Entscheidungsdatum
24.10.2017Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W165 2160638-1/7E
W165 2160640-1/6E
W165 2160642-1/6E
W165 2160643-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX geb. XXXX, 2.)XXXX, geb. XXXX, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX, 3.) XXXX, geb. XXXX, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX und 4.) XXXX, geb. XXXX, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX, alle StA. der Russischen Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.05.2017, Zlen 1.) 1143139109/170208601-EAST Ost, 2.) 1143138003/170208679-EAST Ost, 3.) 1143138101/170208695-EAST Ost und
4.) 1143138210/170208733-EAST Ost, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig war.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbis Viertbeschwerdeführerinnen. Am 15.02.2017 brachten die Beschwerdeführerinnen nach illegaler Einreise die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich ein.
Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass die Beschwerdeführerinnen am 13.12.2016 in Polen und am 21.12.2016 in Deutschland um Asyl angesucht haben (jeweils EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "1").
Am 16.02.2017 wurde die Erstbeschwerdeführerin einer polizeilichen Erstbefragung unterzogen.
Hierbei gab diese an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. Ihr Reiseziel sei Deutschland gewesen, da ihr Ehemann sie dort nicht finden könne. Zur Reiseroute gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie gemeinsam mit ihren Kindern aus Tschetschenien ausgereist und im Dezember 2016 in Polen eingereist sei. Sie seien dort für drei Tage aufhältig gewesen. In weiterer Folge seien sie am 20.12.2016 nach Deutschland eingereist und am 15.02.2017 wieder ausgereist. Da die Erstbeschwerdeführerin in Polen Verwandte ihres Ehemannes gesehen habe, hätten sie Polen wieder verlassen und seien nach Deutschland gefahren. Deutschland hätten sie wieder verlassen, da sie nach einem negativen Asylbescheid nach Polen abgeschoben hätten werden sollen. Sie hätten in Deutschland und in Polen um Asyl angesucht. In Polen seien sie sehr gut aufgenommen worden, hätten jedoch Angst, dass der Ehemann ihnen dorthin nachreisen würde. Im Befragungsprotokoll ist vermerkt, dass die Erstbeschwerdeführerin auf Frage, ob es annehmbar sei, das Asylverfahren in Polen zu führen, sofern sie dort Schutz vor ihrem Ehemann erhalten würde, mehrfach Schutzbehauptungen gemacht hat.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 09.03.2017 auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestützte Wiederaufnahmeersuchen an Polen.
Mit Schreiben vom 14.03.2017 stimmten die polnischen Behörden den Ersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Am 21.03.2017 wurde die Erstbeschwerdeführerin einer Untersuchung durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin mit ÖÄK-Diplom für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin unterzogen. Aus der gutachterlichen Stellungnahme vom 26.03.2017 geht hervor, dass bei der Erstbeschwerdeführerin vor rund einem Jahr eine Cholezystektomie vorgenommen wurde. Weiters sei eine Appendektomie erfolgt und sei es zu einem Bandscheibenvorfall (Lendenwirbelsäule) gekommen. Es würden folgende Medikamente eingenommen werden:
Doxycyclin und Amoxicillin (Antibiotika), Naproxen, Parkemed, Mefenam, Seractil, Novalgin (Schmerzen), Lactulose (gegen Verstopfung), Sucralan (Magen). Anmerkung: Bei Einnahme all dieser Medikamente sind Bauchschmerzen nicht verwunderlich.
Schlussfolgerung: Vorliegen von Symptomen einer Anpassungsstörung F
43.2 (Reaktion auf Belastungen). Daneben könne eine Somatisierungsstörung F 45 suspiziert werden. Sonstige psychische Krankheitssymptome würden nicht vorliegen. Derzeit keine Suizidgedanken oder -einengung. Weiters wurde empfohlen, die Verdauungsstörungen und die Abdominalbeschwerden abklären zu lassen.
