TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/23 W103 2155969-1

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Veröffentlicht am 23.10.2017
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Entscheidungsdatum

23.10.2017

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.130 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W103 2155969-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) des XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , XXXX , betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 24.04.2015, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG stattgegeben.

II. Dem Antrag wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Somalias, stellte am 24.04.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor illegal in das Bundesgebiet eingereist war.

Im Zuge seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, der Volksgruppe der Hawiye und dem moslemischen Glauben anzugehören. Er sei traditionell verheiratet, im Herkunftsstaat hielten sich seine Eltern sowie seine drei Brüder auf. Er stamme aus XXXX und habe seine Heimat Anfang 2015 schlepperunterstützt verlassen. In Bezug auf seinen Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, Angst vor der Al Shabaab-Miliz zu haben, da diese junge Männer rekrutiere. Aus diesem Grund habe er Somalia verlassen. Er wolle ein besseres Leben für sich, ohne Angst. Im Falle einer Rückkehr fürchte er um sein Leben.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl setzte in weiterer Folge keinerlei weitere Verfahrensschritte.

3. Am 03.02.2017 brachte der Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Bekanntgabe des im Spruch genannten Vollmachtsverhältnisses eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG ein und führte infolge kurzer Darstellung des Verfahrensganges begründend aus, sein Verfahren sei beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seit mehr als 15 Monaten anhängig und sei über dessen Antrag bis dato nicht entschieden worden. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in Stattgabe der Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen und dem Beschwerdeführer Asyl, gegebenenfalls subsidiären Schutz, gewähren.

Mit Verfahrensanordnung vom 04.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation beigegeben.

4. Am 08.05.2017 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die gegenständliche Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor. Angermerkt wurde, dass der Beschwerdeführer nach Einlangen der Säumnisbeschwerde am 03.02.2017 für den 23.03.2017 zur Einvernahme vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geladen worden sei, dieser Ladung jedoch keine Folge geleistet hätte. Nach nunmehriger individueller Prüfung des Verwaltungsaktes könne eine Erledigung im vorliegenden Fall nicht innerhalb der 3-Monatsfrist erfolgen und werde der Akt daher in Vorlage gebracht.

Mit hg. Schreiben vom 12.05.2017 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen Frist bekannt zu geben, weshalb er der Ladung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.02.2016 unentschuldigt keine Folge geleistet hätte.

Diesbezüglich wurde seitens des gewillkürten Vertreters des Beschwerdeführers mit Eingabe vom 16.05.2017 mitgeteilt, dass seit Erhebung der Säumnisbeschwerde weder an den rechtsfreundlichen Vertreter noch an den Beschwerdeführer persönlich eine Ladung ergangen wäre.

5. Mit verfahrensleitender Anordnung vom 19.05.2017 beauftragte das Bundesverwaltungsgericht das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 19 Abs 6 AsylG, in der Fassung BGBl I Nr 24/2016, mit der Einvernahme des Beschwerdeführers binnen acht Wochen. Dabei wurde angemerkt, dass in der aktenkundigen Versendung der zuvor angesprochenen Ladung an die E-Mail-Adresse des Beschwerdeführervertreters nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts keine gültige Zustellung erkannt werden könne (keine beigefügte schriftliche Übernahmebestätigung, keine elektronische Übernahmebestätigung, keine elektronische Signatur, keine ERV-Zustellung).

6. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge am 05.07.2017 im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Der Beschwerdeführer bestätigte eingangs, sich gut mit dem anwesenden Dolmetscher verständigen zu können, er leide an keinen schwerwiegenden Krankheiten und benötige keine Medikamente; seine Angaben anlässlich der Erstbefragung seien wahrheitsgemäß gewesen, auch seien diese ihm korrekt rückübersetzt und protokolliert worden. Auf weitere Befragung hin führte der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, im Jahr 1995 in XXXX geboren worden und bei seinen Eltern und Geschwistern in XXXX aufgewachsen zu sein, von 2001 bis 2008 habe er die Schule besucht, anschließend habe er als Aushilfe für seinen Vater gearbeitet. Sein Vater habe einen LKW besessen, der Beschwerdeführer sei Beifahrer gewesen, habe Geld kassiert und getankt; dabei habe er etwa USD 100,- im Monat verdient. Anfang 2014 habe er traditionell geheiratet. Sie seien eine durchschnittliche Familie gewesen, deren finanzielle Lage sich mittelmäßig gestaltet hätte. Sein Vater und seine Tante würden nach wie vor in Somalia leben. Seine Frau lebe in XXXX bei ihren Eltern. Der Beschwerdeführer habe zuletzt Ende 2016 telefonischen Kontakt zu seiner Familie gehabt. Infolge Schilderung seines Reisewegs führte der Beschwerdeführer bezüglich seines Fluchtgrundes aus, wegen Al Shabaab geflüchtet zu sein. Er habe als Aushilfe für seinen Vater gearbeitet, sie hätten Lebensmittel von XXXX nach XXXX gebracht und Tiere von XXXX nach XXXX . Der Vermittler ihrer Lieferungen habe einen Auftrag von Al Shabaab erhalten, von welchem der Beschwerdeführer nichts gewusst hätte. Er habe Medikamente auf ihren LKW geladen. An einem näher genannten Stützpunkt der somalischen Regierung seien sie angehalten werden und es seien die im LKW versteckten Medikamente entdeckt und beschlagnahmt worden. Die somalische Regierung habe den Beschwerdeführer daraufhin verhaftet und für zehn Tage eingesperrt, anschließend sei er wieder freigelassen worden. Als der Beschwerdeführer dann in XXXX , in der Nähe von XXXX , wo sich ein Stützpunkt der Al Shabaab befunden hätte, gewesen wäre, sei er durch Al Shabaab verhaftet und befragt worden, da man ihn verdächtigt hätte, Al Shabaab verraten zu haben und für die somalische Regierung zu arbeiten. Der Beschwerdeführer habe dies verneint und sei daraufhin freigelassen worden. Ihr Fahrer und der Beschwerdeführer hätten die Lieferungen wieder aufgenommen. Bei der dritten Lieferung habe der Beschwerdeführer einen Auftrag durch Al Shabaab erhalten; es seien Sachen auf den LKW geladen worden, die der Beschwerdeführer in XXXX einem Al Shabaab-Mitglied hätte übergeben sollen. Als er an dem zuvor erwähnten Stützpunkt von Regierungstruppen kontrolliert worden wäre, habe der Beschwerdeführer gedacht, dies melden zu müssen. Man habe sodann Granaten und Sprengstoff in seinem LKW gefunden. Der Stützpunktkommandant habe den Beschwerdeführer aufgefordert, das AL Shabaab-Mitglied in XXXX anzurufen und ein Treffen zu vereinbaren, was der Beschwerdeführer auch gemacht hätte. So habe das Al Shbaab-Mitglied am vereinbarten Treffpunkt verhaftet werden können, woraufhin sich die somalische Regierung beim Beschwerdeführer bedankt und ihn gehen lassen hätte. Bereits in XXXX habe der Beschwerdeführer einen Drohanruf von Al Shabaab erhalten, bei welchem er mit dem Tod bedroht worden wäre. Seinen Eltern sei durch Al Shabaab auch gesagt worden, dass sie den LKW, sollten sie ihn wiedersehen, verbrennen und zerstören würden. Die Eltern des Beschwerdeführers hätten sich entschlossen, den LKW zu verkaufen, mit dem Verkaufserlös habe die Ausreise des Beschwerdeführers aus Somalia finanziert werden können. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge näher zu den vorgebrachten Fluchtgründen befragt. Auf Vorhalt der Behörde, dass er aufgrund seines Verhaltens mit Repressalien habe rechnen müssen und befragt, weshalb er Al Shabaab dennoch an die Regierung verraten hätte, erklärte der Beschwerdeführer, Angst gehabt zu haben, dass sein Auto auf der Fahrt in die Luft fliegen könnte und es deshalb gemeldet zu haben. Befragt, weshalb er nicht in XXXX geblieben sei, gab der Beschwerdeführer an, die somalische Regierung hätte wegen ihm ein Mitglied der Al Shabaab verhaftet; er sei telefonisch bedroht worden und habe deshalb große Angst vor der Miliz gehabt. Im Falle einer Rückkehr fürchte er, von Al Shabaab umgebracht zu werden. Mit den Behörden oder der Polizei hätte er im Falle seiner Rückkehr keine Probleme zu befürchten. Befragt, weshalb er nicht in einen anderen Teil des Landes gezogen wäre, gab der Beschwerdeführer an, seine Eltern hätten alles für ihn organisiert, weshalb er Somalia verlassen habe. Dem Beschwerdeführer wurden daraufhin die durch die Behörde herangezogenen Länderberichte zur Lage in seinem Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht, doch gab dieser an, die allgemeine Situation in seiner Heimat zu kennen und auf die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zu verzichten. Der Beschwerdeführer wurde anschließend zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich befragt und gab in diesem Zusammenhang insbesondere an, ins Fitnessstudio zu gehen, Fußball zu spielen und zweimal wöchentlich einen Deutschkurs zu besuchen. Er beziehe Grundversorgung und lebe in einem Flüchtlingsheim. Abschließend bestätigte der Beschwerdeführer, Gelegenheit gehabt zu haben, alles ihm wichtig Erscheinende vorzubringen und sich mit dem anwesenden Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verständigen haben zu können. Nach erfolgter Rückübersetzung der aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer an, alles wäre korrekt und er habe nichts mehr hinzuzufügen.

