TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/20 W165 2135372-1

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Veröffentlicht am 20.10.2017
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Entscheidungsdatum

20.10.2017

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W165 2135372-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2016, Zl. 1103228903-160123854-EAST-Ost, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet

abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, gelangte gemeinsam mit ihrem erwachsenen Sohn und dessen Familie (Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern) in das Bundesgebiet, wo diese am 24.01.2016 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich stellten.

Zur Person der Beschwerdeführerin liegt keine EURODAC-Treffermeldung vor.

Aus der österreichischen Visa-Datenbank geht hervor, dass der Beschwerdeführerin von der deutschen Vertretungsbehörde in Russland/Moskau ein deutsches Schengenvisum für den Gültigkeitszeitraum 12.12.2015 bis 16.12.2015 ausgestellt wurde.

Dem Sohn der Beschwerdeführerin und dessen Familie wurden laut österreichischer Visa-Datenbank von der italienischen Vertretungsbehörde in Russland/Moskau italienische Schengenvisa für den Gültigkeitszeitraum 19.12.2015 bis 12.01.2016 ausgestellt.

Hinsichtlich des Sohns der Beschwerdeführerin und dessen Familie richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 15.02.2016 auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestützte Aufnahmeersuchen an Italien, denen die italienische Dublinbehörde mit Schreiben vom 14.04.2016 ausdrücklich zustimmte.

In ihrer polizeilichen Erstbefragung am 25.01.2016 gab die Beschwerdeführerin an, an keinen Beschwerden oder Krankheiten, die sie an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden, zu leiden. In Österreich würden sich ihr mitgereister Sohn, ihre mitgereiste Schwiegertochter und zwei mitgereiste Enkelkinder befinden. Sie habe ihren Herkunftsstaat am 21.01.2016 mit dem PKW verlassen und sei schlepperunterstützt über ihr unbekannte Länder nach Österreich gelangt. Die Reise sei von ihrem Sohn organisiert worden.

Bezüglich der Beschwerdeführerin richtete das BFA am 15.02.2016 ein auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Deutschland. Darin wurden die Nummer sowie der Gültigkeitszeitraum des deutschen Schengenvisums angeführt.

Mit in englischer Sprache gehaltenem Schreiben vom 06.04.2016 teilte die deutsche Dublin-Behörde dem BFA mit, dass dieser die erforderliche Antwort der deutschen Botschaft in Moskau bezüglich des erwähnten Visums noch nicht vorliege und daher dem Ersuchen derzeit nicht zugestimmt werden könne. Das Gesuch werde sobald als möglich beantwortet werden.

Mit Schreiben vom 12.04.2016 richtete das BFA unter (nochmaliger) Übermittung der Visa-Daten der Beschwerdeführerin (ergänzt um das Ausstellungsdatum und die Kategorisierung des Visums als Schengenvisum der Kategorie C) eine Remonstration an die deutsche Dublin-Behörde.

Mit Schreiben vom 28.04.2016 teilte die deutsche Dublin-Behörde dem BFA mit, dass eine Antwort der deutschen Botschaft in Moskau noch nicht vorliege und dass das Gesuch, sobald die Unterlagen eingelangt seien, erneut geprüft würde.

Mit Schreiben vom 12.05.2016 richtete das BFA unter Hinweis darauf, dass bereits Beweis über die tatsächliche Ausstellung des Visums durch die Botschaft in Moskau übermittelt worden sei, eine Urgenz an die deutsche Dublin-Behörde und ersuchte um alsbaldige Beantwortung des Aufnahmegesuches.

Mit Schreiben an das BFA vom 13.05.2016 teilte die deutsche Dublin-Behörde abermals mit, dass eine Antwort der deutschen Botschaft in Moskau bislang nicht vorliege, dass diesbezüglich bei der Botschaft urgiert worden sei und dass das Wiederaufnahmegesuch erneut geprüft werde, sobald die Unterlagen eingelangt seien.

