TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/20 W174 2159801-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2017
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Entscheidungsdatum

20.10.2017

Norm

BFA-VG §22a
BFA-VG §40
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W174 2159801-1/23E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin, Mag. Viktoria MUGLI-MASCHEK als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Slowakei, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.05.2017, Zahl 1106056802 / 170567822, mit dem die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 76 FPG in Verbindung mit § 22a BFA-VG in Verbindung mit § 40 BFA-VG stattgegeben und der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.05.2017, Zahl 1106056802 / 170567822 aufgehoben.

II. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs 1 VwGVG abgewiesen; der Bund, vertreten durch den Bundesminister für Inneres, hat gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 und 4 VwG-AufwErsV dem Beschwerdeführer, zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters, Aufwendungen in Höhe von EUR 1659,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Das Landesgericht für Strafsachen Wien verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 04.03.2016, Zahl 112HV 11/16g wegen gewerbsmäßigen Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, wobei sechs Monate, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Das Strafgericht hielt dabei unter anderem fest, dass eine einschlägige Vorstrafe vom Jänner 2016 und der sehr rasche Rückfall erschwerend bei der Strafbemessung zu berücksichtigen waren.

1.2. Mit Bescheid vom 07.04.2016, Zahl 1106056802 / 160275212 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Aufenthaltsverbot betreffend den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG. Dem Beschwerdeführer wurde von Amts wegen kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde gemeinsam mit einem zweisprachigem Formblatt (Deutsch / Slowakisch) dem Beschwerdeführer während aufrechter Strafhaft am 12.04.2016 mittels persönlicher Übergabe zugestellt und am 28.04.2016 rechtskräftig. Das Aufenthaltsverbot endet am 15.04.2020.

1.3. Am 15.04.2016 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen.

1.4. Am 30.03.2017 nahmen Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Verübung von Ladendiebstählen fest. Zum Zeitpunkt seiner Einlieferung in die Haftanstalt hatte der Beschwerdeführer kein Bargeld und lediglich folgende Gegenstände bei sich: ein Handy, einen Bluetooth-Lautsprecher, eine Bankkarte und einen Rücksack mit persönlichen Gegenständen. Am 01.04.2017 wurde mit Beschluss, Zahl 406 St 93/17b, des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Beschwerdeführer wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr die Untersuchungshaft verhängt. Am 02.05.2017 verurteilte das Landesgericht für Strafsachen, Wien den Beschwerdeführer, wegen teils vollendeten und teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten; gleichzeitig sah das Strafgericht vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht im Urteil des Landesgerichts für Strafsachen, Wien vom 04.03.2016 ab, verlängerte jedoch die Probezeit auf fünf Jahre (vgl. OZ 18, Protokollvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung nach Hauptverhandlung vom 02.05.2017, Zahl 114 Hv-41/17k).

1.5. Mit Schriftsatz vom 05.04.217, Zahl 1106056802 / 170567822 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, den Beschwerdeführer vom Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme und der beabsichtigten Verhängung der Schubhaft. Diese Verständigung wurde am dem Beschwerdeführer durch persönliche Übernahme am 11.04.2017 zugestellt. Der Beschwerdeführer gab hierzu in der mit 10 Tagen ab Zustellung vorgesehenen Frist keine Stellungnahme ab.

1.6. Mit Bescheid vom 12.05.2017, Zahl 1106056802 / 170567822 ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, betreffend den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG 2005 an, wobei die Rechtsfolgen dieses Bescheides erst nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft eintreten werden. Dieser Bescheid und die Verfahrensanordnung, mit der dem Beschwerdeführer seine nunmehrige Rechtvertretung von Amts wegen als Rechtsberater beigegeben wurde, wurden dem Beschwerdeführer unmittelbar nach dessen Erlassung am 21.06.2017, um 10:30 Uhr, durch persönliche Übergabe ordnungsgemäß zugestellt.

Die Verhängung der Schubhaft begründete die belangte Behörde unter Heranziehung von § 76 Abs 3 Z 2 und 9 FPG im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer trotz eines durchsetzbaren und rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes und nach einer erfolgten freiwilligen Ausreise ins das Bundesgebiet zurückgekehrt sei. Wegen der Missachtung dieser rechtskräftigen behördlichen Anordnung und der österreichischen Rechtsordnung sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auf freiem Fuß gesetzt, erneut strafbare Handlungen setzen würde. Er verfüge in Österreich weder über einen ordentlichen Wohnsitz, noch über eine soziale Verankerung, sodass bei einer Entlassung die Gefahr bestehe, dass er wieder unerlaubt im Bundesgebiet Unterkunft nehmen, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde und somit für die Behörde nicht greifbar wäre.

Die Entscheidung sei auch verhältnismäßig, denn der Beschwerdeführer sei neuerlich nach Österreich eingereist, befinde sich wegen strafbarer Handlungen in Untersuchungshaft und es bestehe die Gefahr, dass er nach seiner Entlassung erneut straffällig werde. Die bescheidmäßige Verhängung von Schubhaft zu einem Zeitpunkt, als die tatsächliche Entlassung aus der strafrechtlichen Anhaltung der Behörde nicht absehbar sei, sei von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als rechtskonform und verhältnismäßig anerkannt worden. Der genaue Zeitpunkt der Entlassung des Beschwerdeführers entziehe sich der Kenntnis der Behörde, es bestehe jedoch ein massives öffentliches Interesse an seiner Außerlandesbringung und der Beschwerdeführer könne jederzeit per Beschluss aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Es handle sich auch um eine ultima-ratio-Maßnahme, mit einem gelinderen Mittel könne nicht das Auslangen gefunden werden. Wegen der finanziellen Situation des Beschwerdeführers komme eine finanzielle Sicherheitsleistung von vornherein nicht in Betracht. Mit einer Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und einer periodischen Meldeverpflichtung könne im Falle des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden, denn er sei noch niemals im Bundesgebiet gemeldet gewesen und nutze seine kurzen Aufenthalt stets um strafbare Handlungen zu setzen.