Vorgelegt wurde ein Konvolut an Unterlagen zum Nachweis erfolgter Integrationsbemühungen.

6. Die neuerliche Aktenvorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erfolgte am 10.07.2017.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Antrags auf internationalen Schutz vom 24.04.2015, der am gleichen Tag durchgeführten Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Beschwerde vom 03.02.2017 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie insbesondere auf Grundlage der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 05.07.2017 werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum Beschwerdeführer und seinem Fluchtvorbringen:

1.1.1 Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Somalias, welcher der Volksgruppe der Hawiye und dem moslemischen Glauben angehört. Er stammt aus XXXX , wo sich nach wie vor dessen Vater, eine Tante sowie seine (traditionell angetraute) Ehefrau aufhalten.

Er reiste im April 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.04.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.2. Der Beschwerdeführer arbeitete als Aushilfe seines Vaters, welcher einen LKW besaß, der zur Durchführung von Lieferungen zwischen XXXX und XXXX eingesetzt wurde. Der Beschwerdeführer war dabei als Beifahrer des angestellten Fahrers tätig. Zuletzt erhielt er im Jänner 2015 durch die Al Shabaab in XXXX den Auftrag zur Übernahme einer Lieferung, welche er einem Al Shabaab-Mitglied in XXXX überbringen sollte. Der Beschwerdeführer gab diesen Sachverhalt jedoch an einem auf dem Weg gelegenen Stützpunkt Mitarbeitern der somalischen Regierung bekannt, woraufhin im Waagen Granaten und Sprengstoff sichergestellt werden konnten. Der Beschwerdeführer wurde durch den befehlshabenden Kommandanten jenes Stützpunktes folglich beauftragt, den Kontaktmann der Al Shabaab in XXXX telefonisch zu kontaktieren und einen Treffpunkt für die Übergabe auszumachen. In der Folge wurde das erwähnte Al Shabaab-Mitglied am vereinbarten Treffpunkt durch somalische Behörden festgenommen. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge aufgrund des Verrats des Waffentransports an somalische Behörden sowie der Ermöglichung der Festnahme eines Al Shabaab-Angehörigen telefonisch durch Al Shabaab mit dem Umbringen bedroht. Auch die Eltern des Beschwerdeführers wurden durch Al Shabaab bedroht, woraufhin diese beschlossen haben, den LKW zu verkaufen und mit dem Verkaufserlös die Ausreise des Beschwerdeführers aus Somalia zu finanzieren.

Es ist davon auszugehen, dass die Person des Beschwerdeführers Al Shabaab als potentieller Gegner bekannt ist. Kehrte er nach XXXX zurück, kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dies Al Shabaab bekannt wird, die Miliz den Beschwerdeführer wiedererkennt und verfolgt.

Festgestellt wird daher, dass dem Beschwerdeführer aus diesen Gründen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an seine (zumindest) unterstellte politische/religiöse Gesinnung anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität droht, gegenüber welcher die staatlichen Behörden Somalias keinen effektiven Schutz bieten können.

1.1.3. Festgestellt wird, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr nach Somalia aufgrund der anhaltenden instabilen und prekären Sicherheits- und Menschenrechtslage, aufgrund der mangelnden Vernetzung durch Angehörige außerhalb ihrer Herkunftsregion und aufgrund der schwierigen allgemeinen Versorgungslage fallgegenständlich keine innerstaatliche Schutzalternative offen steht.

