TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/7 2000/01/0153

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Veröffentlicht am 07.09.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FrG 1993 §37 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des MK in Z, geboren am 17. Mai 1958, vertreten durch Dr. Gerhard Zenz, Rechtsanwalt in 5310 Mondsee, Rainerstraße 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. Jänner 2000, Zl. 206.203/1-IV/11/99, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein am 7. Mai 1995 in das Bundesgebiet eingereister albanischer Staatsangehöriger, hat am 9. Mai 1995 einen Asylantrag gestellt und bei der am gleichen Tag sowie am

12. und 18. Mai 1995 durchgeführten niederschriftlichen Vernehmung durch das Bundesasylamt zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Er habe am 5. Mai 1995 Albanien verlassen, indem er sich in der Hafenstadt Durres auf der Ladefläche eines Sattelschleppers versteckt habe, welcher auf eine Fähre verladen wurde und welchen er erst am 7. Mai 1995 in Salzburg verlassen habe. In Slowenien, das während der Fahrt durchquert wurde, habe er sich auf der Ladefläche des Sattelschleppers verborgen und keine Möglichkeit gehabt, das Fahrzeug zu verlassen. Er sei orthodoxen Religionsbekenntnisses und verheiratet. Vom Jahre 1982 bis August 1994 sei er als Kriminalpolizist in Albanien beschäftigt gewesen. Seine Dienststelle sei im Gebäude der Polizeidirektion in Vlora etabliert gewesen und er sei für zwei Stadtteile von Vlora sowie für drei Kleinstädte in der Umgebung und 8 zugehörige Dörfer zuständig gewesen. Einschließlich seiner Person habe der Personalstand an Kriminalpolizisten zum Zeitpunkt seiner Flucht 31 Personen betragen. Bis 1991 habe seine Aufgabe und die Tätigkeit seiner Kollegen darin bestanden, Delikte, die sich gegen den Staat und die frühere kommunistische Partei richteten, zu bekämpfen. Seit 1991 sei seine Aufgabe und die seiner Kollegen gewesen, allgemein kriminelle Delikte aufzuklären und die Täter auszuforschen. Im August 1994 sei er mündlich gekündigt worden, wobei die Begründung gelautet habe, dass er dem früheren kommunistischen Regime gedient habe. Einschließlich seiner Person seien im August 1994 28 Polizisten, die in Vlora Dienst versehen hätten, mit der gleichen Begründung entlassen worden, worunter er jedoch der einzige Kriminalbeamte gewesen sei. Es habe sich bei diesen Entlassungen um die so genannte "dritte Kündigungsgruppe" gehandelt, nachdem bereits in den Jahren 1991 und 1992 jeweils eine große Anzahl von Polizisten in Vlora aus dem gleichen Grund entlassen worden seien. Am 20. März 1995 sei ihm von einem Kriminalbeamten eine Ladung zum Untersuchungsrichter in Vlora zugestellt worden, wonach er am 23. März 1995 dort hätte erscheinen sollen. Ein Grund für seine Ladung sei nicht angeführt worden. Er wisse aber aus seiner früheren beruflichen Tätigkeit, dass in der ersten Ladung des Untersuchungsrichters üblicherweise kein Grund angeführt sei. Beim Ladungstermin erfahre man vom Untersuchungsrichter den Grund für die Ladung und werde zu einem neuerlichen Termin vorgeladen und an diesem Termin vernommen. Es käme jedoch immer wieder vor, dass man bereits am ersten Ladungstermin inhaftiert werde. Er habe Erkundigungen bei einem Untersuchungsrichter aus seiner Bekanntschaft eingezogen, welcher ihm mitgeteilt habe, dass er wegen des Falles "Gocgaj" geladen sei:

