TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/13 LVwG-2016/43/2709-3

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Veröffentlicht am 13.10.2017
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Entscheidungsdatum

13.10.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VwGVG §33 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag. Julia Schmalzl über

1.   die Beschwerde der AA GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Y vom 25.10.2016, Zl **** und

2.   den Wiedereinsetzungsantrag der AA GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, betreffend die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Y vom 25.10.2016, Zl ****,

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 7 Abs 4 iVm §§ 28 und 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

2.   Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG wird der Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet abgewiesen.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgericht und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 25.10.2016, Zl ****, erteilt der Bürgermeister der Marktgemeinde Y der Beschwerdeführerin einen baupolizeilichen Auftrag nach § 39 Abs 1 TBO 2011. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 27.10.2016 nachweislich zugestellt.

Die vorliegende Beschwerde der Beschwerdeführerin wurde am Donnerstag, dem 24.11.2016 um 17:48 Uhr per E-Mail eingebracht. Auf der Website der Marktgemeinde Y ist eine Kundmachung betreffend die rechtswirksame Einbringung von Anbringen veröffentlicht, welche den ausdrücklichen Hinweis enthält, dass außerhalb der Amtsstunden (Montag von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr und 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr, Dienstag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr) per E-Mail eingebrachte Anbringen nicht entgegengenommen werden können und daher erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gelten. Diese Kundmachung konnte bereits zumindest seit dem 05.01.2016 (und kann bis dato) auf der Website der Marktgemeinde Y unter dem Link

http://www.****.pdf abgerufen werden und wurde auch vom rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin rechtzeitig aufgefunden.

Mit Schreiben vom 15.12.2016 hielt das Landesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin vor, dass entsprechend den obigen Daten ihre Beschwerde vom 24.11.2016 verspätet eingebracht worden sei. Dieses Schreiben wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am 22.12.2016 nachweislich zugestellt.

Daraufhin legte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 05.01.2017 (Poststempel), eingelangt beim Landesverwaltungsgericht am 11.01.2017 eine Stellungnahme vor und stellte „in eventu“ einen Wiedereinsetzungsantrag betreffend die Versäumung der Beschwerdefrist gegen den oe Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Y vom 25.10.2016.

II.      Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen sind im Wesentlichen den Verfahrensakten, insbesondere den darin enthaltenen Rückscheinen, entnommen. Die Kundmachung der Marktgemeinde Y betreffend die rechtswirksame Einbringung von Anbringen ist unter der oben genannten Internetadresse veröffentlicht. Die Kundmachung selbst nennt als Anschlagdatum den 04.01.2016, den Seiteninformationen zu Folge wurde sie am Dienstag, dem 05.01.2016 zuletzt bearbeitet (modifiziert). Keine dieser Feststellungen wurde von der Beschwerdeführerin bestritten.

III.    Rechtslage:

Die hier relevante Bestimmung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:

„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

[…]“

IV.      Erwägungen:

Zu Spruchpunkt 1. – verspätete Einbringung der Beschwerde

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG beträgt gemäß § 7 Abs 4 VwGVG vier Wochen. Diese Frist beginnt gemäß § 7 Abs 4 Z 1 VwGVG mit dem Tag der Zustellung – im vorliegenden Fall am 27.10.2016 – zu laufen. Gemäß § 32 Abs 2 AVG – diese Bestimmung ist zufolge des § 17 VwGVG auch vom Landesverwaltungsgericht anzuwenden – enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Da der angefochtene Bescheid dem Zweitbeschwerdeführer am Donnerstag, dem 27.10.2016, zugestellt wurde, endete die vierwöchige Beschwerdefrist, auf welche in der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheids ausdrücklich hingewiesen wurde, am Donnerstag, dem 24.10.2016. Der oe Kundmachung (Feststellungen zu Punkt II.) zufolge können Anbringen im Marktgemeindeamt Y am Montag von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr und 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr und Dienstag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr rechtswirksam eingebracht werden und gelten andernfalls erst mit Wiederbeginn dieser Amtsstunden als rechtswirksam eingebracht. Die mit E-Mail von Donnerstag, dem 24.10.2016 um 17:48 Uhr übermittelte Beschwerde, galt daher erst mit Beginn der Amtsstunden am Freitag, dem 25.10.2016 um 8:00 Uhr als eingebracht, und erweist sich daher als verspätet. Dieses Ermittlungsergebnis wurde der Beschwerdeführerin mit der Einladung zur Kenntnis gebracht, dazu Stellung zu nehmen.

