Entscheidungsdatum
04.07.2017Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VwGVG §28Text
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Erwin Ziermann über den Antrag des Herrn RR T., U., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. V. W., X., Y., vom 07.03.2016 den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Der Antrag wird gemäß § 31 iVm § 28 VwGVG und Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG wegen Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt
1. Der Antragsteller stellte am 21.10.2014 bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung den Antrag, die Behörde möge ihm seinen am 11.10.2014 wegen einer vermeintlich qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung vorläufig abgenommenen Führerschein umgehend wieder ausfolgen und „die Anzeige der Landesverkehrsabteilung“ seinem Verteidiger übermitteln. Sofern diesem Begehren nicht stattgegeben werde, beantrage er den bescheidmäßigen Abspruch über diesen Antrag.
Mit dem verfahrensgegenständlichen, beim Landesverwaltungsgericht Salzburg eingebrachten Antrag vom 07.03.2016 beantragte er, das Landesverwaltungsgericht möge der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung auftragen, über den nicht erledigten Antrag vom 20.10.2014 (gemeint wohl: 21.10.2014) auf umgehende Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheins innerhalb einer Frist von zwei Monaten den (am 20.10.2014 eventualiter beantragten) Bescheid zu erlassen und dann, wenn die Frist wiederum unbenützt verstreiche, in der Sache selbst entscheiden.
Begründend führte der Antragsteller (zusammengefasst) aus, am 11.10.2014 sei ihm von einem Polizeibeamten der Landesverkehrsabteilung wegen einer vermeintlich qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung der Führerschein gemäß § 39 FSG vorläufig abgenommen worden. Am 20.10.2014 (gemeint wohl: 21.10.2014) habe er bei der Bezirkshauptmannschaft den Antrag gestellt, den Führerschein umgehend wieder auszufolgen oder über diesen Wiederausfolgungsantrag bescheidmäßig abzusprechen. Weder sei der Führerschein umgehend ausgefolgt worden, noch sei über den Eventualantrag bescheidmäßig abgesprochen worden.
Mit Schriftsatz vom 10.11.2015 habe er bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung eine Säumnisbeschwerde in dieser Sache eingebracht, in welcher er ersucht habe, den ausstehenden Bescheid umgehend zu erlassen oder die Säumnisbeschwerde dem Landesverwaltungsgericht Salzburg vorzulegen. Da er wiederum keine Reaktion der Behörde erhalten habe, stelle er nunmehr den oben angeführten Antrag.
Dieser Antrag, welcher im Rubrum als "Säumnisbeschwerde" bezeichnet wird, wurde am 07.03.2016 direkt beim Landesverwaltungsgericht Salzburg eingebracht. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg übermittelte den Antrag am 11.03.2016 an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung mit dem Ersuchen um Stellungnahme und Vorlage des bezughabenden Verfahrensaktes.
Mit Schreiben vom 21.03.2016 teilte die belangte Behörde mit, dem Antrag auf Wiederausfolgung des Führerscheins sei am 27.10.2014 entsprochen worden. Da es zum Erlassen eines Entziehungsbescheides nicht gekommen sei, habe mit einer bescheidmäßigen Erledigung gemäß § 68 Abs 2 AVG nicht vorgegangen werden können.
Den bezughabenden Verfahrensakt legte die Behörde dem Landesverwaltungsgericht am 24.03.2016 vor.
II. Beweiswürdigung
Der oben dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt und aus dem Inhalt des verfahrensgegenständlichen Antrags.
III. Rechtliche Erwägungen
1. Gemäß Art 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1), gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2), wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3) und gegen Weisungen gemäß Art 81a Abs 4 (Z 4).
Gemäß Art 132 Abs 3 B-VG kann wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.
Eine Säumnisbeschwerde ist gemäß § 12 VwGVG bei der Behörde einzubringen.
Gemäß § 16 VwGVG kann die Behörde in einem Verfahren über eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie gemäß § 16 Abs 2 VwGVG dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Gemäß § 28 Abs 7 VwGVG kann das Verwaltungsgericht in einem Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.