Mit Schreiben vom 20.05.2016 stimmte die deutsche Dublin-Behörde dem Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

In ihrer Einvernahme vor dem BFA am 11.08.2016 gab die Beschwerdeführerin an, sich physisch und psychisch in der Lage zu fühlen, die Befragung durchzuführen. In Österreich befinde sich ihre mitgereiste Familie, mit der sie zusammen in einem Quartier untergebracht sei. Ihr Sohn und ihre Schwiegertochter seien hier gut integriert. Ihr Sohn sei krank, was der Hauptgrund gewesen sei, nach Österreich zu kommen. Die Gesundheit ihres Sohnes sei hier gut aufgehoben und die ärztliche Versorgung sei sehr gut. Auf Frage, was einer Außerlandesbringung nach Deutschland entgegenstünde, erklärte die Beschwerdeführerin: "Ganz einfach. Ich möchte nicht nach Deutschland". Sie sei nie in Deutschland gewesen. Sie habe stets mit ihrem Sohn und der Schwiegertochter gelebt. Seit dem Tod ihres Mannes habe sie ein sehr gutes Verhältnis zu ihrem Sohn, der sie finanziell unterstützen würde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO Deutschland zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge deren Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Deutschland wurden im angefochtenen Bescheid wie folgt wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

 

Antragsteller 2014

Deutschland

202. 645

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 19.3.2015)

Erstinstanzliche Entscheidungen 2014

Gesamt

Flüchtlings status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründen

NEGATIV

 

97. 275

33. 310

5. 175

2. 075

56. 715

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 20.3.2015)

Asylanträge nach Bundesländern Januar bis Oktober 2015:

 

 

ASYLANTRÄGE

 

Asylanträge nach

 

davon

davon

Bundesländern

 

Erst

Folge-

im Jahr 2015

insgesamt

anträge

anträge

Baden-Württemberg

46.188

42.390

3.798

Bayern

54.412

51.147

3.265

Berlin

22.909

20.478

2.431

Brandenburg

14.533

13.955

578

Bremen

4.072

3.902

170

Hamburg

10.293

9.640

653

Hessen

23.091

21.794

1.297

Mecklenburg-Vorpommern

13.123

12.654

469

Niedersachsen

29.950

26.632

3.318

Nordrhein-Westfalen

61.598

52.261

9.337

Rheinland-Pfalz

16.497

14.699

1.798

Saarland

7.103

6.864

239

Sachsen

22.135

21.161

974

Sachsen-Anhalt

12.413

11.589

824

Schleswig-Holstein

12.511

11.837

674

Thüringen

11.319

10.217

1.102

Unbekannt

6

6

-

Bundesländer gesamt

362.153

331.226

30.927

(BAMF 10.2015)

Entscheidungen über Asylanträge zwischen Januar und Oktober 2015:

Tabelle kann nicht abgebildet werden

(BAMF 10.2015)

Änderungen der Asylgesetzgebung

Angesichts der Migrationsbewegungen nach Deutschland seit September 2015, wurde ein umfassendes Gesetzespaket ausgearbeitet, das am 24.10.2015 in Kraft trat. Die Neuerungen betreffen das Asylverfahrensgesetz (nunmehr Asylgesetz), das Asylbewerberleistungsgesetz, das Aufenthaltsgesetz und weitere Gesetze wie das Baugesetzbuch, die Beschäftigungs- und Integrationsverordnung (BMdI 29.9.2015; vgl. BR 26.10.2015).

Das Asylverfahren wird von einer Bundesbehörde, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), durchgeführt. Für die Unterbringung und soziale Betreuung Asylsuchender sind die Bundesländer zuständig (BMdI o.D.).

Ein Ausländer, der in Deutschland Schutz vor Verfolgung sucht, muss sich zunächst persönlich an eine Erstaufnahmeeinrichtung wenden und einen Asylantrag stellen. Nach Stellung des Asylantrags erhalten Asylwerber für die Dauer des Asylverfahrens eine Aufenthaltserlaubnis. Sie ist räumlich auf den Bezirk beschränkt, in dem sich die Erstaufnahmeeinrichtung befindet. In einigen Bundesländern wurde diese Beschränkung inzwischen aufgehoben. Das BAMF informiert den Asylwerber über den Ablauf des Asylverfahrens sowie über seine Rechte und Pflichten im Verfahren (BAMF 22.5.2014a).