In ihrer daraufhin eingebrachten Stellungnahme führte die Beschwerdeführerin aus, es sei aus der nämlichen Kundmachung der Marktgemeinde Y betreffend die rechtswirksame Einbringung von Anbringen nicht ersichtlich, auf dem Rechtsakt welchen Organs sie basiere. Nach vorherrschender Meinung habe die Festlegung von Amtsstunden durch Verordnung zu erfolgen (Thienel/Zeleny Verwaltungsverfahrensgesetze18 § 13 Anm 20). Die Ermächtigung zur Erlassung einer derartigen Verordnung im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ergebe sich auf Grund der Vorschriften der TGO 2001. Bei der Festlegung der für den Parteienverkehr bestimmten Zeiten und der Amtsstunden handle es sich nicht um eine innerorganisatorische Angelegenheit des Gemeindeamts, welche vom Bürgermeister wahrzunehmen sei. Vielmehr betreffe sie auch und vor allem den Umgang der Gemeinde mit ihren Bürgern und allen anderen von Rechtsakten der Gemeinde Betroffenen, weshalb der Gemeinderat als verordnungsgebendes Organ gemäß § 30 Abs 1 lit a TGO 2001 zuständig sei. Es hätte demnach der Kundmachung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Y eine Verordnung des Gemeinderates zugrunde liegen müssen, welche ihrerseits gemäß § 122 TBO 2001 der Landesregierung vorgelegt und von dieser auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüft hätte werden müssen. Tatsächlich sei eine solche Verordnung nicht erlassen worden, weshalb die Kundmachung betreffend die Festlegung der Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmten Zeiten mangels gesetzlicher Grundlage rechtlich unbeachtlich sei. Deshalb greife die Beschränkung des § 13 Abs. 5 AVG nicht und sei die am letzten Tag der Frist um 17:48 Uhr eingebrachte Beschwerde rechtzeitig. Es sei außerdem nicht einzusehen oder scheine willkürlich, dass die Marktgemeinde Y lediglich Amtsstunden im Ausmaß von 24 Stunden je Woche, nachmittags ausschließlich nur montags, vorsehe. Die gegenständliche Kundmachung widerspräche daher dem Sachlichkeitsgebot des B-VG, verletze den Einschreiter in seinem Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und sei somit rechtswidrig und unbeachtlich.

Der Kern des obigen Vorbringens, dass die Festlegung der Amtsstunden durch Verordnung zu erfolgen habe, trifft nicht zu. So sind der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten RZ 20 aus Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahrensrecht [nunmehr in der Auflage 20] zu § 13 AVG die maßgeblichen Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu entnehmen, wonach die herrschende Meinung (wie von der Beschwerdeführerin zitiert) hierzu tatsächlich unzutreffend sei. Regelungen betreffend die Amtsstunden hätten vielmehr einen ausschließlich innenwirksamen Charakter und gehörten nicht dem Kompetenztatbestand „Verwaltungsverfahren“ an. § 13 Abs. 5 AVG enthalte demnach keine Ermächtigung zur Erlassung einer Verordnung sondern stelle lediglich sicher, dass die Regelung der Amtsstunden auch nach außen bekannt werde. In diesem Sinne führte auch der Verfassungsgerichtshof zu VfGH G106/2013 vom 03.03.2014 aus, die Festlegung der Amtsstunden stelle ausschließlich eine Angelegenheit des Verwaltungsorganisationsrechts und keine Angelegenheit des Verwaltungsverfahrensrechts dar. Innerhalb des Organisationsrechts seien Regelungen betreffend die Amtsstunden und den Parteienverkehr der sogenannten „inneren Organisation“ zuzuordnen. Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, aufgrund des Fehlens einer diesbezüglichen Verordnung wäre die Kundmachung der Marktgemeinde Y betreffend die Amtsstunden unwirksam, geht ihr Vorbringen daher ins Leere.

