TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/18 W185 2155115-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2017
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Entscheidungsdatum

18.10.2017

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W185 2155111-1/9E

W185 2155115-1/10E

W185 2169300-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX und 3.) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , sämtliche StA. Tadschikistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2017 (hinsichtlich XXXX und XXXX ) bzw. 14.08.2017 (hinsichtlich XXXX ), Zlen. 1.) 1131812204-161387779, 2.) 1131812302-161387765 und 3.) 1162860505-170910756, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG 2005

idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten; der minderjährige Drittbeschwerdeführer ist deren gemeinsamer Sohn. Am 08.10.2016 stellten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich; am 02.08.2017 stellte die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin für den im Juli 2017 in Österreich nachgeborenen Sohn einen Asylantrag.

Es liegen keine EURODAC-Treffermeldungen hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor. Aus der österreichischen Visa-Datenbank konnte jedoch erhoben werden, dass die Zweitbeschwerdeführerin im Besitz eines Visums für Litauen mit der Gültigkeit vom 20.09.2016 bis zum 18.10.2016 war.

Am 08.10.2016 fand die Erstbefragung mit dem Erstbeschwerdeführer bzw der Zweitbeschwerdeführerin statt. Hierbei gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, die Heimat im September 2016 verlassen zu haben und über Russland und Litauen schließlich nach Österreich gelangt zu sein. In den durchreisten Ländern habe sich der Erstbeschwerdeführer nicht sicher gefühlt. Das Reiseziel der Beschwerdeführer sei die EU gewesen, da es hier sicher sei. Außer seiner mitgereisten Ehefrau habe der Erstbeschwerdeführer keine Familienangehörigen in Österreich oder einem anderen Land der EU. Gesundheitliche Probleme wurden nicht geltend gemacht. Die Beschwerdeführer hätten in keinem anderen Land außer Österreich um Asyl angesucht. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte in ihrer Erstbefragung noch vor, nicht schwanger zu sein und ein Visum für Litauen gehabt zu haben, welches bis zum 18.10.2016 gültig sei. Die Beschwerdeführer würden nunmehr in Österreich bleiben wollen, da es hier "gute Gesetze" gebe.

In weiterer Folge leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.11.2016 Konsultationsverfahren mit Litauen ein.

Mit Schreiben vom 12.01.2017 teilte die österreichische Dublin-Behörde Litauen mit, dass auf Grund der nicht fristgerecht erfolgten Antwort gemäß Artikel 22 Absatz 7 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: "Dublin III-VO") Verfristung eingetreten und Litauen nunmehr für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens zuständig sei. Am 13.01.2017 stimmte Litauen schließlich ausdrücklich zu, den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zu übernehmen (siehe Aktenseite 53 des Verwaltungsaktes des Erstbeschwerdeführers; infolge kurz: AS).

Am 01.02.2017 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin – nach deren ausdrücklich erteilten Zustimmung hiezu – gemeinsam vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Hierbei gaben die Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass es ihnen gesundheitlich gut gehe. Ihre bisherigen Angaben würden der Wahrheit entsprechen. In Die Zweitbeschwerdeführerin sei schwanger und erwarte im Juli 2017 ein Kind. Die Beschwerdeführer seien seit August 2015 standesamtlich verheiratet. Sie hätten keine anderweitigen familiären Bindungen in Österreich oder in einem anderen EU-Land. Über Vorhalt der beabsichtigten Überstellung nach Litauen erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass die Beschwerdeführer dort Probleme gehabt hätten. Er habe bereits drei, vier Jahre in Litauen gearbeitet (Handel mit Autos) und sei dort dann überfallen worden. Die Leute, die ihn in der Heimat bedroht hätten, hätten Kontakte mit Litauen und so habe er dort aufgefunden und überfallen werden können. Der Erstbeschwerdeführer habe sich nicht an die dortige Polizei gewandt, da ihm viele solcher Fälle bekannt seien und es "nichts gebracht" hätte. In Litauen sei die Kriminalität hoch. Banden würden "alles machen, was sie möchten" (AS 95 des Verwaltungsaktes des Erstbeschwerdeführers). Der Erstbeschwerdeführer sei in der Heimat unterdrückt und verletzt worden; in Litauen würden er und seine Frau sich auch nicht sicher fühlen, andernfalls sie dort um Asyl angesucht hätten. Sie seien hierhergekommen, weil Österreich ein friedliches, neutrales Land sei. Die Beschwerdeführer würden sich um rasche Integration bemühen. So hätten sie sich hier bereits mit der Kultur, den Sitten und Gebräuchen bekannt gemacht und würden sich hier sicher fühlen. Ihr Kind solle in Frieden aufwachsen können. Die Zweitbeschwerdeführerin gab ebenfalls an, nicht nach Litauen zurückkehren zu wollen, da sie Angst habe, dass sie, ihr Mann und ihr noch ungeborenes Kind, dort getötet werden würden. Die anwesende Rechtsberaterin gab an, dass dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin bei einer Überstellung nach Litauen eine Kettenabschiebung nach Russland drohe, weshalb vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen wäre.