Wer Asyl beantragt, wird zu einer gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung geladen. Der Bewerber muss dort persönlich erscheinen. Die Anhörung ist nicht öffentlich, anwesend sind ein Entscheider des Bundesamtes sowie ein Dolmetscher. Die Entscheidung über den Asylantrag wird dem Bewerber schriftlich mitgeteilt. Für den Fall, dass kein Asyl gewährt wird, enthält das Schreiben eine Aufforderung zur Ausreise und eine Abschiebungsandrohung (BAMF 22.5.2014b).

Sichere Drittstaaten

Asylwerber, die über einen sicheren Drittstaat einreisen, werden nicht als Asylberechtigte anerkannt. Für sie ordnet das Bundesamt die Abschiebung an: Sie werden in den Staat, über den sie eingereist sind, zurückgeführt. Diese Rückführung kann auch dann stattfinden, wenn ein Rechtsmittel eingelegt wird. Als sichere Drittstaaten gelten die EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen und die Schweiz. Für diese Staaten gilt die Dublin III-Verordnung. Ist ein Staat nach der Verordnung zuständig, findet die Drittstaatenregelung keine Anwendung (BAMF 6.11.2014).

Sichere Herkunftsstaaten

Deutschland verfügt über eine Liste sicherer Herkunftsstaaten, auf der momentan Albanien, Bosnien-Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien stehen.

Antragsteller aus diesen sicheren Herkunftsstaaten müssen bis zum Ende ihres Asylverfahrens, in den Erstaufnahmezentren wohnen und sie dürfen während des Asylverfahrens nicht arbeiten (AsylG 20.10.2015, §§ 29a, 47, 61). Personen aus den sechs Westbalkan-Staaten sollen aber legal einreisen dürfen, wenn sie einen Arbeits- oder Ausbildungsvertrag für Deutschland vorlegen und die Einreise in ihrem Heimatland beantragen (DS 15.10.2015).

Flughafenverfahren

Für Asylwerber, die auf dem Luftweg einreisen und keine oder nur gefälschte Ausweispapiere bei sich haben oder aus einem sicheren Herkunftsland einreisen, gilt das Flughafenverfahren. Das Asylverfahren wird direkt bearbeitet, während sich der Ausländer im Transitbereich des Flughafens aufhält. Dies geschieht, noch bevor darüber entschieden wird, ob er einreisen darf. Wenn das BAMF den Asylantrag innerhalb von zwei Tagen als offensichtlich unbegründet ablehnt, wird die Einreise verweigert. Der Asylwerber kann sich kostenlos durch einen Rechtsanwalt beraten lassen, ob Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hätten. Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz muss innerhalb von drei Tagen beim Verwaltungsgericht gestellt werden. Wenn das Gericht dem Eilantrag stattgibt oder innerhalb von 14 Tagen nicht darüber entscheidet, darf der Asylwerber offiziell einreisen. Dies ergibt für das Flughafenverfahren eine Frist von 19 Tagen. Bei einer negativen Gerichtsentscheidung wird der AW direkt abgeschoben. Das Flughafenverfahren wird nur an den Flughäfen Berlin-Schönefeld, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg und München umgesetzt, wo Asylwerber auf dem Flughafengelände auch untergebracht werden können (BAMF 6.11.2014).

Beschwerdemöglichkeiten

Gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundesamtes steht dem Asylwerber der Weg zu den Verwaltungsgerichten offen:

1. Instanz (Klage): Gegen eine ablehnende Entscheidung des BAMF kann man (Verpflichtungs- )Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) erheben. Eine anwaltliche Vertretung ist nicht zwingend erforderlich.

