TE Lvwg Erkenntnis 2017/7/24 VGW-242/081/RP18/9889/2017

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Veröffentlicht am 24.07.2017
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Entscheidungsdatum

24.07.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §14 Abs1
WMG §15 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Landesrechtspfleger Tiller über die Beschwerde des Herrn M. K., Wien, R.-Gasse, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- u. Gesundheitsrecht, Region …, Sozialzentrum …, vom 02.06.2017, Zahl MA 40 - SH/2017/1601315-001, mit welchem gemäß §§ 7, 8, 9, 10, 12, 14 und 15 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) idgF iZm den §§ 1, 2, 3 und 4 der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (WMG-VO) idgF I.) die zuletzt mit Bescheid vom 11.05.2017, Zahl MA 40 - SH/2017/01601262-001, zuerkannte Leistung mit 30.06.2017 eingestellt wurde und II.) eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs zuerkannt wurde,

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht vom 02.06.2017 zur Zahl MA 40 - SH/2017/1601315-001 wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer gemäß den §§ 7, 8, 9, 10, 12, 14 und 15 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs zuerkannt. Hierbei wurde die auf den Monat Juli 2017 um 25 % und die auf die Monate August und September 2017 entfallende Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts um 50 % gekürzt.

Begründend führte die Behörde zusammengefasst aus, es sei im Zuge des Ermittlungsverfahrens festgestellt worden, dass der nunmehrige Beschwerdeführer aktuell nicht arbeitssuchend sei und eine aktuelle Krankmeldung nicht vorliege. Auf Grund geänderter Verhältnisse sei die Leistung der Mindestsicherung neu zu bemessen gewesen. Gemäß den Bestimmungen des WMG sei er zum Einsatz der Arbeitskraft verpflichtet und habe seine Arbeitswilligkeit entsprechend nachzuweisen. Es seien weder Tatsachen vorgebracht, noch Unterlagen vorgelegt worden, die glaubhaft machen würden, dass trotz Arbeitsfähigkeit die Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs voll eingesetzt werde. Der Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts sei daher für Juli zu 25% und für August bis September um 50% zu kürzen gewesen. Aufgrund des ermittelten Bedarfs und des zu berücksichtigenden Einkommens sei die Leistung spruchgemäß zuzuerkennen gewesen.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen aus, er „erlebe“ viele Krankheiten, zum Beweis lege er Befunde seiner Krankheiten bei, es könnte sein, dass er sich einer Operation unterziehen müsse. Eine Arztbestätigung, dass er nicht Arbeitsfähig sei wurde nicht vorgelegt.

Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Der Beschwerdeführer wurde 1960 geboren und ist österreichischer Staatsbürger.

Mit Bescheid vom 11.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer auf Grund einer Änderung eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für den Zeitraum 01.06.2017 bis 31.05.2018 zuerkannt und mitgeteilt, dass gemäß ärztlichem Gutachten vom 03.05.2017 die Arbeitsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben ist. Mit Schreiben vom 11.05.2017 wurde ihm ebenfalls mitgeteilt, dass er zum Nachweis der aktuellen Arbeitssuche eine Meldung beim AMS vorzulegen habe, widrigenfalls der Mindeststandard gemäß der zitierten gesetzlichen Bestimmungen gekürzt werde. Auf Grund der nicht erfolgten MAS Meldung wurde dem Beschwerdeführer für den Zeitraum 01.07.2017 bis 31.05.2018 eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs zuerkannt, wobei die Leistung für den Zeitraum 01.07.2017 bis 31.07.2017 um 25% sowie für den Zeitraum 01.08.2017 bis 30.09.2017 um 50% gekürzt wurde, da der Beschwerdeführer nicht beim AMS arbeitssuchend vorgemerkt war und auch eine aktuelle Krankmeldung nicht vorliege.

Aus den Informationen des AMS ergibt sich weiters, dass der Beschwerdeführer anlässlich einer Vorsprache beim AMS am 29.05.2017 angegeben habe, nicht arbeitsfähig zu sein. Eine entsprechende Bestätigung wurde nicht vorgelegt.

