Index
L85004 Straßen Oberösterreich;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des A, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Jänner 2000, Zl. BauR-250723/19-2000-See/Pa, betreffend Enteignung nach den §§ 35 f O.ö. Straßengesetz (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit "Enteignungsbescheid" der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Jänner 2000 wurden dem Land Oberösterreich "für den Ausbau bzw. die Gehsteigerrichtung" (an) der Landesstraße Nr. 1315 im näher bezeichneten Bereich im Wege der Enteignung Grundstücksteile des Beschwerdeführers im Ausmaß von insgesamt 135 m2 gegen Entschädigung ins Eigentum übertragen und verfügt, dass die "Räumung des von der Einlösung betroffenen Anbaues von Fahrnissen (Inventar) aller Art (gelagertes Holz, Maschinen, Geräte etc.)" vom Beschwerdeführer binnen drei Monaten ab Bescheiderlassung zu erfolgen habe.
In seinem mit der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG führt der Beschwerdeführer aus, es sei nunmehr in Kürze damit zu rechnen, dass sein Zubau abgerissen und mit der Gehsteigerrichtung begonnen werde. Dadurch erwachse ihm ein unverhältnismäßiger Nachteil. Im Übrigen müsse er sämtliche Gegenstände aus diesem Zubau entfernen und wegen fehlender Lagermöglichkeiten wertvolle Teile bei einer Spedition teuer einlagern bzw. im Freien dem Verderb preisgeben. Öffentliche Interessen lägen nicht vor, weil sich der geplante Ausbau der Straße schon seit mehr als zwei Jahrzehnten hinziehe und ein Zuwarten bis zum Vorliegen des Verwaltungsgerichtshofserkenntnisses kein Schaden eintreten könne. Auch die Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs werde nicht gefährdet, weil es in diesem Bereich zu keinen Unfällen gekommen sei.
Die mitbeteiligte Partei sprach sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit dem Hinweis aus, Fußgänger seien gefährdet, jeder weitere Aufschub der Baumaßnahme sei aus öffentlich-rechtlicher Sicht im Zusammenhang mit der derzeit fehlenden Verkehrssicherheit nicht zu vertreten.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührter Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Nicht alle öffentlichen Interessen sind "zwingend" im Sinne dieser Bestimmung; dazu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um das öffentliche Interesse als "zwingend" ansehen zu können. Typischerweise stellt die Vorbeugung einer konkreten Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen ein solches zwingendes öffentliches Interesse dar (siehe die Nachweise bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 282 f).
Die straßenbaurechtliche Bewilligung des gegenständliche Straßenbauvorhabens erfolgte insbesondere deshalb, weil eine Gefahrenstelle für Fußgänger ausgeschaltet werden soll. Durch die enteigneten Grundstücksteile soll neben der Schließung der Gehsteiglücke die erforderliche Anfahrsichtweite im Knoten "Schilcherberg" und die erforderliche Betriebssichtweite im gesamten Baulosbereich erreicht werden. Das durch den rechtskräftigen Straßenbaubewilligungsbescheid dokumentierte öffentliche Interesse an der Hintanhaltung der konkreten Gefahr für Leib und Leben der Fußgänger muss im vorliegenden Fall als zwingend im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG angesehen werden, weshalb sich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Beschwerdefall verbietet. Auch wenn bezüglich der erteilten Straßenbaubewilligung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben worden ist (hg. 2000/05/0029), ist von der Rechtskraft dieser Bewilligung auszugehen. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer konkret nicht dargelegt hat, worin der unverhältnismäßige Nachteil durch die Entfernung des von der Enteignung betroffenen Zubaus liegen soll. Der bloße Verlust des Eigentumsrechtes vermag einen solchen noch nicht zu indizieren (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 7. Dezember 1993, AW 93/06/0045). Die Entziehung der Nutzung der enteigneten Grundstücksteile während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens allein kann einen unverhältnismäßigen Nachteil schon deswegen nicht begründen, weil im Falle des Erfolges der Beschwerde alle Ansprüche auf Geldersatz offenstehen, die die Rechtsordnung dafür einräumt (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 9. Dezember 1991, AW 91/06/0047). Die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs ist als öffentliches Interesse jedenfalls gegenüber einem nicht näher konkretisierten Nachteil des Betroffenen als überwiegend anzusehen.
Dem Antrag musste daher ein Erfolg versagt bleiben. Wien, am 4. September 2000
Schlagworte
Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Verfahren vor dem VwGH Unverhältnismäßiger Nachteil Zwingende öffentliche InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:AW2000050019.A00Im RIS seit
21.12.2000