2. Im gegenständlichen Fall behauptet der Antragsteller, er habe am 10.11.2015 bei der belangten Behörde eine näher bezeichnete Säumnisbeschwerde wegen einer nicht erfolgen Bescheiderlassung eingebracht und keine Reaktion der Behörde auf diese Säumnisbeschwerde erhalten. Deshalb stelle er nunmehr beim Landesverwaltungsgericht Salzburg den Antrag, diese möge der Behörde den Auftrag zur „Nachholung des Bescheides“ erteilen.
Wie sich aus dem Verfahrensakt und dem oben dargestellten Sachverhalt ergibt, bezieht sich die beantragte „Nachholung des Bescheides“ auf den Eventualantrag vom 21.10.2014, mit dem für den Fall, dass die beantragte umgehende Wiederausfolgung des Führerscheines nicht erfolge, eine bescheidmäßige Absprache über den Wiederausfolgungsantrag begehrt wurde.
Die vom Antragsteller erwähnte Säumnisbeschwerde vom 10.11.2015, welche seinen Angaben zufolge bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung eingebracht wurde, wurde dem Landesverwaltungsgericht nicht vorgelegt und ist sie auch im vorgelegten Verfahrensakt nicht enthalten.
3. Wie sich aus den vorangeführten Bestimmungen, insbesondere aus der Bestimmung des Art 130 Abs 1 B-VG ergibt, erkennen Verwaltungsgerichte lediglich über Beschwerden hinsichtlich der in den Z 1 bis 4 angeführten Beschwerdegegenstände. Eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für das Erkennen über Anträge, welche außerhalb eines beim Verwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens gestellt werden, ergibt sich weder aus den Bestimmungen des B-VG, noch aus den Verfahrensbestimmungen des VwGVG.
4. Da der dem gefertigten Richter zur Erledigung zugeteilte verfahrensgegenständliche Antrag nicht in einem beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren gestellt wurde, war dieses nicht berechtigt, der Behörde die Nachholung eines Bescheides aufzutragen. Diese Zuständigkeit wäre gemäß § 28 Abs 7 VwGVG nur in einem anhängigen Säumnisbeschwerdeverfahren vorgelegen und hätte vorausgesetzt, dass die bei der Behörde eingebrachte Säumnisbeschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wurde. Da jedoch – wie oben dargestellt – dem Verwaltungsgericht eine Säumnisbeschwerde nicht vorgelegt wurde und dieses über Anträge außerhalb eines Beschwerdeverfahrens nicht erkennt, war der Antrag mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis war auf die Frage der Säumnis der Behörde hinsichtlich der Erlassung des beantragten Bescheides nicht mehr weiter einzugehen.
5. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit der Säumnisbeschwerde im Verfahrensgesetz kein Vorlageantrag an das Verwaltungsgericht (welcher wiederum bei der Behörde einzubringen wäre) vorgesehen ist und daher ungeregelt scheint, was zu gelten hat, wenn die Behörde die Säumnisbeschwerde nach Ablauf der dreimonatigen Nachholungsfrist pflichtwidriger Weise nicht dem Verwaltungsgericht vorlegt. Allenfalls ist der damit klaffenden Rechtsschutzlücke mit amtshaftungs-, straf- und disziplinarrechtlichen Maßnahmen zu begegnen (vgl zB Schulev-Steindl, Die Säumnisbeschwerde an Verwaltungsgerichte und Säumnisschutz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in Holoubek/Lang, Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht, 61; Dünser, Beschwerde und Vorverfahren bei der Behörde ZUV 2013/16 FN35 bzw Hochhold/Neudorfer, ÖJZ 2013/905).
6. Gegen diesen Beschluss ist die ordentliche Revision nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes ergibt sich unzweifelhaft aus dem klaren Wortlaut der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen.
Schlagworte
Unzuständigkeit des LVwG, Anträge außerhalb eines anhängigen VerfahrensAnmerkung
VfGH-Beschwerde, VfGH vom 23.2.2017, E 1650/2016, Ablehnung, ao Revision, VwGH vom 23.8.2017, Ra 29017/11/0163-3, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2017:405.4.168.1.5.2016Zuletzt aktualisiert am
11.12.2019