2. Instanz (Berufung): Gegen die Entscheidung des VG ist Berufung nur dann möglich, wenn sie auf Antrag (des Asylwerbers oder des BAMF) vom Oberverwaltungsgericht (OVG) oder Verwaltungsgerichtshof (VGH) zugelassen worden ist. Voraussetzung ist, dass der Fall eine allgemein bedeutsame Tatsachen- oder Rechtsfrage aufwirft oder das VG von der Rechtsprechung übergeordneter Gerichte abgewichen ist oder gravierende Verfahrensfehler gemacht hat. Die Berufung dient nicht der Überprüfung der Richtigkeit der Entscheidung im Einzelfall. Ist sie zugelassen, wird der Fall in zweiter wie in erster Instanz in vollem Umfang neu überprüft und bewertet, also auch bezüglich der Tatsachen. Anwaltliche Vertretung ist zwingend erforderlich.

3. Instanz (Revision): Sowohl das OVG als auch der VGH können die Revision selbst zulassen, oder sie wird auf Beschwerde eines der Beteiligten -Asylwerber oder BAMF - vom OVG, VGH oder vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zugelassen. Ähnlich wie in 2. Instanz ist Voraussetzung, dass das Verfahren eine bedeutsame Rechtsfrage aufwirft, das OVG - vom BVerwG oder Bundesverfassungsgericht als höhere Instanzen - abgewichen ist oder ihm gravierende Verfahrensfehler unterlaufen sind. Das BVerwG beschränkt sich auf eine rechtliche Überprüfung des Berufungsurteils. Reichen die vorliegenden Feststellungen zu einer endgültigen Entscheidung ("Durchentscheiden") nicht aus, hebt das BVerwG das Berufungsurteil auf und verweist die Sache an das OVG oder den VGH zurück. Gegen ein Urteil des BVerwG gibt es kein weiteres Rechtsmittel. Nach Abschluss des Revisionsverfahrens ist der Rechtsweg ausgeschöpft.

Sind alle Instanzen durchlaufen, kann der Antragsteller Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen (BAMF 22.5.2014c).

Quellen:

? AsylG - Asylgesetz (20.10.2015): Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das durch

Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) geändert worden ist, http://www.gesetze-im- internet.de/asylvfg 1992/ 29a.html, Zugriff 24.11.2015

? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2015): Aktuelle Zahlen zu Asyl,

http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/statistik-anlage-teil-4-aktuelle-zahlen-zu-asyl.pdf?

blob=publicationFile, Zugriff 24.11.2015

? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (22.5.2014a):

Antragstellung,

http://www.bamf.de/DE/Migration/AsylFluechtlinge/Asylverfahren/Antragstellung/antragstellung-

node.html;isessionid=86F27D85E8BF35667F5E651DC6B4DEBD.1 cid294, Zugriff 24.11.2015

? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (22.5.2014b):

Anhörung und Entscheidung,

http://www.bamf.de/DE/Migration/AsylFluechtlinge/Asylverfahren/AnhoerungEntscheidung/anh

oerungentscheidung-node.html, Zugriff 24.11.2015

? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (22.5.2014c):

Klageverfahren,

http://www.bamf.de/DE/Migration/AsvlFluechtlinge/Asvlverfahren/Klageverfahren/klageverfahren-node.html, Zugriff 24.11.2015

? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.11.2014):

Einreise über sichere Drittstaaten und

Flughafenverfahren,

http://www.bamf.de/DE/Migration/AsvlFluechtlinge/Asvlverfahren/BesondereVerfahren/FlughafenDrittstaaten/flughafen-drittstaaten.html?nn=1363268, Zugriff 24.11.2015

? BMdI - Bundesministerium des Innern (29.9.2015): Änderung und Beschleunigung von Asylverfahren beschlossen,

http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2015/09/kabinett-beschliesst-asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 24.11.2015

? BMdI - Bundesministerium des Innern (o.D.): Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland, http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asyl-Fluechtlingsschutz/Asyl-

Fluechtlingspolitik/asyl-fluechtlingspolitik node.html, Zugriff 24.11.2015

? BR - Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland (26.10.2015):

Effektive Verfahren, frühe Integration, http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-15-asylfluechtlingspolitik.html, Zugriff 24.11.2015

? DS - Der Standard (15.10.2015): Deutschland kürzt Leistungen und schiebt schneller ab,

http://derstandard.at/2000023920079/Grosse-Mehrheit-fuer-Asylpaket-im-Deutschen-Bundestag, Zugriff 24.11.2015

? Eurostat (19.3.2015): Data in focus 3/2015,

http://ec.europa.eu/eurostat/documents/4168041/6742650/KS-QA-15-003-EN-N.pdf/b7786ec9-

1ad6-4720-8a1d-430fcfc55018, Zugriff 24.11.2015

2. Dublin-Rückkehrer

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten. Rückkehrer, die in Deutschland bereits eine negative Entscheidung erhalten haben, können einen Folgeantrag stellen, für den eigene Regeln gelten. (AIDA 1.2015, vgl. AsylG § 71).