Nach der Rückübersetzung gab der Erstbeschwerdeführer erneut an, dass viele Leute aus seiner Heimat über seinen Aufenthalt in Litauen Bescheid wüssten und es für diese Personen nicht schwer sei, ihn dort ausfindig zu machen, wie dies ja bereits einmal der Fall gewesen sei. Er könne dort getötet werden. In Litauen würde er nicht geschützt werden.

Im Zuge der Einvernahme legte der Erstbeschwerdeführer eine Arbeitsbestätigung vom 31.01.2017 vor, wonach er in einer namentlich genannten Gemeinde seit November 2016 als Hilfsmitarbeiter für diverse Arbeiten beschäftigt und zudem bemüht sei, die deutsche Sprache zu erlernen. Die Zweitbeschwerdeführerin legte die Kopie eines Auszuges des Mutter-Kind-Passes vor, errechneter Geburtstermin: Juli 2017.

Mit den angefochtenen Bescheiden vom 12.04.2017 wurden I. die Anträge des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Litauen (in Hinblick auf den Erstbeschwerdeführer) gemäß Art. 11 bzw (in Hinblick auf die Zweitbeschwerdeführerin) gem. Art. 12 der Dublin III-Verordnung zur Prüfung der Anträge zuständig sei, sowie II. die Außerlandesbringung der Genannten gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge deren Abschiebung nach Litauen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.

Die Feststellungen zur Lage in Litauen wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Die Gesetze der Republik Litauen sehen die Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsstatus vor.

Personen, die sich nicht für den Flüchtlingsstatus qualifizieren, können subsidiären Schutz erhalten. Im Falle von Massenankünften von Fremden kann pauschal temporärer Schutz gewährt werden (USDOS 27.2.2014).

Das litauische Gesetz über den legalen Status von Fremden regelt Einreise, Ausreise, Aufenthalt, Asylgewährung, Beschwerde, Integration und andere Fragen betreffend den legalen Status von Fremden in der Republik Litauen. Seine Bestimmungen wurden mit EU-Recht harmonisiert (RoL 28.4.2015).

Asylanträge können an der Staatsgrenze, bei Bezirkspolizeibehörden oder im Registrationszentrum Pabrade gestellt werden. Bei illegaler Einreise ist eine unverzügliche Antragstellung vorgeschrieben (MD 8.10.2014). Nach Antragstellung werden Asylwerber von Spezialisten einem Interview unterzogen. Übersetzer, Rechtsberater oder medizinische Hilfe können in Anspruch genommen werden. Innerhalb von 48 Stunden ab Antragstellung entscheidet das Migrationsamt über die Zulassung zum Asylverfahren. Wer seinen Aufenthalt nicht selbst finanzieren kann oder illegal eingereist bzw. aufhältig ist, wird im Fremdenregistrationszentrum in Pabrade untergebracht. Ein AW der legal eingereist ist, kann in Absprache mit dem Migrationsamt seine Unterbringung selbst besorgen. Das Migrationsamt muss innerhalb von 3-6 Monaten über den Asylantrag entscheiden (MD 25.1.2014).

