TE Vwgh Erkenntnis 2000/8/29 99/05/0169

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Veröffentlicht am 29.08.2000
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;

Norm

BauO NÖ 1976 §103 Abs1;
BauO NÖ 1976 §35 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Ing. Alois Hofbauer in Gföhl, vertreten durch Dr. Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien I, Domgasse 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Februar 1999, Zl. RU1-V-85121/10, berichtigt mit Bescheid vom 9. März 1999, Zl. RU1-V-85121/10, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Parteien: 1. Josef und Margit Ettenauer in Gföhl, Brunnkandlallee 34, 2. Stadtgemeinde Gföhl, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. Mai 1985 hatte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Erstmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses samt Garage auf dem Grundstück Nr. 917/29, KG Gföhl, erteilt. Die Errichtung der Garage sahen die mitbeteiligten Bauwerber an der Grundgrenze des Beschwerdeführers vor. Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 28. Juli 1987 wurde dieser Baubewilligungsbescheid rechtskräftig. Eine dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung blieb ebenso erfolglos wie seine dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde, die dieser mit Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, Zl. 88/05/0171, abgewiesen hat. Schon in diesem Erkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die mitbeteiligten Bauwerber auf Grund der ihnen erteilten Baubewilligung zur Errichtung der Garage an der Grenze zum Grundstück des Beschwerdeführers berechtigt seien. Ausdrücklich führte der Verwaltungsgerichtshof damals in den Entscheidungsgründen aus, dass diese zulässige Bauführung auf der Nachbarliegenschaft auch nicht durch den an der Grundgrenze errichteten Zaun des Beschwerdeführers zu verhindern gewesen sei.

Mit Bescheid vom 3. Oktober 1989 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Erstmitbeteiligten eine Teilbenützungsbewilligung für das neu errichtete Wohnhaus, wobei festgestellt wurde, dass die Benützungsbewilligung für die Garage erst nach Behebung eines noch bestehenden Mangels erteilt werden könne, es sei nämlich noch die Garagenaußenseite gegen das Grundstück des Beschwerdeführers "gegen Eindringen von Feuchtigkeit und Witterung geschützt auszuführen".

Die gegen eine im innergemeindlichen Instanzenzug ergangene Duldungsverpflichtung, mit der ausgesprochen worden war, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, im Zusammenhang mit der Errichtung der Außenfassade der Garage das Betreten seines Grundstückes aus zu dulden, nach Abweisung seiner Vorstellung erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. Jänner 1993, Zl. 92/05/0222, abgewiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausgeführt, dass den mitbeteiligten Bauwerbern das aus der in Rechtskraft erwachsenen Baubewilligung erfließende Recht zustand, an der Grundgrenze die baubehördlich bewilligte Garage zu errichten, und der Beschwerdeführer verpflichtet sei, die Arbeiten, die zur Herbeiführung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes erforderlich seien, von seinem Grundstück aus zu dulden.

Wie der Beschwerdeführer in der gegenständlichen Beschwerde ausführt, konnte er verhindern, dass die Bezirkshauptmannschaft Krems die Duldungsverpflichtung im Zwangsvollstreckungsverfahren durchsetzte.

Nachdem der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Bauwerbern mit Bescheid vom 4. Februar 1993 die beantragte Benützungsbewilligung für die Garage erteilt hatte, führte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 11. Juli 1993 an die mitbeteiligte Stadtgemeinde aus, die Baubewilligung für die Garage an der Grundgrenze sei am 2. Juli 1993 erloschen. Der Baubeginn für die konsenslose Baulichkeit sei im Juni 1986 erfolgt. Die Teilbenützungsbewilligung für das Wohnhaus sei am 3. Oktober 1989 erteilt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei auch die Garage fertig gestellt gewesen, bis auf die Ausführung der Brandmauer nach "§ 35 Abs. 1 und 3" an der Grundgrenze. Nun hätten auch die Bauwerber eingesehen, dass die äußere Brandmauer nicht fertig gestellt werden könne, am 3. Februar 1993 sei eine dem § 35 Abs. 1 und 3 BO widersprechende Alu-Verblechung angebracht worden. Am oberen Rand der Brandmauer sei eine 25 cm breite Holzverschalung angebracht und mit Alublech abgedeckt worden. Bei Feuer brenne die Holzverschalung ab und falle mit dem Blech direkt auf den hölzernen Gartenzaun des Beschwerdeführers. Eine Zustimmung zu der Verblechung sei vom Beschwerdeführer weder eingeholt noch erteilt worden. Die konsenslose Baulichkeit sei im Seitenabstand zu Unrecht bewilligt worden, dem Beschwerdeführer komme ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Beseitigungsauftrages zu. Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag auf Erteilung eines Beseitigungsauftrages für die konsenslose Baulichkeit im Seitenabstand nach § 113 Abs. 2 Z. 3 der NÖ BO.

