Entscheidungsdatum
02.10.2017Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §77Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Christoph Lehne über die gemeinsame Beschwerde von
1. BB, Adresse 1,Y,
2. CC, Adresse 2, Y,
3. DD, Adresse 1,Y,
gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 19.06.2017, Zl ****,
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde des BB, CC und DD als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 19.06.2017, Zl ****, wurde unter Spruchabschnitt I die Baubewilligung für die Errichtung eines Käsereifestollens im Standort Y, Straße (Grundstücke **1 und **2, beide GB Y) erteilt.
Unter Spruchabschnitt II wurde die Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Käsereifestollens im Sinne der Befundbeschreibung und nach Maßgabe der Projektsunterlagen erteilt.
Folgende Auflagen wurden für den Arbeitnehmerschutz vorgeschrieben:
„1. Zusätzlich zur projektierten Warnleuchte in der Schleuse, die im Fall des Lüftungsausfalls aktiviert wird, ist zumindest eine weitere Warnleuchte auch im Stollen so anzubringen, dass diese von jedem Punkt des Stollens aus wahrnehmbar ist.
2. Sofern die Arbeiten im Reifestollen nur von einem einzelnen Arbeitnehmer durchgeführt werden, ist ein Melde- bzw. Alarmsystem festzulegen, das sicherstellt, dass bei einem etwaigen Unfall oder Zwischenfall eine rasche Hilfeleistung durch Dritte ermöglicht wird (z.B. bei entsprechendem Empfang ein Handy- oder Funksystem usw.).
Hinweis:
Trotz der begutachteten Stand- und Nachfallsicherheit wird empfohlen, insbesondere bei längeren Aufenthalten im Stollen einen Schutzhelm zu tragen.“
Auflagen für die Lebensmittelhygiene:
„3. Der Käse im Reifestollen ist vor herunterfallenden Steinen, Staub, Tropfwasser und sonstigen Verunreinigungsquellen zu schützen.
Brandschutz:
4. Sämtliche Räume der Hygieneschleuse sind mit einer Brandfrüherkennung (miteinander kommunizierende Rauchwarnmelder) und einer akustischen Alarmierung im Käsereifestollen zu versehen.
5. Weiters muss unmittelbar vor dem Eingang des Stollens in die Hygieneschleuse eine Fluchthaube bereitgestellt werden.
(Anmerkung: dies muss aus schwer entflammbaren Materialien bestehen und darüber hinaus auch noch das kurzfristige Atmen beim Durchschreiten von rauchgefüllten Räumlichkeiten ermöglichen).
6. Weiters ist die Betriebsanlage flächendeckend mit einer Fluchtwegorientierungs-beleuchtung gemäß TRVB 102 auszustatten und muss
7. in der Hygieneschleuse ein Handfeuerlöscher der Type S6 an einem hiefür gekennzeichneten Bereich vorhanden sein.“
Bei der Verhandlung hat BB folgende Stellungnahme abgegeben:
„Ich bin gegen die Erteilung der beantragten Genehmigung, da wir durch den gegenständlichen Gewerbebetrieb ein hohes Maß an Sicherheit verlieren, und zwar deshalb, weil sich das Verkehrsaufkommen erhöhen wird, sodass auch allenfalls auf der Fahrbahn sich aufhaltende Kinder (spielende Kinder) einer Gefährdung ausgesetzt werden könnten.“
CC hat folgende Stellungnahme abgegeben:
„Ich bin generell gegen dieses Projekt, weil wir meines Erachtens nach reines Wohngebiet sind, ein Gewerbegebiet besteht in diesem Bereich nicht. Die Verkehrssicherheit ist durch den An- und Abtransport nicht gegeben. Meines Dafürhaltens nach ist die Verkehrssicherheit durch das erhöhte Verkehrsaufkommen in Mitleidenschaft gezogen, weil wir – wie angeführt – Wohngebiet sind und sehr viele Kinder sich in diesem Bereich aufhalten. Außerdem befürchte ich, dass ich durch allenfalls auftretendes Ammoniak unzumutbar belästigt werde. Im Übrigen befürchte ich durch die Bohrung des Lüftungsrohres eine unzulässige Staubentwicklung, die sich auf meine Liegenschaft hin ausbreitet.“
DD hat eingewendet, dass er eine Geruchsbelästigung durch das Einleiten in den Kanal befürchtet.