Asylwerber haben im Asylverfahren folgende Rechte: Monatliche Zuwendungen für kleinere Ausgaben; Notwendige medizinische Versorgung; Kostenlose Übersetzungen und Notariatsleistungen;

Kostenersatz für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel;

Kostenlose rechtliche Hilfe; Recht auf Unterbringung im Zentrum Pabrade. Dafür müssen AW die Gesetze der Republik Litauen befolgen, verpflichtende medizinische Untersuchungen zulassen; alle verfügbarer Dokumente, wahrheitsgetreue Angaben über Identität und Asylgründe sowie über die Umstände der Einreise nach Litauen bereitstellen und über Ihre Mittel in freier Form Auskunft geben (MD 27.1.2014).

Beschleunigtes Verfahren

Das Migrationsamt entscheidet grundsätzlich innerhalb von 48 Stunden über die Zulassung zum Asylverfahren. Kommt ein AW aus einem sicheren Herkunftsland, oder ist der Asylantrag offensichtlich unbegründet, gibt es die Möglichkeit die Zulassungsfrist auf 72 Stunden zu verlängern. Dann wird der Asylantrag abgelehnt und die Abschiebung aus Litauen verfügt. Das beschleunigte Verfahren wird nicht bei unbegleiteten Minderjährigen angewendet (MD 13.3.2015).

Beschwerden

Gegen Nichtzulassung zum Asylverfahren ist binnen 14 Tagen Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht Wilna möglich. Gegen negative Entscheidungen im inhaltlichen Verfahren ist binnen 14 Tagen Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht Wilna möglich. Ein kostenloser Rechtsbeistand wird für das Beschwerdeverfahren zur Verfügung gestellt (MD 25.1.2014).

Die Artikel 136 bis 140 des Gesetzes über den legalen Status von Fremden, beschäftigen sich mit den Beschwerderechten von AW. Alle Entscheidungen, können innerhalb von 14 Tagen vor dem zuständigen Verwaltungsgericht beeinsprucht werden. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung bei:

1. Beschwerden gegen eine Aufhebung der Aufenthaltsbewilligung

2. Beschwerden wegen Verweigerung des temporären territorialen Asyls (= Zulassung zum Verfahren)

3. Beschwerden gegen Verweigerung des Asyls

4. Beschwerden gegen die Abschiebung aus Litauen, außer bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit

In allen anderen Fällen kann die aufschiebende Wirkung durch das zuständige Verwaltungsgericht zugesprochen werden. Gegen eine Entscheidung des zuständigen Verwaltungsgerichts kann innerhalb von 14 Tagen beim Obersten Verwaltungsgericht Beschwerde eingelegt werden. (RoL 28.4.2015)

Quellen:

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Eurostat (24.3.2014): Pressemitteilung 46/2014, http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/3-24032014-AP/EN/3-24032014-AP-EN.PDF, Zugriff 15.6.2015

-

Eurostat (19.3.2015): Data in focus 3/2015, http://ec.europa.eu/eurostat/documents/4168041/6742650/KS-QA-15-003-EN-N.pdf/b7786ec9-1ad6-4720-8a1d-430fcfc55018, Zugriff 15.6.2015

-

MD – Migracijos Departamentas (8.10.2014): Where to apply?, http://www.migracija.lt/index.php?-169402599, Zugriff 15.6.2015

-

MD – Migracijos Departamentas (25.1.2014): Examining an Application, http://www.migracija.lt/index.php?21088311, Zugriff 15.6.2015

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MD – Migracijos Departamentas (27.1.2014): Rights and Duties during the Examining of an Application, http://www.migracija.lt/index.php?-305003643, Zugriff 15.6.2015

-

MD – Migracijos Departamentas (13.3.2015): Asylum procedure in details, http://www.migracija.lt/index.php?-805149127, Zugriff 15.6.2015

-

RoL - Republic of Lithuania (28.4.2015): Law on the Legal Status of Aliens No. IX-2206, 29.4.2004 (Version valid from 28 April 2015), http://www3.lrs.lt/pls/inter3/dokpaieska.showdoc_e?p_id=1031831&p_tr2=2, Zugriff 15.6.2015

-

USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Lithuania, http://www.ecoi.net/local_link/270774/400879_de.html, Zugriff 15.6.2015

2. Dublin-Rückkehrer

Nach Art. 72 (3) des litauischen Gesetzes über den legalen Status von Fremden, muss Litauen einen Asylantrag inhaltlich prüfen, wenn es für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß Artikel 76 (2), ist Asylwerbern, die im Rahmen des Dublin-Abkommens nach Litauen zurückgeschickt werden, weil Litauen für deren Verfahren zuständig ist, temporäres territoriales Asyl zuzusprechen (= für das Verfahren) (RoL 28.4.2015).