Mit Schreiben vom 4. August 1993 teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Beschwerdeführer mit, dass ihm auf Grund seines Schreibens vom 11. Juli 1993 bekannt gegeben werde, dass die Erstmitbeteiligten ihre Garage nicht ungesetzlich benützten. Für die Errichtung dieser Garage sei am 28. Juli 1987 eine baubehördliche Bewilligung erteilt worden. Die Vollendungsfrist für die Fertigstellung dieser Baulichkeit sei deshalb nicht ungenützt verstrichen, weil bereits am 4. Februar 1993 eine Benützungsbewilligung für die Garage erteilt worden sei. Es bestehe daher für die Baubehörde auch kein Anlass, den Eigentümern dieses Bauwerks einen Abbruchauftrag zu erteilen. Die im Schreiben vom 11. Juli 1993 angeführten Anträge würden daher als unbegründet zurückgewiesen. Gegen dieses Schreiben, das er als Bescheid wertete, brachte der Beschwerdeführer Berufung ein, die der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 22. Juni 1994 abgewiesen hat.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Jänner 1995 wurde der dagegen eingebrachten Vorstellung des Beschwerdeführers Folge gegeben, der Berufungsbescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, hinsichtlich der Einwendungen gegen die Erteilung der Benützungsbewilligung sei anzumerken, dass dem Nachbarn im Benützungsbewilligungsverfahren grundsätzlich keine Parteistellung zukomme. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes komme nur dann in Betracht, wenn durch die Benützungsbewilligung der Inhalt der erteilten Baubewilligung normativ verändert und hiedurch ein Nachbarrecht beeinträchtigt werde. Da diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht gegeben sei, wären allfällige diesbezügliche Anträge zurückzuweisen. Ob allenfalls ein baupolizeilicher Auftrag zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes insbesondere hinsichtlich der Blechverkleidung bzw. der Holzverschalung zu erlassen sei, habe auf Grund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses nicht beurteilt werden können. Insbesondere sei dem vorliegenden Akt nicht zu entnehmen, ob die Brandbeständigkeit der Außenmauer durch die vom Konsens abweichende Ausführung beeinträchtigt werde oder nicht. Dadurch sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf ordnungsgemäße Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes verletzt worden.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 95/05/0045, abgewiesen, weil die die Aufhebung des Berufungsbescheides allein tragenden Ausführungen in der Begründung des Bescheides vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht bekämpft wurden und er durch die übrigen in der Begründung des Bescheides angestellten rechtlichen Erwägungen der belangten Behörde, die ja an sich zu einer Abweisung der Vorstellung hätten führen müssen, mangels Bindungswirkung für das weitere Verfahren in keinem Recht verletzt worden sei und der Beschwerdeführer den nicht die Aufhebung tragenden Ausführungen auch in einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens entgegentreten könne.

