Entscheidungsdatum
23.10.2017Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W173 2156858-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch RA Dr. Andreas Waldhof, Reichratsstraße 13, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 10.4.2017, betreffend Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Der Bescheid vom 10.4.2017 zur Abweisung der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wird behoben. Herr XXXX erfüllt die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Auf Grund des Antrages von Herrn XXXX , geb. am XXXX , (in der Folge BF) im Jahr 2003 auf Ausstellung eines Behindertenpasses wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten von XXXX , FA für HNO, eingeholte. Die an Taubheit grenzende Innenohrstörung rechts und hochgradige Innenohrstörung links wurde unter der Position in den Richtsätzen 643, Tab. 3/4 mit einem Grad der Behinderung von 50% eingestuft. In der Folge wurde dem BF am 18.8.2003 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50% ausgestellt.
2. Am 22.2.2017 beantragte der BF die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" samt Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis). Dazu legte er medizinische Unterlagen vor.
2.1. Im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 6.4.2017 führte XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, auf Basis einer persönlichen Untersuchung des BF im Wesentlichen aus:
" Anamnese:
Er war in der Gefäßambulanz des AKH Wien am 30.11.2016 wegen in einer CT mit Kontrastmittel erkennbaren "Verkalkung" von Gefäßen (Koronarien und Beckenarterien). Untersuchungstechnisch bedingt ist eine genauere Beurteilung der Stenosen nicht möglich, es dürfte ein Verschluss der Arteria iliaca interna links vorliegen. Der Patient sollte 14 Tage später wieder erscheinen zur Besprechung der weiteren Vorgehensweise. Dies ist bis heute nicht geschehen.
Kardiale wurde eine Echokardiographie durchgeführt ( XXXX 30.11.2016): global gute systolische Pumpleistung, MI II°.
Eine lungenfachärztliche Begutachtung vor ca. 2 Monaten sei unauffällig gewesen (kein Befund vorliegend).
Derzeitige Beschwerden: Er habe Schmerzen beim Gehen in beiden Gesäßseiten, links mehr als rechts.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Nomexor, Amlodipin, Daflon, Atorvastatin, TASS, Oleovit
Sozialanamnese: verheiratet, 3 Kinder,
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe): siehe Anamnese
Untersuchungsbefund: Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand:
schlank
Größe: 175,00 cm, Gewicht: 70,00 kg, Blutdruck: 170/70
Klinischer Status - Fachstatus: Rechtshänder, es besteht ein deutlich eingeschränktes Hörvermögen (Hörgeräte werden nicht verwendet), Herz: reine rhythmische HT,
Lungen: Brummen beidseits, HWS: F 20-0-20, R 70-0-60,
übrige WS: lotrecht, deutlich vermehrte Kyphose der oberen und mittleren BWS,
Seitneigen und Rotation endlagig etwas eingeschränkt, FBA 28cm,
OE und UE frei beweglich, Leistenpulse bds. kräftig, Popliteapulse bds. gut tastbar, A. dorsalis pedis bds. tastbar, a. tibialsi posterior bds. nicht sicher tastbar.
Strömungsgeräusch periumbilikal auskultierbar, sowie subumbilical rechts und links. Abdomen weich, kein DS, keine Resistenzen
Gesamtmobilität - Gangbild: Gangbild: die 40 Meter vom Wartezimmer zum Auto am Parkplatz werden sehr flott und flüssig zurückgelegt, kein Hinken.
Status Psychicus:
allseits voll orientiert, Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit nicht beeinträchtigt, Stimmung ausgeglichen, Gedankengang geordnet und zielführend
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Pos. Nr.
GdB%
1
An Taubheit grenzende Innenohrschwerhörigkeit rechts, hochgradige Innenohrscherhörigkeit links
2
Aortoiliakle Verschlusskrankheit im Stadium IIb
3
Bluthochdruck
X Dauerzustand
Gutachterliche Stellungnahme: Das Gangbild ist überaus flott und zügig, völlig untypisch für eine relevante Verschlusskrankheit, weil die typischen Claudicatioschmerzen meist bei langsamem Gangbild hinausgezögert werden können. Für eine valide Beurteilung liegen nicht genügend Befunde vor (ein echter Gefäßverschluss ist nicht belegt) und es fehlen die Angaben über erforderliche Interventionen, weil bisher noch keine weitere Besprechung in der Gefäßambulanz des AKH stattgefunden hat. Die Benützung ÖVM ist aufgrund der heutigen Untersuchung als zumutbar einzuschätzen.