Am 25.04.2017 erfolgte, im Beisein eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung, die Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem BFA. Sie gab hiebei an, dass es ihr nicht gut gehe. Sie habe Fotos auf ihrem Tablet - das sie jedoch nicht hier habe - worauf die Verfolgung durch ihren Ehemann zu sehen sei. Dieser habe sie im Zug verfolgt und der Zugleiter habe ihn dann am Weitergehen gehindert. Ein weiteres Foto zeige ihren Ehemann alleine und auf einem anderen Foto sei zu sehen, wie dieser vom Zugpersonal aus dem Waggon gewiesen werde. Dies sei am Tag der Einreise nach Moskau gewesen. An das Datum könne sie sich nicht mehr erinnern. Ihr Gedächtnis sei schwach. Genauer nach ihrem Ehemann befragt, gab die Erstbeschwerdeführerin dessen Namen und Geburtsdatum an und führte aus, dass dieser sie seit 7 oder 8 Monaten verfolge. An dem Tag mit dem Vorfall im Zug habe sie ihn das letzte Mal gesehen. Sie sei von ihrem Mann geschlagen worden und habe ihn mehrmals bei der Polizei in Tschetschenien angezeigt. Dies habe jedoch nichts gebracht. Ihr Ehemann sei selbst Polizist gewesen. In Polen habe sie ihren Ehemann nicht gesehen, jedoch den Bruder ihrer Schwiegermutter. Nachgefragt erklärte die Erstbeschwerdeführerin, dass sie von diesem angeschrien und beleidigt worden sei. Er würde ihrem Ehmann ihren Aufenthaltsort bekannt geben. Dieser - namentlich genannte Mann - sei der Onkel ihres Ehegatten. Auf Befragen erklärte die Erstbeschwerdeführerin, dass sie in Polen keine rechtlichen Schritte bei der Polizei gegen ihren Ehemann bzw. den Onkel ihres Ehemannes eingeleitet habe. "Sie habe nur weg aus Polen wollen". Nach dem Grund befragt, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass ihr Ehemann gut ausgebildet sei und überall seine Verbindungen habe. Sie habe Polen deshalb nur verlassen können. Zur ärztlichen Untersuchung befragt, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie manchmal ohnmächtig werde. Man habe ihr gesagt, dass ihr Blutdruck "verrücktspiele". Nach dem Gespräch mit der Therapeutin sei es ihr etwas besser gegangen. Sie sei vier Mal bei der Therapeutin im Lager gewesen. Diese hätte auch mit den Kindern gesprochen. Da die Zweitbeschwerdeführerin immer weine, müsse sie zu einem Kinderpsychotherapeuten gehen. Nach ihrem derzeitigen Gesundheitszustand befragt, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie Probleme mit der Wirbelsäule habe und ihr ständig übel sei. In Tschetschenien sei sie an der Gallenblase operiert worden. Nach dem Gesundheitszustand ihrer Kinder befragt gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass die Zweitbeschwerdeführerin ständig weine, in der Nacht aufwache und psychische Probleme habe. Die Drittbeschwerdeführerin habe derzeit Fieber und einen Termin für eine Lungenuntersuchung. Die Drittbeschwerdeführerin glaube zudem schlecht zu hören. Die Viertbeschwerdeführerin sei gesund. Zu den Krankheiten ihrer Kinder habe sie lediglich Terminbestätigungen, Befunde habe sie keine. Die Erstbeschwerdeführerin würde seit zwei Jahren an ihren Beschwerden leiden. Die Zweitbeschwerdeführerin habe die Beschwerden seit der versuchten Vergewaltigung durch ihren Vater. Die Drittbeschwerdeführerin habe im Alter von einem Jahr Pneumonie gehabt. Bei der Viertbeschwerdeführerin habe sie im Alter von 8 Monaten Verstopfungen bemerkt. Hinsichtlich ihrer neuerlichen Beschwerden habe die Erstbeschwerdeführerin einen Arzt aufgesucht und Medikamente (Schlafmittel, schmerzstillendes Mittel und etwas für den Magen) bekommen. Von der Medikamenteneinnahme abgesehen unterziehe sie sich derzeit keiner Therapie. Auch mit den Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen sei sie beim Arzt gewesen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe ihre Probleme beim Arzt aber nicht gezeigt. Mit der Viertbeschwerdeführerin sei sie noch nicht beim Arzt gewesen. In Polen hätten die Beschwerdeführerinnen keinen Arzt aufgesucht. In Österreich habe sie keine Verwandten und lebe in keiner Lebensgemeinschaft oder familienähnlichen Gemeinschaft. In Polen habe sie bereits einen Asylantrag gestellt. In welchem Stadium sich das Verfahren dort befinde, wisse sie nicht. Auf die beabsichtigte Ausweisung nach Polen aufmerksam gemacht, führte sie aus, dass die Zweitbeschwerdeführerin Angst vor Polen "und diesem Mann dort" habe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe Angst vor ihrem Vater und dessen Onkel. Die Erstbeschwerdeführerin befürchte, in Polen gefunden zu werden und dass ihr die Kinder weggenommen würden. Ihr Ehemann habe einen großen Freundeskreis und sie sei sich sicher, dass er die Beschwerdeführerinnen in Polen ausfindig machen würde.