Er habe 1984 in der Kleinstadt Sevaster hinsichtlich der Mitglieder dieser Familie Ermittlungen wegen Diebstahls aus einer Kooperative und wegen staatsfeindlicher Betätigung durchgeführt. Es handle sich bei dieser Familie um ein Oberhaupt und dessen sechs Söhne. Im Jahre 1984 seien das Familienoberhaupt und fünf Söhne auf Grund der von ihm dem Gericht vorgelegten Erhebungsergebnisse wegen Diebstahles und staatsfeindlicher Betätigung zu Freiheitsstrafen von 17 bis 25 Jahren verurteilt worden. Der älteste Sohn sei wegen dieser Delikte zum Tod durch Erschießen verurteilt und hingerichtet worden. Er habe nun erfahren, dass er beschuldigt werde, 1984 anlässlich der Ermittlungen bezüglich der angeführten Familienmitglieder dem Gericht falsche Informationen und unrichtige Ermittlungsergebnisse vorgelegt zu haben, weshalb er nunmehr strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden solle. Er habe jedoch die erwähnten Amtshandlungen korrekt durchgeführt und sei sich keiner Schuld bewusst. Er habe daher der Ladung für den 23. März 1995 nicht Folge geleistet, da im Laufe des Jahres 1993 viele ehemalige Politiker und Polizisten aus der Zeit der früheren kommunistischen Diktatur in Albanien wegen Begünstigung dieses Regimes zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden seien. Er habe befürchtet, zu Unrecht wegen Begünstigung des früheren kommunistischen Regimes angeklagt und verurteilt zu werden. Im Falle einer Rückkehr nach Albanien würde er vom Gericht wegen der zu Unrecht erhobenen Beschuldigungen zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von etwa fünf Jahren verurteilt werden.

Anfang November 1994 sei seine fünfjährige Tochter auf dem Weg vom etwa 500 Meter von seiner Wohnung entfernten Kindergarten entführt und nach vier Tagen wieder freigelassen worden. Bei dem Entführer habe es sich um einen Mann gehandelt, über den, dessen Bruder sowie zwei andere Männer der Beschwerdeführer 1987 in seiner Eigenschaft als Kriminalpolizist Erhebungen wegen Bienendiebstahles durchgeführt habe. Der Entführer sei 1987 zu einer Freiheitsstrafe und Zwangsarbeit in Höhe von zwei Jahren, dessen Bruder zu einer Freiheitsstrafe und Zwangsarbeit in Höhe von sieben Jahren und die beiden anderen Männer zu Freiheitsstrafen von einem bzw. fünf Jahren verurteilt worden. Der Bruder des Entführers sei im Oktober 1988 während der Zwangsarbeit in einem Bergwerk tödlich verunglückt. Die dargestellte Entführung sei aus Rache erfolgt. Über Vermittlung von zwei Bewohnern des Ortes Selenica sei seine Tochter gegen Bezahlung eines Betrages in Höhe von 1 Mio. Lek freigelassen worden. Er habe im November 1994 über diesen Vorfall bei seinem früheren Vorgesetzten Anzeige erstattet.

Mit Bescheid vom 12. Juni 1995 wurde der Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers gemäß § 3 AsylG 1991 abgewiesen und begründend ausgeführt, dass zwar an seiner Glaubwürdigkeit keine Zweifel bestünden, aber Asylgründe im Sinne der Genfer Konvention in seinem Vorbringen nicht enthalten wären. Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. Jänner 2000 hat der unabhängige Bundesasylsenat den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 - AsylG, abgewiesen.

Im Rahmen ihrer Begründung führte die belangte Behörde nach inhaltlicher Wiedergabe relevanter Teile zweier Berichte über die Lage in Albanien vom 5. Jänner 1999 (Fundstelle: VG Wiesbaden) sowie vom 19. Februar 1999 (Auswärtiges Amt Bonn) aus, dass das oben wiedergegebene glaubwürdige Vorbringen des Asylwerbers in Verbindung mit dem Inhalt der genannten Berichte als Sachverhalt festgestellt werde.