"
3. Mit Bescheid vom 10.4.2017 wurde der Antrag des BF vom 22.2.2017 betreffend die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung seien nicht erfüllt. Außerdem umfasst der genannte Bescheid die abschließende Anmerkung, dass daher ein Ausweis gemäß §29b- nicht ausgestellt werden könne.
4. Mit Schriftsatz vom 27.4.2017 erhob der BF Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid vom 10.4.2017 zur beantragten Vornahme der Zusatzeintragung wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts. Es sei die fortgeschrittene Gefäßverkalkung, die nur eine Wegstrecke von 100 Meter zumutbar mache, nicht berücksichtigt worden. Dies ergebe sich aus dem vorgelegten Befund. Das eingeholte Gutachten der belangten Behörde sei daher aktenwidrig.
5. Am 12.5.2017 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Auf Grund des Beschwerdevorbringens wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes medizinisches Gutachten eingeholt. Der BF übermittelte weitere Befunde zu seiner Erkrankung. Im Gutachten vom 22.8.2017 wurde von XXXX , FA für Innere Medizin, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF, Nachfolgendes ausgeführt:
" ..
Sachverhalt: Der Beschwerdeführer erscheint in Begleitung seiner Ehefrau, welche auch bei der Untersuchung anwesend ist.
Anamnese siehe auch Gutachten vom 06.04.2017 in Aktenseite 10, XXXX , Allgemeinmedizin, dabei wurde festgestellt: An Taubheit grenzende Innenohrschwerhörigkeit rechts, hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links, Aortoiliakale Verschlusskrankheit im Stadium II b, Bluthochdruck. Aus der gutachterlichen Stellungnahme geht hervor, dass für eine valide Beurteilung nicht genügend Befunde vorgelegen haben, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde aufgrund der damaligen Untersuchung als zumutbar beurteilt.
Dagegen richten sich die Einwendungen durch den Rechtsanwalt, welche auch einen Befund von Herrn XXXX aus Salzburg enthält. In diesem Befund ist festgehalten, dass durch einen endovaskulären Eingriff die Gehstrecke wohl gebessert werden konnte, sie betrage aber weiterhin nur 50-100 m. Aufgrund der Gesamtsituation sei aber derzeit ein operativer Eingriff nicht indiziert.
Ergänzende Anamnese mit dem Beschwerdeführer:
Er bzw. seine Frau geben an, dass seine Gehstrecke sehr kurz sei, außerdem höre er sehr schlecht, was seine Situation weiter verschlimmere.
Ich habe sie darauf hingewiesen, dass die Schwerhörigkeit bereits berücksichtigt ist und es im gegenständlichen Verfahren um die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel geht.
Aktuelle Medikation, physikalische Behandlung und andere Maßnahmen:
Eine Medikationsliste wird nicht vorgelegt, diese sei in Akt vorhanden.
Untersuchungsbefund (klinisch-physikalischer Status):
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut, 176 cm, 70 kg
Knochenbau: normal. Haut und Schleimhäute: unauffällig
Lymphknoten nicht tastbar
Augen: isokor, prompte Lichtreaktion
Zunge: normal, Zähne: lückenhaft
Hals: unauffällig. Schilddrüse nicht tastbar, Pulse vorhanden, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut
Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch, osteoporotiscn höhenreduzierter Rundrücken
Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch, etwas abgeschwächt
Herz: reine rhythmische Herztöne
RR 140/80, Frequenz 80/Min. rhythmisch
Abdomen: Bauchdecken weich, keine Auffälligkeiten
Leber am Rippenbogen, Milz nicht abgrenzbar
Rektal nicht untersucht, Nierenlager frei
Extremitäten und Wirbelsäule: Wirbelsäule unauffällig, Arme normal, Beinen kühl, Pulse nicht tastbar, (auf Befragen gibt er an, dass nun das rechte Bein das schlechtere sei). Eine höhergradige Muskelverschmächtigung liegt aber nicht vor.