Hinsichtlich der Einwände gegen Geruchsbelästigung durch den Ammoniakgeruch verwies die belangte Behörde auf das ausführliche Gutachten des Ing. Mag. EE von der Abteilung ESA. Es ist auf den Seiten 17 bis 22 des Betriebsanlagenbescheides wiedergegeben. Hinsichtlich des Einwandes der Staubbelastung bei Bohrung des Lüftungsschachtes führte die belangte Behörde aus, dass nur die Schutzinteressen des § 74 Abs 2 Z 2 GewO 1994, die mit dem Betrieb der Anlage zusammenhängen, zu beachten seien. Belästigungen, die mit der Errichtung der Betriebsanlage zusammenhängen würden, seien daher auf zivilrechtlichem Wege zu bekämpfen. Zudem sei durch den Schriftsatz der FF GmbH gewährleistet, dass die Art der Bohrung eine übermäßige Staubbelastung der Anrainer während der Arbeitsdurchführung verhindert werde. Hinsichtlich der Geruchsbelästigung durch Einleitung der Abwässer in den Kanal führte die belangte Behörde aus, diese Belästigungen seien Teil einer Anlage nach dem Wasserrechtsgesetz. Solche Geruchsbelästigungen können daher im gewerberechtlichen Verfahren nicht behandelt werden. Sollten unzumutbare und nicht ortsübliche Geruchsbelästigungen aus dem Kanal wahrzunehmen sein, wäre zu prüfen, ob diese mit den Mitteln des Wasserrechtsgesetzes, ansonsten mit den Mitteln des Privatrechts zu beseitigen und abzufinden sei.
Hinsichtlich der Erhöhung des Verkehrsaufkommens und der Gefährdung im Wohngebiet dadurch (siehe Einwendungen) führte die belangte Behörde ausführlich aus, dass den Nachbarn bezüglich eines erhöhten Verkehrsaufkommens keine Parteistellung zukomme. Grundsätzlich sei zwischen gewerblichen Betriebsanlagen im Sinn des § 74 Abs 1 GewO 1994 und Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs 1 StVO 1960 zu unterscheiden. Das Fahren von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr könne daher nicht als zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden (VwGH 25.05.1993, 92/04/0233). Durch diese Betriebsanlage werde sich zwar das Verkehrsaufkommen auf dieser sehr wenig befahrenen Straße geringfügig erhöhen, jedoch könne die Behörde beim besten Willen keine Gefährdung des öffentlichen Verkehrs durch Fahrzeuge, die auf dieser öffentlichen Straße zur Betriebsanlage zu- und abfahren, erkennen.
Die Nachbarn BB, CC und DD, alle wohnhaft in Adresse 1 bzw Adresse 2, haben gegen beide Spruchabschnitte des angefochtenen Bescheides Beschwerde erhoben und einerseits die Versagung der Baubewilligung und andererseits die Versagung der gewerberechtlichen Genehmigung beantragt. Als Neuerung führten sie aus, dass eine unpräzise Befundbeschreibung dadurch vorliege, dass der Parkplatz nicht näher lokalisiert werde. Der gleiche inhaltliche Mangel bestehe in der undefinierten Beschreibung der Häufigkeit der An- und Ablieferung, wenn auch die An- und Ablieferung „durchschnittlich“ einmal täglich durch einen Kleintransporter erfolge. Sei in der ursprünglichen betriebsanlagenrechtlichen bzw baurechtlichen Verhandlung noch von einer einmaligen täglichen Anlieferung die Rede, so werde mit der Formulierung „durchschnittlich“ den Betreibern Tür und Tor für unbeschränkte An- und Ablieferung geöffnet. Schließlich werde die Nichtvorschreibung von Zeiten, in denen die Anlage betrieben werden dürfe (genau festgelegte Betriebszeiten) beanstandet. Durch die Nichtvorschreibung von Betriebszeiten bestehe die Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte in Bezug auf Lärm, Erschütterung, Staub.
