Entscheidungsdatum
11.10.2017Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §49 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Dr. Nicole Stemmer über die Beschwerde der Frau AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft in Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.09.2017, ****, betreffend Zurückweisung eines Einspruches gegen die Strafverfügung wegen Verspätung
zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen, mündliche Verhandlung:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch der Beschwerdeführerin gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 30.05.2017, ****, eingebracht am 04.09.2017 gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 49 Abs 1 VStG die Einspruchsfrist gegen eine Strafverfügung zwei Wochen betrage. Die angefochtene Strafverfügung sei der Beschwerdeführerin am 20.08.2017 zugestellt worden. Sie habe den Einspruch trotz richtiger Rechtsmittelbelehrung am 04.09.2017 (Datum des Poststempels) bei der belangten Behörde eingebracht, obwohl die für die rechtzeitige Einbringung eines Einspruches vorgesehene Frist am 03.09.2017 abgelaufen sei. Die Strafverfügung sei durch den fruchtlosen Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig geworden und der nicht rechtzeitig abgegebene Einspruch sei daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben und darin – soweit hier entscheidungsrelevant – ausgeführt, dass ihr die Strafverfügung am 20.08.2017 persönlich durch die Polizeidienststelle Z zugestellt worden sei, worauf sie am 04.09.2017 einen Einspruch (datiert mit 03.09.2017) gegen die Strafverfügung erhoben habe. Außer Streit stehe im gegenständlichen Fall die Zustellung am 20.08.2017 und der Beginn der Einspruchsfrist mit diesem Datum. Die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde sei aber unrichtig, wenn sie ihr vorhalte, die Frist hätte am 03.09.2017 geendet. Dabei übersehe sie nämlich, dass der 03.09.2017 ein Sonntag gewesen sei. Gemäß § 33 Abs 2 AVG würde eine Frist deren letzter Tag auf einen Sonntag falle erst am nächstfolgenden Werktag enden, dies wäre gegenständlich der 04.09.2017. Der Einspruch sei an diesem Tag zur Post gegeben worden. Gemäß § 32 AVG seien die Tage des Postlaufs nicht in die Frist einzurechnen. Gemäß § 24 VStG würden diese Bestimmungen des AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren gelten. Aus den genannten Gründen sei der Einspruch jedenfalls rechtzeitig. Sie beantragte das Landesverwaltungsgericht möge 1. den angefochtenen Bescheid vom 12.09.2017 beheben und 2. in der Sache selbst über den Einspruch vom 03.09.2017 gegen die Strafverfügung vom 30.05.2017 entscheiden.
Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.
II. Nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht als erwiesen fest:
Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 30.05.2017, ****, wurde der Beschwerdeführerin eine Verwaltungsübertretung nach dem FSG vorgeworfen. Diese Strafverfügung wurde der Beschwerdeführerin am 20.08.2017 nachweislich durch die PI Z zugestellt (Rückschein liegt im Akt ein).
Die Beschwerdeführerin hat einen mit Datum 03.09.2017 versehenen Einspruch am 04.09.2017, 11.30 Uhr, der Post übergeben; dieser ist am 05.09.2017 bei der belangten Behörde eingegangen.
Dieser Sachverhalt ergibt sich in unzweifelhafter Weise aus dem vorliegenden verwaltungsbehördlichen Akt und ist im Übrigen nicht strittig.
III. In rechtlicher Hinsicht folgt:
Gemäß § 49 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. Wird der Einspruch rechtzeitig eingebracht, dann ist gemäß § 49 Abs 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs 3 VStG zu vollstrecken.
Im vorliegenden Fall steht unstrittig fest, dass die Strafverfügung vom 30.05.2017 der Beschwerdeführerin am 20.08.2017 persönlich zugestellt wurde.
Gemäß dem angeführten § 49 Abs 1 VStG beträgt die Frist zur Erhebung eines Einspruches zwei Wochen. Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren festgelegte Frist beginnt dabei mit dem Tag zu laufen, an dem das die Frist auslösende Ereignis stattfindet – im konkreten Fall war das die Zustellung vom 20.08.2017.
Gemäß § 32 Abs 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Dabei werden gemäß § 33 Abs 1 AVG Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist nach § 33 Abs 2 AVG der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
Im konkreten Fall hat die Frist am Sonntag, dem 20.08.2017 durch die Zustellung zu laufen begonnen und gemäß § 33 Abs 2 AVG am Montag dem 04.09.2017 geendet. Der am letzten Tag der Frist zur Post gegebene Einspruch der Beschwerdeführerin war somit rechtzeitig. Daher war der Beschwerde Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.
Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin beantragten Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes in der Sache selbst über den Einspruch ist auszuführen: Wenn die Behörde im angefochtenen Bescheid eine Zurückweisung wegen Verspätung ausspricht, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (vgl VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115 ua). Zumal die Zurückweisung aus den angeführten Gründen nicht zu Recht erfolgt ist, war der angefochtene Bescheid zu beheben. Eine Sachentscheidungsbefugnis über die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung hinaus, insbesondere zur Frage der Rechtmäßigkeit der Bestrafung ist dem Landesverwaltungsgericht Tirol im vorliegenden Fall nicht zugekommen. Dies wird Sache der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren sein (vgl VwGH 22.10.2013, 2012/10/0213).
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Nicole Stemmer
(Richterin)
Schlagworte
Zurückweisung erfolgte zu Unrecht; Ablauf einer Frist; Fristenberechnung; Sonntag; nächster Werktag;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.45.2331.1Zuletzt aktualisiert am
06.11.2017