In der Folge hat die Berufungsbehörde das Verfahren ergänzt, am 3. Juli 1995 wurde eine besondere Beschau in Gegenwart des Bausachverständigen Ing. A. und in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführt. Der Bausachverständig hielt fest, dass sich an der Grenze zwischen dem Grundstück der Erstmitbeteiligten und jenem des Beschwerdeführers ein Garagengebäude befinde, dessen Außenmauer zum Beschwerdeführer in Form einer 25 cm starken Ziegelmauer mit außenseitiger Verblechung (anstelle eines Wandverputzes) ausgeführt worden sei. Die gegenständliche Mauer sei auf Grund ihrer Stärke brandbeständig. Die außenseitige Blechverkleidung entspreche der ÖNORM und dem § 40 der NÖ Bauordnung 1976. Sie sei Wasser abweisend und beeinträchtige weder das Orts- noch das Landschaftsbild. Die Außenwand entspreche daher dem Punkt 7 der Auflagen der Niederschrift vom 17. April 1989, wonach die Außenseite gegen Eindringen von Feuchtigkeit und Verwitterung geschützt auszuführen sei.

In der Folge wies der Gemeinderat die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 4. August 1993 (neuerlich) als unbegründet ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, der die belangte Behörde mit Bescheid vom 13. März 1996 Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen hat. Die Aufhebung wurde damit begründet, dass dem Beschwerdeführer die Niederschrift vom 3. Juli 1995 nicht zur Kenntnis gebracht worden sei, er sei daher in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Nach Ablehnung der Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof und Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof hat dieser mit Erkenntnis vom 24. März 1998, Zl. 98/05/0008, die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13. März 1996 abgewiesen; dies mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer durch die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an den Gemeinderat zur neuerlichen Entscheidung in keinem erkennbaren Recht verletzt worden sei. Es komme nur den tragenden Aufhebungsgründen eines aufsichtsbehördlichen Bescheides für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zu. Alles, was der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgebracht habe, könne er im Rahmen des Parteiengehörs, das ihm der Gemeinderat in Entsprechung des Bescheides der Aufsichtsbehörde einzuräumen haben werde, vorbringen.

Mit Schreiben vom 26. März 1996 wurde dem Beschwerdeführer sowohl zu eigenen Handen als auch zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters die Niederschrift über die besondere Beschau vom 3. Juli 1995 zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit gegeben, bis 15. April 1996 Stellung zu nehmen. Die Übernahme des Schreibens durch den Beschwerdeführer erfolgte laut Rückschein am 29. März 1996, durch den ausgewiesenen Vertreter am 1. April 1996.

Mit Schreiben vom 1. April 1996 führte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zum Ergebnis des Beweisverfahrens aus, es sei ihm unverständlich, warum ihm die Niederschrift über die besondere Beschau vom 3. Juli 1995 übermittelt werde, zumal die Vorstellungsbehörde ausgesprochen habe, dass ohnedies die Berufung als unbegründet abzuweisen sein werde. Dazu sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer gegen den Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 13. März 1996 eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde eingebracht habe. Im Übrigen halte er seine in der Vorstellung vom 29. Jänner 1996 enthaltenen Ausführungen, soweit sie sich gegen die in der Niederschrift vom 3. Juli 1995 getroffenen Feststellungen und insbesondere das darin erstattete Gutachten des Sachverständigen Ing. A. beziehe, voll inhaltlich aufrecht und verweise dazu zu der in Kopie beigeschlossenen Vorstellung vom 29. Jänner 1996 an die belangte Behörde. In dieser Vorstellung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Gutachten des Sachverständigen Ing. A. entspreche nicht den Minimalanforderungen eines Gutachtens. Dass die Außenwand allenfalls dem Auflagepunkt 7 der Niederschrift vom 17. April 1989 entspreche, vermöge nichts daran zu ändern, dass die Außenwand jedenfalls nicht dem Auflagepunkt 5 der Niederschrift vom 21. März 1985 entspreche.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 1998 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 4. August 1993 abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei auf Grund der Entscheidung der Vorstellungsbehörde vom 13. März 1996 die Niederschrift über die besondere Beschau vom 3. Juli 1995 nachweislich übermittelt worden, dazu habe der Vertreter des Beschwerdeführers auch eine Stellungnahme abgegeben. Die Garage sei zurecht errichtet worden und es bestehe keinerlei Begründung dafür, das ganze Verfahren wieder aufzurollen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung hat der Beschwerdeführer mit dem Antrag verbunden, die Vorstellungsbehörde möge einen Beseitigungsauftrag betreffend die konsenslose Bauführung erlassen. Mit Bescheid vom 25. Februar 1999 hat die belangte Behörde 1. die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligen Stadtgemeinde vom 21. Dezember 1998 abgewiesen und 2. den Antrag auf Erteilung eines Abbruchauftrages für die Garage als unzulässig zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 9. März 1999 wurde der Bescheid vom 25. Februar 1999 berichtigt. Zur Begründung der Berichtigung wurde im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall sei die Datei, unter welcher der zu berichtigende Bescheid vom 25. Februar 1999 gespeichert worden war, vor Herstellung der Ausfertigungen von einem Computer-Virus befallen worden, wodurch das genehmigte Konzept dermaßen verändert worden sei, dass bereits der Spruch sinnstörende und offensichtliche Fehler enthalten habe. Die Unrichtigkeit sei nicht in der Urschrift sondern nur in den Ausfertigungen enthalten.