Hinsichtlich der Baubewilligung hatte der Richter Dr. Maximilian Aicher über die Beschwerden zu entscheiden. Hinsichtlich der gewerberechtlichen Genehmigung war der gefertigte Richter für die Entscheidung zuständig. Im Ermittlungsverfahren wurde eine Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen Ing. Mag. EE zur Frage der Notwendigkeit von Betriebszeiten eingeholt. Diese lautete wie folgt:
„Aufgrund der im Betreff zitierten Beschwerde ersucht das Landesverwaltungsgericht Tirol um Stellungnahme, ob durch die Auswirkungen der Betriebsanlage Betriebszeiten-einschränkungen erforderlich sind.
Dazu kann im Rahmen des vorliegenden Aktenvermerkes folgendermaßen Stellung genommen werden.
Die Durchsicht der Unterlagen und Gutachten aus dem Ermittlungsverfahren lassen aus fachlicher Sicht den Schluss zu, dass die Auswirkungen an Lärm, Geruch oder Luftschadstoffen keine Irrelevanzschwellen überschreiten. Voraussetzung dafür ist ein projekts- und beschreibungsgemäßer Betrieb.
Hinsichtlich der Zu- und Abfahrten stellt dabei die Beschreibung durchschnittlich eine tägl. Zu- und Abfahrt die entsprechende Grundlage dar. Betriebszeiten sind in der Betriebsanlagengenehmigung (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 19.06.2017, Zl ****) nicht angeführt. Aus der Festlegung durchschnittlich eine tägl. Zu- und Abfahrt lässt sich nach allgemeinem Verständnis ableiten, dass im Rahmen des Regelbetriebes und nur eine Zu- und eine Abfahrt für den Betrieb des Käsereifestollens erforderlich ist.
Dazu kann aus fachlicher Sicht folgendes festgehalten werden:
Durchschnittlich eine tägliche Zu- und Abfahrt führt unabhängig von Beurteilungszeiten (beispielsweise nach ÖAL 3/2008 - Tag, Abend oder Nacht) nicht zu einer relevanten Veränderung der örtlich vorherrschenden Verhältnisse. Der Betrieb der Lüftungsanlage und der Reifeprozess des Käses im Reifstollen ist ein kontinuierlicher Vorgang bzw. Prozess. Relevante Auswirkungen auf umliegende Nachbarschaftsbereiche werden anhand der Unterlagen aus dem Ermittlungsverfahren nicht festgestellt.
Inwiefern unter Bezugnahme auf das Betriebsanlagenrecht für Zu- oder Abfahrten zu einer Betriebsanlage das Erfordernis besteht Betriebszeiten oder Betriebszeiteneinschränkungen festzulegen, kann ha. und aus fachlicher Sicht nicht beantwortet werden.“
Aus dieser Stellungnahme ist somit ersichtlich, dass auch bei Zugrundelegung der Betriebsbeschreibung keine relevante Anhebung der Lärmimmissionen vorliegt. Diese Stellungnahme wurde den Nachbarn zugeleitet. DD und BB haben auf die Durchführung einer Verhandlung verzichtet. CC hat keine weitere Stellungnahme abgegeben, woraus sich aber auch ergibt, dass er seinen Verhandlungsantrag nicht ausdrücklich wiederholt. Es wird daher davon ausgegangen, dass im Sinn des Art 6 EMRK die Durchführung einer Verhandlung nicht notwendig ist, zumal keine Widerlegung der gewerbetechnischen Stellungnahme hinsichtlich Geruchsbelästigung und Lärmbelästigung erfolgt.
Sachverhaltsfeststellungen:
Von der Betriebsanlage sind keine zusätzlichen Lärmbelästigungen für die Nachbarn zu erwarten. Die beschriebene Frequenz der Zu- und Abfahrten führt nicht zu einer Erhöhung des Lärms. Die Auswirkung des Ammoniumgeruchs wurde vom Sachverständigen detailliert und vollständig beschrieben. Es sind keine zusätzlichen Geruchsbelästigungen durch den Ammoniakgeruch zu befürchten.
Beweiswürdigung:
Den detaillierten Stellungnahmen des befassten Sachverständigen wurde nicht entgegengetreten. Es wird daher von dessen schlüssigen Ausführungen ausgegangen.
Rechtliche Ausführungen:
(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
(3) Die Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.