1.1.4. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer lebt seit April 2015 in Österreich und unternahm einige Anstrengungen hinsichtlich seiner Integration in Österreich.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

Aus dem, dem Beschwerdeführer anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt ausgehändigten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia (Stand: Juni 2017), ergibt sich für den gegenständlichen Fall im Wesentlichen Folgendes:

1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 27.6.2017: Update zur Dürre-Situation (betrifft: Abschnitt 23 / Grundversorgung)

Nachdem über zwei Jahre beide Regenzeiten (Deyr und Gu) ausgeblieben sind, hat sich in Somalia eine humanitäre Katastrophe entwickelt. Das System von Subsistenz-Landwirtschaften in den Flussgebieten von Shabelle und Juba ist teilweise zusammengebrochen; die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich verdoppelt; und Millionen Stück Vieh sind verendet (ICG 9.5.2017). Die Behörden Somalilands sprechen von 80% Verlusten beim Viehbestand (BBC 11.5.2017; vgl. TG 24.5.2017), andere Schätzungen sprechen von 50%. Der Außenminister Somalilands gibt an: "Es gab hier schon immer Dürreperioden, aber nur alle zehn Jahre. Jetzt haben wir sie schon alle zwei Jahre. Und die Dürre in diesem Jahr ist die schlimmste Dürre, die wir in Ostafrika jemals hatten." (TG 24.5.2017)

In vielen Städten Süd-/Zentralsomalias sind Nahrungsmittel für IDPs und sehr arme Bevölkerungsteile kaum mehr leistbar (ICG 9.5.2017). Die Dürresituation hält vor allem im Südwesten Somalias weiter an, dort bleibt die Angst vor einer Hungersnot bestehen. In den nördlichen und zentralen Teilen des Landes hat der teils durchschnittliche, teils überdurchschnittliche Regen im Jahr 2017 zur verbesserten Weide- und Wasserlage beigetragen (UNFPA 14.6.2017)

Dafür ist eine massive Hilfsoperation angelaufen, an der zahlreiche ausländische und lokale NGOs beteiligt sind (ICG 9.5.2017). Dank der großzügigen Ressourcen, die von Gebern zur Verfügung gestellt worden sind, konnten nationale und internationale NGOs sowie UN-Agenturen ihre humanitäre Unterstützung in ganz Somalia massiv nach oben fahren. Dabei wird mit den Behörden zusammengearbeitet. In Mogadischu, Baidoa und Garoowe wurden Koordinierungszentren eingerichtet (UNSC 9.5.2017). Koordinierung und Management der Operationen sind angesichts der Fehler in der Vergangenheit (2011) stark verbessert worden (ICG 9.5.2017). Die internationale Unterstützung erfolgte relativ rasch, die Anstrengungen sind besser koordiniert. Auch auf nationaler Ebene wurde reagiert und geholfen. Die Regierung hat Anstrengungen unternommen, selbst Studenten wurden ermutigt, jeweils 10 USD zu spenden. Firmen und Wirtschaftstreibende haben signifikant zu den Hilfskampagnen beigetragen (ICG 9.5.2017).

Die Zahl der Menschen, die durch die Operationen zur Verbesserung des Zugangs zu Nahrungsmitteln erreicht werden, hat sich von 1,1 Millionen im Februar 2017 auf 1,7 Millionen erhöht. Alleine im März konnten 332.000 Kinder von Ernährungsleistungen profitieren. Darunter waren 69.000 schwer unterernährte Kinder unter 5 Jahren. Auch die Versorgung mit sicherem Trinkwasser wurde hochgefahren. Dabei wurden zwischen Jänner und März 2017 knapp 1.150.000 Menschen erreicht. Allein im Februar hat sich die Zahl der Erreichten verdoppelt (UNSC 9.5.2017).

Rund 50% der gewährleisteten Hilfe wurde in Geld geleistet. Damit werden Märkte stabilisiert, wurde das schnelle Hochfahren der Unterstützung gewährleistet, wurden Menschen auch in entlegenen Gebieten erreicht und wurde das Risiko der Plünderung von humanitären Hilfsgütern minimiert (UNSC 9.5.2017). Außerdem ist diese Form der Hilfeleistung billiger. Gelder werden über Mobilfunksysteme ausbezahlt (ICG 9.5.2017).