Quellen:

? AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugies-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (1.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida - qermanv thirdupdate final.pdf, Zugriff 12.11.2015

? AsylG - Asylgesetz (20.10.2015): Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das durch

Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) geändert worden ist, http://www.gesetze-im- internet.de/asylvfg 1992/ 29a.html, Zugriff 24.11.2015

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable)

Mit der kürzlich vorgenommenen Änderung der Asylgesetzgebung wurde das Mindestalter zur Begründung der Handlungsfähigkeit im Asylverfahren von 16 auf 18 Jahre angehoben (BR 26.10.2015).

Es gibt keine gesetzliche Vorschrift zur Identifizierung Vulnerabler, mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Alle AW durchlaufen eine medizinische Untersuchung, die aber mehr dem Aufspüren ansteckender Krankheiten dient. Manchmal melden medizinisches Personal oder andere Mitarbeiter in den Unterbringungszentren, dass sie Anzeichen von Traumata entdeckt haben, das ist aber keine systematische Prüfung. Sozialarbeiter und medizinisches Personal in den Unterbringungseinrichtungen können bei Anträgen für spezielle Behandlung helfen. Nur die Bundesländer Berlin und Brandenburg haben Pilotprojekte zur Identifizierung Vulnerabler in Funktion, wo diese sofort in geeignete Institutionen überwiesen werden. UM, Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung und Opfer von Folter/Traumatisierte werden vom BAMF besonders sensibel behandelt und ihre Verfahren von speziell ausgebildeten Referenten behandelt. Die Einführung dieser Spezialisten (80 für UMA, 40 für Traumatisierte und 40 für Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung) hat die Handhabung derartiger Verfahren verbessert (AIDA).

Die regional zuständigen Jugendämter sollen die angemessene Unterbringung von UM sicherstellen (AIDA 1.2015). Im Zuge des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes wurden Änderungen zur Unterbringung, Versorgung und Betreuung der UM beschlossen. Mit dem Gesetz soll unter anderem sichergestellt werden, dass die unbegleiteten Kinder und Jugendlichen gleichmäßig verteilt werden. Es gibt nunmehr eine bundes- und landesweite Aufnahmepflicht, wobei bei der Verteilung das Kindeswohl und das Schutzbedürfnis im Vordergrund stehen. Darüber hinaus haben UM Anspruch darauf, dem Kindeswohl entsprechend untergebracht, versorgt und betreut zu werden. Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz sieht fortan auch eine jährliche Berichtspflicht der Bundesregierung zu minderjährigen Flüchtlingen vor (BR 5.11.2015).

Im Zweifel ist eine medizinische Altersfeststellung möglich. Diese werden nicht bundesweit einheitlich gehandhabt. In einigen Ländern dient eine Bewertung der physischen Erscheinung und ein Interview als Basis, in anderen wird mittels bildgebender Untersuchung von Knochen das Alter festgestellt. Diese Methoden werden wegen angeblicher Nichteinhaltung internationaler Standards kritisiert (AIDA 1.2015).

UMA erhalten einen Vormund. Die Vormundschaft wird kritisiert, weil der Vormund aufgrund von Überarbeitung oder Unkenntnis des Asylsystems oft nicht in der Lage sei, den UM angemessen zu vertreten. Nur im Land Hessen darf der Vormund die zusätzliche Bestellung eines Rechtsvertreters für das Asylverfahren beantragen (AIDA 1.2015).

