Entscheidungsdatum
23.10.2017Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W114 2174043-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard DITZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , vom 09.06.2017 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 12.05.2017, AZ II/4-DZ/16-6942539010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
B)
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Am 07.04.2016 stellte XXXX , BNr. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführerin oder BF) einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2016 und beantragte u.a. die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016.
2. Mit Bescheid der AMA vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5302470010, wurden der Beschwerdeführerin Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt. Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde eingebracht.
3. Mit Schreiben vom 13.02.2017 teilte die Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung der AMA mit, dass im Rahmen einer CC-Kontrolle Mängel festgestellt wurden. Es wurde um gefällige Kenntnisnahme und weitere Veranlassung ersucht.
4. Auf der Grundlage der Mitteilung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13.02.2017 wurde mit Abänderungsbescheid der AMA vom 12.05.2017, AZ II/4-DZ/16-6942539010, bei der Basisprämie ein Abzug wegen Cross Compliance-Verstößen in Höhe von EUR XXXX und bei der Greeningprämie in Höhe von EUR XXXX verfügt und daher ein Betrag in Höhe von EUR 153,04 zurückgefordert.
5. Gegen diesen Abänderungsbescheid hat die Beschwerdeführerin am 09.06.2017 Beschwerde erhoben und im Wesentlichsten zusammengefasst diese damit begründet, dass im Zuge einer Vor-Ort-Kontrolle am 21.09.2016 vom Kontrollorgan des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung lediglich ein Verdacht eines Verstoßes gegen CC-Bestimmungen im Kontrollbericht vermerkt worden wäre. Es liege jedoch kein entsprechender Verstoß vor, was auch durch eine eidesstattliche Erklärung des behandelnden Tierarztes unter Beweis gestellt worden sei.
6. Die AMA konfrontierte mit einem Schreiben vom 26.06.2017, AZ II/4/23/BC, das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung mit dem Beschwerdevorbringen und ersuchte um Stellungnahme.
7. Die AMA wurde mit Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16.07.2017, GZ ESV-2016-109149/1249-Rou, informiert, dass der Verdacht auf Vorliegen eines Verstoßes gegen CC-Bestimmungen gestrichen worden sei. Ein von der Bezirkshauptmannschaft Braunau eingeleitetes Strafverfahren sei eingestellt worden.
8. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 19.10.2017 die Beschwerde und die Verfahrensunterlagen zur Entscheidung vor. In einer Aufbereitung für das BVwG führt die AMA dazu aus, dass unter Berücksichtigung des Schreibens des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16.07.2017 und des korrigierten Bewertungsblattes somit kein Verstoß bei der Anforderung: Sichere Lebensmittel - Art. 14 vorliege.
Wenn die AMA für dieses Verfahren noch zuständig wäre, wäre die CC-Sanktion daher erstinstanzlich aufgehoben worden. Da die 4-Monats-Frist für die Erlassung der Beschwerdevorentscheidung abgelaufen sei, sei die gegenständliche Beschwerde jedoch vorgelegt worden. Wenn die AMA für diesen Fall noch zuständig wäre, würde es aufgrund der positiv beurteilten CC Beschwerde voraussichtlich zu einem neuen Bescheid kommen, in dem das neue Ergebnis berücksichtigt werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin stellte am 207.04.2016 elektronisch einen MFA für das Antragsjahr 2016, wobei sie die Gewährung von Direktzahlungen beantragte.
Es liegen keine CC-Verstöße vor.
2. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens.
Widersprüchlichkeiten traten dabei nicht auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit und zum Verfahren:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
3.2. In der Sache:
Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Die Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008, im Folgenden VO (EU) 1306/2013 des Rates lautet auszugsweise:
"Artikel 64
Anwendung von Verwaltungssanktionen
(1) Hinsichtlich der Verwaltungssanktionen nach Artikel 63 Absatz 2 gilt dieser Artikel im Falle des Verstoßes gegen Förderkriterien, Auflagen oder anderen Verpflichtungen, die sich aus der Anwendung von sektorbezogenen Agrarvorschriften ergeben, mit Ausnahme der Vorschriften, die in diesem Titel in Kapitel II, Artikel 67 bis 78 und in Titel VI, Artikel 91 bis 101, genannt sind, und der Vorschriften, die den Sanktionen gemäß Artikel 89 Absätze 3 und 4 unterliegen.