Am 28.04.2017 wurden dem BFA folgende medizinische Unterlagen hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin vorgelegt:
? Arztbrief der Abteilung für Chirurgie eines Landesklinikum vom 24.03.2017: Anamese: Pat. kommt auf dem Lager Traiskirchen da rez. Schmerzen im Unterbauch bestehen. Besonders wenn sie die Regelblutung hat, sind die Schmerzen stark. Weiters synkopiert die Pat. immer wieder, zuletzt am 13.03.2017. Seit einem Sturz vor 3 Wochen bestehen Schmerzen im LWS und Sakralbereich, keine Übelkeit, kein Erbrechen, Schmerzen nach dem Essen im Oberbauch, kein Durchfall, letzter Stuhl gestern. Diagnose 24.03.2017: Abdominalgie unklarer Genese. Therapie: Gastro- und Coloskopie empfohlen; Abklärung der Synkopen über Internisten dringend empfohlen,
? Arztbrief der Unfallabteilung eines Landesklinikums vom 24.03.2017. Unfalldiagnose: Lumbago; Therapie: Schmerztherapie über den Hausarzt erbeten, Allergien nicht erhebbar, somit Schmerztherapie mit Seractil forte 400mg 1-0-1, Pantoloc 20mg 1-0-0 und Sirdalud 2 mg 0-0-0-1. Bei Beschwerdepersistenz Durchführung einer MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule und Vorstellung bei einem Facharzt für Orthopädie. Synkopenabklärung im Bedarfsfall bei Internisten. Befund: keine äußeren Verletzungszeichen, diffuser DS der LWS, Schmerzausstrahlung soweit erhebbar in beide UE bis zu den Knöcheln reichend, periph SZ intakt, Zehenhebung schmerzhaft jedoch mgl und seitengleich, Laseque ps beidseitig ab 30 Grad, keine Reithose, soweit erhebbar keine Miktions oder Stuhlprobleme.
Röntgen: LWS keine Zeichen einer frischen traumat Knochenveränderung, leichte Rotationsskoliose,
? Befund der Abteilung für Innere Medizin eines Landesklinikums vom 24.03.2017: Diagnose: Abdominalgie unklarer Genese. Therapie vom 24.03.2017: Gastro- und Coloskopie ..., Abklärung der Synkopen über ... Kontrolle: 04.04.2017, Dg.: Abdomen i.o.; V.a. Gastritis; St.p. Pankreatitis, St. P. Cystitis ...; Patient kommt wegen Oberbauschmerzen ...,
? Konsiliarbefund der Abteilung für Innere Medizin eines Landesklinikums vom 24.03.2017: Grund der Zuweisung: Von Unfallchirurgie wg. EKG; erhobener Befund: SR 60 NT 0, 12 o.B.; Therapieempfehlung: anamnest. Synkopen Abklärung via Internisten im niedergel. Bereich,
? Ambulanzkarte der Unfallabteilung eines Landesklinikums vom 25.04.2017. Daraus geht hervor, dass die Erstbeschwerdeführerin aufgrund eines Sturzes und Schmerzen im LWS-Bereich stationär aufgenommen und am selben Tag wieder entlassen wurde. Es wurde eine Neodolpasse Kurzinfusion durchgeführt. Als Therapie wurden körperliche Schonung, Emulgel lokal. und eine Medikamenteneinnahme (Seractil forte 400mg 2x1, Pantoloc 20mg 1x1) angeordnet. Weiters wurde die Durchführung einer phys. Therapie mit WS-Gymnastik, Stromtherapie und Einzelgym empfohlen. Weitere Therapien und diagnostische Abklärung werden über den Hausarzt erbeten.