Quellen:

-

RoL - Republic of Lithuania (28.4.2015): Law on the Legal Status of Aliens No. IX-2206, 29.4.2004 (Version valid from 28 April 2015), http://www3.lrs.lt/pls/inter3/dokpaieska.showdoc_e?p_id=1031831&p_tr2=2, Zugriff 15.6.2015

3. Non-Refoulement

Die litauischen Behörden erlauben Asylwerbern, die aus sicheren Transitländern kommen, nicht den Zutritt zum Territorium. Stattdessen werden sie ohne inhaltliche Überprüfung des Vorbringens in das Transitland zurückgeschickt. Nach Angaben der Migrationsbehörde, verfügt Litauen über keine Liste sicherer Staaten, sondern definiert sie als solche, in denen das Leben oder die Freiheit einer Person nicht wegen der Konventionsgründe bedroht ist und von denen aus die Person auch nicht in ein anderes Land weitergeschoben wird, wo eine Bedrohung wegen der Konventionsgründe droht (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Lithuania, http://www.ecoi.net/local_link/270774/400879_de.html, Zugriff 15.6.2015

4. Versorgung

4.1. Unterbringung

AW, die ihren Aufenthalt nicht selbst finanzieren können oder illegal eingereist bzw. aufhältig sind, werden im Fremdenregistrationszentrum in Pabrade untergebracht. Ein AW der legal eingereist ist, kann in Absprache mit dem Migrationsamt seine Unterbringung selbst besorgen (MD 25.1.2014).

In Litauen gibt es zwei Zentren zur Unterbringung von Fremden, in Pabrade und Rukla. Das Fremdenregistrierungszentrum in Pabrade verfügt über zwei Bereiche: einen offenen Teil für Asylwerber im Asylverfahren und einen geschlossenen Teil für illegale Migranten. UMA werden im Flüchtlingsaufnahmezentrum Rukla untergebracht (EMN 2014), ebenso wie anerkannte Flüchtlinge im Integrationsprozess (w2eu o.D.).

Unbegleitete Minderjährige sind, im Einvernehmen mit ihrem Vormund und unter Rücksichtnahme auf ihre Wünsche und ihre Reife, bei ihrem Vormund oder in einem Flüchtlingsunterbringungszentrum unterzubringen, es sei denn, der gesetzliche Vertreter entscheidet anderes. Das Fremdenregistrationszentrum dient auch der geschlossenen Unterbringung von Fremden zur Identitätsfeststellung, Feststellung der Reiseroute und auch zur Außerlandesbringung. Das Flüchtlingsunterbringungszentrum dient der Unterbringung und sozialen Integration anerkannter Flüchtlinge und unbegleiteter Minderjähriger (RoL 28.4.2015, Art. 79).

Das Flüchtlingsaufnahmezentrum Rukla ist für die Unterbringung von Schutzberechtigten, sowie von unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern (UMA) während ihres Asylverfahrens gedacht. Es untersteht dem litauischen Arbeits- und Sozialministerium. Das Zentrum besteht aus 5 Abteilungen und verfügt über 29 Mitarbeiter (RPPC o.D.).

UMA werden in einem eigenen Sektor untergebracht. Ein Vormund vertritt ihre Rechte, es gibt Sozialarbeiter und die UMA erhalten soziale, psychologische, medizinische und schulische Hilfe. Die Jugendlichen lernen Litauisch und besuchen Schulen im Bezirk Jonava. Das Zentrum arbeitet mit dem Children’s Rights Protection Service Jonava und den Schulen in Jonava und Rukla zusammen (RPPC o.D.a).