Rechtlich ergebe sich "insgesamt", dass betreffend den Asylwerber zwar insofern eine Gefährdungslage bestehe, als im Hinblick auf seine Tätigkeit als Polizist während des kommunistischen Regimes Racheakte nicht auszuschließen seien, doch mangle es derartigen Racheakten an einem asylrechtlich relevanten Motiv, weshalb die Gewährung von Asyl nicht statthaft sei, zumal derartige Racheakte auch nicht von den Machthabern des albanischen Staates aus einem asylerheblichen Motiv geduldet würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Verletzung des Rechtes auf Gewährung von Asyl sowie auf Verbleib im Bundesgebiet der Republik Österreich geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer führt aus, dass die geltend gemachte Verfolgungsgefahr seinem Heimatstaat Albanien zurechenbar sei: Es seien nun Personen, welche unter dem kommunistischen Regime Verfolgungen ausgesetzt gewesen seien, in politische Positionen gelangt und seien diese nun nicht in der Lage oder Willens, Übergriffe gegen vormals regimetreue Personen hinreichend zu unterbinden bzw. sie vor derartigen Übergriffen zu schützen. Die nunmehrige politische Macht dulde es, dass vormals regimetreuen Staatsdienern kein Schutz vor Übergriffen durch vormals unter dem kommunistischen Regime verfolgte Personen gewährt werde. Dies stelle einen in seiner Heimat typischen Fall der Verfolgung dar. Auch im Nichtverhindern (Dulden) von Verfolgungshandlungen liege eine Verfolgungsgefahr. Auch habe die belangte Behörde in keiner Weise Beweise dahingehend erhoben, aus welchen Gründen eine Verfolgung seiner Person in seinem Heimatland ausgeschlossen sei. Auch habe er in seinem Heimatland kein faires Verfahren zu erwarten. Die Vermutung der belangten Behörde, dass nicht angenommen werden könne, dass kriminelle Machenschaften seitens der Machthaber Albaniens, welche an der Erhaltung des Gemeinwesens und einem geordneten Zusammenleben der menschlichen Individuen in der Gemeinschaft interessiert seien, geduldet würden, sei durch keinerlei Beweisergebnisse gestützt. Eine derartige Gefährdungslage habe der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 21. Dezember 1998, Zl. 98/18/0076, anerkannt und dort zum Ausdruck gebracht, dass eine zumindest gebilligte Bedrohung durch staatliche Stellen anzunehmen sei. Seine Flucht aus Albanien stelle daher einen Sachverhalt dar, der geeignet sei, dem Tatbestand des § 1 Z. 1 AsylG subsumiert zu werden, wobei der Fluchtgrund in seiner politischen Gesinnung liege. Er sei konkret gefährdet und es habe sich an den Verhältnissen in Albanien seit seiner Flucht nichts geändert, sodass er, würde er in sein Heimatland zurückkehren, weiterhin Verfolgung ausgesetzt wäre. Er habe mit unmenschlicher Behandlung sowie allenfalls auch seiner Tötung zu rechnen. Auch sei die Begründung für die Ablehnung der Entführung seiner Tochter als Asylgrund durch keinerlei Beweisergebnisse gedeckt und stelle eine reine Vermutung der belangten Behörde dar.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführt, macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen drei Gründe geltend, warum seinem Asylantrag stattzugeben sei, nämlich, dass er im August 1994 als Kriminalpolizist aus politischen Gründen entlassen worden sei, dass er mit Ladung vom 20. März 1995 zum Erscheinen vor dem Untersuchungsrichter am 23. März 1995 aufgefordert worden sei und mit seiner sofortigen Verhaftung aus politischen Gründen habe rechnen müssen (behauptete unmittelbare staatliche Verfolgung), sowie dass seine Tochter im November 1994 entführt worden und erst gegen die Zahlung eines Lösegeldes nach vier Tagen wieder freigelassen worden sei (behauptete mittelbare staatliche Verfolgung durch Duldung privater Verfolgungshandlungen).

