TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/23 W185 2129834-2

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Veröffentlicht am 23.10.2017
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Entscheidungsdatum

23.10.2017

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61 Abs1

Spruch

W185 2129834-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2017, Zl. 1102832501-160101664, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz

BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid wird behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus dem Iran, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 20.01.2016 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "2" vom 10.01.2016 mit Griechenland auf.

Im Akt finden sich betreffend den Beschwerdeführer behördliche Schreiben aus Griechenland, Mazedonien und Serbien sowie eine Einreiseverweigerung Deutschlands.

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 20.01.2016 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, gemeinsam mit zwei seiner Cousins nach Österreich gelangt zu sein. Sein Reiseziel sei eigentlich Deutschland gewesen. Vor ca. 1 Monat hätten der Beschwerdeführer und seine Cousins die Heimat verlassen. Sie seien über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gelangt. Der Beschwerdeführer und seine Cousins "seien dem Flüchtlingsstrom gefolgt". In Slowenien und in Kroatien seien dem Beschwerdeführer die Fingerabdrücke abgenommen worden; von der Polizei sei er in diesen Ländern gut behandelt worden. Außer in Österreich habe er nirgendwo sonst um Asyl angesucht. Da Deutschland ihm die Einreise verweigert habe, wolle er nunmehr in Österreich bleiben. Der Beschwerdeführer leide nicht an Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden.

Mit Prognoseentscheidung vom 20.01.2016 wurde das Verfahren des Beschwerdeführers durch Ausfolgung der Aufenthaltsberechtigungskarte zugelassen (AS 25).

Am 15.03.2016 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien (AS 69ff).

Mit Schreiben vom 22.05.2016 teilte die österreichische Dublin-Behörde Kroatien mit, dass auf Grund der nicht fristgerecht erfolgten Antwort gemäß Artikel 22 Absatz 7 der Dublin III-VO Verfristung eingetreten und Kroatien seit 16.05.2016 für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens zuständig sei (vgl. AS 71).

Am 23.06.2016 fand – ohne Beisein eines Rechtsberaters und ohne durchgeführte Rechtsberatung - die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt statt. Hierbei gab dieser zusammengefasst an, gesund zu sein und abgesehen von den beiden mitgereisten Cousins keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte in Österreich oder in einem anderen EU-Land zu haben. Über Vorhalt der Zuständigkeit Kroatiens erklärte der Beschwerdeführer, in Kroatien nicht um Asyl angesucht zu haben. Kroatien sei ein armes Land; niemand habe dort um Asyl angesucht. Er verstehe nicht, warum er nach Kroatien zurückkehren solle. In Kroatien sei eine "Schlange von Flüchtlingen" gewesen; die Beamten hätten den Flüchtlingen bei der Weiterreise geholfen. In Österreich fühle sich der Beschwerdeführer wohl und wolle hier bleiben. In Kroatien habe sich der Beschwerdeführer nicht einmal einen Tag lang aufgehalte. Konkrete Vorfälle gegen ihn habe es in Kroatien nicht gegeben.

Mit Bescheid vom 27.06.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

In der Darstellung des Verfahrensganges wird unter anderem ausgeführt, dass das Verfahren des Beschwerdeführers mit Prognoseentscheidung vom 20.01.2016 zugelassen worden sei. Am 15.03.2016 habe das Bundesamt aufgrund des angeführten Reiseweges ein Konsultationsverfahren gemäß Art 13 Abs. 1 Dublin III-VO mit Kroatien eingeleitet. Die Zuständigkeit Kroatiens habe sich aufgrund Verfristung ergeben. Dem Beschwerdeführer sei mit Verfahrensanordnung ein Rechtsberater gem. § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt worden. Beweiswürdigend wurde sodann ausgeführt, dass in Kroatien die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden würden und der Beschwerdeführer nicht vorgebracht habe, in Kroatien Misshandlung, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu sein. Nachdem gegenüber den beiden mitgereisten Cousins des Beschwerdeführers eine gleichlautende Entscheidung ergehe und eine besondere Integration der Person des Beschwerdeführers in Österreich ausgeschlossen werden könne, sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin-III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei.

Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer – für die gegenständliche Entscheidung verfahrenswesentlich - darlegte, am 24.12.2015 gemeinsam mit seinen beiden Cousins die Heimat verlassen zu haben und über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gelangt zu sein. Das kroatische Asylsystem könne nicht als generell fair und effektiv betrachtet werden. Es gebe Berichte über eine höchst inadäquate Ausgestaltung des kroatischen Asyl- und Migrationssystems. Seit der Grenzschließung Ungarns sei für alle Flüchtlinge, welche auf der Westbalkanroute über Griechenland, Mazedonien und Serbien versuchen würden, nach Mitteleuropa zu gelangen, Kroatien der erste EU-Mitgliedstaat, wo diese von einem Drittstaat kommend die Grenze eines Mitgliedstaates illegal überschreiten würden. Dies führe dazu, dass Kroatien in einer unüberschaubar großen Zahl von Fällen der für die Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art 13 Abs. 1 iVm Art 22 Abs. 7 Dublin III-VO zuständige Mitgliedstaat sei. Sollten alle Asylwerber, für deren Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz Kroatien zuständig sei, nach Kroatien gebracht werden, würde sich die Lage von Asylwerbern in Kroatien innerhalb kürzester Zeit noch erheblich verschlechtern und sich eine Situation wie in Griechenland ergeben. Die Integration des Beschwerdeführers in Österreich sei bereits weit fortgeschritten.

Am 13.07.2016 langte eine mit 06.07.2016 datierte und als "Beschwerde" titulierte Beschwerdeergänzung beim Bundesverwaltungsgericht ein. Vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer (und seine beiden Cousins) über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gelangt seien. In Kroatien hätten sie sich lediglich einen halben Tag aufgehalten; um Asyl habe der Beschwerdeführer dort nicht angesucht. Am 20.01.2016 sei das Verfahren des Beschwerdeführers zugelassen worden. Am 15.03.2016 sei ein Konsultationsverfahren mit Kroatien eingeleitet worden. Am 23.06.2016 sei die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt – ohne Anwesenheit eines Rechtsberaters – erfolgt. Ein Rechtsberater sei nur für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt worden. Der Beschwerdeführer habe keine Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG erhalten, in welcher diesem mitgeteilt worden wäre, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen. Das Führen von Konsultationen mit Kroatien hätte dem Beschwerdeführer bekannt gegeben werden müssen; dies sei jedoch unterlassen worden. Ein Verweis an einen Rechtsberater, die Aushändigung der Aktenabschrift, die gemeinsame Ladung des Beschwerdeführers und eines Rechtsberaters zur Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs, seien ebenfalls unterblieben. Eine Rechtsberatung habe nicht stattgefunden. Ein Rechtsberater sei auch nicht bei der Einvernahme vor dem Bundesamt anwesend gewesen. Damit sei der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt worden und liege ein schwerer Verfahrensfehler vor. Aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse habe der Beschwerdeführer die Länderfeststellungen überhaupt nicht verstanden. Dies habe den Beschwerdeführer an der Abgabe einer entsprechenden Stellungnahme gehindert, was mit Willkür gleichzusetzen sei. In der Folge wurden die Ausführungen zur Unzuständigkeit Kroatiens bzw. der Zuständigkeit Österreichs wiederholt. Releviert wurde auch nochmals die Gefahr einer Kettenabschiebung.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.07.2016 wurde der Beschwerde gem. § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Begründend wurde angeführt, dass das Verfahren des Beschwerdeführers zugelassen worden sei, obwohl gegenständlich ein Dublin-Verfahren (und demnach kein zugelassenes Verfahren) vorliege. Entgegen der ausdrücklichen Bestimmung des § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG sei dem Beschwerdeführer gegenständlich nicht mit Verfahrensanordnung mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, dessen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen. In der Folge sei der Beschwerdeführer entgegen der Bestimmung des § 29 Abs. 4 AsylG nicht zu einem Rechtsberater verwiesen und sei ihm auch keine Aktenabschrift ausgehändigt worden. Ebenfalls entgegen dieser Bestimmung sei kein Rechtsberater zur Einvernahme am 23.06.2016 geladen gewesen und ein Rechtsberater sei in der Folge auch – entgegen der Bestimmungen der § 29 Abs. 5 AsylG und § 49 Abs. 2 BFA-VG - bei der Einvernahme des Beschwerdeführers zur Wahrung des Parteiengehörs nicht anwesend gewesen. Insbesondere sei im Beschwerdefall vor Erlassung des angefochtenen Bescheides überhaupt keine Rechtsberatung erfolgt, welche jedoch gemäß § 29 Abs. 4 AsylG (und § 49 Abs. 2 BFA-VG) in einem 24 Stunden nicht zu unterschreitenden Zeitraum ab Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG statt zu finden hätte, und zwar bei Bedarf mit einem vom Bundesamt beizugebenden Dolmetscher. Im Hinblick darauf, dass mangels Parteiengehörs ein mangelhaftes behördliches Verfahren vorliege, und damit der Sachverhalt so mangelhaft ermittelt worden sei, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof und stellte zugleich einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 30 VwGG. Zusammengefasst wurde unter anderem festgehalten, "dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers durch Ausfolgung der Aufenthaltsberechtigungskarte vor Bescheiderlassung zugelassen worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe nichtsdestotrotz die Bestimmung des § 21 Abs. 3 BFA-VG angewandt, obwohl es sich um keine Entscheidung im Zulassungsverfahren gehandelt habe. Darauf, dass das Verfahren des Beschwerdeführers bereits zugelassen worden sei, sei das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung nicht eingegangen. Damit sei das Bundesverwaltungsgericht von der in der Revision näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Es sei weiters in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, ob eine Entscheidung nach § 21 Abs. 3 BFA-VG in Form eines Erkenntnisses oder in Form eines (nicht bloß verfahrensleitenden) Beschlusses zu ergehen habe."