Mit Bescheiden vom 16.05.2017 wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerinnen gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge deren Abschiebung nach Polen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Feststellungen zur Lage in Polen wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
1. Allgemeines zum Asylverfahren
Antragsteller 2014
Polen
8.015
Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 19.3.2015)
Erstinstanzliche Entscheidungen 2014
Gesamt
Flüchtlings-status
Subsidiärer Schutz
Humanitäre Gründen
NEGATIV
2.700
260
165
295
1.980
Die Daten
werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 19.3.2015)
Antragsteller 2015
Polen
12.185
Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 3.3.2016a)
Erstinstanzliche Entscheidungen
Gesamt
Flüchtlings-status
Subsidiärer Schutz
Humanitäre Gründe
NEGATIV
1. Qu. 2015
920
65
40
50
765
2. Qu. 2015
965
35
50
30
845
3. Qu. 2015
970
210
45
25
695
4. Qu. 2015
655
35
35
15
565
GESAMT
3.510
345
170
120
2.870
Die Daten
werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 18.9.2015a; Eurostat 18.9.2015b; Eurostat 10.12.2015; Eurostat 3.3.2016b)
In erster Instanz für das Asylverfahren in Polen zuständig ist das Office for Foreigners (Urzad do Spraw Cudzoziemcow, UDSC), das dem Innenministerium untersteht. Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:
Bild kann nicht dargestellt werden
(AIDA 11.2015; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
-
Eurostat (19.3.2015): Data in focus 3/2015, http://ec.europa.eu/eurostat/documents/4168041/6742650/KS-QA-15-003-EN-N.pdf/b7786ec9-1ad6-4720-8a1d-430fcfc55018, Zugriff 27.1.2016
-
Eurostat (3.3.2016a): Statistics explained, File: Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q4 2014 - Q4 2015.png,
http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_(including_first_time_asylum_applicants),_Q4_2014_%E2%80%93_Q4_2015.png, Zugriff 31.3.2016
-
Eurostat (18.9.2015a): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016
-
Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_2nd_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016
-
Eurostat (10.12.2015): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 3rd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_3rd_quarter_2015.png, Zugriff 22.2.2016
-
Eurostat (3.3.2016b): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 4th quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_4th_quarter_2015.png, Zugriff 31.3.2016
Verfolgung durch Dritte
Es wird von tschetschenischen Antragstellern immer wieder vorgebracht, sie fürchten in Polen von Agenten des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow, sogenannten Kadyrowzy, drangsaliert zu werden. ACCORD zitiert dazu in einer Anfragebeantwortung vom 22.11.2013 verschiedene Quellen, aus denen hervorgeht, dass es diese Berichte zwar gibt, jedoch keine greifbaren Beweise, wie dokumentierte Fälle oder ähnliches. Die polnischen Behörden dementieren derartige Vorgänge strikt (ACCORD 22.11.2013, vgl. auch: borderline 4.11.2013).
Die NGO Pax Christi hat im September 2010 eine Fact Finding Mission nach Polen zu dem Thema durchgeführt und gab an, es falle auf, dass es wenig Schriftliches gebe, obwohl Rechtsberater, Sozialhelfer, Anwälte und NGO-Mitarbeiter in verschiedenen EU-Ländern bei ihrer Arbeit mit tschetschenischen AW dieselben Geschichten zu hören bekämen. Die Berichte seien aber oft unspezifisch und es gebe kaum Zeugen und auch sonst keine Beweise (Pax Christi 1.12.2011).
Jedenfalls gibt es in Polen keine eigene Gesetzgebung, die speziell Asylwerber aus der Russischen Föderation unter besonderen Schutz stellen würde. Bei Vorliegen einer strafbaren Handlung gehen Polizei und Gerichte entsprechend der polnischen Rechtsordnung vor, wie bei jeder anderen Person auch. Es gibt auch keine eigene Statistik bezugnehmend auf Kriminalität unter Asylwerbern bzw. unter diversen Ethnien und es sind auch keine Berichte zu diesem Problemfeld bekannt (VB 11.2.2013).
Die Polizei und Grenzwache sorgen für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages. Kommt es zu strafrechtlichen Handlungen werden diese von den Sicherheitskräften den Gerichten ausnahmslos angezeigt. Die Polizei/Grenzwache vollzieht ausnahmslos die Anordnungen der Staatsanwaltschaft und der Gerichte (VB 3.2.2010).