Medizinische Spezialbehandlung für Traumatisierte und Folteropfer kann durch einige Spezialisten und Therapeuten in verschiedenen Behandlungszentren für Folteropfer gewährleistet werden. Da die Plätze in diesen Zentren begrenzt sind, ist der Zugang nicht immer garantiert. Da die Behandlungskosten von den Behörden nur teilweise übernommen werden (Übersetzerkosten werden etwa nicht gedeckt), sind die Zentren zu einem gewissen Grad auf Spenden angewiesen. Große geographische Distanzen zwischen Unterbringung und Behandlungszentrum sind in der Praxis auch oft ein Problem (AIDA 1.2015).

Quellen:

? AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugies-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (1.2015): National Country Report Germany,

http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida - germany second update final corrected.pdf, Zugriff 12.11.2015

? BR - Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland (26.10.2015):

Effektive Verfahren, frühe Integration, http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-15-asylfluechtlingspolitik.html, Zugriff 24.11.2015

? BR - Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland (5.11.2015):

Minderjährige Flüchtlinge ohne Begleitung, http://www.bundestag.de/presse/hib/2015-11/-/394264, Zugriff 25.11.2015

4. Non-Refoulement

In der Praxis gewährt die Regierung generell Schutz vor Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 27.2.2014).

Kann weder Asyl noch Flüchtlingsschutz gewährt werden, dann prüft das BAMF im Asylverfahren auch, ob subsidiärer Schutz gewährt wird oder ein Abschiebungsverbot vorliegt. Außerhalb eines Asylverfahrens werden mögliche Abschiebungsverbote durch die zuständige Ausländerbehörde, die eine fachliche Stellungnahme des BAMF einholt, geprüft (BMdI o.D.).

Wer aus wirtschaftlichen Gründen, aber nicht wegen politischer Verfolgung oder Krieg einreist, soll mit den neuen Asylbestimmungen schneller abgeschoben werden. Auch sollen Abschiebungen durch die Länder nur noch für drei Monate ausgesetzt werden dürfen. Flüchtlingen, die ihre Ausreise haben verstreichen lassen, wird der Termin der Abschiebung nicht mehr vorher angekündigt, um ein Untertauchen zu verhindern (DS 15.10.2015).

Quellen:

? BMdI - Bundesministerium des Innern (o.D.): Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland, http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asvl-Fluechtlingsschutz/Asyl-Fluechtlingspolitik/asyl-fluechtlingspolitik node.html, Zugriff 24.11.2015

? DS - Der Standard (15.10.2015): Deutschland kürzt Leistungen und schiebt schneller ab,

http://derstandard.at/2000023920079/Grosse-Mehrheit-fuer-Asylpaket-im-Deutschen-Bundestag, Zugriff 24.11.2015

? USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Reports on Human Rights Practices for 2013, Germany, https://www.ecoi.net/local link/270714/400689 de.html, Zugriff 25.11.2015

5. Versorgung

5.1. Grundversorgung

Im März 2015 trat das aktuelle Gesetz zur Sozialhilfe für Asylwerber in Kraft. Ab 1.1.2016 wird jedoch eine Neuregelung gelten:

Grundleistungen

bis 31.12.2015

ab 01.01.2016

alleinstehende Leistungsberechtigte

143 Euro

145 Euro

zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen

je 129 Euro

je 131 Euro

weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt

113 Euro

114 Euro

sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

85 Euro

86 Euro

leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

92 Euro

93 Euro

leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

84 Euro

85 Euro

(AsylbLG 20.10.2015, §3; vgl. AsylbLG 26.10.2015, §3)

Der Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse soll hinkünftig möglichst in Sachleistungen gewährt werden. Dies gilt für den gesamten Zeitraum, den die Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen verbringen (BR 26.10.2015).

AW erhalten ihre Bar- und Sachleistungen nur in jenem Bezirk oder jener Stadt, die für sie als Aufenthaltsort festgelegt wurde. Umziehen ist daher nur mit Genehmigung möglich. AW fallen nicht unter das Asylbewerberleistungsgesetz, wenn ihr Antrag als offensichtlich unbegründet oder unzulässig zurückgewiesen wurde und keine Nothilfe gewährt wurde (AIDA 1.2015).