Zur behaupteten unmittelbaren staatlichen Verfolgung:

Insofern der Beschwerdeführer die im August 1994 erfolgte Entlassung aus dem Polizeidienst als Begründung für seinen Asylantrag heranzieht, ist auf das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, Zlen. 92/01/1015, 93/01/0929, zu verweisen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit politischen Motiven ausgeführt hat, dass die Entlassung keine asylrechtliche relevante Verfolgung darstellt. Von dieser Rechtsprechung abzugehen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente nicht veranlasst.

Was das Vorbringen des Beschwerdeführers anbelangt, er hätte anlässlich der Befolgung der Ladung vor den Untersuchungsrichter seine Inhaftierung und ohne rechtsstaatliches Verfahren erfolgende mehrjährige Unterbringung in einer Haftanstalt zu erwarten gehabt, ist - unter der Annahme, dass diese Handlung auf einer dem Beschwerdeführer unterstellten politischen Gesinnung beruhte, was nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen wäre - auf die einschlägige ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach ein Asylwerber seine Verhaftung im Heimatland nicht abzuwarten braucht, wenn für deren unmittelbares Bevorstehen hinreichend triftige Gründe behauptet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1997, Zl. 95/01/0456). Derartige Gründe liegen jedoch nicht vor. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid an Hand von Länderberichten betreffend Albanien vom 5. Jänner 1999 sowie 19. Februar 1999 mit dieser Frage auseinander gesetzt und dargelegt, dass

"eine unmittelbare staatliche Verfolgung bestimmter Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung in Albanien nicht stattfindet. Von einer staatlichen Verfolgung auf Grund politischer Überzeugung kann in Albanien nicht gesprochen werden. Allerdings wurden auch nach dem Regierungswechsel 1997 viele Personen, die der früheren Regierungspartei nahe standen, aus ihren Ämtern entfernt oder verloren ihren Arbeitsplatz. Gefahr für Leib und Leben durch staatliche Maßnahmen oder eine Beschränkung der persönlichen Freiheit besteht generell nicht. Persönliche Racheakte sind jedoch nicht ausgeschlossen. Solche Racheaktionen werden vom albanischen Staat nicht gebilligt oder gefördert. Wirksamer Schutz kann aber generell nicht garantiert werden. Nach den bürgerkriegsähnlichen Unruhen des Frühjahres 1997 und der anschließenden Wahlniederlage der Regierung Berisha und der demokratischen Partei trat die Regierung unter Premierminister Nano (sozialistische Partei) ihr Amt mit schweren Belastungen an. Von ihr wurde erwartet, die Sicherheitslage nach dem Zusammenbruch der staatlichen Ordnung wieder zu stabilisieren, Kriminalität und Korruption zu bekämpfen und Reformen im politischen- und Justizbereich durchzuführen. Allerdings brachten der Regierung Nano (der mittlerweile durch Pandeli Majko und dieser durch Ilir Meta abgelöst wurde) ihre Versäumnisse beim Kampf gegen die Korruption und bei der Wiederherstellung der Sicherheitslage im Land von allen politischen Lagern Kritik ein. Dem Vorgehen gegen organisierte Kriminalität und Gewaltkriminalität waren nur wenige Erfolge beschieden. Nach dem Regierungswechsel 1997 wurden sämtliche noch laufende Verfahren gegen Funktionäre des früheren kommunistischen Regimes wegen Menschenrechtsverletzungen eingestellt."

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer, dessen Wohnadresse den Ermittlungsbehörden Albaniens - wie die Zustellung der Vorladung vor den Untersuchungsrichter zeigt - bekannt war, keine Angaben über seinen Aufenthalt während der Wochen zwischen der Nichtbefolgung seiner Ladung und seiner Flucht aus Albanien dergestalt gemacht hat, dass er sich während dieser Zeit vor der Polizei verborgen gehalten habe (zur Erinnerung: Der Beschwerdeführer hatte vorgebracht, er habe Albanien am 5. Mai 1995, mithin etwa 1 1/2 Monate nachdem er seiner Ladung unentschuldigt nicht Folge geleistet habe, verlassen. Dazu, wo er sich im Zeitraum vom 23. März 1995 bis 5. Mai 1995 aufgehalten habe und was er während dieses Zeitraumes getan habe, wurden vom Beschwerdeführer keine näheren Angaben gemacht), ist das unmittelbare Bevorstehen seiner Verhaftung nicht anzunehmen, zumal der Beschwerdeführer den oben genannten Berichten im Verwaltungsverfahren keine konkrete Gegendarstellung entgegengesetzt hat. Einer bloßen Ladung zur Behörde ermangelt es aber jedenfalls an der für die Asylgewährung nötigen Eingriffsintensität (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0312, m.w.N.).