Gangbild normal
Beurteilung und Beantwortung der im nicht nummerierten Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.06.2017 gestellten Fragen
Frage 1:
Der Beschwerdeführer ist durch arterielle Verschlusskrankheit beeinträchtigt. Wie aus dem Schreiben von Herrn XXXX hervorgeht, ist nach Gefäßintervention an beiden Beinen derzeit eine Gehstrecke von nur etwa 100 m gegeben. Aus dem Schreiben geht aber nicht hervor, dass keine therapeutische Option gegeben wäre. Offensichtlich wird aber die Indikation dafür derzeit nicht gesehen, da lediglich Claudicatio intermittens (also die eingeschränkte Gehstrecke mit Notwendigkeit von Pausen) und kein Ruheschmerz vorliegt, welcher auf eine Gefährdung der Extremitäten hinweisen würde. Zur Fähigkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wird in diesem Schreiben nicht Stellung genommen.
Frage 2:
1. An Taubheit grenzende Innenohrschwerhörigkeit rechts, hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links
2. Aortoiliakale Verschlusskrankheit im Stadium II b
3. Bluthochdruck
Frage 3: Die Gehstrecke ist eingeschränkt wie beschrieben, sonstige Einschränkungen liegen nicht vor.
Frage 4: Dafür liegt kein Anhaltspunkt vor.
Frage 5: Nein.
Frage 6:
Eine Objektivierung der Gehstrecke ist nicht möglich, in dem Befund des Facharztes für Gefäßchirurgie wird auch nach Intervention eine Gehstrecke von maximal 100 m angegeben.
Die Überwindung der erforderlichen Niveauunterschiede und der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist dadurch nicht beeinträchtigt. Die Gehstrecke ist verkürzt, nach etwa 100 m ist eine Pause von etwa 1 Minute erforderlich. Im Sinne des Gefäßtrainings soll der Kläger jedoch möglichst viel gehen, dabei bei Auftreten von Schmerzen eine Pause einlegen. 300 m sind daher in Teilstrecken und mit Pausen bewältigt war.
Frage 7:
Stellungnahme zu Aktenblatt 24: wie schon oben festgestellt, ist eine sichere Objektivierung nicht möglich, es musste daher der Beurteilung der Befund des Facharztes für Gefäßchirurgie XXXX . Vorstand der Universitätsklinik für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie in Salzburg, zugrunde gelegt werden.
Aktenblatt 7: Echokardiografie - im wesentlichen zufriedenstellender
Befund, keine Einschränkung der Herzleistung. Aktenblatt 8: durch die in der Zwischenzeit erfolgten Eingriffe überholt.
Aktenblatt 32-34: schon oben zitierter Befund, Detailbefund dazu, Brief des Rechtsanwaltes.
Frage 8:
Die abweichende Beurteilung gründet sich lediglich auf den Befund von XXXX in Aktenblatt 32 Rückseite.
Frage 9: Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
"
6. Das Gutachten vom 22.8.2017 wurde mit Schreiben vom 6.9.2017 dem Parteiengehör unterzogen. Es wurde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu nehmen. Der BF brachte mit Schriftsatz vom 21.9.2017 vor, dass XXXX für den BF nur eine Gehstrecke von 100m als bewältigbar halte. Selbst XXXX gehe davon aus, dass der BF unter Schmerzen und nur unter Einlegung von Pausen die erforderliche Gehstrecke bewältigen könne. Dem BF sei daher die Absolvierung der geforderten Wegstrecke nicht zumutbar. Der angefochtene Bescheid sei daher rechtswidrig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der BF hat seinen Wohnsitz im Inland. Der BF verfügt über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.