Da sich der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft befinde, sei davon auszugehen, dass er jederzeit durch Beschluss aus der Untersuchungshaft entlassen werden könne.

1.7. Mit Schriftsatz vom 31.05.2017 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen ihm von Amts beigegebenen Rechtsberater, rechtzeitig Beschwerde gegen die Bescheid vom 12.05.2017 mit dem für die Zeit ab der Entlassung aus der Gerichtshaft von der Behörde zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers Schubhaft angeordnet wurde.

Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, der bekämpfte Bescheid leide unter Feststellung- und Ermittlungsmängel. Der Beschwerdeführer befinde sich in Strafhaft in der Justizanstalt XXXX und die belangte Behörde stelle fälschlicherweise fest, er werde in der Justizanstalt Wien XXXX in Haft festgehalten. Obwohl es sich beim gegenständlichen Bescheid um einen ordentlichen Bescheid und kleinen Mandatsbescheid handle, habe die belangte Behörde keine Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt, sondern ihn vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft befunden und keine Berechtigungsorganisation aufsuchen können. Da das Strafende der 30.06.2018 sei, hätte die belangte Behörde ausreichend Zeit gehabt, eine Einvernahme des Beschwerdeführers durchzuführen. Der Beschwerdeführer sei daher gravierend in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Er habe sich mit der Verständigung über das Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund seiner Anhaltung in Untersuchungshaft nicht an eine Rechtsberatungseinrichtung wenden können, welche ihm die Bedeutung dieses Schreibens und das Ergebnis der Beweisaufnahme hätte erklären und ihn diesbezüglich hätte beraten können. Der Beschwerdeführer sei der deutschen Sprache nicht mächtig und dennoch sei die Verständigung sowie die Stellungnahmefrist in deutscher Sprache verfasst gewesen. Innerhalb der nur mit zehn Tagen zu kurz bemessenen Stellungnahmefrist sei es dem Inhaftierten Beschwerdeführer effektiv nicht möglich gewesen, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern. Allein schon die Kontaktaufnahme mit dem sozialen Dienst in der Justizanstalt XXXX dauere für einen Insassen mindestens zwei Wochen. Der Beschwerdeführer sei zwar bemüht gewesen, mit dem sozialen Dienstkontakt aufzunehmen, dies sei ihm jedoch innerhalb der viel zu kurzen Frist unmöglich gewesen. Dieses Vorgehen der Behörde sei daher insgesamt als eine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Parteiengehör zu werten. Hinzu komme, dass eine schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Ergebnis der Beweisaufnahme als nicht ausreichend anzusehen sei, um eine etwaige Fluchtgefahr und die Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Schubhaft beurteilen zu können.

Die Anordnung der Schubhaft sei im Falle des Beschwerdeführers durch eine zeitgerechte Abwicklung der Abschiebung vermeidbar, sodass eine Inschubhaftnahme im Hinblick auf sein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf persönliche Freiheit außer Verhältnis stehe. Die Behörde habe noch mindestens fünfeinhalb Monate Zeit, eine Abschiebung in die Slowakei zu organisieren. Der Beschwerdeführer könne direkt nach seiner Entlassung aus der Gerichtshaft in die Slowakei überstellt werden. Abschiebungen in die Slowakei seien rasch organisiert und es sei, da die Identität des Beschwerdeführers feststehe, von einer zeitnahen jedenfalls vor dem Entlassungstermin aus der Strafhaft Möglichkeit der Organisation der Abschiebung auszugehen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung, Ro 2015/21/0026 festgestellt, dass Schubhaft infolge einer längeren Strafhaft zu vermeiden sei, die Behörde habe schon während der Anhaltung in Strafhaft die Abschiebung vorzubereiten. Schubhaft dürfe nur die Ultima-Ratio sein und müsse nach Möglichkeit vermieden werden. Auch könne zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides noch nicht beurteilt werden, ob zum Zeitpunkt der Entlassung ein Sicherungsbedarf bestehen werde. In Haft könnten sich soziale Bindungen ergeben, die der Behörde bislang unbekannt seien und der Beschwerdeführer könne unter Umständen eine Meldeadresse bekannt geben.

Selbst für den Fall, dass im gegenständlichen Fall ein Sicherungsbedarf bestehe, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, konkret und individuell die Anwendung gelinderer Mittel zu prüfen. Die Ausführungen dazu seien inhaltsleer und beschränkten sich auf textbausteinartige Formulierungen. Neben einer periodischen Meldeverpflichtung, wäre auch eine angeordnete Unterkunftnahme in von den Landespolizeidirektionen gemäß § 77 Abs. 9 FPG bestimmten Räumlichkeiten, wie z.B. an den Adressen, XXXX oder XXXX möglich gewesen. Auch eine Kombination von den hier angesprochenen gelinderen Mitteln hätte verhängt werden können bzw. der Beschwerdeführer hätte gemäß § 77 Abs. 5 FPG angewiesen werden können, sich für einen insgesamt 72 Stunden nicht übersteigenden Zeitraum an einem bestimmten Ort aufzuhalten, insbesondere wäre auch die Zuweisung eines Unterbringungsplatzes in Verbindung mit der Auferlegung einer periodischen Meldeverpflichtung, allenfalls auch in engeren zeitlichen Abständen, infrage gekommen.

Aus diesen Gründen werde daher beantragt, den bekämpften Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt sei, der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hatte aufzuerlegen und in eventu eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts durchzuführen, die ordentliche Revision zuzulassen und im Falle eines Obsiegens der Behörde den Beschwerdeführer vom Ersatz des Aufwandsersatzes im Sinne der VwG-Aufwandersatzverordnung zu befreien.

