TE Lvwg Erkenntnis 2015/3/18 VGW-221/060/RP26/2760/2015, VGW-221/061/RP26/2761/2015

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2015
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Entscheidungsdatum

18.03.2015

Index

50/01 Gewerbeordnung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z3
GewO 1994 §91 Abs2
ASVG §33 Abs1
AuslGB §3 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Landesrechtspfleger Ing. Orsolits über die Beschwerden der G. Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Rechtsanwalts-Gesellschaft m.b.H., gegen die Bescheide des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den … Bezirk, zu 1) vom 20.1.2015, Zl. MBA 804711/14, mit welchem gemäß § 91 Abs. 2 iZm. § 87 Abs. 1 Z 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) die Gewerbeberechtigung: „Aufstellung von Niederdruckzentralheizungsanlagen und Warmwasserbereitungsanlagen der Oberstufe und von Hochdruckzentralheizungsanlagen gemäß § 103 Abs. 1 lit. a Z 6 GewO 1973“, und zu 2) vom 20.1.2015, Zl. MBA 804726/14, mit welchem gemäß § 91 Abs. 2 iZm. § 87 Abs. 1 Z 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) die Gewerbeberechtigung: „Gas- und Wasserleitungsinstallation“, im Standort Wien, M.-Straße, entzogen wurden, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird der Bescheid aufgehoben und der Beschwerde stattgegeben

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Der Spruch der angefochtenen Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 20.1.2015 lautet:

Zu 1) „Das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk entzieht gemäß § 91 Abs. 2 in Zusammenhalt mit § 87 Abs. 1 Z 3 Gewerbeordnung 1994 – (GewO 1994) BGBl. Nr. 194 in der derzeit geltenden Fassung der G. Gesellschaft m.b.H., Rechtsform: Gesellschaft mit beschränkter Haftung, FN 1…p, Sitz: Wien, die Gewerbeberechtigung:

Aufstellen von Niederdruckzentralheizungsanlagen und Warmwasserbereitungsanlagen der Oberstufe und von Hochdruckzentralheizungsanlagen gemäß § 103 Abs. 1 lit. a Z 6 GewO 1973

im Standort Wien, M.-Straße.“

Zu 2) „Das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk entzieht gemäß § 91 Abs. 2 in Zusammenhalt mit § 87 Abs. 1 Z. 3 Gewerbeordnung 1994 – (GewO 1994) BGBl. Nr. 194 in der derzeit geltenden Fassung der G. Gesellschaft m.b.H., Rechtsform: Gesellschaft mit beschränkter Haftung, FN 1…p, Sitz: Wien, die Gewerbeberechtigung:

Gas- und Wasserleitungsinstallation

Im Standort Wien, M.-Straße.“

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin (in der Folge BF) im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung (in der Folge BFV) frist- und formgerecht Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien ein und führte im Wesentlichen aus, dass der Bescheid in seinem gesamten Umfang bekämpft werde. Die BF gestehe zu, dass die in den angefochtenen Bescheiden angeführten Straferkenntnisse ergangen seien. Es sei zu den Übertretungen gekommen, da der Geschäftsführer P. B. auf die Beistellung korrekt arbeitsberechtigter Dienstnehmer durch ein Subunternehmen vertraut habe. Bei den vorgeworfenen Delikten 1) und 2) handle es sich um einen einheitlichen Sachverhalt der einmal gemäß Ausländerbeschäftigungsgesetz und einmal gemäß ASVG verfolgt worden sei. Zu diesem Verfahren sei eine Beschwerde des P. B. beim Verfassungsgerichtshof anhängig, mit welcher aufschiebende Wirkung beantragt wurde. Diese Rechtssache sei noch nicht entschieden. Das zu 3) vorgeworfene Delikt sei offenbar durch ein Missverständnis entstanden und könne nicht so gravierend gewertet werden, als dass eine Gewerbeentziehung gerechtfertigt sei. Die Gesellschaft habe bereits Maßnahmen beschlossen, welche den Einfluss von P. B. auf die Gesellschaft reduziert. Dadurch bestehe kein Grund mehr ein Verfahren gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 gegen die BF zu führen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft ist, und sich die in
§ 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, bezieht, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.

Zufolge § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

Zufolge § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Abs. 2 leg. cit. normiert, dass die Verhandlung entfallen kann, wenn 1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder 2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Die Erkenntnisse sind im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen. Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden (§ 29 Abs. 1 und 2 VwGVG).

Unbestritten steht fest, dass Herr P. B., geb. 1960, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. Gesellschaft m.b.H. maßgebenden Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zukommt. Des Weiteren steht unbestritten fest, dass Herr P. B. bis zur Entscheidung des erkennenden Gerichts handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. Gesellschaft m.b.H. war.