Quellen:
-
ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (22.11.2013): Anfragebeantwortung zu Polen:
Aktivitäten des russischen Geheimdienstes in polnischen Flüchtlingslagern,
https://www.ecoi.net/local_link/270018/398486_de.html, Zugriff 1.4.2016
-
borderline-europe - Menschenrechte ohne Grenzen e.V.(4.11.2013):
Rückführungen im Rahmen von Dublin II nach Polen. Eine Ist-Stand-Erhebung zur Situation Geflüchteter, http://www.borderline-europe.de/sites/default/files/background/Bericht_Polen_2013.pdf, Zugriff 1.4.2016
-
Pax Christi (1.12.2011): Safety of Chechen asylum seekers in Poland,
http://www.paxchristi.be/wp/wp-content/uploads/2012/01/PaxChristi_SafetyofChechenasylumseekersinPoland_2011_def.pdf, Zugriff 1.4.2016
-
VB des BM.I Polen (3.2.2010): Auskunft des VB, per E-Mail
-
VB des BM.I Polen (11.2.2013): Auskunft des VB, per E-Mail
2. Dublin-Rückkehrer
Es gibt keine Berichte über Zugangshindernisse zum Verfahren für Dublin-Rückkehrer. Personen, die im Rahmen der Dublin-Bestimmungen nach Polen zurückkehren, müssen beim Grenzschutz einen Asylantrag stellen oder die Wiedereröffnung eines etwaigen vorherigen Verfahrens beantragen, dem er sich entzogen hat. So eine Wiedereröffnung ist innerhalb von 9 Monaten möglich (bis November 2015 galten 2 Jahre als Frist und gelten für Altfälle auch weiterhin). Sind diese 9 Monate verstrichen, wird ihr Antrag als Folgeantrag betrachtet und auf Zulässigkeit geprüft. Hat der Antragsteller bereits eine Entscheidung im vorherigen Verfahren erhalten, wird der Antrag ebenfalls als Folgeantrag betrachtet. Der Grenzschutz verweist sie entweder an ein Unterbringungszentrum, oder inhaftiert sie gegebenenfalls für max. 12 Stunden und beantragt bei Gericht Unterbringung in einem geschlossenen Zentrum (guarded center). Inhaftierung ist dann möglich, wenn ein Rückkehrer Polen illegal verlassen hat (was bei Dublin-Fällen fast immer der Fall ist) oder keine Identitätsnachweise besitzt. Dublin-Rückkehrer sind zu denselben Bedingungen zu Versorgung in Polen berechtigt, wie alle anderen Antragsteller (AIDA 11.2015).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
Als vulnerabel (im Sinne von: eine spezielle Behandlung benötigend) gelten in Polen laut Gesetz Minderjährige, Behinderte, Alte, Schwangere, alleinerziehende Eltern, Opfer von Menschenhandel, ernsthaft Kranke, psychische Beeinträchtigte, Folteropfer und Opfer psychischer, physischer bzw. Sexueller Gewalt. Am Anfang und während des Asylverfahrens sind vom Gesetz gewisse Identifikationsmechanismen vorgesehen, deren Umsetzung nach Meinung von UNHCR und NGOs aber noch mangelhaft sei. Wird ein vulnerabler Antragsteller identifiziert, bewertet die Behörde ob eine spezielle Behandlung (im Verfahren, wie auch in Bezug auf Unterbringung) nötig ist. Dazu können auch medizinische bzw. psychologische Untersuchungen veranlasst werden. Verweigert der Ast. diese Untersuchungen, wird er nicht als vulnerabel betrachtet. Wenn die Vulnerabilität bestätigt wird, ist im Verfahren speziell darauf Rücksicht zu nehmen (z.B. Beteiligung eines Arztes/Psychologen und eines Übersetzers bei den Verfahrensschritten) (AIDA 11.2015).
