Entscheidungsdatum
19.10.2017Norm
BBG §40Spruch
W261 2171936-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 13.09.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 17.05.2017 beim Sozialministeriumservice (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vor.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 10.08.2017 erstatteten Gutachten vom 07.09.2017 führte der medizinische Sachverständige Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – aus:
"Anamnese:
Peronaeusparese links, Läsion des Plexus brachialis rechts, Hüftgelenksersatz rechts, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Prolaps L4-S1.
Derzeitige Beschwerden:
"Ich kann den linken Fuß nicht heben, ich bleibe picken, weiters kann ich den rechten Arm nicht benützen. Das Kreuz ist taub. Ich kann nicht mehr die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, weil ich keinen Sitzplatz bekomme und mich rechts nicht anhalten kann. Heute bin ich als Beifahrer zur Untersuchung gekommen. Ich habe auch eine neue Hüfte rechts bekommen."
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Hydal, Mexalen bei Bedarf, Dominal, Paspertin.
Sozialanamnese:
Pensionist.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
17.8.2016 Diagnosezentrum Brigittenau: deg. WS-Veränderungen, Prolaps L4/5, L5/S1.
24.7.2015 Klinik Pirawarth: Läsion Plexus brachialis rechts, Peronaeusparese links.
9.3.2015 Wilhelminenspital: inkomplette Plexus brachialis- Läsion rechts. Befundnachreichung:
21.10.2016 Elisabethinnen Klagenfurt: Hüft-TEP rechts, komplikationslos, regulärer Implantatsitz.
Untersuchungsbefund:
Klinischer Status – Fachstatus:
KOPF, HALS:
Keine Schwellung, keine Stauungszeichen. Pupillen beiseits isocor und prompt auf Licht reagierend, kein Nystagmus, Sprache normal.
HERZ, LUNGE:
Reine, rhythmische Herzaktion, normale Herzfrequenz. Sonorer Klopfschall,
Vesikuläratmen beidseits, auskultatorisch seitengleich belüftet, keine Geräusche, normale Atemfrequenz.
ABDOMEN:
Weich, kein Druckschmerz, Leber und Milz nicht tastbar, keine Klopfdolenz im Bereich der Nierenlager, Peristaltik gut auskultierbar.
WIRBELSÄULE:
Endlagige-mäßige Funktionseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule, Drehbewegung im lumbalen Bereich eingeschränkt, klopfdolent, erreicht im Sitzen mit beiden Händen Vorfüße. Muskuläre Verspannungen im Schulter/Nackenbereich. EXTREMITÄTEN:
Kreuz/Nacken/Spitzgriff links vollständig, Faustschluss beidseitig komplett, rechts kraftvermindert. Ein Ausweis kann nach dem Vorzeigen problemlos von der Tischplatte aufgenommen und wieder sicher verstaut werden. Rechter Arm wird aktiv bis zur Horizontalen gehoben, dann "Kraftverlust" angegeben. Links Strecken im Ellbogengelenk fast vollständig, Supination eingeschränkt.
Hüftgelenksersatz rechts, endlagige Einschränkung bei Rotation, blande Narbe. linke Hüfte /Knie/Sprunggelenke frei beweglich, keine Ödeme, keine Varizen, Zehen/Fersengang nicht durchgeführt. Vorfußheberschwäche links, Muskelatrophie linker Unterschenkel.
GROB NEUROLOGISCH:
Vorfußheberschwäche links, inkomplette Plexus brachialis-Läsion rechts, kein Rigor, kein Tremor.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Zunächst Personenhilfe, dann selbstständiges Gehen ohne Hilfsmittel mit leichtem Hinken links, insgesamt ausreichend sicher, deutliche Vorfußheberschwäche links, Tendenz zum Anhalten.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Plexus brachialis – Läsion rechts Mittlerer Rahmensatz, da geringe bis mäßige Teillähmung, bei überwiegend erhaltener Funktion.
04.03.01
30
2
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Prolaps L4-S1 Unterer Rahmensatz, da bei nachgewiesenen röntgenologischen Veränderungen endlagig-mäßiggradige Funktionseinschränkung
02.01.02
30
3
Peronaeusschädigung links 1 Stufe über unterem Rahmensatz, da merklich Teilschwäche, bei jedoch ausreichend erhaltener Restfunktion
04.05.13
20
4
Hüftgelenksersatz rechts Oberer Rahmensatz, da kompletter Gelenksersatz eines großen Gelenkes und funktionelle Einschränkung bei Rotation, bei jedoch insgesamt lediglich endlagiger Funktionseinschränkung.