Trotz aller Bemühungen wurden die gesetzten Ziele aber nicht erreicht, die humanitäre Lage verschlechtert sich weiter. Das Risiko einer Hungersnot besteht weiterhin. 6,2 Millionen Menschen sind akut von Nahrungsmittelknappheit betroffen, 3 Millionen brauchen lebenserhaltende Unterstützung (UNSC 9.5.2017). Seit November 2016 verließen über 740.000 Menschen aufgrund der Dürre ihre Heimatgebiete, darunter 480.000 unter 18jährige (UNHCR 31.5.2017). Aus manchen Regionen wurden Hungertote gemeldet – etwa aus Bay (BBC 4.3.2017).

Einige Schwierigkeiten, die schon im Jahr 2011 vorherrschten, bestehen auch weiterhin. Unsicherheit und mangelnder Zugang zu Hilfsgütern sind problematisch (ICG 9.5.2017). Vor allem in Süd-/Zentralsomalia hindert die schlechte Sicherheitslage Menschen manchmal am Zugang zu humanitärer Hilfe (UNSC 9.5.2017). Dabei ist Süd-/Zentralsomalia wieder das Epizentrum der humanitären Krise. Diese wird dort durch lokale Clan-Konflikte und al Shabaab noch verschärft (ICG 9.5.2017).

Dahingegen waren zwar auch Teile ("pockets") von Somaliland und Puntland schwer von der Dürre betroffen. Dort ist die Situation aber bei weitem weniger schlecht als im Süden (ICG 9.5.2017).

Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (ICG 9.5.2017).

Quellen:

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BBC (11.5.2017): How do you solve a problem like Somalia? http://www.bbc.com/news/world-africa-39855735, Zugriff 27.6.2017

-

BBC (4.3.2017): Somalia drought – More than 100 die from hunger in one region, http://www.bbc.com/news/world-africa-39166746, Zugriff 27.6.2017

-

ICG – International Crisis Group (): Instruments of Pain (III) – Conflict and Famine in Somalia, https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somalia/b125-instruments-pain-iii-conflict-and-famine-somalia, Zugriff 27.6.2017

-

The Guardian (24.5.2017): Somaliland's hunger crisis: ‘The world doesn't respond until children are dying', https://www.theguardian.com/global-development/2017/may/24/somaliland-hunger-crisis-world-doesnt-respond-until-children-are-dying-foreign-minister-saad-ali-shire, Zugriff 27.6.2017

-

UNFPA – UN Population Fund (14.6.2017): UNFPA Situation Report 26th May to 16th June 2017,

http://somalia.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/Somalia%20SitRep%20%23011%2026th%20May%20-%2016th%20June%202017.pdf, Zugriff 27.6.2017

-

UNHCR (31.5.2017): PRMN Drought Displacements, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/57361.pdf, Zugriff 27.6.2017

-

UNSC – UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1712363.pdf, Zugriff 27.6.2017

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2. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.12.2015).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.12.2015). Somalia ist keine Wahldemokratie. Es gibt keine demokratischen Institutionen. Das Parlament wurde durch Clan-Repräsentanten ausgewählt, und zwar entlang der sogenannten 4.5-Formel. Diese gibt den vier Hauptclans jeweils gleich viele Sitze, und den kleineren Clans und Minderheiten insgesamt halb so viele Sitze, wie einem Hauptclan. Trotzdem wird die Förderung der Demokratie formell von allen politischen Akteuren – mit der Ausnahme von al Shabaab – akzeptiert. So ist das politische System Somalias weder demokratisch noch autoritär; alles dreht sich um die Repräsentation auf Basis der Clans (BS 2016).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Das derzeitige Bundesparlament wurde konsensual unter Einbeziehung traditioneller Eliten bestimmt und hat dann den Präsidenten gewählt (AA 1.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Dies ist die erste Regierung Somalias seit 1991, der breite internationale Unterstützung zukommt (BS 2016). Somalia gilt laut dem UN-Repräsentanten nicht mehr als failed state, sondern als fragiles Land. Die Situation hat sich in den vergangenen drei Jahren stabilisiert (AP 23.12.2015; vgl. AA 1.12.2015).