1.8.. Am 01.06.2017 wurde die vorliegende Schubhaftbeschwerde mit dem zugehörigen Verwaltungsakt, welcher unter anderem auch den Beschluss des Straflandesgerichtes für Wien über die Verhängung der Untersuchungshaft, den Bescheid der Behörde über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auf die Dauer von vier Jahren und das Strafurteils vom 21.03.2016 beinhaltete, vorgelegt.

Ergänzend führte die Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer befinde sich aktuell in Strafhaft in der Justizanstalt XXXX , voraussichtliches Haftende sei der 29.06.2018. Am 12.5.2017, dem Tag der Ausstellung des Schubhaftbescheides habe er sich in Untersuchungshaft befunden, dies ergebe sich aus dem Auszug der Integrierten Vollzugsverwaltung vom selbigen Datum (hierzu legte die Behörde einen Personeninfo, datiert vom 12.05.2017 vor, in welcher unter der Rubrik Haftstatus der Vermerk "Untersuchungshaft" aufscheint).

1.9. Die Anfrage des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.06.2017 zu den Möglichkeiten die einem Inhaftierten in Untersuchungs- bzw. Strafhaft zur Verfügung stehen, um sich mit einem Rechtsberater bzw. -vertreter in Verbindung setzen zu können, beantwortete die Justizanstalt XXXX mit Schreiben vom 27.06.2017 dahingehend, dass den Insassen jeder Abteilung ein Anwaltsverzeichnis zur Verfügung stehe, aus welchem ein/e Rechtsberater/in frei gewählt werden könne. Der Insasse habe dazu ein Formular auszufüllen, dieses in der Früh bei den Beamten/innen abzugeben, das um ca. 7:30 Uhr in die Zustellung gebracht werde. Es mache keinen Unterschied, ob sich der Insasse in Untersuchungs- oder Strafhaft befinde. Die Zeit, die in der Regel verstreiche, bis ein Insasse Zugang zu einem Rechtsberater bzw. – vertreter erhalte, sei ganz unterschiedlich. Manchmal würden Insassen unmittelbar nach der Inhaftnahme aufgesucht, manchmal würden Insassen ihre/n zugewiesene/n Rechtsberater/in erst kurz vor dem Verhandlungstermin sehen. Für den Beschwerdeführer seien bislang folgende Besuchstermine von Rechtsberatern eingetragen: "10.4.17 XXXX , 19.5.17 ARGE Rechtsberatung, 26.5.17 ARGE Rechtsberatung". Diese Auskunft der Justizanstalt XXXX wurde dem Beschwerdeführer mit Verständigung des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.07.2017 zu Stellungnahme binnen zwei Wochen übermittelt.

1.10. Mit Schriftsatz vom 12.10.2017 nahm der Beschwerdeführer Stellung und gab insbesondere an, dass es nicht nachvollziehbar sei, wieso die belangte Behörde davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer auch aus der Strafhaft jederzeit spontan entlassen werden könne. Eine Entlassung aus der Gerichtshaft erfolge nur infolge eines Genehmigungsprozesses, beispielsweise nach Verbüßung der Hälfte oder von Zweidrittel der Haftstrafe, sodass diese vorhersehbar und im Voraus planbar sei. Der Behörde wäre es daher jedenfalls zumutbar gewesen, die Abschiebung während der Strafhaft zeitgerecht zu planen.

Zur Mitteilung der Justizanstalt XXXX betreffend die Möglichkeiten eines Insassen mit einem Rechtsberater- bzw. -vertreter Kontakt aufzunehmen wurde insbesondere ausgeführt, dass es sich im gegenständlichen Fall nicht um eine Vertretung in Strafsachen, sondern um ein fremdenpolizeiliches Verfahren handle. Der Beschwerdeführer verfüge, vor allem in der Justizanstalt, über keine ausreichenden finanziellen Mittel, um einen privaten Anwalt hinsichtlich der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zu bevollmächtigen. Wäre der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zustellung der Verständigung nicht in Haft gewesen, hätte er eine kostenlose Rechtsberatungseinrichtung zu den allgemeinen Öffnungszeiten aufsuchen können. Deren Mitarbeiter wären in der Lage gewesen, den Beschwerdeführer bei der Beantwortung des Schreibens zu unterstützen. Die Zuweisung der Rechtsberatung sei erst nach Erlassung des Bescheides erfolgt. Auch sei eine Beratung in der Justizanstalt vor Bescheiderlassung aus Kapazitätsgründen und mangels Zuständigkeit nicht möglich, selbst wenn der Beschwerdeführer um eine solche Beratung ersucht hätte. Der erste Besuch durch die zuständige Rechtsberatung sei daher auch erst nach Erlassung des Schubhaftbescheides am 19.05.2017 möglich gewesen. Der Mitteilung der Justizanstalt XXXX sei nicht zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer nicht darum bemüht habe, mit dem sozialen Dienst der Justizanstalt zur fristgerechten Abgabe einer Stellungnahme Kontakt aufzunehmen oder dass die Traktkommandantin diesbezüglich mit den Mitarbeitern des Sozialen Dienstes Rücksprache gehalten hätte oder es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, sich fristgerecht an einen kostenlosen Berater hinsichtlich des fremdenpolizeilichen Verfahrens zu wenden.

1.11. Nach dem von der Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 29.09.2017 übermittelten diesbezüglichen Auszug aus der Integrierten Vollzugsverwaltung war der Beschwerdeführer ab 31.02.2017 bis 18.07.2017 in der Justizanstalt XXXX untergebracht und wurde am 18.07.2017 in die Justizanstalt XXXX überstellt, wo er sich bis 27.09.2017 aufhielt, bevor er wieder an die Justizanstalt XXXX verbracht wurde (vgl OZ 19 und ZMR-Auszug vom 25.08.2017). Im Anschluss an die vor dem Bundesverwaltungsgericht stattgefundene mündliche Verhandlung (siehe 1.12.) wird der Beschwerdeführer, nach den Angaben des dabei ebenfalls anwesenden Organ der Justizwache wieder in die Justizanstalt XXXX rückgeführt werden.