1.2. Mit Antrag vom 22.2.2017 beantragte der BF die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Dazu wurde das oben wiedergegebene ergänzende Sachverständigengutachten von XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 6.4.2017 von der belangten Behörde eingeholt. Gestützt auf das eingeholte medizinische Gutachten, in dem die Gesundheitsschädigungen des BF aus medizinischer Sicht als keine erheblichen Einschränkungen des BF im Hinblick auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel bewertet wurden, wies die belangte Behörde den Antrag des BF zur Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" mit Bescheid vom 10.4.2017 ab.
1.3. Mit Beschwerde vom 27.4.2017 bekämpfte der BF den abweisenden Bescheid zur Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Das Bundesverwaltungsgericht hat im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen des BF das oben wiedergegebene medizinische Sachverständigengutachten von XXXX , FA für Innere Medizin, vom 22.8.2017, das auf einer persönlichen Untersuchung des BF beruhte, eingeholt. Darin stellte XXXX im Hinblick auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel fest, dass der BF auf Grund seiner Gefäßerkrankung (Aortoiliakle Verschlusskrankheit im Stadium IIb) die ausreichend lange Gehstrecke von mindestens 300 Meter nur mit Pausen von einer Minute nach 100 Metern bewältigen kann. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF eine kurze Wegstrecke von 300-400 Meter nicht ohne Unterbrechung zurücklegen kann.
1.4. Dem BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem vorliegenden Gerichtsakt.
Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen des BF im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurde in dem oben wiedergegebenen, schlüssigen Sachverständigengutachten vom 22.8.2017, von XXXX , FA für Innere Medizin, das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholt wurde, ausführlich und nachvollziehbar Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF mit erhobenen klinischen Befunden und den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Äußerungen, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Der medizinische Sachverständige, XXXX , FA für Innere Medizin, hat in diesem Gutachten vom 22.8.2017 nachvollziehbar dargelegt, dass der BF auf Grund seiner Gefäßerkrankung (Aortoiliakle Verschlusskrankheit im Stadium IIb) eine Gehstrecke von mindestens 300 Meter nur mit Pausen von einer Minute nach cirka 100 Meter gehen kann. Diese Feststellungen des Sachverständigen spiegeln sich auch in den vorgelegten medizinischen Unterlagen des BF wieder. Im Schreiben von XXXX , Vorstand der UK für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie an der PMU Salzburg, ist festgehalten, dass der BF auf Grund des erhobenen Dopplerindexes am Bein eine kurze Gehstreck von 50-100 Meter bewältigen kann. Dies basiert auf Gefäßverschlüssen an den Unterschenkelarterien. Eine Indikation zur Operation besteht nicht. Gegen die schlüssigen und ausführlichen Erörterungen des Gutachters XXXX , FA für Innere Medizin, vom 22.8.2017 wurden auch im Rahmen des Parteiengehörs keine Einwendungen erhoben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).
Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 2 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, wurde mit BGBl II Nr. 263/2016 novelliert. Gemäß § 5 Abs. 3 der Novelle ist § 1 dieser Verordnung mit Ablauf des 21.09.2016 in Kraft getreten.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist der Behindertenpass mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:
1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;
2. die Versicherungsnummer;
3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
4. eine allfällige Befristung.
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in
§ 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):
Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
? arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
? Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
? hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
? Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
? COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
? Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
? mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, 2007/11/0080).
Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258).
Zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wird auf die obigen Erörterungen verwiesen.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen des BF ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung des Zusatzes "Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Hinsichtlich der bekämpften Abweisung der Zusatzeintragung ist im gegenständlichen Fall für die Entscheidung maßgebend, ob die dauernden Gesundheitsschädigungen des BF ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" rechtfertigt. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde ein ergänzendes ärztliches Sachverständigengutachten vom Bundesverwaltungsgericht eingeholt. Gegen dieses Gutachten vom 22.8.2017 wurden im Rahmen des Parteiengehörs keine Einwendungen erhoben. Wie bereits oben ausgeführt wurde, wurde dieses als nachvollziehbar und schlüssig erachtet. Der Sachverhalt ist geklärt und daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W173.2156858.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.11.2017