Eigentlich waren für 2016 Wahlen vorgesehen. Der Präsident hat aber im Juni 2015 angekündigt, dass diese "one person, one vote"-Wahlen verschoben werden (USDOS 13.4.2016; vgl. UNSC 8.1.2016). Dagegen hat es im Parlament Proteste gegeben (AI 24.2.2016). Ein von der Regierung einberufenes National Consultative Forum soll über einen anderen Wahlprozess für das Jahr 2016 beraten. Gleichzeitig soll das Forum auf Vorbereitungen für allgemeine Wahlen im Jahr 2020 treffen (UNSC 8.1.2016).

Obwohl seit dem Ende der Übergangsperiode wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet wird, ist die faktische Situation nach wie vor in all diesen Bereichen sehr mangelhaft (AA 1.12.2015). Die Erfolge der aktuellen Regierung bei Friedens- und Staatsbildung waren sehr bescheiden. Politische Grabenkämpfe zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister haben zu mangelnder Kontinuität beim Regierungspersonal geführt (BS 2016). Zuletzt gab es im August 2015 eine Regierungskrise, als das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Mohamud einleiten wollte (UNSC 11.9.2015; vgl. AI 24.2.2016). Dieses Begehren wurde später zurückgezogen (UNSC 8.1.2016).

Die anhaltenden politischen Grabenkämpfe und der Fokus auf die Föderalisierung haben die Regierung von Reformen im Justiz- und Sicherheitsbereich abgelenkt (HRW 27.1.2016). Das Clansystem hat wiederum die Einrichtung nachhaltiger Regierungs- und Verwaltungsstrukturen behindert (UNHRC 28.10.2015). Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 1.12.2015).

Es gab einen signifikanten Fortschritt bei der Einrichtung staatlicher Strukturen auf regionaler Ebene, und für alle Bezirke (außer Baardheere) gibt es vorläufige Verwaltungen (UNSC 8.1.2016). Gleichwohl gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach, wesentliche Staatsfunktionen können nicht ausgeübt werden (AA 1.12.2015). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 10.2015). Die regionalen Verwaltungen kämpfen noch damit, ihre Autorität durchzusetzen. Sie stehen dabei einem Mangel an Geld, einem Mangel an Regierungsinfrastruktur und einem Mangel an Personal gegenüber. Außerdem fehlt es an Details zu den Strukturen der Bundesstaaten sowie an breiter Unterstützung beim Staatsbildungsprozess (UNSC 8.1.2016). Die internationalen Partner werden auch weiterhin signifikante Unterstützung gewähren müssen (UNSC 8.1.2016), wie etwa über laufende Projekte zur Kapazitätsbildung und zu Kernfunktionen der Regierung durch die Weltbank und UNDP (UNSC 11.9.2015).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

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Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

AP - Associated Press (23.12.2015): Somalia no longer a failed state, just a fragile one, says UN. The Guardian, http://www.theguardian.com/world/2015/dec/23/somalia-no-longer-a-failed-state-just-a-fragile-one-says-un, Zugriff 20.4.2016

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

-

EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

-

HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):

Asylländerbericht Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

-

UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

-

UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

-

UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

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3. Sicherheitslage

Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu berücksichtigen. Es wurden die unterschiedlichen Akteure in Somalia kategorisiert:

* Die farbigen Gebiete zeigen Akteure, die über signifikanten Einfluss verfügen. Diese Akteure verfügen auch über Ressourcen, um diesen Einfluss zu garantieren. Derartige Akteure sind: Somaliland, Puntland, die Galmudug Interim Administration (GIA), AMISOM und die Somali National Army (SNA), die Jubbaland Interim Administration (JIA), al Shabaab (AS) und die Ahlu Sunna Wal Jama’a (Zentralsomalia; ASWJ). Einige Städte werden von anderen Parteien beherrscht: Von der Clan-Miliz SSC (Dulbahante; Khatumo), von der Clan-Miliz der Warsangeli, von ASWJ (Fraktion Gedo), von Clan-Milizen an der Grenze zu Äthiopien (in den Regionen Gedo, Bakool und Hiiraan). Eine Gebiete – und hier vor allem in Süd-/Zentralsomalia – werden von zwei dieser relevanten Akteure beeinflusst.

* In mit strichlierten Linien umrandeten Gebieten gibt es zusätzliche Akteure mit eingeschränktem Einfluss. Diese Akteure agieren neben den oben erwähnten Hauptakteuren, und sie verfügen nur über eingeschränkte Ressourcen (EASO 2.2016).