1.12. Am 02.10.2017 fand im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Slowakisch eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Zu Beginn legte die Rechtsvertreterin den vom Verein Menschenrechte Österreich eingebrachten Antrag auf freiwillige Rückkehr vom 03.08.2017, welchem nicht stattgegeben wurde, vor und verwies darauf, dass selbst wenn dem Beschwerdeführer keine Reisekosten für eine freiwillige Rückkehr gewehrt werden würden, er über ausreichende finanzielle Mittel verfüge, um die Ausreise zu finanzieren. Der Beschwerdeführer gehe in der Justizanstalt XXXX einer Beschäftigung nach und werde im Bedarfsfall durch seine Mutter finanziell unterstützt. Hierzu wurde ein Überweisungsbeleg vom 21.08.2017 an den Beschwerdeführer in Höhe von EUR 85,00 von Frau XXXX vorgelegt. Der Beschwerdeführer wolle das österreichische Bundesgebiet unmittelbar nach Entlassung aus der Gerichtshaft freiwillig verlassen, wäre mit der Verhängung gelinderer Mittel einverstanden und würde sich verpflichten, diesen nachzukommen.

Im Zuge der Befragung wurde Folgendes niederschriftlich festgehalten (die Niederschrift wird auszugsweise soweit wiedergegeben, als es für die gegenständliche Entscheidung von Bedeutung ist):

"RI: Sie heißen XXXX , sind am XXXX in der Slowakei geboren. Sind Slowakischer Staatsbürger, sind vom Beruf Koch und wohnen in XXXX . Ist das korrekt?

BF: Die Gemeinde heißt XXXX , Hausnummer XXXX , XXXX ist die Bezirkshauptstadt und XXXX gehört dazu. XXXX . Der Rest ist zutreffend.

RI: Können Sie sich ausweisen bzw. verfügen Sie über Dokumente aus Ihrem Heimatstaat oder aus einem anderen Staat, die Ihre Identität bezeugen?

Haben Sie zB einen Reisepaß? BF: Bei mir momentan nicht. Sonst ja, einen Personalausweis und die E-Card.

RV: Ich weise daraufhin, dass auf dem vorgelegten Antrag für die freiwillige Rückkehr auf Seite 2 darauf hingewiesen wird, dass der BF veranlassen wird, dass er seine ID-Karte aus der Slowakei bekommt.

[ ]

BF: Ich habe meiner Mutter schon vorige Woche geschrieben und sie wird mir die ID Karte nach XXXX schicken.

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BFA: Die ID Karte stellt kein Reisedokument dar, ein Grenzübertritt mit dem Personalausweis würde zu einer Verwaltungsstrafe führen.

BF: Das ist ja kein Problem, ich kann mir ja auch einen Reisepass zuschicken lassen.

RI: Haben Sie einen Reisepass?

BF: Ja ich habe eine zu Hause.

RI: Er ist noch ausreichend gültig?

BF: Ja.

RV: Ich verweise auf Seite 3 des Bescheides vom 12.05.2017 wonach die Identität des BF feststeht (Seite 3). Es wäre daher auch die zeitgerechte Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Ersatzreisedokumente möglich gewesen.

BFA: Wenn die Person feststeht, so ist damit gemeint, dass das erkennende Strafgericht die dementsprechende Auskünfte zur Person des BF in dessen Heimatland eingeholt hat. Dies stellt de jure keinen Reisetitel da. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates auf Vorrat ist faktisch nicht möglich, da die Gültigkeit eines Ersatzreisedokumentes zeitlich beschränkt ist und der Entlassungstermin des BF ungewiss ist.

RV: Dazu möchte ich angeben, dass der BF nicht wie in der Beschwerdevorlage vom 01.06.2017 vermerkt jederzeit spontan entlassen werden kann, da er sich zum Zeitpunkt der Bescheid Erstellung bereits zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt war und eine Entlassung frühestens nach der Hälfte der Strafzeit am 14.11.2017 erfolgen hätte können. Die belangte Behörde hatte somit ca. sechs Monate Zeit bis zu einer etwaigen Entlassung ein Reisedokument zu erlangen. Selbst nach Verständigung auf Antrag auf eine Entlassung wäre die Abschiebung in die Slowakei, die erfahrungsgemäß unproblematisch organisiert werde können, vorzubereiten gewesen.

BF: Ich brauche keine Schubhaft, ich kann unmittelbar nach Entlassung aus der Gerichtshaft das Land verlassen. Außerdem könnte mich mein Vater mit dem Auto abholen. Mein Vater weiß wo ich mich aufhalte.

[ ]

RI: Wie weit ist Ihr slowakischer Heimatort von der österreichischen Staatsgrenze entfernt?

BF: Etwa XXXX .

RI: Wann sind Sie das erste Mal nach Österreich gekommen?

BF: Ich war schon letztes Jahr da.

RI: Wann genau?

BF: Das kann ich jetzt nicht mehr sagen.

RI: Waren sie oft hier oder nur selten?

BF: Selten, ich war nicht oft da.

RI: Sind Sie nach dem 12.04.2016 wieder nach Österreich eingereist, wenn ja wann?

BF: Nein, ich war erst zwei Tage bevor ich festgenommen wurde in Österreich eingereist.

[ ]

RI: Ich gehe davon aus, dass Ihnen bekannt ist, dass Sie sich nicht im österreichischen Bundesgebiet aufhalten dürfen und zwar seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im April 2016, warum sind Sie trotzdem wieder nach Österreich gekommen?

BF: Was soll ich Ihnen sagen, ich bin Drogenabhängig.