Zur behaupteten mittelbaren staatlichen Verfolgung:

Insofern der Beschwerdeführer die aus behaupteter Rachsucht (aber offenbar auch aus materiellen Gründen - Freilassung nach Lösegeldbezahlung) erfolgte Entführung seiner minderjährigen Tochter als gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung und Asylgrund geltend macht, ist zunächst auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach Verfolgungshandlungen gegen Verwandte Ursache für begründete Furcht vor Verfolgung nur dann bilden können, wenn auf Grund der im Verwaltungsverfahren glaubhaft dargelegten konkreten Situation davon ausgegangen werden muss, dass gegen ein Familienmitglied gesetzte oder von diesem zu befürchtende Verfolgungshandlungen auch zu - die Intensität asylrechtlich relevanter Verfolgungshandlungen erreichenden - Maßnahmen gegen andere Familienmitglieder führen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1999, Zlen. 97/01/0872, 0873, sowie vom 14. Jänner 1998, Zl. 96/01/0363). Diesbezüglich bringt der Beschwerdeführer vor, die Entführung seiner Tochter sei eine gegen ihn selbst gerichtete Rachehandlung durch einen ehemals von ihm in seiner Eigenschaft als Kriminalpolizist verfolgten und der Gerichtsbarkeit überantworteten Straftäter gewesen. Der Beschwerdeführer hat aber nicht behauptet, dass dieser Straftäter nunmehr in eine (politisch) einflussreiche Position gelangt sei (vgl. zu diesem Thema das hg. Erkenntnis vom 16. September 1999, Zl. 99/01/0078).

Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, dass es sich bei dieser, zwar gegen den Beschwerdeführer selbst intendierten Handlung nach seinem eigenen Vorbringen um ein von einem gewöhnlichen Verbrecher ohne Bezug auf einen der in Art. 1 Abschn. A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - enthaltenen Gründe gesetztes Freiheitsentzugsdelikt handelt, welches nicht geeignet ist, eine asylrechtlich relevante Verfolgungshandlung darzutun. Fehlt es aber an einem in der GFK genannten Gründe, so kann grundsätzlich auch dahingestellt bleiben, ob der Heimatstaat des Beschwerdeführers in der Lage wäre, ihm Schutz zu gewähren (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 99/01/0078).

Der Beschwerdeführer verweist zwar auf das betreffend seine Person ergangene hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1998, Zl. 98/18/0076, in welchem der Verwaltungsgerichtshof den zu § 54 Abs. 1 FrG 1992 erlassenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4. Dezember 1997 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften deshalb aufgehoben hat, weil es die belangte Behörde unterlassen hatte, sich damit auseinander zu setzen "ob tatsächlich Verfolgungsmaßnahmen von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Gruppierungen in Albanien stattfinden und gegebenenfalls, ob der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, dies zu unterbinden". Dieses Erkenntnis befasst sich jedoch mit den in § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG 1992 genannten Bedrohungen. Der Tatbestand des § 37 Abs. 1 FrG 1992 setzt nicht voraus, dass die in ihm genannte Gefahr auf einem der in Art. 1 Abschn. A Z. 2 GFK aufgezählten Gründe beruht, weshalb das Erkenntnis Zl. 98/18/0076 für den gegenständlichen Fall keine Aussagekraft entfaltet.

Es hat somit die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht das Vorliegen asylrelevanter Verfolgung verneint. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. September 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000010153.X00

Im RIS seit

11.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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