Das litauische Rote Kreuz arbeitet seit 1996 mit Asylwerbern und anerkannten Flüchtlingen. Es bietet rechtliche, soziale humanitäre und psychologische Hilfe und setzt Projekte der öffentlichen Bewusstseinsbildung um. Die Menschen erhalten Hilfe vom ersten Tag ihrer Ankunft im Land bis zum Ende ihrer erfolgreichen Integration. In Zusammenarbeit mit verschiedenen NGOs und Regierungsbehörden setzt das litauische Rote Kreuz Programme und Projekte zur Verbesserung der Unterbringungsbedingungen für Asylwerber um. Der Schwerpunkt liegt bei sozialer Hilfe; humanitärer Unterstützung mit Kleidung und Toilettartikeln; Hilfe bei der Arbeitssuche; medizinischer Versorgung; juristische Unterstützung bei der Antragsstellung, Vertretung vor Behörden und Gerichten. Asylwerber im Zentrum Pabrade und im Tageszentrum Kulturu Ikalne ebendort werden vom Roten Kreuz unterstützt, ebenso anerkannte Flüchtlinge im Zentrum Rukla. 2010 schlossen das litauische Rote Kreuz, UNHCR und die litauische Grenzwache ein Kooperationsabkommen, das es Beobachtern des RK erlaubt, die Asylantragstellung an der Grenze und im Registrierungszentrum Pabrade und die Unterbringungsbedingungen für Asylwerber zu überwachen (LRK o.D.).

Der UNHCR unterstützt Asylwerber in Litauen vor allem mit Informationen (RPPC 2013).

Quellen:

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EMN – European Migration Network (2014): EMN Focussed Study 2014. The Use of Detention and Alternatives to Detention in Lithuania, http://emn.lt/wp-content/uploads/2014/07/1.EMN_Detention-and-Alternatives-to-Detention_LT-study_Final_2013EN.pdf, Zugriff 15.6.2015

-

LRK – Litauisches Rotes Kreuz (o.D.): Refugees, asylum-seekers, http://www.redcross.lt/en/activity/refugees-asylum-seekers, Zugriff 15.6.2015

-

MD – Migracijos Departamentas (25.1.2014): Examining an Application, http://www.migracija.lt/index.php?21088311, Zugriff 15.6.2015

-

RoL - Republic of Lithuania (28.4.2015): Law on the Legal Status of Aliens No. IX-2206, 29.4.2004 (Version valid from 28 April 2015), http://www3.lrs.lt/pls/inter3/dokpaieska.showdoc_e?p_id=1031831&p_tr2=2, Zugriff 15.6.2015

-

RPPC - Homepage des Flüchtlingsaufnahmezentrums Rukla (2013): THE

LIFE OF REFUGEES IN LITHUANIA: IMPRESSIONS OF THE COUNTRY, ASPECTS

OF INTEGRATION AND FUTURE PLANS,

http://www.rppc.lt/files/323/ruklos_knyga-LT-En.pdf, Zugriff 15.6.2015

-

RPPC - Homepage des Flüchtlingsaufnahmezentrums Rukla (o.D.):

General information about Centre, http://www.rppc.lt/3221/activity.html /, Zugriff 15.6.2015

-

RPPC - Homepage des Flüchtlingsaufnahmezentrums Rukla (o.D.a):

Activity with unaccompanied minors, http://www.rppc.lt/9919/services/activity-with-unaccompanied-minors.html, Zugriff 15.6.2015

-

w2eu – welcome to Europe. Independent information for refugees and migrants coming to Europe (o.D.): Overview Lithuania, http://w2eu.info/lithuania.en/articles/lithuania-overview.en.html, Zugriff 15.6.2015

4.2. Medizinische Versorgung

Asylwerber haben im Asylverfahren u.a. das Recht auf notwendige medizinische Versorgung (MD 27.1.2014).

Gemäß Gesetz haben Asylwerber das Recht auf kostenlose medizinische Nothilfe und soziale Leistungen in Pabrade und Rukla. Weitere Bestimmungen legen fest, dass in Pabrade Inhaftierte auch außerhalb behandelt werden können, wenn die nötige Behandlung im Zentrum nicht möglich ist. (JRS 21.3.2011)

Quellen:

-

JRS – Jesuit Refugee Service (21.3.2011): Detention in Europe – Lithuania,

http://www.detention-in-europe.org/index.php?option=com_content&view=article&id=149&Itemid=182, Zugriff 15.6.2015

-

MD – Migracijos Departamentas (27.1.2014): Rights and Duties during the Examining of an Application, http://www.migracija.lt/index.php?-305003643, Zugriff 15.6.2015

5. Schutzberechtigte

Das litauische Gesetz über den legalen Status von Fremden regelt u. a. auch Fragen der Integration in Litauen (RoL 28.4.2015).