RI: Bekommen Sie in der JA Ersatzdrogen oder sind Sie clean

BF: Ich brauche keine Ersatzdrogen, ich bin clean.

RI: Von welchen Drogen sind Sie abhängig?

BF: Marihuana, Crystal Meth

RI: Wovon bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt in der Slowakei?

BF: Ich wohne zu Hause, ich habe dort alles was ich brauche.

RI: Hatten Sie eine regelmäßige Beschäftigung in der Slowakei?

BF: Ja ich hatte eine.

RI: Ist es zutreffend, dass Sie bereits jeweils zweimal in Österreich und in der Slowakei strafrechtlich verurteilt wurden?

BF: Ja es stimmt, einmal bedingt und einmal unbedingt in der Slowakei.

RI: Sie wurden in Österreich am 30.03.3017 verhaftet und in die Justizanstalt XXXX gebracht. Am 11.04.2017 erhielten Sie ein Schreiben mit der Bezeichnung "Verständigung von der Beweisaufnahme", das Sie persönlich übernommen haben? Ist das richtig?

BF: Das weiß ich nicht, es war alles auf Deutsch. Ich verstehe das nicht.

RI: Was haben Sie danach unternommen?

BF: Gar nichts, ich habe es zu den anderen Unterlagen gegeben ohne es gelesen zu haben.

RI: Sie hatten einen Termin mit der Frau XXXX , stimmt das?

BF: Ja ich glaube ja.

RI: Wieso kam es zu diesem Termin?

BF: Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe es auch der Anwältin gesagt, sie soll es mir nicht auf Deutsch vorlegen, ich verstehe das nicht.

RI: Haben Sie sich an irgendjemand in der Haftanstalt gewendet wegen einer Rechtsvertretung?

BF: Ja, habe ich aber jeder sagt etwas anderes. Der eine so, der andere so und der Richter sagt wieder etwas anderes.

RI: Wenn es Ihnen wichtig ist, von jemand rechtsvertreten zu werden in einem Verfahren, dann verstehe ich Ihnen nicht warum Sie mir nicht den Ablauf schildern können wie Sie zu der RA gekommen sind.

BF: Welche RA meinen Sie? Hier oder welche meinen Sie?

RI weist den BF noch einmal auf die Abfolge hin, nämlich Verhaftung am 30.03.2017, Einlieferung in die JA XXXX und Besuch der XXXX am 10.04.2017.

BF: Sie kam automatisch zu mir, ich habe sie nicht darum gebeten.

RI: Das bedeutet, dass Sie nach Ihrer Einlieferung am 30.03.2017 keinen Versuch unternommen zu haben sich vertreten zu lassen und die XXXX ist von sich aus zu Ihnen gekommen?

BF: Ja so ist es.

RI: Warum haben Sie nicht versucht Kontakt mit einer RV aufzunehmen?

BF: Ich kann kein Deutsch. Was soll ich machen, wenn ich kein Deutsch kann. Wenn ich Deutsch können würde, würde ich mir einen Anwalt nehmen.

RI: Wollten Sie zu der Ihnen zugestellten Verständigung von einer Beweisaufnahme eine Stellungnahme abgeben?

BF: Ich möchte mich schon äußern. Ich verstehe nicht wieso ich zwei Tage länger bleiben soll, wenn mich meine Familie abholen kann.

RI: Waren Sie in einer Einzelzelle oder teilten Sie damals Ihre Zelle mit anderen Personen?

BF: Ich war mit einem Rumänen zusammen in einer Zelle.

RI: Haben Sie vielleicht mit diesen über Ihre Situation gesprochen?

BF: Nein das hätte keinen Sinn gehabt. Er konnte kein Slowakisch und ich kein Rumänisch.

RI: Sie haben nicht versucht sich auf Deutsch zu unterhalten?

BF: Nein. Der einzige mit dem ich mich unterhalte ist der Slowake mit dem ich jetzt in einer Zelle bin.

[ ]

RI: Sind Sie in der Lage eine finanzielle Sicherheitsleistung zu geben bei Ihrer Haftentlassung?

BF: Sagen Sie mir wie schnell das sein soll und ich rufe, wenn ich in XXXX bin an.

RI: Sind Sie in der Lage sich jetzt auch schon Ihren Pass zuschicken zu lassen?

BF: Für den Reisepass muss ich mit meiner Mama telefonieren. Den Personalausweis hat sie mir schon geschickt.

RI: Haben Sie soziale Kontakte in Österreich?

BF: Ich habe keine, meine Mutter hat welche.

RI gerichtet an die RV: Möchten Sie Fragen an den BF stellen?

RV: Wissen Sie ob es bei dem Termin mit XXXX um Ihr Strafverfahren ging?

BF: Wahrscheinlich ja.

RV: Hatten Sie zum Zeitpunkt der Inhaftierung geeignete finanzielle Mittel um einen privaten RA zu kontaktieren?

BF: Nein habe ich nicht gehabt. Erstens habe ich es nicht gehabt und zweitens habe ich es nicht gebraucht, da ich nicht begriffen habe, dass ich schon verurteilt bin. Drittens hätte ich keinen Privaten genommen, weil ich keine so hohe Strafe bekommen habe.

RV: Ich verweise auf die Stellungnahme vom 12.07.2017 wonach eine Rechtsberatung durch die im Schubhaftverfahren zugewiesene Rechtsberaterorganisation erst nach Bescheid Erlassung stattgefunden hat. Ergänzend möchte ich noch darauf verweisen, der Abschiebung in die Slowakei unproblematisch ablaufen und gegebenfalls eine Festnahme gemäß §§ 40 in Verbindung mit 34 BFA-VG ausreichend gewesen wäre. Diesbezüglich verweise ich auch auf das Judikat vom VWGH vom 19.05.2011 zu 2008/21/0527 wonach die Verhängung von Schubhaft nach Möglichkeit zu unterbleiben hat. Zur fehlenden sozialen Verankerung in Österreich verweise ich auf die Höchstgerichte der Judikatur, wonach selbst Obdachlosigkeit keinen Sicherungsbedarf begründet und das Prinzip des Vorranges der Anwendung gelinderer Mittel gilt (VWGH vom 11.05.2017 zu RO 2016/21/0022 sowie 20.10.2016 zu 2015/21/0091).