Inhaltlich wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen ausgeführt, dass im gegenständlichen Verfahren nicht neuerlich jene Einwendungen rechtmäßig erhoben werden könnten, die im durchgeführten Bauverfahren die Erteilung einer Baubewilligung nicht verhindern konnten. Eine rechtskräftige Baubewilligung sowie eine rechtskräftige Benützungsbewilligung für das Garagengebäude der Mitbeteiligten lägen vor, sodass sich alle Spekulationen, auf welchen Grundstücksgrenzen die Bauwerber ihre Garage nach Meinung des Beschwerdeführer hätten errichten dürfen, als obsolet erweisen müssten. Wie bereits mehrfach dargelegt, sei das Mitspracherecht des Beschwerdeführers letztlich nur mehr auf die Möglichkeit einer Verletzung von Anrainerrechten durch die Abweichung vom bestehenden Konsens beschränkt gewesen. Die Gemeindebehörde habe das Verfahren insofern ergänzt, als sie dem Beschwerdeführer die Niederschrift vom 3. Juli 1995 zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt habe. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Vorstellung neuerlich kritisiere, dass die gegenständliche Garagenwand nicht als Brandmauer ausgestattet sei, da der Verputz fehle und überdies am oberen Rand eine 25 cm breite, mit Alublech abgedeckte Holzverschalung angebracht sei, so sei er zum Einen auf die Ausführungen im Vorstellungsbescheid vom 13. März 1996 zu verweisen, zum Anderen sei darauf hinzuweisen, dass er offenbar erfolgreich entgegen der ihm rechtskräftig auferlegten Duldungsverpflichtung die Anbringung eines Verputzes vereitelt habe und gleichzeitig die als Alternativmaßnahme durchgeführte Verblechung dieser Mauer, für welche das Betreten seines Grundstückes nicht erforderlich gewesen sei, kritisiere. Was diese "Holzverkleidung" anlange, so handle es sich dabei um eine Saum-Dachrinne, die als Kastenrinne gestaltet worden sei. Dass von dieser Kastenrinne tatsächlich eine Brandgefahr ausgehen könne, widerspreche wohl den Erfahrungen des täglichen Lebens. In diesem Zusammenhang werde illustrativ auf § 57 Abs. 3 der NÖ Bautechnikverordnung (NÖ BTV) verwiesen, wonach Fassadenverkleidungen erst bei Gebäuden mit mehr als zwei Hauptgeschossen schwer brennbar ausgeführt werden können, weil keine Gefahr einer Brandausbreitung oder Brandweiterleitung bestehe, also in der Regel dann, wenn eine Fassade nicht an eine andere anschließe und von der nächsten auch weit genug entfernt sei. Da es sich bei der gegenständlichen Garage jedoch um ein ebenerdiges Nebengebäude handle, dessen "Verkleidung" in Form einer Kastenrinne auf der Anrainerseite nur als äußerst geringfügig bzw. nicht einmal als Fassadenverkleidung an sich einzustufen sei, wäre diese nach der NÖ BTV jedenfalls zulässig und könne auch von einer Brandgefährdung nicht ausgegangen werden.