Anerkannte Flüchtlinge sind in Litauen zu einer zweigliedrigen Integrationshilfe berechtigt, die üblicherweise 12-18 Monate dauert. Zuerst leben die anerkannten Flüchtlinge für 6-12 Monate in Rukla, dann folgt eine Integrationsphase von 6-12 Monaten außerhalb des Zentrums in einer Gemeinde, üblicherweise in Städten. Für Vulnerable kann diese Dauer auf 18 Monate verlängert werden. Die Behörden haben Verträge mit NGOs, welche bei der Suche nach Unterkunft und Arbeit helfen. Die Gesamtdauer der Integration in Zentrum und Gemeinde kann in unvorhergesehenen Fällen weiter verlängert werden, kann jedoch gesetzlich festgelegt 60 Monate nicht überschreiten. UMA können betreut werden, bis sie 18 Jahre alt sind. Während der Integration erhalten anerkannte Flüchtlinge Sozialhilfe, Krankenversorgung, rechtliche Unterstützung, intensives Sprachtraining, Jobberatung und –training, Kindergartenbetreuung, Vorschul- und Schulunterricht für Kinder und psychologische Unterstützung. Es gibt finanzielle Beihilfen für Niederlassung, Wohnung, Sprachtraining, Bildung, Krankenversicherung, usw. (w2eu o.D. / RPPC 2013).

Litauisches Rotes Kreuz und Caritas Litauen kooperieren mit den Behörden und unterstützen Asylwerber bzw. anerkannte Flüchtlinge. Das litauische Rote Kreuz betreibt mit finanzieller Unterstützung der EU ein Integrationszentrum für Flüchtlinge in Kaunas. Die Caritas unterstützt Flüchtlinge in Vilnius (RPPC 2013).

Quellen:

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RoL - Republic of Lithuania (28.4.2015): Law on the Legal Status of Aliens No. IX-2206, 29.4.2004 (Version valid from 28 April 2015), http://www3.lrs.lt/pls/inter3/dokpaieska.showdoc_e?p_id=1031831&p_tr2=2, Zugriff 15.6.2015

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RPPC - Homepage des Flüchtlingsaufnahmezentrums Rukla (2013): THE

LIFE OF REFUGEES IN LITHUANIA: IMPRESSIONS OF THE COUNTRY, ASPECTS

OF INTEGRATION AND FUTURE PLANS,

http://www.rppc.lt/files/323/ruklos_knyga-LT-En.pdf, Zugriff 15.6.2015

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w2eu – welcome to Europe. Independent information for refugees and migrants coming to Europe (o.D.): Overview Lithuania, http://w2eu.info/lithuania.en/articles/lithuania-overview.en.html, Zugriff 15.6.2015

Sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin seien volljährig und würden nicht an schweren, lebensbedrohenden Erkrankungen leiden. Die Beschwerdeführer hätten in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestünde. In den Bescheiden wurde sodann zusammengefasst festgehalten, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin keinen Sachverhalt hätten glaubhaft dartun können, aufgrund dessen die erkennende Behörde Zweifel an den vorliegenden Länderinformationen, welche auf verschiedenen und objektiven Quellen basieren würden, hegen müsste. Daher werde festgestellt, dass sie bei einer Überstellung nach Litauen keiner dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt seien. Es sei auf die Zuständigkeit und die Zustimmung Litauens nach der Dublin-III-VO zu verweisen, weshalb auch das Vorbringen der Rechtsberatung in Leere gehe, wonach den Beschwerdeführern in Litauen eine Kettenabschiebung drohen würde. Asylwerber könnten sich im Zuge der Feststellung des für das Asylverfahren zuständigen Dublinstaates nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen, in dem sie bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten könnten. Bezüglich der befürchteten Bedrohung durch Privatpersonen in Litauen sei auf die Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des Staates Litauen zu verweisen. Zur Schwangerschaft der Zweitbeschwerdeführerin wurde festgestellt, dass diese noch nicht in einem derart fortgeschrittenen Stadium sei, dass ein Aufschub der Durchführung der Ausweisung erforderlich wäre. Eine Problemschwangerschaft liege nicht vor. Da die medizinische Versorgung in Litauen gegeben sei, könne im gegenständlichen Fall nicht von krankheitsbedingten Abschiebehindernissen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK gesprochen werden. Nachdem das Verfahren des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin in gleicher Weise entschieden worden und eine Zuständigkeit Litauens festgestellt worden sei, sowie beide erst kurz im österreichischen Bundesgebiet aufhältig seien, sei insgesamt gesehen davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Die Regevermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 der Dublin-III-VO ergeben.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende für den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gleichlautende Beschwerde. Zusammengefasst wird darin zunächst kritisiert, dass es die belangte Behörde verabsäumt habe, die Beschwerdeführer getrennt einzuvernehmen, weshalb ihr eine mangelhafte Ermittlung im Zuge einer mangelhaften Befragung vorzuwerfen sei. Das Ehepaar hätte unabhängig voneinander einvernommen werden müssen, ob Gründe vorliegen würden, die gegen eine Überstellung nach Litauen sprechen würden. Aus den Bescheiden gehe hervor, dass beinahe ausschließlich der Erstbeschwerdeführer Aussagen zu Litauen getätigt hätte. Das Bundesamt habe jedenfalls nicht ausreichend ermittelt, inwiefern die Familie einer Verfolgung ausgesetzt sei (Anm: Angst vor Verfolgern in Litauen) und hätte diesbezüglich konkrete Nachfragen anstellen müssen. Vor dem Hintergrund der Schwangerschaft der Zweitbeschwerdeführerin und der vorgebrachten Angst, in Litauen getötet zu werden, hätte die belangte Behörde eine Einzelfallzusicherung einholen müssen, ob der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin bei einer Überstellung nach Litauen adäquat behandelt und versorgt sowie geschützt werden würden. Die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in Litauen seien über weitere Strecken veraltet. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass sich die Situation in ganz Europa im letzten Jahr aufgrund der hohen Zahlen von neuankommenden Asylsuchenden geändert habe. Die Zunahme der Flüchtlingszahlen sei notorisch bekannt. Aus diesem Grund sei die Behörde verpflichtet, aktuelle Quellen heranzuziehen. Es wurde auf einen Bericht des US Department of State für das Jahr 2015 verwiesen, aus dem hervorgehe, dass Litauen die Grundversorgung für Asylwerber drastisch gekürzt habe und diese somit dem realen Risiko von Armut und Obdachlosigkeit ausgesetzt seien. Zudem basiere die Entscheidung der belangten Behörde auf einem mangelnden Ermittlungsverfahren, da sie es unterlassen habe, zu überprüfen, ob im konkreten Fall stichhaltige Gründe vorliegen würden, die darauf hindeuten würden, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin in weiterer Folge von einer Kettenabschiebung betroffen wären. Beantragt wurden die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Der Beschwerde ist ein Schreiben einer Universitätsklinik, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, vom 26.04.2017 die Zweitbeschwerdeführerin betreffend beigefügt, wonach diese aufgrund der grenzwertigen Zervixlänge nicht reisefähig und die Überstellung nach Litauen bis nach der Geburt aus ärztlicher Sicht kontraindiziert sei. (AS 179)

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2017 wurde den Beschwerden des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Am XXXX kam der minderjährige Drittbeschwerdeführer in Österreich zur Welt und wurde für diesen am 02.08.2017 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt (siehe AS 1 – "Antrag nachgeborenes Kind"; AS 5 – Auszug aus dem Geburtseintrag; AS 9 – Geburtsurkunde).

Am 08.08.2017 wurden die Behörden Litauens gem. Art. 20 Abs. 3 der Dublin-III-VO über die Geburt des Drittbeschwerdeführers und die Zuständigkeit Litauens zur Führung dessen Asylverfahrens in Kenntnis gesetzt.