RI gerichtet an den BehV: Möchten Sie noch Fragen an den BF stellen?

BFA: Im April 2016 haben Sie im Stande der Strafhaft jenen Bescheid zugestellt bekommen mit dem das Aufenthaltsverbot mit vier Jahren verhängt wurde. Gleichzeitig wurde Ihnen damals ein Ausreiseauftrag übermittelt dem Sie nicht nachgekommen sind, respektive haben Sie es unterlassen der Behörde den Nachweis über die erfolgte Ausreise zu erbringen. Zum damaligen Zeitpunkt hat die Behörde sowie bereits einmal zuvor auf Ihre Vertrauenswürdigkeit und Kooperation gesetzt wurde jedoch enttäuscht. Warum haben Sie die Ausreisebestätigung der Behörde nicht vorgelegt?

BF: Ich bin bereits an demselben Tag ausgereist. Das hat mir damals niemand gesagt, dass ich etwas nachweisen muss.

BFA: Das ist Ihnen auch auf Slowakisch, Ihrer Muttersprache übermittelt worden?

BF: Nein das wurde mir nicht übermittelt. Wenn ich so etwas bekommen hätte, dann hätte ich das zurückgeschickt.

Fragen an Behörde:

RI: Wie und wann erhält das BFA darüber Kenntnis, dass der BF aus der Gerichtshaft tatsächlich entlassen wir?

BFA: Das tatsächliche Entlassungsdatum wird der Behörde zumeist erst im Nachhinein bekannt, es sei denn es handelt sich um eine planmäßige Entlassung im Sinne des § 46 StGB. Zwischenzeitlich sind durch den zuständigen Richter vorzeitige Entlassungen jederzeit möglich.

RI: Welche Schritte hat das BFA zu unternehmen, damit der BF in die Slowakei verbracht werden kann und wie lange dauern diese in der Regel?

BFA: Nachdem seitens des BFA geplant ist, den BF im Stande der Schubhaft außer Landes zu bringen, wäre die Einholung eines HRZ nicht vonnöten, da diesbezüglich eine Kooperation zwischen der LPD Wien und den slowakischen Sicherheitsbehörden besteht. Vom Polizeianhaltezentrum, Hernalser Gürtel werden zwei Mal wöchentlich Abschiebungen in die Slowakei vorgenommen und zwar jeden Dienstag und Donnerstag. Das Prozedere wäre aber genau gleich, wenn der BF unmittelbar nach Entlassung aus der Gerichtshaft festgenommen werden würde, um von XXXX aus über Wien abgeschoben zu werden, sogenannter Sammeltransport.

Zum Judikat von 19.05.2011 darf ich festhalten, dass es sich beispielsweise beim errechneten Haftende um den 29.06.2018 handelt. Dieser ist ein Freitag. Eine Abschiebung mittels Festnahmeauftrag gemäß § 34 BFA-VG scheitert somit an der mit 72 Stunden limitierten Anhaltebefugnis. Es liegt diesbezüglich eine ultima-Ratio Situation vor. Das Judikat bezieht sich weiter auf den Fall der bloßen Obdachlosigkeit, wobei im damaligen Anlassfall kein weiterer Sicherungsbedarf hinzugetreten war. Es ist demnach für den nun vorliegenden Fall rechtlich nur begrenzt von Relevanz, da zur Person des BF evident ein eklatanter Sicherungsbedarf besteht."

Nachdem die Rechtsvertreterin nach Abschluss der Befragung durch das Gericht, eine Frist von zwei Wochen zur Vorlage des Reisepasses des Beschwerdeführers an die belangte Behörde beantragt hatte, gab sie ergänzend an, ohnehin davon auszugehen, dass die ID- Karte im Falle des Grenzübertritts von Österreich in die Slowakei als EU-Mitglied ausreichend sei. Der Behördenvertreter ergänzte hierzu, dass eine Abschiebung aus dem Stande der Festnahme ohne jegliche Reisedokumente möglich sei. Dasselbe gelte auch für jede andere Form der Verhängung eines gelinderen Mittels also zB. einer beauftragten Unterkunftnahme samt Meldeverpflichtung. Daher ersuche die Behörde von einer Übersendung des Reisepasses des Beschwerdeführers Abstand zu nehmen. In weiterer Folge verzichtete die Beschwerdeführervertreterin auf die Frist zur Vorlage des Reisepasses und führte insbesondere an, es könne auch eine Kombination von gelinderen Mitteln gewählt werden, also z.B: eine finanzielle Sicherheitsleistung, eine Unterkunftnahme und eine periodische Meldeverpflichtung. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer nicht zur Verständigung der Beweisaufnahme geäußert habe, lasse nicht darauf schließen, dass er nicht bereit wäre am gegenständlichen Verfahren entsprechend mitzuwirken. Es sei der Rechtsvertreterin persönlich zwar bekannt, dass der Soziale Dienst in der Haftanstalt bemüht sei, fremdsprachige Insassen soweit möglich zu unterstützen, bedingt durch die äußerst knappe personelle Kapazität bestehe aber für Übersetzungen von Beweisaufnahmen keine Möglichkeit.

