Entscheidungsdatum
10.07.2017Index
L24009 Gemeindebedienstete WienNorm
DO Wr 1994 §2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richter Mag. Kasper als Vorsitzenden, Mag. Kummernecker als Berichter, Mag. Jilek-Viti als Beisitzerin und seine fachkundigen Laienrichter Mag. Hassfurther und Wessely über die Beschwerde des Herrn W. S., vertreten durch RA, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice, vom 21.3.2016, Zl.: MA 2/502751 G, betreffend die Feststellung der Auflösung des Dienstverhältnisses durch Entlassung gemäß § 74 Z 2 lit. a DO 1994,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Begründung
Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:
„Der Magistrat der Stadt Wien stellt gemäß § 74 Z 2 lit. a der Dienstordnung 1994 (DO 1994) idgF fest, dass Ihr öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Stadt Wien mit Wirksamkeit vom 16. September 2014 durch Entlassung aufgelöst ist.“.
Begründend führte die Behörde nach Angabe der entscheidungsrelevanten Gesetzesbestimmung zunächst aus, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.10.2013, GZ: ..., rechtskräftig seit 16.9.2014, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 zweiter Fall StGB, des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs. 1 und 2 StGB und des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15 und 144 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden sei. Gemäß § 43 Abs. 3 StGB sei der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechzehn Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt durch künftiges Wohlverhalten nachgesehen worden.
Die Rechtsfolge der Entlassung trete im Falle einer Verurteilung im Sinne des § 74 Z 2 lit. a DO 1994 kraft Gesetzes ein. Da die über den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe mehr als ein Jahr betrage, sei somit spruchgemäß zu entscheiden gewesen, dass das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zur Stadt Wien durch Entlassung aufgelöst sei.
Gegen diesen Bescheid wurde vom Sachwalter des Herrn W. S., am 6.4.2016, eine form- und fristgerechte Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wird darin Folgendes vorgebracht:
„Der mit Beschluss des Bezirksgerichts ... vom 23.1.2015, GZ. ..., bestellte Verfahrenssachwalter und einstweilige Sachwalter des Herrn W. S. erhebt gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice, vom 21. März 2016, MA2/502751G, zugestellt am 25.3.2016, innerhalb offener Frist
Beschwerde
an das Verwaltungsgericht Wien und stellt den
Antrag
auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.
In der Pflegschaftssache des W. S. vor dem Bezirksgericht ..., GZ. ..., wurde ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten der Sachverständigen Dr. L. eingeholt. Die Sachverständige kommt darin zum Schluss, dass bei Herrn S. eine psychiatrische Erkrankung im Sinne einer Pseudologia Phantastica bei narzisstischer Persönlichkeitstörung und Verdacht auf zunehmend paranoid-psychotischer Realitätsverarbeitung vorliegt und Herr S. Hilfestellung eines Sachwalters für die Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten, Sozialversicherungsträgern und für finanzielle Angelegenheit benötigt.
Die Ausführungen in diesem Gutachten lassen darauf schließen, dass die psychiatrische Erkrankung schon lange Zeit vorliegt und das krankhafte Verhalten zu den Taten führte, für die er im Strafverfahren ... vom Landesgericht für Strafsachen Wien verurteilt wurde. Der einstweilige Sachwalter hat deshalb den beiliegenden Antrag auf Wiederaufnahme dieses Strafverfahrens beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingebracht.
Herr S. ist im Rahmen des Krankheitsbildes beratungsresistent und ohne Einsicht in eigene Defizite. Dementsprechend ist es ihm auch nicht möglich nachzuvollziehen, welchen persönlichen Schaden er aus seinem Vorgehen nehmen könnte. Ein Vorsatz im strafrechtlichen Sinn geht seinen Taten nicht voraus.
Auch war Herr S. im Tatzeitpunkt bereits im Ruhestand und ist der Stadt Wien kein Schaden durch Handlungen des Herrn S. entstanden.