Kommentare zu den Eintragungen auf der Karte:

* In Puntland und Jubbaland wurden Zellen des Islamischen Staates markiert; diese Markierungen erfolgten auf der Grundlage anekdotischer Berichte über größere Gruppen von AS-Deserteuren.

* Einige der kleineren Ortschaften der al Shabaab wurden auf der Grundlange anekdotischer Berichte eingetragen.

* Hinsichtlich der Städte Buuhoodle (Togdheer) und Taalex (Sool) gibt es unterschiedliche Berichte und Informationen, die keine Grundlage bieten, diese Ortschaften mit einem relevanten Akteur zu verbinden.

* Die Karte zeigt für Qoryooley keine Garnison der AMISOM. Allerdings gibt es einen Stützpunkt und auch verfügbare Truppen. Allerdings scheinen diese Truppen den Stützpunkt nicht permanent besetzt zu halten. Daher ist Qoryooley die einzige von AMISOM kontrollierte Bezirkshauptstadt, für welche keine Garnison eingetragen worden ist (wiewohl es eine Garnison der somalischen Armee gibt).

* Dhusamareb wurden deshalb als AMISOM markiert, da die Garnison äthiopischer AMISOM-Truppen in der Stadt der wichtigste Akteur ist. Allerdings hat dort nach wie vor ASWJ die politische Kontrolle.

* Das gleiche gilt für die Städte Ceel Buur und Wabxo: Sie sind zwar unter der politischen Kontrolle der GIA, der jeweils wichtigste Akteur im Ort ist aber AMISOM.

* Dies gilt auch für Städte in Gedo: Sie mögen unter der politischen Kontrolle der JIA sein, trotzdem ist ungewiss, ob die Führung in Kismayo tatsächlich die Kontrolle über die Armee in Gedo innehat. So bleibt als wichtigster Akteur AMISOM.

* Äthiopische Flaggen markieren nicht nur äthiopische AMISOM-Garnisonen sondern auch Garnisonen äthiopischer Truppen, die nicht Teil von AMISOM sind sowie Kräfte der äthiopischen Liyu Police. Letztere operiert im mit "Government Allied Militias" markierten Gebiet entlang der äthiopischen Grenze.

* Während die kenianischen, burundischen, ugandischen und dschibutischen Garnisonen nahezu abgedeckt zu sein scheinen, gibt es mehr äthiopische Garnisonen als auf der Karte vermerkt. Es ist unmöglich, ein klares Bild über die oben erwähnten äthiopischen Truppen außerhalb von AMISOM zu erlangen.

* Jene AMISOM-Garnisonen, die als "Strongholds" (Bastionen) markiert sind, können als permanent erachtet werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese an al Shabaab fallen können.

* Die meisten AMISOM-Garnisonen, die als "Forward Position" markiert sind, haben taktische Relevanz und scheinen permanent zu sein. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass diese unter starkem Druck der al Shabaab geräumt werden können (EASO 2.2016).

Gemäß der auch von EASO zitierten Analyse der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Somalia hat sich die Situation im Zeitraum 7.2014-6.2015 in folgenden Bezirken verschlechtert: Dhusamareb und Ceel Buur (Galgaduud); Belet Weyne und Bulo Burte (Hiiraan); Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe (Lower Shabelle);

Baidoa und Burhakaba (Bay); Xudur, Waajid und Rab Dhuure (Bakool);

Bulo Xawo (Gedo); Kismayo (Lower Jubba). Die Situation in folgenden Bezirken hat sich im gleichen Zeitraum verbessert: Ceel Waaq und Luuq (Gedo). In den anderen Bezirken sind keine relevanten Änderungen eingetreten (BFA 10.2015; vgl. EASO 2.2016).

( )

(EASO 2.2016).

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen. Dies ist einerseits bei der Verteilung terroristischer Aktivitäten im urbanen Raum zu erkennen, andererseits bei der Anzahl bewaffneter Auseinandersetzungen je Bezirk (BFA 10.2015).

