § 2; siehe dazu auch Scheiber in Sonntag, a.a.O., Rz. 106a zu § 2).

Bringt der Kommanditist jedoch Dienstleistungen in die Gesellschaft ein, übernimmt er typische unternehmerische Aufgaben (z.B. Geschäftsführungsbefugnisse) oder (und) trägt er ein Unternehmensrisiko, das über eine Haftungseinlage hinausgeht (z.B. Pflicht zur Verlustabdeckung im Innenverhältnis), liegt eine Erwerbstätigkeit vor, die nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG die Sozialversicherungspflicht nach sich zieht (Scheiber in Sonntag, a.a.O., Rz 105 zu § 2 mwN).

Nach § 164 UGB sind in der KG die Kommanditisten grundsätzlich von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen; sie können einer Handlung der unbeschränkt haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgeht. Ob ein Geschäft zu den gewöhnlichen Betriebsgeschäften gehört, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden. Maßgebend ist dabei der Gesellschaftsvertrag, Art und Umfang des Betriebes und Art, Größe und Bedeutung des Geschäftes für den Betrieb (vgl. Torggler-Kucsko in Straube, HGB-Kommentar2, Rz 4 zu § 116; SZ 32/104). Der Gesellschaftsvertrag kann Abweichendes anordnen (vgl. Torggler-Kucsko, a.a.O., Rz 5 zu § 164).

Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder steht ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der KG zu, dann ist es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht wird sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am "operativen Geschäft" beteiligt oder im Unternehmen anwesend ist (VwGH 11.09.2008, Zl. 2006/08/0041).

Die belangte Behörde führt aus, dass aus dem Gesellschaftsvertrag und Zusammenschlussvertrag § 6 ersichtlich sei, dass über die Vorwegbezüge für die Arbeitsleistung des Komplementärs von der Gesellschaft von Jahr zu Jahr zu entscheiden sei. Da der Beschwerdeführer als Kommanditist zu 10% am Gesellschaftskapital beteiligt sei, entscheide er über die Vorwegbezüge des Komplementärs und hätte dadurch einen Einfluss auf die gewöhnliche Geschäftsführung.

Aus der gesellschaftsvertraglichen Regelung der Kapitaleinbringung und zur Gewinn- und Verlustaufteilung zwischen der Komplementärin und dem Mitbeteiligten können keine Einflussmöglichkeiten auf den (gewöhnlichen) Geschäftsbetrieb abgeleitet werden, die über die in den §§ 161 ff UBG geregelten Befugnisse eines Kommanditisten hinausgehen würden (VwGH v. 09.09.2015, 2013/08/0168).

Weder aus der vertraglichen Zurverfügungstellung von Sonderbetriebsvermögen noch aus den Regelungen zur Kapital- und Betriebsmitteleinbringung eines Kommanditisten und seiner Gewinn- und Verlustbeteiligung könne Einflussmöglichkeiten auf den (gewöhnlichen) Geschäftsbetrieb abgeleitet werden, die in den §§ 161 UGB geregelten Befugnisse eines Kommanditisten hinausgehen würden (VwGH v. 02.09.2013, 2011/08/0357).

Der Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer als Kommanditist über die Vorwegbezüge des Komplementärs entscheide und dadurch einen Einfluss auf die gewöhnliche Geschäftsführung hat, kann nicht zugestimmt werden. Die Vorwegbezüge für die Arbeitsleistung des Komplementärs haben Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustbeteiligung der Gesellschaft, eine Einflussmöglichkeit des Kommanditisten auf den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb kann daher nicht abgeleitet werden.

Der Gesellschaftsvertrag regelt im § 7 – Geschäftsführung und Vertretung - ausdrücklich, dass die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft nur dem Komplementär obliegt. Der Kommanditist ist davon ausgeschlossen. Der Zustimmung des Kommanditisten bedürfen Handlungen, die über den gewöhnlichen Betreib der Gesellschaft hinausgehen.

Dem Beschwerdeführer sind daher Geschäftsführungsbefugnisse aus dem Gesellschaftsvertrag ausdrücklich nicht eingeräumt und auch für ihn nicht ableitbar. Der Beschwerdeführer brachte auch keine Dienstleistungen in die Gesellschaft ein und er übernahm keine typischen unternehmerischen Aufgaben, daher liegt keine Erwerbstätigkeit vor die nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG die Sozialversicherungspflicht nach sich zieht.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B) – Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einkommenssteuerbescheid, Geschäftsführung, Gesellschaft,
Pflichtversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I414.2118114.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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