Es wird auch die Verfassungswidrigkeit der Anwendung des § 74 Z 2 Dienstordnung 1994 für Beamte im Ruhestand geltend gemacht. Die Entlassung und als Folge der Verlust aller Rechte, die mit der Anstellung verbunden sind, insbesondere des Ruhebezugs und der Krankenfürsorge, für den Beamten und die Familienangehörigen stellen eine unverhältnismäßige Härte dar, wenn dem Dienstgeber kein Sach- oder Vermögensschaden entstanden ist.
ASVG-Versicherte die während ihres Ruhestandes Strafverurteilungen erlangen, können sich ihrer Altersversorgung trotzdem sicher sein, ein öffentlicher Dienstnehmer, der unbescholten seine Dienstzeit absolviert hat, verliert seine Altersversorgung aufgrund § 74 Z 2 Dienstordnung 1994, was eine Ungleichbehandlung, die nicht mehr zeitgemäß ist, darstellt.
[…]
Der einstweilige Sachwalter des Herrn W. S. stellt sohin an das Verwaltungsgericht Wien den
Antrag,
den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 – Personalservice, GZ. MA 2/202751 G, vom 21. März 2016 ersatzlos aufzuheben, gegebenenfalls vor Entscheidung eine mündliche Verhandlung abzuhalten.“.
Die belangte Behörde nahm von einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien vor. Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens werde von der belangten Behörde auf die Bescheidbegründung verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers nach § 74 Z 2 lit. a Do 1994 von Gesetzes wegen aufgelöst worden sei. Durch die bescheidmäßige Feststellung der Auflösung des Dienstverhältnisses sei nicht gestaltend in das Dienstverhältnis eingegriffen worden, sondern nur klargestellt, dass die von der Dienstordnung 1994 vorgesehene Rechtsfolge eingetreten sei (vgl. VwGH 24.10.1996, 96/12/0303).
Am 30.11.2016 fasste das Landesgericht für Strafsachen Wien in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss, der Antrag des Sachwalters des Herrn W. S. vom 6.4.2016 auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu GZ: ... werde abgewiesen.
Begründend führte das Landesgericht für Strafsachen im Wesentlichen aus, dass der rechtskräftig Verurteilte die Wiederaufnahme des Strafverfahrens verlangen könne, wenn er entweder neue Tatsachen oder Beweismittel beibringe, die geeignet erscheinen alleine oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen, seine Freisprechung oder die Verurteilung wegen einer unter ein milderes Strafgesetz fallende Handlung zu begründen.
Es sei ein psychiatrisches Ergänzungsgutachten bei Frau DDr. W., zur Abklärung, inwiefern die nunmehr von Frau Dr. L. festgestellte Diagnose (Pseudologia Phantastica) mit dem damaligen Gutachten der Frau DDr. W. in Einklang zu bringen ist und zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Verurteilten im Tatzeitraum eingeholt worden.
Unter Zugrundelegung des aktuellen Gutachtens aus dem Sachwalterverfahren von Frau Dr. L. sowie der Erwägung des eigenen Gutachtens vom 16. Oktober 2013 halte Frau DDr. W. ihr Gutachten aufrecht. Hierzu führe diese aus, dass die von Frau Dr. L. festgestellte Pseudologia Phantastica keine psychische Erkrankung sei, sondern Symptom einer Persönlichkeitsstörung. Es sei anzunehmen, dass der Verurteilte – wie jeder Betrüger – Lügen bei der Begehung seiner Straftaten als Mittel zum Zweck eingesetzt habe. Die festgestellte Pseudologia Phantastica sei aber auch als belastungsreaktives Verarbeitungsmuster im Sinne einer Abwehr der Konsequenzen der begangenen Straftaten zu interpretieren. Wie im eigenen Gutachten vom 16.10.2013 festgehalten und auch im Gutachten von Frau Dr. L. bestätigt, sei aus gutachtlicher Sicht anzunehmen, dass der Verurteilte in der Lage gewesen sei, das Wesen eines Betruges zu erfassen. Darüber hinaus ergeben sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer schweren psychiatrischen Erkrankung, welche die erkenntnisgemäße Handlungsfähigkeit im Tatzeitraum beeinträchtigt hätte. Die vom Sachwalter des Verurteilten in seinem Antrag vorgebrachten Behauptungen seien nicht zur Erschütterung der Beweisgrundlage geeignet. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen sei dem Wiederaufnahmeantrag sohin der Erfolg zu versagen gewesen.