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.10.2016 wurde dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 30 Abs. 2 VwGG stattgegeben.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.11.2016 wurde die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.07.2016 wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben und Folgendes erwogen: "Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 5. Oktober 2016, Ra 2016/19/0208, ausgesprochen, dass die rechtsrichtige Anwendung des § 21 Abs. 3 BFA-VG nach seinem insoweit unmissverständlichen Wortlaut eine "Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren" voraussetzt. Auf die Frage, ob die Verwaltungsbehörde irrtümlich davon ausgegangen ist, dass der Antrag auf internationalen Schutz nicht zurückzuweisen sei, komme es bei der Beurteilung nach § 21 Abs. 3 BFA-VG nicht an. Dies bringe schon § 28 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 zum Ausdruck, wonach die Zulassung einer späteren Zurückweisung nicht entgegensteht. Darauf, dass es maßgeblich wäre, aus welchen Gründen die Zulassung erfolgt wäre, stelle diese Bestimmung nicht ab. Darüber hinaus wurde erkannt, dass eine Entscheidung nach § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG keine Entscheidung in der Sache darstellt, die den dem Beschwerdeverfahren zugrundliegenden Gegenstand erledigt, und daher gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG in Form eines Beschlusses zu ergehen hat. Die vorliegenden Fälle (Anmerkung: hiermit sind auch die beiden Fälle der mitgereisten Cousins des Beschwerdeführers gemeint) gleichen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in den entscheidungsrelevanten Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis vom 5. Oktober 2016, Ra 2016/19/0208, entschieden wurde. Es genügt daher, gem. § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses zu verwiesen."