Auch ihrer weiteren Argumentation, die vorgenommene Einschränkung der Amtsstunden sei willkürlich und verletze sie in ihren verfassungsmäßig gewährleisteten Rechten, kann seitens des erkennenden Gerichts nicht gefolgt werden. Dies, da aufgrund der kundgemachten Amtsstunden eine Einbringung von Montag bis Freitag täglich, wenngleich nur vormittags, möglich ist. Die vorgenommenen Einschränkungen erscheinen angesichts von 2066 Einwohnern der Marktgemeinde Y und eines Personalstands im Gemeindeamt von 5 Mitarbeitern (ohne Berücksichtigung des Gemeindewaldaufsehers; vgl Website der Marktgemeinde Y) durchaus nachvollziehbar. Wie die Beschwerdeführerin selbst in ihrem Wiedereinsetzungsantrag ausführt, hätte sie darüber hinaus problemlos ihre Beschwerde bis 18:00 Uhr des betreffenden Tages fristenwahrend bei der Post aufgeben können.

Es ist daher festzuhalten, dass die gegenständliche Beschwerde definitiv verspätet eingebracht wurde weshalb sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

Zu Spruchpunkt 2 – Wiedereinsetzung nach § 33 VwGVG

Für den Fall, dass seiner oben dargelegte Ansicht über die Kundmachung betreffend die rechtswirksame Einbringung von Anbringen nicht gefolgt werde, stellte die Beschwerdeführerin weiters den Antrag, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Y vom 25.10.2016 zu bewilligen.