Das Verwaltungsgericht Wien sieht folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Der am ... 1950 geborene Herr W. S. wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.10.2013, GZ: ..., rechtskräftig seit 16.9.2014, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 zweiter Fall StGB, des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs. 1 und 2 StGB und des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15 und 144 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 3 StGB wurde der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechzehn Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt durch künftiges Wohlverhalten nachgesehen.
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens wurde seitens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 30.11.2016 abgewiesen.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dienstordnung 1994 lauten wie folgt:
„§ 2. Dieses Gesetz gilt nur für die in einem Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien stehenden Bediensteten, die ihm ausdrücklich unterstellt worden sind. Es ist auf Beamte des Ruhestandes nur so weit anzuwenden, als dies ausdrücklich bestimmt wird.
§ 74. Das Dienstverhältnis des Beamten des Dienst- oder Ruhestandes wird durch Entlassung aufgelöst
1. durch Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung;
2. durch Verurteilung durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen, wenn
a) die verhängte Freiheitsstrafe ein Jahr übersteigt,
b) die nicht bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe sechs Monate übersteigt oder
c) die Verurteilung ausschließlich oder auch wegen eines Vorsatzdelikts gemäß den §§ 92, 201 bis 217 und 312a StGB erfolgt ist;
3. durch eine Verfügung gemäß § 10 Abs. 4 dritter Satz.“.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass über den Beschwerdeführer eine ein Jahr übersteigende Freiheitsstrafe verhängt wurde. Für die Anwendbarkeit des § 74 Z 2 lit. a DO 1994 spielt es keine Rolle, ob die ein Jahr übersteigende Strafe zur Gänze oder zum Teil bedingt nachgesehen wurde. Das Dienstrecht des Beamten sieht einerseits die Möglichkeit der Entlassung nach einer rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe in einem Disziplinarverfahren vor (§ 74 Z 1 DO 1994), andererseits die Entlassung – unabhängig von einem Disziplinarverfahren – nach einer Verurteilung durch ein Strafgericht, bei der mehr als ein Jahr Freiheitsstrafe verhängt wurde. Somit kann einerseits die Entlassung als Disziplinarstrafe von der Disziplinarkommission ausgesprochen werden, andererseits besteht auch die Zuständigkeit der Dienstbehörde, einen Ausspruch der Entlassung nach einer rechtskräftigen Verurteilung zu tätigen. Dies ist hier der Fall. Somit handelt es sich um eine automatisch eintretende Beendigung des Dienstverhältnisses gemäß § 74 Z 2 lit. a DO 1994.
Die Dienstbehörde hat feststellend über die Frage abgesprochen, ob und wann das Dienstverhältnis des Bediensteten aus dem Grunde des § 74 Z 2 DO 1994 kraft Gesetzes zur Auflösung gelangt ist (vgl. VwGH 9.9.2016, 2016/12/0089).
Da der Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens mit Beschluss vom 30.11.2016 abgewiesen wurde, ist das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17.10.2013 nach wie vor rechtskräftig, die belangte Behörde hat die Auflösung des Dienstverhältnisses des Herrn W. S. somit zu Recht festgestellt. Davon abgesehen würde die Aufhebung des Feststellungsbescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice, vom 21.3.2016, Zl.: MA 2/502751 G, die Rechtsfolge der Entlassung nicht beseitigen, da diese gemäß § 74 Z 2 DO 1994 kraft Gesetzes eingetreten ist.
Gemäß § 2 DO 1994 sind die Bestimmungen der Dienstordnung 1994 auf Beamte des Ruhestandes nur soweit anzuwenden, als dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. In § 74 erster Satz DO 1994 werden Beamte des Ruhestandes ausdrücklich genannt. Somit tritt die Rechtsfolge der Entlassung für Beamte des Ruhestandes unter denselben Bedingungen ein, wie für Beamte des Dienststandes.