Hinsichtlich des Antrages auf Erteilung eines Beseitigungsauftrages sei darauf hinzuweisen, dass die rechtlichen Voraussetzungen hiefür fehlen, da von einer konsenslosen Bauführung nicht die Rede sein könne und überdies die Landesregierung lediglich zu einer kassatorischen Entscheidung, nicht jedoch zu einer Entscheidung in der Sache selbst berufen sei.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. Juni 1999, B 663/99-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde als "Baubehörde zweiter Instanz" hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der im innergemeindlichen Instanzenzug ergangene Baubewilligungsbescheid vom 28. Juli 1987 ist rechtskräftig; die in diesem Zusammenhang erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit seinem Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, Zl. 88/05/0171, als unbegründet abgewiesen. Damit war aber festgestellt, dass die Erstmitbeteiligten berechtigt waren, die Garage im Seitenabstand zu errichten. Der Konsens ist auch nicht dadurch untergegangen, dass die Erstmitbeteiligten nicht rechtzeitig mit dem Bau begonnen und ihn nicht während der vorgesehenen Frist vollendet hätten: selbst aus dem Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Juli 1993 geht hervor, dass der Baubeginn für diese Baulichkeit im Juni 1986 erfolgte und jedenfalls am 3. Oktober 1989 auch die Garage bis auf den Außenverputz der zur Grundgrenze des Beschwerdeführers gerichteten Brandmauer fertig gestellt war. Wenn das Vorbringen auf Verwaltungsebene und auch in der Beschwerde betreffend die "konsenslose Bauführung" daher so zu verstehen ist, dass der Beschwerdeführer vermeint, wegen des fehlenden Außenverputzes sei der Konsens untergegangen, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, dass eine Bauführung im Sinne des § 103 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 dann als vollendet anzusehen ist, wenn das Gebäude nach außen abgeschlossen ist und alle bauplanmäßig konstruktiven Merkmale verwirklicht worden sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2000, Zl. 96/05/0188, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Auch im Beschwerdefall ist daher davon auszugehen, dass das Garagengebäude bereits im Jahre 1989, als die Benützungsbewilligung für das Wohnhaus erteilt wurde, vollendet war. Das Fehlen des Fassadenaußenverputzes an der zum Grundstück des Beschwerdeführers gerichteten Wand ändert nichts daran, dass das Gebäude nach außen abgeschlossen war und alle bauplanmäßigen konstruktiven Merkmale verwirklicht worden sind. Im Sinne des § 103 Abs. 1 der NÖ BO 1976 war das Gebäude daher als vollendet anzusehen, sodass dem unter Hinweis auf das Erlöschen eines ursprünglichen Konsenses gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Abtragungsauftrages nicht entsprochen werden konnte. Dies konnte weder auf Gemeindeebene noch, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, von der Aufsichtsbehörde selbst erfolgen, hat diese doch in Ausübung des Aufsichtsrechtes die Bescheide der Gemeindebehörde auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, jedoch keine Zuständigkeit zur Erlassung baupolizeilicher Aufträge.

Auf Grund der Konsumation der rechtskräftigen Baubewilligung ist aber dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich des subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers auf Einhaltung eines Seitenabstandes der Boden entzogen, die Lage des Bauvorhabens ist, wie bereits mehrfach ausgeführt, durch den Baubewilligungsbescheid vom 28. Juli 1987 festgelegt.

Das Baubewilligungsverfahren ist demnach mit dem hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1989 beendet worden. Der Vorwurf des Beschwerdeführers betreffend die lange Verfahrensdauer geht somit hinsichtlich des Baubewilligungsverfahrens ins Leere, das nunmehr gegenständliche Verfahren, das sich auf den Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Juli 1993 bezieht, ist entgegen den Ausführungen in der Beschwerde noch nicht "14 Jahre lang anhängig".

Gegenstand der Eingabe vom 11. Juli 1993 war der Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages.

