TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/23 W166 2144985-1

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Veröffentlicht am 23.10.2017
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Entscheidungsdatum

23.10.2017

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W166 2144985-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom XXXX, wegen Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Der Grad der Behinderung von XXXX beträgt nunmehr 80 v.H.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer wurde am 14.01.2014 ein bis 30.11.2016 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung im Ausmaß von 60 v.H. ausgestellt.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.08.2016 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses und legte einen Befundberichte eines Facharztes für Urologie vom 09.08.2016 vor.

In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 28.10.2016, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, wurde die Funktionseinschränkung "Zustand nach bösartiger Neubildung im Bereich der Prostata 12/2011, 2 Stufen über unterem Rahmensatz, da eingetretene Heilungsbewährung ohne rezenten Hinweis auf Progredienz bzw. Absiedelungen, unter Berücksichtigung der operativen Interventionen und der Versorgung mittels Inkontinenzimplantates", entsprechend der Einschätzungsverordnung mit der gleichzusetzenden Positionsnummer 08.01.06 und einem Grad der Behinderung von 30 v.H. eingestuft.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5.12.2016 hat die belangte Behörde festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 30 v. H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind.

Beweiswürdigend wurde dazu ausgeführt, dass sich auf Grund des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens ein Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe. Die wesentlichen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens seien dem mit dem Bescheid übermittelten Gutachten zu entnehmen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung und brachte vor, dass sich sein gesundheitlicher Zustand stark verschlechtert habe, und legte diverse medizinische Beweismittel vor.

Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem ergänzenden Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.07.2017 wird Nachfolgendes ausgeführt:

Zu den Fragen:

1. Im Rahmen der Beschwerde werden neue medizinische Beweismittel (Abl. 54/3-54/12) vorgelegt. Betreffend die Prostata-Erkrankung gibt es keine neuen Aspekte, It. Abl. 54/3 ist der PSA-Wert im Normbereich. Im Bereich von Wirbelsäule und Extremitäten konnten keine einschätzungsrelevanten funktionellen Defizite objektiviert werden. Neu vorliegend auch ein Befund betreffend Lunge (Abl. 54/9- Lungenzentrum Liesing, datiert mi: 4.1.2017), Diagnose COPD IV Exazerbation, in der Spirometrie/Bodypletysmographie mit höchstgradiger Obstruktion/Restriktion und Medikation (Foster, Berodual bei Bedarf, Spiriva, Aprednislon, Pantoloc), eine Sauerstoff-Therapie ist nicht angeführt.

Aufgrund dieses neuen Aspektes betreffend die Lungenerkrankung wäre dieses Leiden unter Heranziehung der EVO mit der Position 06.06.04 und ein im GdB von 80% einzustufen. Unterer Rahmensatz, da bei hochgradiger Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven und unter wirksamer Dauermedikation keine dauernde Erfordernis einer Sauerstoff-Therapie.

Ergebnis:

1. Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung / COPD IV 06.06.04 80%

Unterer Rahmensatz, da bei hochgradiger Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven und unter wirksamer Dauermedikation keine dauernde Erfordernis einer Sauerstoff-Therapie.

2. Zustand nach bösartiger Neubildung im Bereich der Prostata g.Z. 08.01.06 30%

2 Stufen über unterem Rahmensatz, da eingetretene Heilungsbewährung ohne Hinweis auf Progredienz bzw. Absiedelungen, unter Berücksichtigung der operativen Interventionen und der Versorgung mittels Inkontinenzimplantates.

Gesamt-GdB: 80%.

Das führende Leiden 1 wird durch 2 mangels relevanter ungünstiger Leidensbeeinflussung nicht weiter erhöht."

Mit Schreiben vom 11.09.2017 wurden dem Beschwerdeführer, nachweislich zugestellt am 14.09.2017, und der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachweislich zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde gaben keine Stellungnahmen ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem Beschwerdeführer wurde am 14.01.2014 ein bis 30.11.2016 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung im Ausmaß von 60 v.H. ausgestellt.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.08.2016 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Beim Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkungen vor:

1 Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung/COPD IV

2 Zustand nach bösartiger Neubildung im Bereich der Prostata

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 80 v.H.

Es handelt sich um einen Dauerzustand und daher sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines unbefristeten Behindertenpasses erfüllt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Datum der Einbringung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen und zum Gesamtgrad der Behinderung ergeben sich aus dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.07.2017.

In den ärztlichen Gutachten wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Der ärztliche Sachverständige führte aus, dass aufgrund des vorgelegten lungenfachärztlichen Befundes die Lungenerkrankung, bei hochgradiger Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven und unter wirksamer Dauermedikation, entsprechend der Einschätzungsverordnung unter der Positionsnummer 06.06.04 mit einem Grad der Behinderung von 80 v.H. einzustufen ist. Ein dauerndes Erfordernis einer Sauerstoff-Therapie liegt nicht vor.

Damit wurde den Einwendungen des Beschwerdeführers Rechnung getragen.

Im Bereich von Wirbelsäule und Extremitäten konnten aus medizinischer Sicht keine einschätzungsrelevanten funktionellen Defizite objektiviert werden.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des gegenständlichen ärztlichen Sachverständigengutachtens.

Das ärztliche Sachverständigengutachten vom 10.07.2017 wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 24/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mittelung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen eines Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.

Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)-

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 (Einschätzungsverordnung), lauten auszugsweise:

..

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen – beispielsweise Psychologen – zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Betreffend die beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung Nachfolgendes zu entnehmen:

"06.06 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

06.06.04 Sehr schwere Form – COPD IV 80 – 100 %

Schwerste Ventilationsstörung (FEV1/FVC <30%)

Exacerbationen können lebensbedrohlich sein

Inkludiert alle Folgezustände wie Kachexie, Cor pulmonale, Sauerstofftherapie, Polyglobulie, Emphysem (sekundäre pulmonale Hypertension)

08 Urogenitalsystem

08.01.06

Entleerungsstörung der Blase und der Harnröhre leichten bis mittleren Grades 10 – 40 %

10 – 20 %: geringe Restharnbildung, längeres Nachträufeln

30 – 40 %: erhebliche Restharnbildung, manuelle Entleerung notwendig, Blasenschrittmacher"

Wie bereits ausgeführt, wurde der gegenständlichen Entscheidung das ärztliche Sachverständigengutachten vom 10.07.2017, das vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurde, zugrunde gelegt.

In diesem Gutachten wird der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers, wie bereits in der Beweiswürdigung umfassend ausgeführt, im Gegensatz zur Feststellung im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde, wonach der Grad der Behinderung nur mehr 30 v. H. betrage, nunmehr mit 80 v.H. eingeschätzt.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, wie bereits im Verfahrensgang bzw. den Feststellungen ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bereits am 14.01.2014 ein bis 30.11.2016 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung im Ausmaß von 60 v.H. ausgestellt wurde.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.08.2016 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses, und nicht wie im Bescheid festgestellt, einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Da nunmehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines unbefristeten Behindertenpasses erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde stattzugeben.

Der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt nunmehr 80 v. H.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarere verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs.4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Das Sachverständigengutachten ist schlüssig, den Einwendungen des Beschwerdeführers konnte gefolgt werden, und der Sachverhalt ist als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W166.2144985.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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