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt sowie auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz - WMG) hat Anspruch auf Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung, wer

1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

Gemäß § 5 Abs. 1 WMG stehen Leistungen nach diesem Gesetz grundsätzlich nur österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu.

Gemäß § 6 WMG haben Hilfe suchende oder empfangende Personen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen

1. zur Abwendung und Beseitigung der Notlage ihre Arbeitskraft einzusetzen,

2. an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen,

3. eigene Mittel vorsorglich und zweckmäßig einzusetzen,

4. Ansprüche, die der Deckung der Bedarfe nach diesem Gesetz dienen, nachhaltig zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos, unzumutbar oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbunden ist,

5. zuerkannte Leistungen zweckentsprechend, das heißt zur Abdeckung der Bedarfe für die sie zuerkannt wurden, zu verwenden und

6. ihre Mitwirkungspflichten im Verfahren und während des Bezuges von Leistungen zu erfüllen.

Gemäß § 7 Abs. 1 WMG haben volljährige Personen Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs bei Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 Absatz 1 und 2. Der Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs kann nur gemeinsam geltend gemacht werden und steht volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft solidarisch zu. Die Abdeckung des Bedarfs von zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden minderjährigen Personen erfolgt durch Zuerkennung des maßgeblichen Mindeststandards an die anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft, der sie angehören.

Gemäß § 7 Abs. 2 WMG erfolgt die Zurechnung zu einer Bedarfsgemeinschaft nach folgenden Kriterien:

1. Volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben, bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft.

2. Volljährige Personen im gemeinsamen Haushalt, zwischen denen eine unterhaltsrechtliche Beziehung oder eine Lebensgemeinschaft besteht, bilden eine Bedarfsgemeinschaft.

3. Minderjährige Personen im gemeinsamen Haushalt mit zumindest einem Elternteil oder mit einer zur Obsorge berechtigten Person bilden mit diesem oder dieser eine Bedarfsgemeinschaft.

4. Volljährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe und volljährige Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ohne Einkommen oder mit einem Einkommen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze im gemeinsamen Haushalt mit zumindest einem Eltern- oder Großelternteil bilden mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft.

5. Volljährige Personen ab dem vollendeten 21. Lebensjahr und volljährige auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft, auch wenn sie im gemeinsamen Haushalt mit einem Eltern- oder Großelternteil leben.

Gemäß § 10 Abs. 1 WMG ist auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.

Gemäß § 14 Abs. 1 WMG sind Hilfe suchende oder empfangende Personen verpflichtet, zumutbare Beschäftigungen anzunehmen, sich nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen und von sich aus alle zumutbaren Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen. Diese Pflichten bestehen insbesondere auch dann, wenn mit einer ausgeübten Beschäftigung der Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht gedeckt werden kann oder das volle Beschäftigungsausmaß nicht erreicht wird. Wenn die Hilfe suchende oder empfangende Person nach angemessener Frist keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen kann, ist sie verpflichtet, auch Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, die nicht unmittelbar ihrer beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen, die ihr jedoch im Hinblick auf diese zugemutet werden können. Bei weiter andauernder Arbeitslosigkeit ist sie verpflichtet, andere Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, auch wenn sie nicht der beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen.

Gemäß § 15 Abs. 1 WMG ist der im Rahmen der Bemessung auf sie entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts stufenweise bis zu 50 vH zu kürzen, wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person ihre Arbeitskraft nicht in zumutbarer Weise oder nicht so gut wie möglich einsetzt oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen nicht entsprechend mitwirkt. Bei fortgesetzter beharrlicher Weigerung, die Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen, ist eine weitergehende Kürzung bis zu 100 vH zulässig.

Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a der Verordnung zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien 2016 (WMG-VO) beträgt der Mindeststandard für volljährige alleinstehende Personen EUR 837,76. Dieser enthält für volljährige Personen folgenden Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs: EUR 209,44.

