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L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft K in Stummerberg, vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Südtiroler Platz 8, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 3. März 1998, Zl. U-12.741/7, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 20. März 1996 wies die Bezirkshauptmannschaft Schwaz gemäß den §§ 6 Abs. 1 lit. k, 7 Abs. 1 lit. a, 27 Abs. 2 lit. a, Z. 2, Abs. 5 und 40 Abs. 1 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991, LGBl. Nr. 29 (TNSchG 1991), den Antrag der beschwerdeführenden Argargemeinschaft auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Wirtschaftsweges ab. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 3. Mai 1996 unter Hinweis auf die §§ 7 Abs. 1 lit. a, 27 Abs. 2 lit. a Z. 2 und Abs. 5 iVm § 40 Abs. 1 TNSchG 1991 ab.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der den Bescheid mit Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 98/10/0032, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob, weil der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1997, G 21/97 u.a., ausgesprochen hatte, dass das Tiroler Naturschutzgesetz 1991, LGBl. Nr. 29, verfassungswidrig war und es sich im Gegenstand um einen Anlassfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG handelte.
Im fortgesetzten Verfahren versagte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 20. März 1996 neuerlich die beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung, wobei sie den erstinstanzlichen Spruch dahin abänderte, dass die Versagung auf die §§ 6 lit. d, 7 lit. b, 27 Abs. 2 lit. a Z. 2 sowie Abs. 6 iVm § 40 Abs. 1 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997, LGBl. Nr. 33 (TNSchG 1997), gestützt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der erstinstanzliche Bescheid vom 20. März 1996 beruhte auf dem Tiroler Naturschutzgesetz 1991. Mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1997, G 21/97, u.a. hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass dieses Gesetz verfassungswidrig war. Nach Art. 140 Abs. 7 B-VG sind, wenn ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden ist oder der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen hat, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht.
Durch den Ausspruch des Verfassungsgerichtshof wurde für den Anlassfall (rückwirkend) das Tiroler Naturschutzgesetz 1991 aus der Rechtsordnung eliminiert. Die belangte Behörde hatte daher bei ihrer Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin das Tiroler Naturschutzgesetz 1991 nicht mehr anzuwenden. Sie hätte somit richtigerweise den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos beheben müssen. Hat der Verfassungsgerichtshof nämlich ausgesprochen, dass das Gesetz, auf das sich der Bescheid der unterinstanzlichen Behörde stützt, nicht mehr anzuwenden ist, so kann die Entscheidung der Berufungsbehörde nur in einer ersatzlosen Behebung des erstinstanzlichen Bescheides bestehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass mit 1. Juni 1997 - also noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - das Tiroler Naturschutzgesetz 1997 in Kraft getreten ist. Dieses enthält keine rückwirkenden Bestimmungen und konnte daher dem Bescheid der BH vom 20. März 1996 die ihm durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1997 entzogene Zuständigkeitsgrundlage nicht wieder verschaffen, weil für die Zuständigkeit einer Behörde die Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgeblich ist (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1998, Zl. 98/10/0147).
Die belangte Behörde hat, indem sie statt mit einer ersatzlosen Behebung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG vorzugehen, der Beschwerdeführerin die beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung versagt hat, ihre Ermächtigung zur Sachentscheidung im Sinne des § 66 Abs. 4 überschritten. Der solcherart mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastete angefochtene Bescheid war daher - ohne auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der in der Verordnung festgesetzte Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand auch die Umsatzsteuer umfasst.
Wien, am 4. September 2000
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998100145.X00Im RIS seit
20.11.2000