In ihrem Bescheid vom 2. Jänner 1995 hat die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 22. Juni 1994 Folge gegeben, den Berufungsbescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen, wobei als Aufhebungsgrund, der in der Folge Bindungswirkung entfaltete, dargetan wurde, dass dem vorliegenden Akt nicht zu entnehmen sei, ob die Brandbeständigkeit der Außenmauer durch die vom Konsens abweichende Ausführung beeinträchtigt werde oder nicht.

In der Niederschrift vom 3. Juli 1995, die anlässlich der Überprüfung der Brandbeständigkeit der Garagenaußenwand aufgenommen wurde, wurde Folgendes festgestellt:

"Entlang der Grundgrenze zum Anrainer Hofbauer befindet sich ein Garagengebäude, wobei die Außenmauer zum Anrainer in Form einer 25 cm starken Ziegelmauer mit außenseitiger Verblechung (anstelle des Wandverputzes) errichtet wurde. Auf dem Grundstück Hofbauer befindet sich in einem Abstand von ca. 5 cm auf einem Sockelmauerwerk ein Jägerzaun. Dieser wurde zusätzlich anrainerseitig mit einer liegenden Holzverschalung samt oberen Abdeckung verkleidet. Der Jägerzaun und die Holzverschalung wurden vom Anrainer Hofbauer hergestellt.

Gutachten: Die ausgeführte Außenwand entlang der Grundgrenze Hofbauer ist auf Grund ihrer Stärke im Sinne der ÖNorm als brandbeständig zu bezeichnen. Die außenseitige Blechverkleidung entspricht der NÖ Bauordnung (§ 40). Sie ist Wasser abweisend und beeinträchtigt nicht das Orts- und Landschaftsbild. Die gegenständl. Außenwand entspricht auch dem Auflagepunkt 7 der Niederschrift vom 17.4.1989, wonach die Außenseite gegen Eindringen von Feuchtigkeit und Verwitterung geschützt auszuführen ist."

Die gegenständliche Niederschrift wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, gleichzeitig wurde ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, wovon er auch Gebrauch gemacht hat.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers enthält das Gutachten einen Befund, in dem die Lage des Gebäudes, die Gestaltung der Außenmauer und die Art ihrer Verkleidung beschrieben wurde. Das Gutachten enthält die Schlussfolgerung, dass die Außenwand auf Grund ihrer Stärke als brandbeständig zu bezeichnen ist und außerdem der NÖ Bauordnung 1976 (§ 40) entspricht. Das Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar und widerspricht nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens.

In der Verhandlungsschrift vom 21. März 1985, die zum Inhalt der Baubewilligung erklärt worden ist, ist unter Punkt 5 angeführt:

"Die an der Grundstücksgrenze zum Anrainer gelegene Wand ist als äußere Brandwand auszugestalten".