Diesen begründete sie damit, der Vertreter der Beschwerdeführerin habe sein Sekretariat angewiesen, die 4-wöchige Frist zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde im Vormerkbuch einzutragen, was richtig – wovon sich der Vertreter der Beschwerdeführerin selbst versichert habe – mit 24.11.2016 geschehen sei. Dieser Vorgehensweise bediene sich die Kanzlei des Beschwerdeführervertreters in allen möglichen Beschwerdefällen an ein Landesverwaltungsgericht. Die Erhebungen auf der Homepage der jeweiligen Behörde nehme der Beschwerdeführervertreter selbst vor, drucke die dazugehörige Kundmachung aus, lege sie in den betreffenden Beschwerdeakt und beachte die jeweiligen Einschränkungen. Zum Zeitpunkt der Eintragung der Frist stehe nicht fest, auf welche Weise die Beschwerde abgefertigt werde, ob per E-Mail oder per Post. Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführervertreter jedoch die Kundmachung der Marktgemeinde Y falsch verstanden und sei davon ausgegangen, die Amtsstunden lägen Montag bis Donnerstag in der Zeit von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr und wären nur am Freitag auf die Zeit von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr beschränkt. Worauf dieser Irrtum beruhe, sei empirisch nicht mehr feststellbar, es habe wohl die Erwartungshaltung bestanden, dass in einer Marktgemeinde nachmittägliche Amtsstunden auch von Dienstag bis Donnerstag stattfinden würden. Selbst nach Verspätungsvorhalt durch das Landesverwaltungsgericht habe er erst nach Aufklärung durch Dritte den Inhalt der gegenständlichen Kundmachung richtig erfassen können. Der Beschwerdeführervertreter habe offenbar, obwohl er versucht habe, die geforderte Sorgfalt einzuhalten, trotz Kenntnis der einschlägigen Verfahrensbestimmungen die gegenständliche Kundmachung wiederholt falsch gelesen indem er dem Phänomen aufgesessen sei, dass Sachkenntnis schädlich sein könne. Hätte er den geringsten Zweifel daran gehabt, dass die E-Mail-Eingabe um 17:48 Uhr verspätet sei, hätte er die Eingabe mit Einschreiben per Post (Postamt 50 m neben der Kanzlei und bis 18:00 Uhr geöffnet) abgegeben. Diese Umstände würden ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinne des § 33 VwGVG darstellen, an dem den Beschwerdeführer nur ein minderer Grad des Versehens treffe.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eröffnet der oben zitierte § 33 VwGVG die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Es müssen hierzu jedoch die Kriterien des § 33 Abs. 1 kumulativ vorliegen, nämlich muss die Verspätung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis hervorgerufen worden seien und darf das diesbezügliche Verschulden der Partei über einen minderen Grad des Versehens nicht hinausgehen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass nach der zu § 71 Abs. 1 AVG ergangenen Rechtsprechung – deren Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind – das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen ist (zB VwGH Ra 2017/19/0113 vom 20.04.2017). Bei der Prüfung, ob diesbezüglich mehr als ein minderer Grad des Versehens vorliegt, ist an Rechtsanwälte ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundiger und bisher noch nie im gerichtlichen Verfahren beteiligten Personen; für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfrist ist grundsätzlich immer der Rechtsanwalt selbst verantwortlich (VwGH Ra 2017/22/0064 vom 31.05.2017 ua). Wie der Verwaltungsgerichtshof zu VwGH 2008/05/0122 vom 23.06.2008 ausgesprochen hat, darf letzterer nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist zu entnehmen, dass der Fehler, welcher zur verspäteten Einbringung der vorliegenden Beschwerde führte, dem Beschwerdevertreter selbst unterlief und darin bestand, einem Irrtum über die tatsächlichen Amtsstunden der Marktgemeinde Y zu erliegen. Er hatte die maßgebliche Kundmachung auf der Website der Markgemeinde Y zwar gefunden und gelesen, diese jedoch trotz ausdrücklicher Nennung der Amtsstunden – „Montag von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr und 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr“ und „Dienstag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr“ so verstanden, dass die Möglichkeit bestünde, auch am Freitagnachmittag bis 18:00 Uhr die Beschwerde rechtswirksam einzubringen.

Im Lichte der oben dargestellten Rechtsprechung kann dies seitens des Landesverwaltungsgerichts jedoch nicht als minderer Grad des Versehens erkannt werden. So muss an den Vertreter der Beschwerdeführerin als Rechtsanwalt diesbezüglich ein strengerer Maßstab angelegt werden, zumal die exakte Erfassung des Inhalts von Schriftstücken für die anwaltliche Tätigkeit unerlässlich ist und vom Vertretenen auch erwartet werden kann. Gerade der Wahrung von Fristen kommt zentrale Bedeutung für die anwaltliche Tätigkeit zu und nicht umsonst sind umfangreiche organisatorische Vorkehrungen, wie in der Kanzlei des Beschwerdeführers offenbar getroffen, nötig, um der diesbezüglich geforderten Sorgfaltspflicht nachzukommen (vgl hierzu die umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs). Entsprechend hohe Standards müssen naturgemäß auch auf inhaltlicher Ebene eingehalten werden, weshalb ein Fehler, wie er gegenständlich dem Beschwerdeführervertreter unterlief, über den minderen Grad eines Versehens zweifellos hinausgeht.

Da hinsichtlich der Versäumung der gegenständlichen Beschwerdefrist der Beschwerdeführerin ein über den minderen Grad eines Versehens hinausgehendes Verschulden vorzuwerfen ist, liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs 1 VwGVG nicht vor und kann dem diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Julia Schmalzl

(Richterin)

Schlagworte

Wiedereinsetzungsantrag; kein minderer Grad des Versehens;

Anmerkung

Mit Beschluss vom 13.12.2017, Z E 4166/2017-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 13.10.2017, Z LVwG-2016/43/2709-3, erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2016.43.2709.3

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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