Mit Schreiben vom 11.08.2017 brachte die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Drittbeschwerdeführers vor, dass der Drittbeschwerdeführer gesund sei und keinerlei medizinische Probleme habe, keine eigenen Fluchtgründe habe und die Zweitbeschwerdeführerin auf eine Einvernahme vor dem Bundesamt verzichte.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.08.2017 wurde I. der Antrag des mj. Drittbeschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Litauen gem. Art. 20 Abs. 3 der Dublin-III-Verordnung zur Prüfung des Antrages des Drittbeschwerdeführers zuständig sei, sowie II. die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des Drittbeschwerdeführers nach Litauen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.

Der Drittbeschwerdeführer leide nicht an schweren, lebensbedrohenden Erkrankungen und lebe im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern. Dieser Entscheidung wurden dieselben Länderfeststellungen wie beim Erstbeschwerdeführer und bei der Zweitbeschwerdeführerin zugrunde gelegt (siehe diesbezüglich die oben angeführten Länderfeststellungen). Begründend wurde festgehalten, dass die Verfahren der Eltern des Drittbeschwerdeführers in gleicher Weise entschieden worden seien und ebenfalls die Zuständigkeit Litauens festgestellt worden sei. Ein Eingriff in das Recht auf ein Familienleben scheide damit von vornherein aus. Die Regevermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 der Dublin-III-VO ergeben.

Dagegen wurde fristgerecht am 28.08.2017 Beschwerde erhoben, die mit jener des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen ident ist.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.09.2017 wurde der Beschwerde des mj. Drittbeschwerdeführers die aufschiebende Wirkung zuerkannt, zumal auch den Beschwerden der Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war.

Am 27.09.2017 ergab sich die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung W185 für den gegenständlichen Fall als Annex zu den Verfahren des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige aus Tadschikistan, sind über Litauen in das Gebiet der Mitgliedstaaten eingereist. Der Erstbeschwerdeführer ist illegal eingereist, die Zweitbeschwerdeführerin hingegen legal. Diese war (auch noch zum Zeitpunkt der Asylantragstellung in Österreich am 08.10.2016) im Besitz eines vom 20.09.2016 bis zum 18.10.2016 gültigen Visums für Litauen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl leitete am 10.11.2016 Konsultationsverfahren mit Litauen ein. Aufgrund Verfristung trat die Zuständigkeit Litauens zur Durchführung des Verfahrens ein. Litauen wurde darüber mit Schreiben vom 12.01.2017 in Kenntnis gesetzt. Am 13.01.2017 langte auch eine ausdrückliche Zustimmung Litauens zur Übernahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ein.

Mit Schreiben einer Universitätsklinik, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, vom 26.04.2017 wurde mitgeteilt, dass die schwangere Zweitbeschwerdeführerin aufgrund der grenzwertigen Zervixlänge nicht reisefähig und die Überstellung nach Litauen bis nach der Geburt aus ärztlicher Sicht kontraindiziert sei.

In der Folge wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2017 den Beschwerden des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Am XXXX kam - als eheliches Kind des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin - der Drittbeschwerdeführer in Österreich zur Welt. Am 02.08.2017 wurde für diesen ein Asylantrag gestellt. Mit Schreiben vom 08.08.2017 wurde Litauen gem. Art. 20 Abs. 3 der Dublin-III-VO über die Geburt des Drittbeschwerdeführers in Kenntnis gesetzt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.09.2017 wurde der Beschwerde des mj. Drittbeschwerdeführers die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Besondere, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Litauen sprechen, liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Lage im Mitgliedstaat an.

Die Beschwerdeführer leiden an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Sie sind gesund. In Litauen ist der Zugang zu medizinischer Grundversorgung gesichert.

Die verfügen in Österreich über keine weiteren schützenswerten familiären oder privaten Bindungen.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten via Litauen und des gültigen Schengen-Visums für Litauen (in Hinblick auf die Zweitbeschwerdeführerin), ergeben sich aus einer Einsicht in die österreichische Visa-Datenbank sowie den Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführer seitens Litauens leitet sich aus den durchgeführten Konsultationsverfahren – der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein – zwischen der österreichischen und der Dublin-Behörde Litauens ab.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch hinreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Litauen auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus der Aktenlage (insbesondere aus der Kopie eines Auszuges des Mutter-Kind-Passes der Zweitbeschwerdeführerin sowie einem ärztlichen Schreiben vom 26.04.2017). Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.

Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Litauen wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten).

3. Rechtliche Beurteilung:

A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. (2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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