Gemäß § 35 Abs. 1 der NÖ BO 1976 mussten Außenwände an einer Grundstückgrenze, wenn das angrenzende Grundstück nicht eine öffentliche Verkehrsfläche oder Parkanlage war, als äußere Brandwände ausgestaltet sein. Da der Amtsachverständige anlässlich der Verhandlung vom 3. Juli 1995 als Bausachverständiger ausführte, dass die Außenwand auf Grund ihrer Stärke als brandbeständig zu bezeichnen sei, ist davon auszugehen, dass damit auch dem Punkt 5 der Niederschrift vom 21. März 1985 entsprochen war. In seiner Stellungnahme vom 1. April 1996 ist der Beschwerdeführer den Ausführungen des Amtsachverständigen zur Brandbeständigkeit nicht auf gleicher fachlicher Ebene, etwa durch Beibringung eines Privatgutachtens, entgegengetreten, weshalb dem Gemeinderat keine Rechtswidrigkeit vorgeworfen werden kann, wenn er auf Grund der als schlüssig erkannten Ausführungen des Amtsachverständigen die Brandbeständigkeit bejahte. Zu der Behauptung, von der Holzverschalung der Saum-Dachrinne gehe eine Brandgefahr aus, ist zu bemerken, dass es nicht unzulässig ist, die Erfahrungen des täglichen Lebens heranzuziehen, zumal die Lage der verkleideten Saumrinne im Akt (kopiertes Foto auf Seite 321 des Verwaltungsaktes) ersichtlich und nicht erkennbar ist, wie von einer hölzernen, verkleideten Saumrinne, die über einem gemauerten Gebäude angebracht ist, eine Brandgefahr ausgehen sollte. Der Behörde ist es nicht verwehrt, bei der freien Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs. 2 AVG auch die allgemeine Lebenserfahrung zu verwerten (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5, Seite 304 unter 48a zitierte hg. Judikatur). Der Beschwerdeführer hat seiner Beschwerde ein von ihm in Auftrag gegebenes Privatgutachten vom 20. Juli 1989 (betreffend Mehrkosten für die Zaunerhaltung) angeschlossen. Auf den Seiten 6 und 7 dieses Gutachtens findet sich eine Fotodokumentation mit 3 Farbbildern der Garage. Auf diesen Bildern ist klar erkennbar, dass schon zum damaligen Zeitpunkt die Holzverschalung über der Dachsaumrinne angebracht war. Da diese Holzverschalung somit schon seit Juli 1989 vorhanden war, hat sie der Amtsachverständige auch im Zeitpunkt der besonderen Beschau am 3. Juli 1995 vorgefunden und in seine Beurteilung, wonach die Wand brandbeständig sei und dem § 40 der NÖ BO 1976 entspreche, eingeschlossen. Es widerspricht auch nicht den verfahrensrechtlichen Grundsätzen, wenn die Behörde durch Amtsachverständige mittelbar Beweisaufnahme durchführen lässt. Es ist hiebei die Zuziehung der Beteiligten nicht vorgeschrieben. Die Behörde ist lediglich verhalten, den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen (vgl. die bei bei Hauer/Leukauf, a.a.O., Seite 330, die unter E 14 zitierte hg. Judikatur). Da der Beschwerdeführer zur besonderen Beschau am 3. Juli 1995 nicht zugezogen worden ist, ihm das Ergebnis dieser Verhandlung nachweislich zur Kenntnis gebracht wurde, liegt in dem Umstand, dass der Beschwerdeführer dieser Beschau nicht zugezogen wurde, kein Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des Bescheides führen müsste.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, wurde doch die Frage, ob die Situierung der Garage an der Grundgrenze des Beschwerdeführers erfolgen durfte, bereits mit dem hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1989 geklärt. Eine Verhandlung vor Ort ist bei einer Bescheidbeschwerde im Gesetz nicht vorgesehen.

Dem Antrag in der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof möge in Anbetracht der Besonderheit des Falles und der langen Verfahrensdauer selbst einen Abtragungsauftrag erlassen, konnte schon deshalb nicht entsprochen werden, weil der Verwaltungsgerichtshof - außer im Falle von Säumnisbeschwerden (Art. 132 B-VG) - nicht in der Sache selbst zu entscheiden, sondern den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen hat.

Anlass für eine Befassung eines verstärkten Senates bestand nicht, da die Entscheidung weder ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet (§ 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG), noch die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde (Z. 2 dieser Bestimmung).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Dem Kostenbegehren des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde, vertreten durch Dr. Ferdinand Weber und Dr. Hannes Hirtzberger, war mangels Parteistellung des Gemeinderates in diesem Verfahren nicht zu entsprechen, weil mitbeteiligte Partei die Gemeinde ist, der gemäß Art. 116 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 119a Abs. 9 B-VG ein subjektives Recht auf Selbstverwaltung eingeräumt ist. Der Gemeinderat als Baubehörde zweiter Instanz ist hingegen nicht mitbeteiligte Partei. Entsprechend dieser Rechtslage ist auch die Aufforderung mit hg. Verfügung vom 22. November 1999 zur Einbringung einer Gegenschrift an die Stadtgemeinde, z.H. des Bürgermeisters, ergangen.

Wien, am 29. August 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999050169.X00

Im RIS seit

24.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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