In der Regel kann einem Asylwerber, der sich seit drei Monaten legal im Bundesgebiet aufhält, die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Lediglich Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat (siehe oben, Anm.) dürfen während des Asylverfahrens nicht arbeiten (AsylG 20.10.2015, §61).

Im Oktober 2015 wurde beschlossen, dass der Bund für Asylwerber und Geduldete mit guter Bleibeperspektive die Integrationskurse des BAMF öffnet und stellt dafür mehr Mittel bereit. Außerdem sollen die Integrationskurse besser mit den berufsbezogenen Sprachkursen der Bundesagentur für Arbeit vernetzt werden (BR 26.10.2015).

Quellen:

? AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugies-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (1.2015): National Country Report Germany,

http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida -germany second update final corrected.pdf, Zugriff 12.11.2015

? AsylbLG - Asylbewerberleistungsgesetz (20.10.2015): § 3 Grundleistungen, http://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/ 3.html, Zugriff 25.10.2015

? AsylbLG - Asylbewerberleistungsgesetz (26.10.2015): § 3 Grundleistungen,

http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/text.xav?SID=&tf=xaver.component.Text 0&tocf=&qmf=&hlf=xav

er.component.Hitlist 0&bk=bgbl&start=%2F%2F*%5B%40node id%3D'601767'%5D&skin=pdf

&tlevel=-2&nohist=1, Zugriff 25.11.2015

? AsylG - Asylgesetz (20.10.2015): Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das durch

Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) geändert worden ist, http://www.gesetze-im- internet.de/asylvfg 1992/ 29a.html, Zugriff 24.11.2015

? BR - Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland (26.10.2015):

Effektive Verfahren, frühe Integration, http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-15-asylfluechtlingspolitik.html, Zugriff 24.11.2015

5.2. Unterbringung

In Deutschland gibt es grundsätzlich 3 verschiedene Unterbringungsmöglichkeiten: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Unterbringungen ist Ländersache, daher variieren auch die Unterbringungsstandards. Es gibt bundesweit 21 Erstaufnahmezentren, mindestens eine pro Land (oft ehemalige Kasernen usw.). Ihnen sind Außenstellen des BAMF zugeordnet. Erstaufnahmezentren sind offen, es besteht aber eine Gebietsbeschränkung auf Stadt bzw. Bezirk. Für Reisen darüber hinaus ist meist eine Genehmigung nötig (AIDA 1.2015). Um die Asylverfahren priorisieren und zügig bearbeiten zu können, sollen Asylwerber verpflichtet werden können, bis zu sechs Monate, solche aus sicheren Herkunftsstaaten bis zum Abschluss des Verfahrens, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu verbleiben (BMdI 29.9.2015; vgl. AsylG 20.10.2015, §47). Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, werden AW normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, das sind generell Unterbringungszentren im selben Bundesland (ehemalige Kasernen, leerstehende Häuserblocks, Containersiedlungen, usw.). AW müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Das Management der Zentren übernehmen entweder die Gemeinden oder NGOs. Da manchen Gemeinden die Schaffung einer Gemeinschaftsunterkunft zu teuer oder ineffizient erscheint, geben sie dezentralisierter Unterbringung in Wohnungen den Vorzug (AIDA 1.2015).

Ein Teil des am 24.10.2015 in Kraft getretenen Asylpakets betrifft auch Änderungen im Bauplanungsrecht. Damit wird die Unterbringung von Flüchtlingen in winterfesten Quartieren beschleunigt. Mit der neuen Regelung erhalten die Länder und Kommunen sehr weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten, um unverzüglich Umnutzungs- und Neubaumaßnahmen zu planen, zu genehmigen und durchzuführen (BR 26.10.2015).

Unterbringung nach Bundesländern und Art der Unterbringung, Stand:

31.12.2014:

Bundesland

gesamt

Aufnahme-einrichtung

Gemeinschafts-unterkunft

dezentrale Unterbringung

bundesweit

362 850

45 176

147 689

169 985

Baden-Württemberg

38 531

0

27 055

11 476

Bayern

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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