Wenn Zweifel an der Minderjährigkeit eines Antragstellers bestehen, ist, mit Zustimmung des Ast. oder seines Vertreters, eine Altersfeststellung vorgesehen. Es gibt drei Möglichkeiten hierfür:
allgemeine Untersuchung, Handwurzelröntgen und Zahnuntersuchung, in dieser Reihenfolge. Im Zweifelsfall wird die Minderjährigkeit angenommen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, wird der Betreffende als Erwachsener behandelt. Die Gesetze sehen vor, dass für UMA ein Vormund bestimmt werden muss. Dieser Vormund ist nur für das Asylverfahren zuständig, nicht für andere Lebensbereiche des UMA. Es wird ausnahmslos für jeden UMA von der Ausländerbehörde beim zuständigen Vormundschaftgericht ein Vormund beantragt und von jenem einer bestellt. Dies dauerte in der Regel ca. 2 Monate, seit November 2015 liegt die Frist jedoch bei 3 Tagen. Es gibt in der Praxis Probleme mit der zu geringen Zahl an Kandidaten für eine Vormundschaft. Meist sind dies NGO-Leute bzw. entsprechend engagierte Rechtswissenschaftsstudenten. Der Vormund soll während des Interviews des UMA anwesend sein, ebenso ein Psychologe (AIDA 11.2015).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
4. Non-Refoulement
Gemäß Asylgesetzesänderung vom 13.11.2015 gilt ein Antrag als unzulässig, wenn der ASt. bereits den Schutz eines anderen Landes genießt, in dem er vor Refoulement geschützt ist (AIDA 11.2015).
Die Gesetze kennen das Prinzip des sicheren Herkunfts- oder Transitstaats, enthalten aber auch Bestimmungen, denen zufolge Schutzbedürfnisse im Einzelfall berücksichtig werden können (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
-
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Poland, https://www.ecoi.net/local_link/306400/443675_de.html, Zugriff 1.4.2016
5. Versorgung
AW sind ab Registrierung in einem Ertaufnahmezentrum während des gesamten Asylverfahrens, sowie während der ersten Beschwerde im selben Ausmaß zu materieller Unterstützung berechtigt, auch im Zulassung-, im Dublinverfahren und bei Folgeanträgen. Im Erstaufnahmezentrum müssen sie sich binnen 2 Tagen ab Antragstellung registrieren, ansonsten wird das Verfahren eingestellt. Das Recht auf medizinische Versorgung besteht ab Antragstellung. Generell werden Unterbringung, materielle Hilfe und Gesundheitsversorgung bis zu 2 Monate nach der endgülitigen Entscheidung im Asylverfahren (positiv wie negativ) gewährt. Wird das Verfahren allerdings schlicht eingestellt (z.B. in der Zulassungsphase), verkürzt sich dieser Zeitram auf 14 Tage. Da Ast. mit einer abschließend negativen Entscheidung Polen allerdings binnen 30 Tagen zu verlassen haben und keine Versorgung mehr gewährt wird, wenn Ast. diese Frist zur freiwilligen Ausreise verstreichen lassen, werden sie in der Regel nur für 30 Tage weiterversorgt. Einzelne Asylwerber berichten, dass ihnen sogar ein längerer Verbleib im Zentrum gestattet wurde als rechtlich vorgesehen. Versorgung wird in Polen auch ohne Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten des AW gewährt. Wenn gegen eine negative Entscheidung des Rats für Flüchtlingsfragen (2. Instanz) Beschwerde vor dem Regionalen Verwaltungsgericht in Warschau eingelegt wird, besteht generell kein Recht auf Versorgung bis das Gericht die Entscheidung des Rats suspendiert. Hier kann es zu einer Lücke in der Versorgung von 2-3 Monaten kommen. Und da seit Mai 2014 das Verfahren und die Rückkehr getrennt wurden und die Suspendierung der Entscheidung des Rates nicht mehr nötig ist um eine Außerlandesbringung zu verhindern, kann es passieren, dass das Gericht keine Suspendierung ausspricht und damit auch keine Versorgung gegeben ist. Es geht aber aus dem Bericht nicht hervor, wie oft das bisher vorgekommen ist. AW, die außerhalb des Zentrums wohnen dürfen, erhalten eine Zulage (AIDA 11.2015).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
Unterbringung
AW, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, Mahlzeiten (oder PLN 9,-/Tag/Person), Taschengeld (PLN 50,-/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,-/Monat), Einmalzahlung für Kleidung (PLN 140,-), einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentl. Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung. AW, die außerhalb der Zentren leben erhalten eine finanzielle Beihilfe (von PLN 25,-/Tag für eine Einzelperson; bis hin zu PLN 12,50/Tag und Person für Familien mit 4 oder mehr Familienmitgliedern), einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentl. Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung. Ende Juli 2015 erhielten 1.315 AW Versorgung innerhalb der Zentren und 2.460 außerhalb der Zentren. Die Höhe der Unterstützungen liegt unter dem sogenannten "sozialen Minimum" und wird als zu gering kritisiert, um in Polen außerhalb der Zentren einen angemessenen Lebensstandard zu führen. Vor allem Mieten in Warschau, wo die meisten AW ihr Asylverfahren abwickeln, seien so schwer abzudecken. Dies trage dazu bei, dass AW oft zu mehreren in beengten Wohnungen oder unsicheren Verhältnissen lebten und oft illegaler Beschäftigung nachgehen müssten. Selbst für Familien reiche die Unterstützung gerade einmal für die Miete (AIDA 11.2015).