02.05.07
20
Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden 1 wird durch 2 wegen maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz um 1 weitere Stufe erhöht. Leiden 3, 4 steigert, mangels relevanter ungünstiger Leidensbeeinflussung, nicht weiter.
[x] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung festgestellten Defizite, insbesondere einer inkompletten Plexus brachialis-Läsion rechts, einer Peronaeusparese links sowie degenerativen Abnützungen und Hüftgelenksersatz rechts, ohne wesentliche kardiorespiratorische Leistungseinschränkung, mit ausreichend erhaltender Kraft der Extremitäten, sind weder die Gehleistung noch die Greiffunktion der Hände maßgeblich eingeschränkt, sodass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein/Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet ist.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein.
"
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe, und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Darüber hinaus merkte die belangte Behörde an, dass die Durchführung der beantragten Zusatzeintragung in den Behindertenpass nicht möglich sei, da die rechtliche Grundlage dafür, nämlich der Behindertenpass, nicht gegeben sei.
Mit E-Mail vom 23.09.2017 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und brachte vor, der Sachverständige habe ihn nur fünf Minuten lang begutachtet, die restlichen fünfzehn Minuten der Untersuchung habe er am PC gearbeitet. Darüber hinaus hätte die Untersuchung nicht ein Allgemeinmediziner sondern ein Sachverständiger der Fachrichtung Orthopädie durchführen müssen. Der Gutachter habe ihm den Blutdruck gemessen und ihn vier Schritte vor und zurück gehen lassen. Der Beschwerdeführer habe den linken Vorderfuß heben sollen, was ihm nicht gelungen sei. Nach dem Abklopfen von Reflexen in beiden Füßen habe der Beschwerdeführer den Sachverständigen darauf aufmerksam gemacht, dass sein linker Fuß beim Gehen längerer Strecken "picken" bleibe, und er dadurch stolpere und stürze. Es sei dem Beschwerdeführer im Rahmen der Untersuchung nur mühevoll gelungen, die Finger der rechten Hand zu spreizen und den rechten Arm zu heben, da sein Bizeps verkümmert sei. Beim Verlassen des Untersuchungsraumes habe er geschwankt, da er öfters Gleichgewichtsstörungen habe. Der Beschwerdeführer sei außerdem aufgrund seines Implantats in der rechten Hüfte bewegungseingeschränkt und wetterfühlig. Wegen des Kraftverlusts in den Füßen und der Gleichgewichtsstörung könne er ohne Gehhilfe oder Begleitperson nur ca. 800 Meter gehen. Er habe dem Gutachter gesagt, dass er auch öfters Muskelkrämpfe im linken Fuß und in der rechten Hand habe, was dieser jedoch nicht zur Kenntnis genommen habe. Weiters habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er im Bereich der Lendenwirbelsäule taub sei und bei Belastung oft Schmerzen habe, die Verletzungsnarbe in diesem Bereich sei sichtbar. Er könne nicht nachvollziehen, wie der Sachverständige zu dem Schluss komme, dass seine Gehleistung und die Greiffunktion seiner Hände nicht maßgeblich eingeschränkt seien. Der Beschwerdeführer gebe bekannt, im Jahr 2010 eine Schulteroperation gehabt zu haben und sich im Jahr 2005 durch einen Sturz einen Knorpel der Halswirbelsäule gebrochen zu haben. Er habe leider keine Unterlagen dazu. Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde auch keine weiteren medizinischen Befunde vor.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 02.10.2017 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist und seinen Wohnsitz im Bundesgebiet hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer brachte am 17.05.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
-
Plexus brachialis-Läsion rechts
-
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Prolaps L4-S1
-
Peronaeusschädigung links
-
Hüftgelenksersatz rechts
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v.H.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 07.09.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen hinsichtlich der Antragsstellung basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland basieren auf der vom Bundesverwaltungsgericht am 02.10.2017 durchgeführten Abfrage aus dem ZMR, aus der sich ein Hauptwohnsitz im österreichischen Bundesgebiet ergibt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 07.09.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 10.08.2017.
Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und dessen Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die detaillierten, oben auszugsweise wiedergegebenen, Ausführungen im Gutachten vom 07.09.2017 verwiesen); die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Insofern der Beschwerdeführer in der Beschwerde die deutliche Fußheberschwäche im linken Fuß, den Kraftverlust im rechten Arm, den Gefühlsverlust in der Lendenwirbelsäule ("taubes Kreuz") und die Endoprothese im rechten Hüftgelenk vorbringt, so sind sämtliche dieser Funktionseinschränkungen im Sachverständigengutachten berücksichtigt und richtig eingeschätzt.
Der allgemeinmedizinische Sachverständige stufte die Läsion des Lexus brachialis mit dem mittleren Rahmensatz der entsprechenden Positionsnummer ein, da eine geringe bis mäßige Teillähmung bei jedoch überwiegend erhaltener Funktion besteht. Im Rahmen der persönlichen Untersuchung war der Faustschluss beim Beschwerdeführer beidseitig komplett möglich, rechts jedoch kraftvermindert. Der Beschwerdeführer konnte seinen am Tisch befindlichen Ausweis problemlos aufheben und wieder sicher verstauen. Weiters konnte er den rechten Arm aktiv bis zur Horizontalen heben, gab dann aber einen Kraftverlust an. Dass der Beschwerdeführer an Muskelkrämpfen in der rechten Hand leide, brachte er erstmals im Rahmen der Beschwerde vor und liegen diesbezüglich auch keine medizinischen Befunde vor. Eine maßgebliche Einschränkung der Greiffunktion, welche es dem Beschwerdeführer laut eigenen Angaben unmöglich mache, sich an Haltegriffen in öffentlichen Verkehrsmitteln festzuhalten, kann durch die Ergebnisse der Statuserhebung ebenfalls nicht objektiviert werden.
Die Fußheberschwäche im linken Bein ist durch das eingestufte Leiden "Peronaeusschädigung links" berücksichtigt. Die Einschätzung erfolgte richtigerweise eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da zwar eine merkliche Teilschwäche bei jedoch ausreichend erhaltener Restfunktion besteht. Das Gangbild zeigte sich links leicht hinkend, aber insgesamt ausreichend sicher. Insofern der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, durch die Peronaeuslähmung auch zu stürzen, so ist festzuhalten, dass er dieses Vorbringen im Rahmen der Untersuchung nicht vorgebracht hat und etwaige Stürze auch durch keine medizinischen Befunde belegt sind, weshalb eine höhere Einschätzung dieses Leidens nicht möglich ist.
Durch den Gelenksersatz im rechten Hüftgelenk besteht eine Einschränkung der Rotationsfähigkeit. Es handelt sich dabei aber um eine lediglich endlagige Einschränkung, weshalb auch hier keine höhere Einstufung des Leidens vorgenommen werden kann.
Das "taube Kreuz" durch den Bandscheibenvorfall ist als "Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Prolaps L4-S1" berücksichtigt und entsprechend der Funktionseinschränkung eingeschätzt. Es bestehen röntgenologische Veränderungen und eine endlagig-mäßiggradige Funktionseinschränkung.
Insofern der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, unter Gleichgewichtsstörungen zu leiden und bei der Untersuchung geschwankt zu haben, ist diesbezüglich im Rahmen der Untersuchung von seiner Seite nichts vorgebracht worden. In dem bei der Antragsstellung vorgelegten Entlassungsbericht der Klinik Pirawarth wird festgehalten, dass sich das Gleichgewicht des Beschwerdeführers am Ende des Aufehantaltes verbessert habe.
Was das Beschwerdevorbringen bezüglich der Schulteroperation und des Knorpelbruches in der Halswirbelsäule betrifft, so gibt der Beschwerdeführer selbst an, diesbezüglich über keine Befunde zu verfügen. Mangels medizinischer Beweismittel kann bezüglich dieser Funktionseinschränkungen keine Einschätzung erfolgen.
Insoweit der Beschwerdeführer beanstandet, durch einen Arzt für Allgemeinmedizin und nicht durch einen Facharzt für Orthopädie untersucht worden zu sein, so ist darauf hinzuweisen, dass kein Rechtsanspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht.
Im Rahmen der Beschwerde legte der Beschwerdeführer keine neuen Befunde vor.
Der Beschwerdeführer ist daher den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 07.09.2017. Es wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen."
Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:
"Behinderung
§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
..."
Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.
Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 07.09.2017, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 10.08.2017, zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 40 v. H. beträgt.
Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde keine weiteren Befunde vor, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes zu belegen.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und auf das über deren Veranlassung eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, auf alle Einwände und vorgelegten Atteste des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. Beide Parteien haben keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W261.2171936.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.11.2017