1.13. Mit Stellungnahme vom 04.10.2017 wies der Beschwerdeführer auf die Mitteilungspflicht staatlicher Behörden im Falle von Strafverfahren wegen vorsätzlicher begangener Straftaten zum frühestmöglichen Zeitpunkt gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG hin und brachte vor, die Äußerung der Behörde stehe hierzu im Widerspruch. Auch lasse sich keine rechtliche Grundlage eruieren, wonach der Beschwerdeführer vorzeitig jederzeit aus der Strafhaft entlassen werden könne. Gemäß § 46 StGB wäre eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers erst nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten Freiheitsstrafe möglich, das wäre im Falle des Beschwerdeführers frühestens der 14.11.2017. Da aber der diesbezügliche Antrag des Beschwerdeführers bereits abgelehnt worden sei, käme eine Entlassung frühestens am 30.01.2018 in Betracht. Ungeachtet der wöchentlich stattfindenden Sammeltransporte in die Slowakei sei es der Behörde aber auch zumutbar, den Beschwerdeführer innerhalb von 72 Stunden nach Haftentlassung in die Slowakei abzuschieben. Der Beschwerdeführer könne sich zeitgerecht ein Reisedokument schicken lassen, die Behörde müsse ihn nach Wien verbringen und der Behörde entstünden für die Fahrt von Wien zur slowakischen Grenze keine unzumutbaren Transportkosten. Außerdem handle es sich bei den Tagen des Haftendes, den 14.11.2017 bzw. 30.01.2018 jeweils um einen Dienstag, sodass eine Abschiebung im Zuge eines Sammeltransports am Donnerstag ohne Probleme möglich wäre. Abschließend wurde nochmals die Unverhältnismäßigkeit der Anordnung von Schubhaft nach Entlassung aus der Strafhaft des Beschwerdeführers betont.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Getroffene Feststellungen:

2.1.1. Zur Person der Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest; er ist slowakischer Staatsangehöriger und damit Fremder im Sinne des FPG.

Der volljährige Beschwerdeführer ist trotz rechtskräftigen und aufrechten, bis 15.04.2020 gültigen Aufenthaltsverbots nach eigenen Angaben am 28.03.2017 nach Österreich illegal eingereist.

Der Beschwerdeführer wurde nachdem er zuvor vom Landesgericht für Strafsachen Wien, am 04.03.2016 wegen gewerbsmäßigen Diebstahl zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt worden war, am 15.04.2016 aus der Strafhaft entlassen und hat nach seinen eigenen, nicht nachgewiesenen Angaben (ein entsprechender Nachweis wurde trotz vorgegangener Aufforderung der Behörde) das Bundesgebiet noch am selben Tag verlassen. Am 30.03.2017 wurde der Beschwerdeführer erneut wegen des Verdachts der Verübung von Ladendiebstählen festgenommen und mit Beschluss vom 01.04.2017 über ihn wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr die Untersuchungshaft verhängt. Am 02.05.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen teils vollendeten und teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten verurteilt, wobei das Strafgericht zwar auf den Widerruf der zuvor gewährten bedingten Strafnachsicht verzichtete, aber die Probezeit für den bedingt Teil der vorherigen Haftstrafe auf fünf Jahre verlängerte. Aktuell wird der Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX in Strafhaft angehalten. Sein Ersuchen um Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe wurde abgelehnt, sodass aktuell bei einer vorzeitigen Entlassung nach Zweidrittel der Haftstrafe, frühestens mit einer Entlassung am 30.01.2018 auszugehen ist.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine familiären, beruflichen oder andere sozialen Bindungen. Er war im Bundesgebiet noch nie behördlich gemeldet und wurde bislang ausschließlich in Zusammenhang mit Diebstählen auffällig. Er hat sich nach eigenen Angaben bis zum 27.03.2017 in seinem Heimatland, der Slowakei aufgehalten, wo sich seine Familie und sein ordentlicher Wohnsitz befinden und ist erst zwei Tage vor seiner erneuten Festnahme am 30.03.2017 wieder nach Österreich eingereist. Zum Zeitpunkt der Festnahme verfügte der Beschwerdeführer über keinerlei Barmittel und hatte wenige persönliche Gegenstände bei sich. Am 21.08.2017 erhielt Beschwerdeführer EUR 85,00 von seiner Mutter überwiesen, welche nach seinen Angaben jederzeit bereit wäre, wenn dies erforderlich sein würde, ihm weiteres Bargeld zukommen zu lassen. Auch verfügt der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben über einen Reisepass und eine Identitätskarte (Personalausweis). Der ID-Karte sei dem Beschwerdeführer bereits zugesandt worden, der Reisepass befinden sich noch bei seiner Familie und könne ihm ebenfalls gesandt oder gebracht werden.

2.1.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft und dem Sicherungsbedarf im Besonderen:

Betreffend den Beschwerdeführer besteht ein rechtskräftiges und aufrechtes, bis 15.04.2020 gültiges Aufenthaltsverbots.

Der Beschwerdeführer ist dennoch am 28.03.2017 erneut nach Österreich illegal eingereist.

Der Beschwerdeführer wurde bereits mehrfach straffällig, und zwar sowohl in seinem Heimatland der Slowakei als auch im Bundesgebiet. Wegen gewerbsmäßigen, teils vollendeten und teils versuchten Diebstahls wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien erstmals am 04.03.2016 zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von drei Jahren und erneut am 02.05.2017 zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monate verurteilt, wobei die Probezeit in Bezug auf die Erstverurteilung von drei auf fünf Jahre verlängert wurde.

Der endgültige Termin für die Entlassung aus der Strafhaft, in der sich der Beschwerdeführer derzeit befindet, steht noch nicht fest. Angesichts der guten Kooperation mit den slowakischen Behörden und den nach Angaben der Behörde regelmäßig zweimal wöchentlich stattfindenden Abschiebungen in die Slowakei, ist auch in diesem Fall davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, sobald er aus der Strafhaft entlassen wurde, äußerst zeitnah abgeschoben werden wird.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht einmal ansatzweise integriert, verfügt hier über keine familiären, beruflichen oder andere sozialen Bindungen und war, abgesehen von seinen Aufenthalten in Strafanstalten, zu keiner Zeit behördlich gemeldet.