(2) Verwaltungssanktionen werden nicht verhängt,
a) wenn der Verstoß auf höhere Gewalt zurückzuführen ist;
b) wenn der Verstoß auf offensichtliche Irrtümer gemäß Artikel 59 Absatz 6 zurückzuführen ist;
c) wenn der Verstoß auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist und wenn der Irrtum für die von der Verwaltungssanktion betroffene Person nach vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar war;
d) wenn die betroffene Person die zuständige Behörde davon überzeugen kann, dass sie nicht die Schuld für den Verstoß gegen die Verpflichtungen nach Absatz 1 trägt, oder wenn die zuständige Behörde auf andere Weise zu der Überzeugung gelangt, dass die betroffene Person keine Schuld trägt;
e) wenn der Verstoß geringfügigen Charakter hat, einschließlich des Falles, dass der Verstoß in Form eines Schwellenwerts ausgedrückt wird, der von der Kommission gemäß Absatz 7 Buchstabe b festzusetzen ist;
f) wenn in anderen, von der Kommission gemäß Absatz 6 Buchstabe b zu bestimmenden Fällen die Verhängung einer Sanktion nicht angebracht ist.
[ ]."
"Artikel 93
Cross-Compliance-Vorschriften
(1) Die in Anhang II aufgeführten Cross-Compliance-Vorschriften umfassen die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand und betreffen die folgenden Bereiche:
a) Umweltschutz, Klimawandel und guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen,
b) Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen,
c) Tierschutz.
[ ]"
"Kontrollsystem und Verwaltungssanktionen im Rahmen der Cross-Compliance
Artikel 96
Kontrolle der Cross-Compliance
(1) [ ]
Die Mitgliedstaaten können ihre vorhandenen Verwaltungs- und Kontrollsysteme heranziehen, um die Einhaltung der Regeln der Cross-Compliance sicherzustellen.
[ ]
(2) Je nach den betreffenden Anforderungen, Normen, Rechtsakten oder Bereichen der Cross-Compliance können die Mitgliedstaaten die Durchführung von Verwaltungskontrollen beschließen, insbesondere solche, die in den auf die jeweiligen Anforderungen, Normen, Rechtsakte oder Bereiche der Cross- Compliance anwendbaren Kontrollsystemen bereits vorgesehen sind.
[ ]"
Die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, im Folgenden VO (EU) 1307/2013, lautet auszugsweise:
"TITEL VI
CROSS-COMPLIANCE
KAPITEL I
Geltungsbereich
Artikel 91
Allgemeiner Grundsatz
(1) Erfüllt ein in Artikel 92 genannter Begünstigter die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Artikel 93 nicht, so wird gegen ihn eine Verwaltungssanktion verhängt.
(2) Die Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn der Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem betreffenden Begünstigten anzulasten ist, und mindestens eine der beiden folgenden zusätzlichen Bedingungen erfüllt ist:
a) Der Verstoß betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit des Begünstigten;
b) die Fläche des Betriebs des Begünstigten ist betroffen.
[ ]."
"Artikel 93
Cross-Compliance-Vorschriften
(1) Die in Anhang II aufgeführten Cross-Compliance-Vorschriften umfassen die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand und betreffen die folgenden Bereiche:
a) Umweltschutz, Klimawandel und guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen,
b) Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen,
c) Tierschutz.
(2) Die in Anhang II genannten Rechtsakte über die Grundanforderungen an die Betriebsführung gelten in der zuletzt in Kraft getretenen Fassung und im Falle von Richtlinien so, wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden.
[ ]."
3.3. rechtliche Würdigung:
Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greening-prämie"), abgelöst. Darüber hinaus kann seither eine gekoppelte Stützung gewährt werden.
In der gegenständlichen Angelegenheit beschwert sich die Beschwerdeführerin gegen die in der angefochtenen Entscheidung verfügten rechtlichen Konsequenzen hinsichtlich eines nicht festgestellten Verstoßes gegen CC-Bestimmungen zu Recht.
Auch von der AMA selbst wurde – unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der kontrollierenden Behörde - ausgeführt, dass kein CC-Verstoß vorliege.
Der angefochtene Bescheid wurde ausschließlich deswegen erlassen, weil die AMA bei seiner Erlassung der Auffassung war, dass ein CC-Verstoß vorgelegen sei. Da mittlerweile jedoch festgestellt wurde, dass kein entsprechender Verstoß vorliegt, war die angefochtene Entscheidung ersatzlos zu beheben. Daher lebt der Bescheid der AMA vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5302470010, wieder auf und der Beschwerdeführerin sind entsprechend dieser Entscheidung für das Antragsjahr 2016 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Rechtslage ist so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.
Schlagworte
Abzug, Behebung der Entscheidung, Bescheidabänderung, Compliance,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W114.2174043.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.11.2017