In Polen gibt es 11 Unterbringungszentren mit gesamt 1.980 Plätzen. Zwei der Zentren dienen der Erstaufnahme. Mit Überbelegung gibt es keine Probleme. Alle Zentren unterstehen der polnischen Ausländerbehörde UDSC, 7 der Zentren werden aber von Vertragspartnern geführt. Es gibt keine speziellen Zentren für AW im Grenzverfahren oder in Transitzonen. AW dürfen die Zentren untertags jederzeit verlassen, sollten aber vor 23 Uhr zurück sein (AIDA 11.2015).
Wenn AW spezielle Bedürfnisse haben (Vulnerable) sind diese bei der Versorgung zu berücksichtigen. Einige Unterbringungszentren sind für Vulnerable angepasst: 3 Zentren haben behindertengerechte Eingänge und ein entsprechendes Zimmer und Badezimmer. 4 weitere Zentren sind teilweise angepasst. Ein Zentrum in Warschau ist speziell für alleinstehende Frauen bzw. alleinstehende Frauen mit Kindern gewidmet. UMA werden nicht zusammen mit Erwachsenen untergebracht, sondern in Kinderheimen oder übergangsweise in Pflegefamilien (AIDA 11.2015).
Es gibt Berichte über Vorfälle von geschlechterbezogener Gewalt, aber UNHCR berichtet, dass darauf unter Einbeziehung von Polizei, Ärzten, Psychologen und Sozialarbeitern reagiert wurde. UNHCR und NGOs berichten auch keine größeren oder anhaltenden Probleme mit Missbrauch in den Zentren (USDOS 25.6.2015).
Polen verfügt auch über mehrere geschlossene Unterbringungszentren (guarded centers), in denen Schubhäftlinge und unter bestimmten Voraussetzungen auch AW untergebracht werden können (Versuch der illegalen Überquerung der Grenze, keine Identitätsdokumente, usw.). Mitte 2015 wurden Schritte unternommen, um die bewachten Zentren zu reformieren und mehr Bewegungsfreiheit usw. zu gewährleisten. Ein Problem sei die zunehmende Zahl von Kindern (Familien dürfen geschlossen untergebracht werden, UMA bis 15 Jahre nicht) in den Zentren, welche keinen Zugang zu Schulunterricht haben. Die geschlossene Unterbringung ist nur auf gerichtliche Anordnung möglich (USDOS 25.6.2015).
UMA werden in Kinderfürsorgeeinrichtungen oder Familien in ganz Polen untergebracht (AIDA 11.2015).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Poland, https://www.ecoi.net/local_link/306400/443675_de.html, Zugriff 1.4.2016
Medizinische Versorgung
MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind (MedCOI 14.5.2012).