Der Beschwerdeführer hatte bei seiner Festnahme keinerlei Bargeld bei sich, es besteht jedoch nach seinen Angaben die Möglichkeit, dass er sich weitere Geldmittel durch seine, in der Slowakei aufhältige Familie, insbesondere seine Mutter bringen bzw. überweisen lässt und er geht in der Haftanstalt einer Beschäftigung nach.

2.2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die hierzu sowie zur Person des Beschwerdeführers, den Voraussetzungen für die Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Gerichtsakt. Diesem vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Akteninhalt traten die Verfahrensparteien, weder in der vorliegenden Beschwerde, noch in den Stellungnahmen substantiiert entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht geht von der Richtigkeit dieser Angaben aus.

Der am XXXX geborene Beschwerdeführer ist slowakischer Staatsbürger und trägt den Namen, XXXX .

Das Bestehen des gegen den Beschwerdeführer von der Behörde erlassenen und bis 15.04.2020 gültigen Aufenthaltsverbots ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bescheid der Behörde (vgl. OZ 4 Aktenvorlage, Seite 17ff.). Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt, in der mündlichen Verhandlung gestand er Kenntnis dieses Umstandes auch ein.

Die Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den jeweils vorliegenden Entscheidungen des Landesgerichts für Strafsachen Wien (vgl. OZ 4, Aktenvorlage, Seite 9ff.; OZ 18 Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung vom 02.05.2017).

Die Angaben zum Vollzug der Untersuchungs- und Gerichtshaft ergeben sich aus den vorliegenden Auszügen aus der Integrierten Justizverwaltung (vgl. ua. OZ 19).

Die unzureichenden Mittel zur Eigenversorgung ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.10.2017 in Zusammenhang mit dem im Akt einliegenden Auszug aus der Anhaltedatei, wonach der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Festnahme keine Barmittel mit sich führte, er weiters in der mündlichen Verhandlung einen Beleg über die Überweisung von EUR 85,00, die der Beschwerdeführer von seiner Mutter erhalten hat vorlegte, der Beschwerdeführer in der Slowakei und vor allem in Österreich offenbar wegen notorischen Geldmangels bereits mehrfach wegen gewerbsmäßigem Diebstahl verurteilt wurde und er in der mündlichen Verhandlung angab, zwar selbst in der Haftanstalt zu arbeiten, bei Bedarf ihm aber seine Mutter weitere Barmittel schicken würde, wenn er sie darum bitte. Demzufolge wäre das Auskommen des Beschwerdeführers im Falle seiner Entlassung aus der Strafhaft, wenn überhaupt nur auf diese Weise finanziell abgesichert.

Die Feststellungen betreffend den, abgesehen von den Aufenthalten des Beschwerdeführers in Haftanstalten, nicht gegebenen behördlichen Meldestatus im Bundesgebiet, ergeben sich insbesondere aus dem Zentralen Melderegister.

Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen nachzuweisen, dass er Österreich tatsächlich unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am 15.04.2016 verlassen hat. Obwohl ihm hierzu anlässlich seiner Entlassung auch eine entsprechende Information in seiner Muttersprache übergeben wurde, wurde dieser Ausreisenachweis niemals der Behörde vorgelegt. Dennoch versuchte der Beschwerdeführer diesen Umstand in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht mit der dazu im klaren Widerspruch stehenden Aussage, er wäre davon nicht informiert geworden, zu erklären. Dass sich der Beschwerdeführer jedenfalls spätestens ab 30.03.2017 wieder in Österreich illegal aufgehalten hat, ergibt sich zweifelsfrei aus der an diesem Tag erfolgten Festnahme.

Die Feststellungen über die nicht vorhandenen persönlichen sozialen Kontakte des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stützen sich auf dessen Angaben, anderslautende diesbezügliche Hinweise sind im Zuge des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht weder hervor gekommen, noch wurde solche behauptet.

Die Angaben über die Möglichkeiten einer raschen Außerlandesbringung bzw. Abschiebung des Beschwerdeführers in die Slowakei nach seiner Entlassung aus der Strafhaft, ergeben sich insbesondere aus den detaillierten Angaben des Behördenvertreters in der mündlichen Verhandlung, welchen von Seiten des Beschwerdeführers nicht entgegen getreten wurde.

Weitere Beweise waren wegen der bereits im Zuge des Ermittlungsverfahrens erlangten Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.

2.3. Rechtliche Beurteilung:

2.3.1. Verfahrensrechtliche Voraussetzungen, insbesondere Zuständigkeit:

2.3.1.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorge-sehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrens-gesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungs-gerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.

2.3.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung (Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft) hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist, er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Gemäß Abs 1a leg. cit gelten für Beschwerden gemäß Abs. 1 die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs 3 leg. cit. jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß Abs. 4 leg.cit die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß Abs. 5 leg. cit. ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig."

2.3.2. Zu Spruchpunkt A) I.:

Der Beschwerdeführer befindet sich aktuell in Strafhaft, die in der Justizanstalt XXXX vollzogen wird.

2.3.2.1. Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf:

Gemäß § 76 Abs. 1 FPG Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 leg. cit nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2).

Gemäß § 76 Abs. 3 FPG liegt Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1) ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist (Z 2), ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3), ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt (Z 4), ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde (Z 5), ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist (Z 6), insbesondere sofern der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat (lit. a), der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen (lit. b), oder es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt (lit. c), ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt (Z 7), ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Z 8) und der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).

Gemäß Abs 4 leg. cit. ist die Schubhaft schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß Abs 5 leg. cit. wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Stellt ein Fremder gemäß Abs. 6 leg. cit. während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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