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.03.2017 wurde der Bescheid des Bundesamtes vom 27.06.2016 (erneut) behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverwiesen. Dies, da der vorliegende Sachverhalt zur Ein- bzw Durchreise des Beschwerdeführers nach Kroatien mangelhaft ermittelt worden sei. Fallgegenständlich seien die näheren diesbezüglichen Umstände - konkret, ob es sich bei der Durchbeförderung des Beschwerdeführers durch Kroatien um staatlich organisierte Maßnahmen gehandelt habe – nicht ermittelt worden und seien folglich auch keine entsprechenden Tatsachenfeststellungen getroffen worden. Es würden entsprechende konkrete Ermittlungen und Feststellungen der Behörde zum Reiseweg und der Art und Weise der Ein- und Durchreise durch Kroatien fehlen. Das Verfahren sei sohin mit Mangelhaftigkeit belastet. Die Beseitigung dieser Feststellungsmängel sei jedoch erforderlich, um klären zu können, ob im gegenständlichen Verfahren im Vergleich zum slowenischen Vorabentscheidungsverfahren (Rs C-490/1) bzw jenem des VwGH Ra 2016/19/303 und 304, ein gleich- oder ähnlich gelagerter Sachverhalt vorliege.

Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführer am 18.04.2017 vor dem Bundesamt einvernommen und gab hiebei im Wesentlichen an, mit seinen beiden Cousins nach Österreich gekommen zu sein. Vom Iran seien sie schlepperunterstützt in die Türkei gelangt. In der Folge habe sie ein Schlepper von der Türkei nach Griechenland gebracht. Dann seien sie in Mazedonien gewesen. Die weiteren Länder seien dem Beschwerdeführer namentlich nicht bekannt. Sie seien dann mit einer Gruppe von Flüchtlingen per Bus und Zug gereist. An jeder Grenze sei die Identität der Flüchtlinge aufgenommen worden. An die Grenze Kroatien-Slowenien könne er sich nicht mehr erinnern. Über die Reise und den Aufenthalt in Kroatien befragt erklärte der Beschwerdeführer, sich glaublich nur 2 bis 3 Stunden in Kroatien aufgehalten zu haben. In Kroatien habe er nicht um Asyl angesucht. Konkrete Vorfälle gegen den Beschwerdeführer habe es in Kroatien nicht gegeben. Zielland des Beschwerdeführers und seiner Cousins sei Österreich oder Deutschland gewesen. Nach Kroatien zurückkehren wolle er nicht. Er sei nunmehr seit 15 Monaten in Österreich und habe Deutsch gelernt. Er sei auch in der katholischen Kirche aktiv und werde in 3 Monaten getauft. Nach Kroatien zurückkehren wolle er nicht.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.04.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zum Reiseweg des Beschwerdeführers wurde festgestellt, dass dieser Kroatien organisiert mit dem Flüchtlingsstrom durchreist habe. Kroatien habe dem Beschwerdeführer die Einreise gewährt. Es werde festgestellt, dass es sich bei der Durchreise des Beschwerdeführers durch Kroatien um eine "staatlich organisierte Durchbeförderung durch Kroatien" gehandelt habe Er habe sowohl die serbisch-kroatische Grenze als auch die kroatisch-slowenische Grenze organisiert mittels Bus bzw Zug überquert. In Kroatien sei der Beschwerdeführer von den dortigen Behörden erkennungsdienstlich behandelt worden. Die kroatischen Behörden hätten die Durchreise des Beschwerdeführers durch Kroatien nach Slowenien organisiert. Die Feststellungen zur erfolgten staatlich organisierten Durchbeförderung durch Kroatien würden sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Zuge seiner ergänzenden Befragung vom 18.04.2017 sowie aus den Angaben der beiden Cousins des Beschwerdeführers ergeben.

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde wiederholt, dass die Reise nach und durch Kroatien sowie in der Folge nach Österreich von den Behörden organisiert erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe sich lediglich einige Stunden in Kroatien aufgehalten. Er habe dort nicht um Asyl angesucht. Er sei von dort behördlich organisiert weitergereist. Es werde in eventu beantragt, das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH in den anhängigen Vorabentscheidungsverfahren auszusetzen.