Die belangte Behörde führte folgende Bestrafungen des Herrn P. B. detailliert in der Begründung der angefochtenen Bescheide an: 1) Straferkenntnis vom 14.5.2013, GZ: MBA… – S 8889/11, Übertretung des AuslBG, Rechtskraft 10.2.2014, 2) Straferkenntnis vom 15.7.2011, GZ: MBA… – S 24437/11, Übertretung des ASVG, Rechtskraft 28.12.2012, und 3) Straferkenntnis vom 28.10.2013, GZ: MBA… – S 2722/12, Übertretung des ASVG, Rechtskraft 23.10.2013

In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:

In Anwendung des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Diese Regelung gilt gemäß § 92 GewO 1994 auch für Personen mit maßgebendem Einfluss. Der BF als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gewerbeinhaberin G. Gesellschaft m.b.H. untersteht der Regelung des § 92 GewO 1994.

Ob es sich bei den festgestellten Verwaltungsübertretungen des BF um „schwerwiegende Verstöße" im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 leg. cit. handelt, ist danach zu beurteilen, ob sich unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen (VwGH vom 14.03.2012, Zl. 2011/04/0209).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat schon oft darauf hingewiesen, dass der Einhaltung von Normen zur Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung vom Gesetzgeber großes Gewicht beigemessen wird. In Anwendung der Judikatur des VwGH sind Übertretungen, deren Grundlage das Handeln gegen diese Schutzinteressen (in diesem Fall der Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung und dem Bestand der Sozialversicherung) ist, wenn sie wiederholt werden, als schwerwiegende Verstöße einzuschätzen. Schwere Verletzungen in diesem Sinn sind etwa dann anzunehmen, wenn die Verstöße trotz erfolgter Bestrafung wiederholt begangen wurden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 21. Dezember 2011, Zl. 2007/04/0222, mwN, vom 2. Februar 2012, Zl. 2011/04/0180).

Das Straferkenntnis Pkt. 1) wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG ist am 10.02.2014 in Rechtskraft erwachsen. Ebenso ist das Straferkenntnis Pkt. 2) wegen Übertretung des § 33 ASVG am 28.12.2012 in Rechtskraft erwachsen. In diesen Verwaltungsstrafverfahren wurde Herrn P. B. zur Last gelegt, insgesamt 8 namentlich angeführte Ausländer von 9.2.2011 bis 10.2.2011 als Arbeiter ohne Beschäftigungsbewilligung gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG beschäftigt zu haben und diese gemäß § 33 Abs. 1 ASVG auch nicht beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet zu haben.

Ein weiteres Straferkenntnis zu 3) wegen Übertretung des § 33 ASVG ist am 23.10.2013 in Rechtskraft erwachsen. Herrn P. B. wurde angelastet, es unterlassen zu haben, gemäß § 33 Abs. 1 ASVG 2 namentlich angeführte Personen, welche am 5.1.2012 von der Gewerbeinhaberin beschäftigt wurden, beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Das erkennende Gericht stellt ausdrücklich fest, dass die oben angeführten, rechtskräftigen Übertretungen des ASVG und des AuslBG, wie sie auch richtig in den Sprüchen der angefochtenen Straferkenntnisse angeführt sind, als schwerwiegende Verstöße im Sinne der Gewerbeordnung anzusehen sind.

Diesen Übertretungen wird vom Gesetzgeber großes Gewicht beigemessen wird. Allerdings stellt der Verwaltungsgerichtshof unmissverständlich fest, dass diese Übertretungen, deren Grundlage das Handeln gegen diese Schutzinteressen (Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung und/oder dem Bestand der Sozialversicherung), erst im Wiederholungsfall die Entziehung der Gewerbeberechtigung rechtfertigen. Ein Wiederholungsfall liegt vor, wenn zum Tatzeitpunkt der Übertretung(en) bereits ein einschlägiges Verwaltungsstrafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

In den konkreten Fällen ist festzuhalten, dass das Verfahren wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG nicht zur Begründung der Entziehung der Gewerbeberechtigungen gemäß § 91 Abs. 2 iZm § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 heranzuziehen ist, da kein weiteres Verfahren wegen Übertretung des AuslBG rechtskräftig abgeschlossen ist. Zu den Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 33 Abs.1 ASVG stellt das Verwaltungsgericht Folgendes fest:

Die (zeitlich) erste Übertretung erfolgte am 10.02.2011, das Straferkenntnis ist am 28.12.2012 in Rechtskraft erwachsen (GZ: MBA… – S 24437/11). Das (zeitlich) zweite Verwaltungsstrafverfahren bezieht sich auf den Tatzeitpunkt 05.01.2012, sohin deutlich vor der Rechtskraft des ersten Verwaltungsstrafverfahrens (28.12.2012). Dieses, von der belangten Behörde unter Punkt 3) angeführte Verfahren ist daher kein Verstoß als Wiederholungstat im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH.

Weitere Verwaltungsstrafverfahren wurden in der Begründung der Bescheide nicht angeführt. Der Beschwerde der Rechtsmittelwerberin war aus den angeführten Gründen stattzugeben und die angefochtenen Bescheide zu beheben.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG vor dem Verwaltungsgericht Wien konnte entfallen, da der maßgebliche Sachverhalt fest stand.

Schlagworte

Gewerbeordnung; kein Entzug der Gewerbeberechtigung - keine Wiederholungstat vor der Rechtskraft der Erstbestrafung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2015:VGW.221.060.RP26.2760.2015

Zuletzt aktualisiert am

06.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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