Da für Beamte des Ruhestandes das Dienstverhältnis zur Stadt Wien weiter aufrecht ist, ist zu beachten, dass Beamte des Ruhestandes nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten haben.
Die Entlassung ist eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Im Vordergrund steht der durch die Verfehlung eingetretene Vertrauensverlust. Wird der Beamte nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter erfordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienstverhältnis verbleiben (vgl. VwGH 18.7.2002, 99/09/0107). Die Rechtsfolge dient dem Zweck, sich von Beamten, die sich infolge eines Fehlverhaltens untragbar gemacht haben, zu trennen. Das pragmatische Dienstverhältnis dient seinem Zweck nach nicht dazu, vor gerechtfertigter Entlassung bei Begehung einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung zu schützen.
Herr W. S. wurde vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 zweiter Fall StGB, des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs. 1 und 2 StGB und des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15 und 144 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Unterschlagung, Betrug und Untreue außerhalb des Dienstes sind in aller Regel in besonderem Maße geeignet, achtungsmindernd und ansehensmindernd sowie - auch innerdienstlich - vertrauensmindernd zu wirken. Das ergibt sich bereits aus dem kriminellen Gehalt und aus der durch die strafrechtliche Einordnung und Bewertung ersichtlichen Sozialschädlichkeit dieser Delikte. Diese außerdienstlichen Verfehlungen haben deshalb grundsätzlich Dienstbezogenheit (vgl. VwGH 14.9.1988, 88/09/0046, 25.6.1990, 90/09/0068). Jedenfalls der von Herrn W. S. begangene gewerbsmäßige schwere Betrug ist demnach als achtungsmindernd und vertrauensmindernd zu werten. Das Verhalten des Herrn W. S. war in einem großen Ausmaß sozialschädlich und geeignet das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Beamtenschaft zu zerstören. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Beamte bereits im Ruhestand ist, denn auch Beamte im Ruhestand werden von der Öffentlichkeit weiterhin mit ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst in Verbindung gebracht. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 74 Z 1 DO 1994 schon bei weitaus geringeren Verfehlungen gerechtfertigt sein kann. Von einer unverhältnismäßigen Härte kann also im Ergebnis bei einer Entlassung infolge einer solchen Verurteilung nicht ausgegangen werden. Das Verwaltungsgericht Wien kann aus diesen Gründen keine Verfassungswidrigkeit in der Anwendung von § 74 Z 2 DO 1994 auf Beamte im Ruhestand erblicken.
Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass ASVG-Versicherte, die während ihres Ruhestandes Strafverurteilungen erlangen, sich ihrer Altersversorgung trotzdem sicher sein können, ein öffentlicher Dienstnehmer, der unbescholten seine Dienstzeit absolviert hat, hingegen seine Altersversorgung aufgrund § 74 Z 2 DO 1994 verliere, was eine Ungleichbehandlung darstelle, die nicht mehr zeitgemäß sei, so ist darauf hinzuweisen, dass es sich im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs beim öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, das auch den Ruhestand einschließt, und bei der Materie der gesetzlichen Sozialversicherung um tiefgreifend verschiedene Rechtsgebiete handelt, sodass es verfehlt ist, Teilbereiche der diese Materien regelnden Vorschriften herauszugreifen und aus dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes miteinander zu vergleichen (vgl. VfGH 30.6.1994, B 377/91, 29.11.2005, B 80/04. Somit können die unterschiedlichen Folgen einer Strafverurteilung während des Ruhestandes für ASVG-Versicherte einerseits und öffentliche Dienstnehmer andererseits nicht im Sinne des Gleichheitssatzes miteinander verglichen werden.
Insgesamt kommt daher den Beschwerdebehauptungen keine Berechtigung zu, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Ungeachtet des Antrags des Beschwerdeführers konnte das erkennende Gericht nach § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Darüber hinaus stehen auch Art. 6 MRK und Art. 47 GRC einem Entfall der Verhandlung nicht entgegen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Entlassung ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Entlassung, Verurteilung Strafgericht, ex-lege Eintritt, Feststellungsbescheid, GleichheitssatzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.171.049.5060.2016Zuletzt aktualisiert am
07.11.2017