Am 22.05.2017 langte eine Beschwerdeergänzung beim Bundesamt ein. Aus den Feststellungen des Bundesamtes im Bescheid vom 18.04.2017 ergebe sich eindeutig, dass es sich bei der Einreise des Beschwerdeführers nach Kroatien nicht um einen illegalen Grenzübertritt gehandelt habe, sondern diesem von den kroatischen Behörde die Einreise gewährt worden sei und sogar teilweise organisiert worden sei; die Einreise sei somit legal erfolgt. Eine illegale Einreise nach Kroatien iSd Art 13 Abs 1 Dublin III-VO habe nicht stattgefunden. Die Zuständigkeit sei nicht auf Kroatien übergegangen; eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Kroatien sei somit unzulässig. Österreich sei zur Prüfung des Asylantrags zuständig. Eine Zuständigkeit Kroatiens würde den eigenen Feststellungen der Behörde hinsichtlich der Einreise des Beschwerdeführers in ihrem Bescheid widersprechen. Der Beschwerdeführer befinde sich nunmehr bereits mehrt als 16 Monate in Österreich. Er spreche bereits gut Deutsch und integriere sich gut. Sprachprüfungen seien abgelegt worden; sein Freundes- und Bekanntenkreis sei bereits ein großer. Es würden auch bereits Einstellungszusagen verschiedener Firmen vorliegen. Der Beschwerdeführer werde in Kürze auch getauft werden. Vorgelegt wurden Integrationsunterlagen.

Mit E-Mail des BMI vom 21.06.2017 wurde das Bundesverwaltungsgericht darüber informiert, dass die Überstellungsfrist mit 15.05.2017 abgelaufen und eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Kroatien nicht erfolgt sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der dargelegte Verfahrensgang.

Der (erste) Bescheid des Bundesamtes vom 27.06.2016 wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 15.07.2016 behoben. Dagegen erhob das Bundesamt außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, welcher am 05.10.2016 die aufschiebende Wirkung zuerkannt hat. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.11.2016 wurde die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.07.2016 wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts behoben.

Eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Kroatien erfolgte nicht binnen der in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO festgelegten Frist von sechs Monaten nach der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art 27 Abs 3 aufschiebende Wirkung hat.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes.

Die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO ist zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt bereits abgelaufen Dass eine fristgerechte Überstellung des Beschwerdeführers nach Kroatien nicht erfolgt ist, ergibt sich auch aus der entsprechenden Mitteilung seitens des Bundesamtes vom 21.06.2017.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 21 (3) BFA-VG: Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. (2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:

Aufnahmeverfahren

Artikel 21

Aufnahmegesuch

(1) Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig, so kann er so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2, diesen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen.

Abweichend von Unterabsatz 1wird im Fall einer Eurodac-Treffermeldung im Zusammenhang mit Daten gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 dieses Gesuch innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung gemäß Artikel 15 Absatz 2 jener Verordnung gestellt.

Wird das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der in Unterabsätzen 1 und 2 niedergelegten Frist unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig.

(2) .

..

Artikel 22 Antwort auf ein Aufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nach Erhalt des Gesuchs.

(2) In dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats werden Beweismittel und Indizien verwendet.

(3) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten die Erstellung und regelmäßige Überprüfung zweier Verzeichnisse, in denen die sachdienlichen Beweismittel und Indizien gemäß den in den Buchstaben a und b dieses Artikels festgelegten Kriterien aufgeführt sind, fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

a) Beweismittel:

i) Hierunter fallen förmliche Beweismittel, die insoweit über die Zuständigkeit nach dieser Verordnung entscheiden, als sie nicht durch Gegenbeweise widerlegt werden;

ii) Die Mitgliedstaaten stellen dem in Artikel 44 vorgesehenen Ausschuss nach Maßgabe der im Verzeichnis der förmlichen Beweismittel festgelegten Klassifizierung Muster der verschiedenen Arten der von ihren Verwaltungen verwendeten Dokumente zur Verfügung;

b) Indizien:

i) Hierunter fallen einzelne Anhaltspunkte, die, obwohl sie anfechtbar sind, in einigen Fällen nach der ihnen zugebilligten Beweiskraft ausreichen können;

ii) Ihre Beweiskraft hinsichtlich der Zuständigkeit für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz wird von Fall zu Fall bewertet.