(4) Bergbauanlagen, in denen vom Bergbauberechtigten auch gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden, die mit Tätigkeiten der im § 2 Abs. 1 oder im § 107 des Mineralrohstoffgesetzes - MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999, in der jeweils geltenden Fassung, genannten Art in wirtschaftlichem und fachlichem Zusammenhang stehen, bedürfen keiner Genehmigung gemäß Abs. 2, wenn sie nach bergrechtlichen Vorschriften bewilligt sind und der Charakter der Anlage als Bergbauanlage gewahrt bleibt. Weist eine Anlage nicht mehr den Charakter einer Bergbauanlage, sondern den Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage auf, so hat dies der Anlageninhaber unverzüglich der Bergbehörde, die die Anlage bewilligt hat, und der nunmehr zur Genehmigung der Anlage zuständigen Gewerbebehörde anzuzeigen. Ab dem Einlangen dieser Anzeige bei der Gewerbebehörde gilt die Anlagenbewilligung nach bergrechtlichen Vorschriften als Genehmigung gemäß Abs. 2.
(5) Anlagen zur Erzeugung elektrischen Stroms, die auch der mit dieser Tätigkeit in wirtschaftlichem und fachlichem Zusammenhang stehenden Gewinnung und Abgabe von Wärme dienen, bedürfen keiner Genehmigung gemäß Abs. 2, wenn sie nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften für derartige Anlagen bewilligt sind und der Charakter der Anlage als Stromerzeugungsanlage gewahrt bleibt.
(6) Abs. 4 vorletzter und letzter Satz gilt sinngemäß für eine nach anderen als bergrechtlichen Vorschriften genehmigte oder bewilligte Anlage, die nicht mehr den Charakter einer solchen vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommenen Anlage, sondern den Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des Abs. 2 aufweist.
(7) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann Arten von Betriebsanlagen, für die jedenfalls keine Genehmigung erforderlich ist, durch Verordnung bezeichnen, wenn von ihnen erwartet werden kann, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt sind.
(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.
(2) Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
(3) Die Behörde hat Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik (§ 71a) zu begrenzen. Die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der jeweils geltenden Fassung, sind anzuwenden. Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung genehmigt werden soll, bereits mehr als 35 Überschreitungen des Tagesmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder eine Überschreitung
- des um 10 µg/m3 erhöhten Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Jahresmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Jahresmittelwertes für PM2,5 gemäß Anlage 1b zum IG-L,
- eines in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 IG-L festgelegten Immissions-grenzwertes,
- des Halbstundenmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Tagesmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Grenzwertes für Blei in PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder
- eines Grenzwertes gemäß Anlage 5b zum IG-L
vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn
1. die Emissionen der Anlage keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder
2. der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß § 9a IG-L oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003, ausreichend kompensiert werden, so dass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Überschreitungen der in diesem Absatz angeführten Werte anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind.
(4) Die Betriebsanlage ist erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen zu genehmigen, wenn die Abfälle (§ 2 Abfallwirtschaftsgesetz) nach dem Stand der Technik (§ 71a) vermieden oder verwertet oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß entsorgt werden. Ausgenommen davon sind Betriebsanlagen, soweit deren Abfälle nach Art und Menge mit denen der privaten Haushalte vergleichbar sind.“
Ob von Betriebsanlagen unzumutbare oder gesundheitsgefährdende Immissionen hervorgehen, ist anhand von Sachverständigengutachten zu beurteilen. Im gegenständlichen Fall liegt ein schlüssiges Sachverständigengutachten vor, dass keine unzumutbare Geruchsbelästigung durch das Ammoniakgas vorliegt. Ebenso wurde fundiert ausgeführt, dass es zu keiner relevanten Anhebung des Lärmpegels durch die Zu- und Abfahrten kommt. Somit besteht ein Anspruch auf Genehmigung des Projektes und sind die Beschwerden als unbegründet abzuweisen. Es besteht auch kein Anspruch auf die Präzisierung des Abstellortes des PKWs, da diese Festlegung nicht wesentlich ist. Vor dem Hintergrund der gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen ergibt sich keine Notwendigkeit von Betriebszeitenvorschreibungen.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Christoph Lehne
(Richter)
Schlagworte
Keine Geruchsbelästigung; Ammoniak; keine unzumutbare Lärmbelästigung; Zu- und Abfahrten;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.16.1740.4Zuletzt aktualisiert am
06.11.2017