AW in Polen haben ab Antragstellung das Recht auf medizinische Versorgung, das auch dann weiterbesteht, wenn die materielle Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, reduziert oder beendet wird. Gesetzlich garantiert ist medizinische Versorgung im selben Ausmaß wie für versicherte polnische Staatsbürger. Die medizinische Versogung von AW wird öffentlich finanziert. In den Unterbringungszentren wird medizinische Basisversorgung vor Ort bereitgestellt. In den Erstaufnahmezentren werden AW auch medizinisch untersucht. Seit 1.7.2015 wird die medizinische Versorgung von AW durch die Vertragsfirma Petra Medica gewährleistet. Sie umfasst auch psychologische Versorung. Psychologische Betreuung ist in jedem Unterbringungszentrum und bei UDSC vorhanden. Pro 120 Personen sind 4 Stunden psychologische Versorgung zuzüglich eines Übersetzers vorgesehen. AW können, wenn nötig, aber auch zu Psychiatern oder psychiatrische Kliniken überwiesen werden. Nach Ansicht einiger Experten ist Spezialbehandlung für Folteropfer oder traumatisierte AW in der Praxis nicht verfügbar. In Polen existieren 2 NGOs, die sich auf psychologische Unterstützung vulnerabler AW spezialisiert haben: Die International Humanitarian Initiative, welche regelmäßig in Warschau ihre Dienste zur Verfügung stellt; und Ocalenie Foundation, welche dreimal die Woche Asylwerber in Warschau unterstützt. Ihre Psychologen sprechen Englisch und Russisch. Andere NGOs bieten aus finanziellen Gründen nur limitiert und unregelmäßig psychologische Unterstützung an (z.B. Caritas, Polish Humanitarian Action). Einige Organisationen spezialisieren sich auf bestimmte Gruppen (z.B. Kinder oder Opfer von Menschenhandel). Da mangelnde Sprachkenntnisse bisher das größte Zugangshindernis zu medizinischer Versorgung waren, wurde dies beim Vertrag mit Petra Medica beachtet und die Gewährleistung von Übersetzung bei medizinischer und psychologischer Betreuung festgeschrieben (AIDA 11.2015).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (11.2015): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.iv_.pdf, Zugriff 31.3.2016
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MedCOI - Medical COI (14.5.2012): Anfragebeantwortung, per E-Mail
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Identität der Beschwerdeführerinnen nicht feststehe. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Erstbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass diese an einer Anpassungsstörung F 43.2, einer Somatisierungsstörung F 45, an Verdauungsstörungen und Blutdruckbeschwerden leide. Laut den vorgelegten Befunden leide sie an Lumbalgie, Pankreatitis und Gastritis. Ihr seien Medikamente verschrieben worden. Zum Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass diese laut Angaben der Erstbeschwerdeführerin psychische Probleme habe, ständig weine und in der Nacht aufwache. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Drittbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass diese laut Angaben der Erstbeschwerdeführerin Fieber gehabt habe und schlecht höre. Zum Gesundheitszustand der Viertbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass diese laut Angaben der Erstbeschwerdeführerin an Verstopfungen leide. Im Verfahren hätte sich weder schwere psychischen Störungen noch schwere ansteckende Krankheiten der Beschwerdeführerinnen ergeben. Diese hätten von dem Recht auf medizinische Versorgung in Polen keinen Gebrauch gemacht und dort keinen Arzt aufgesucht. Medizinische Versorgung inklusive psychologischer Versorgung sei in Polen jedenfalls gewährleistet. Die Anträge auf internationalen Schutz seien zurückzuweisen, da Polen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin III- VO seine Zuständigkeit mitgeteilt habe. Die Beschwerdeführerinnen würden in Österreich über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte verfügen. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich könne nicht festgestellt werden. Eine Überstellung nach Polen würde keine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerinnen in Polen systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen seien bzw. solche zu erwarten hätten. Die Erstbeschwerdeführerin habe angegeben, dass sie von ihrem Ehemann und einer Verbindungsperson verfolgt würde und vom Bruder der Schwiegermutter beschimpft und angeschrieben worden sei. Dieser habe behauptet, ihrem Ehemann ihren Aufenthaltsort mitzuteilen. Aus den Angaben gehe nicht hervor, dass die Beschwerdeführerinnen in Polen der Gefahr einer konkreten Verfolgung ausgesetzt seien, zumal die Erstbeschwerdeführerin keine rechtlichen Schritte gegen ihren Ehemann gesetzt habe. Selbst bei Vorliegen der behaupteten Gefährdung seien keinesfalls mangelnder Schutzwille oder mangelnde Schutzfähigkeit der polnischen Behörden anzunehmen. Polen gelte als sicherer Staat und die Erstbeschwerdeführerin könne sich an die dortigen Polizeibehörden wenden. Insgesamt seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass die Beschwerdeführerinnen tatsächlich konkret Gefahr liegen, in Polen Folter oder unmenschlicher Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe zu und habe sich kein zwingender Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts ergeben.
Die Bescheide wurden den Beschwerdeführerinnen am 16.05.2017 durch persönliche Ausfolgung zugestellt. (Hinsichtlich der Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen durch Ausfolgung an die Erstbeschwerdeführerin als deren gesetzliche Vertreterin).
Gegen diese Bescheide richten sich die am 31.05.2017 fristgerecht eingebrachten gleichlautenden Beschwerden. Darin wurde zum Gesundheitszustand der Erstbeschwerdeführerin ausgeführt, dass diese an einer Anpassungsstörung und einer Somatisierungsstörung leide. Sie sei sehr schreckhaft, kön