(4) Das Beweiserfordernis sollte nicht über das für die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung erforderliche Maß hinausgehen.

(5) Liegen keine förmlichen Beweismittel vor, erkennt der ersuchte Mitgliedstaat seine Zuständigkeit an, wenn die Indizien kohärent, nachprüfbar und hinreichend detailliert sind, um die Zuständigkeit zu begründen.

(6) Beruft sich der ersuchende Mitgliedstaat auf das Dringlichkeitsverfahren gemäß Artikel 21 Absatz 2, so unternimmt der ersuchte Mitgliedstaat alle Anstrengungen, um die vorgegebene Frist einzuhalten. In Ausnahmefällen, in denen nachgewiesen werden kann, dass die Prüfung eines Gesuchs um Aufnahme eines Antragstellers besonders kompliziert ist, kann der ersuchte Mitgliedstaat seine Antwort nach Ablauf der vorgegebenen Frist erteilen, auf jeden Fall ist die Antwort jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. In derartigen Fällen muss der ersuchte Mitgliedstaat seine Entscheidung, die Antwort zu einem späteren Zeitpunkt zu erteilen, dem ersuchenden Mitgliedstaat innerhalb der ursprünglich gesetzten Frist mitteilen.

(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Absatz 1 bzw. der Frist von einem Monat gemäß Absatz 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Artikel 29 Dublin III – VO: Modalitäten und Fristen

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme — oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.

Wenn Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen, stellt der Mitgliedstaat sicher, dass sie in humaner Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde durchgeführt werden.

Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Antragsteller ein Laissez-passer aus. Die Kommission gestaltet im Wege von Durchführungsrechtsakten das Muster des Laissez- passer. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass die betreffende Person eingetroffen ist oder dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erschienen ist.

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist."

Der Bescheid des Bundesamtes vom 27.06.2016 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.07.2016 behoben. Der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wurde seitens des VwGH die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Erkenntnis des VwGH vom 15.11.2016 wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.07.2016 behoben.

Die allgemeine Maximalfrist für die Überstellung beträgt sechs Monate ab der Entscheidung über einen Rechtsbehelf, falls dieser aufschiebende Wirkung hat. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für den Rechtsbehelf iSd Art 27 Abs 3 Dublin III-VO unterbricht ex lege die mit der Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates neu zu laufen beginnende 6-Monats-Frist. Diese beginnt wieder zu laufen, wenn die (abschließend negative) Entscheidung der Rechtsmittelinstanz ergangen ist und kann dies neuerlich erfolgen, wenn die nationale Rechtsordnung einen weiteren Rechtsbehelf – etwa an ein Höchstgericht - dem, wie im gegenständlichen Fall geschehen, wieder aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (vgl Filzwiser/Sprung, Dublin III-Verordnung, K4. zu Art 29 Abs 1 Dublin III-VO).

Der Beschwerdeführer war in Österreich durchgehend gemeldet. Fristverlängerungen aus den in Art. 29 Abs. 2 zweiter Satz Dublin III-VO genannten Gründen haben nicht stattgefunden.

Nach dem Gesagten ist gegenständlich die Überstellungsfrist gem. Art. 29 Abs. 1 Dublin III–VO bereits am 15.05.2017 abgelaufen. Ein Übergang der Zuständigkeit gem. Art. 29 Abs. 2 erster Satz Dublin III–VO hat somit stattgefunden und ist Österreich demnach nunmehr für die Führung des materiellen Verfahrens des Beschwerdeführers zuständig. Dementsprechend war das Verfahren zuzulassen.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben, zumal sämtliche verfahrenswesentliche Abklärungen, insbesondere aber die im gegenständlichen Verfahren relevante Frage hinsichtlich des Vorliegens eines Fristablaufes, eindeutig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt beantwortet werden konnten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen treffen Art. 29 Dub III-VO und § 21 Abs. 3 BFA-VG klare eindeutige Regelungen (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Fristablauf, Fristversäumung, Überstellungsfrist, Verfristung,
Zulassungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W185.2129834.2.00

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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