Wie der oben angeführten Bestimmung des § 6 Z 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes entnommen werden kann, haben Hilfe suchende oder empfangende Personen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zur Abwendung und Beseitigung der Notlage ihre Arbeitskraft einzusetzen. Eine Hilfe suchende oder empfangende Person ist unter anderem verpflichtet, zumutbare Beschäftigungen anzunehmen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen und von sich aus alle zumutbaren Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen. Dazu gehört insbesondere auch, sich dem Arbeitsmarkt entsprechend zur Verfügung zu stellen, was durch eine Meldung als arbeitslos bzw. arbeitssuchend beim Arbeitsmarktservice zu dokumentieren ist. Wenn eine solche Person ihre Arbeitskraft nicht in zumutbarer Weise oder nicht so gut wie möglich einsetzt, ist der im Rahmen der Bemessung auf sie entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts stufenweise bis zu 50% zu kürzen. Bei fortgesetzter beharrlicher Weigerung, die Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen, ist eine weitergehende Kürzung bis zu 100 % zulässig. Eine Kürzung des Mindeststandards ist nicht zulässig, wenn der Antragsteller erwerbsunfähig im Sinne des § 14 Abs. 2 Z. 2 WMG ist.

Die völlige Erwerbsunfähigkeit wurde vom Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht behauptet und finden sich hierfür auch in der Aktenlage keinerlei Anhaltspunkte. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer erwerbsunfähig ist. Er ist daher verpflichtet, seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und an arbeitsintegrativen Maßnahmen entsprechend mitzuwirken.


Wie sich aus der Aktenlage ergibt, stand und steht der Beschwerdeführer dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Meldung beim AMS lediglich ein Indiz dafür darstellt, dass der Beschwerdeführer seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, jedoch alleine diese Meldung nicht ausreicht, das Verwaltungsgericht Wien davon zu überzeugen, dass der Beschwerdeführer seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise einsetzt. Insbesondere wären seine Bemühungen durch Vorlage einer entsprechenden Betreuungsvereinbarung mit dem AMS, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer seine Arbeitskraft Vollzeit zur Verfügung stellt, intensive Eigenbewerbungen und vor allem das Einhalten der Termine beim AMS glaubhaft zu machen gewesen. Eine entsprechende ärztliche Bestätigung, dass der Beschwerdeführer (vorübergehend) nicht arbeitsfähig ist, wurde ebenfalls nicht vorgelegt.

In Zusammenschau dieses Verhaltens steht für das Verwaltungsgericht Wien fest, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zum zumutbaren Einsatz seiner Arbeitskraft bzw. zur Mitwirkung an arbeitsintegrativen Maßnahmen gemäß § 15 Abs. 1 WMG nicht nachkommt und trotz nicht nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit keine Anstrengungen unternimmt um sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Da der Beschwerdeführer seine Arbeitskraft bis dato nicht so gut wie möglich eingesetzt hat, ist eine stufenweise Kürzung des auf ihn anzuwendenden Mindeststandards zur Deckung des Lebensunterhalts zulässig, zumal das Verhalten des Beschwerdeführers keine günstige Prognose für einen Sinneswandel betreffend die Arbeitsunwilligkeit zulässt.

Es ist daher, solange der Beschwerdeführer nicht bereit ist, seinen Verpflichtungen zum Einsatz der Arbeitskraft nachzukommen, eine Kürzung des Mindeststandards zur Deckung des Lebensunterhalts zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 3 VwGVG kann eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen, wenn das Verfahren von einem Rechtspfleger entschieden wird.

Abschließend ist festzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer frei steht, im Falle einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, welche für die Bemessung des Anspruches auf Mittel aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung relevant sind, neuerlich einen Antrag auf Zuerkennung dieser Mittel bei der Behörde einzubringen. Es obliegt ihm dabei, im Zuge einer Neuantragstellung zu bescheinigen, dass er nunmehr seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise einsetzt.

Schlagworte

Mindestsicherung; Kürzung der Leistung; Arbeitskraft nicht eingesetzt; keine Krankmeldung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.081.RP18.9889.2017

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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