Quellen:

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BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:

Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

3.1. Süd-/Zentralsomalia

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz

gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 10.2015). Al Shabaab führt weiterhin Angriffe auf Stellungen der AMISOM und der somalischen Armee sowie auf zivile Ziele durch (UNSC 8.1.2016). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, durch Sprengsätze oder Handgranaten ums Leben oder werden verwundet (AI 24.2.2016). Aus verschiedenen Garnisonsstädten heraus werden Vorstöße tief ins Gebiet der al Shabaab unternommen. Diese werden teilweise von Luftschlägen begleitet (BFA 10.2015). Al Shabaab betreibt auch asymmetrische Kriegsführung (EASO 2.2016; vgl. UNHRC 28.10.2015), gekennzeichnet durch Sprengstoffanschläge und komplexe Angriffe, von welchen Zivilisten überproportional betroffen sind. Daneben führt al Shabaab auch gezielte Attentate (UNHCR 28.10.2015; vgl. UKHO 15.3.2016) und sogenannte hit-and-run-Angriffe aus (DIS 9.2015).

Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 10.2015). Politische Anstrengungen zur Etablierung von Bundesländern verstärkten die Clankämpfe in einigen Bereichen (ÖB 10.2015; vgl. BS 2016, USDOS 13.4.2016). Dabei kam es auch zu zahlreichen Todesopfern und Vertreibungen, z.B. zwischen Dir und Hawadle im Jänner 2015 (USDOS 13.4.2016).

Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet und deren Eigentum wird zerstört. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 10.2015). Neben den Kampfhandlungen gegen al Shabaab gibt es aus dem ganzen Land auch Berichte über Inter- und Intra-Clankonflikte um Land und Wasserressourcen (EASO 2.2016).

AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 10.2015). Bei gemeinsamen Offensiven mit der somalischen Armee wurde al Shabaab aus Städten in Hiiraan, Bay, Bakool, Gedo und Lower Shabelle vertrieben (AI 24.2.2016). Bei den beiden jüngeren Offensiven (Operation Indian Ocean, Operation Jubba Corridor) trafen AMISOM und Regierungskräfte aufgrund taktischer Rückzüge der al Shabaab nur auf wenig Widerstand. Eingenommen wurde die letzte Bastion der al Shabaab in der Region Gedo – Baardheere – und Diinsoor in der Region Bay. Der al Shabaab wurde zwar die Kontrolle über diese Städte entzogen, doch ist sie ansonsten nicht relevant geschwächt worden. Dahingegen kann AMISOM aufgrund einer Überdehnung der zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht mehr in jeder Stadt und in jedem Dorf eine Präsenz aufrecht halten (EASO 2.2016). Auch die Haupttransportrouten werden von al Shabaab kontrolliert (HRW 27.1.2016).

In der Folge kam es zu schweren Angriffen der al Shabaab auf Janaale (am 1.9.2015) (UNSC 8.1.2016) und Leego (am 26.6.2015) mit insgesamt rund 100 Toten Soldaten der AMISOM und zahlreichen Vermissten (BFA 10.2015; vgl. UNSC 8.1.2016, EASO 2.2016). Als Reaktion auf diese Angriffe begann AMISOM mit einer Umgruppierung, wobei einige Städte und Ortschaften geräumt wurden, darunter Kurtunwarey, Ceel Saliini, Cambarey, Golweyne und Busley (Lower Shabelle); Buq-Aqabla und Xarar-Lugoole in Hiiraan; und Fidow an der Grenze zu Middle Shabelle. Al Shabaab hat all diese Orte unmittelbar besetzt (UNSC 8.1.2016). Auch Qoryooley und Wanla Weyne blieben über Tage ohne permanente Truppen der AMISOM (allerdings mit Besatzungen der somalischen Armee). Insgesamt ist einzelnen, exponierten und schwach besetzten Außenposten ein permanenter Status abzusprechen. Spätestens seit dem Angriff der al Shabaab auf den AMISOM-Stützpunkt in Leego werden einzelne Orte zugunsten einer Konzentration von Truppen in größeren Stützpunkten aufgegeben, teilweise wurde der Schutz an die – nur eingeschränkt widerstandsfähige – somalische Armee übertragen (BFA 10.2015).

Es ist nicht möglich, zu definieren, wie weit der Einfluss oder die Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee von einer Stadt hinausreicht. Der Übergang zum Gebiet der al Shabaab ist fließend und unübersichtlich. Im Umfeld (Vororte, Randbezirke) der meisten Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung in Süd-/Zentralsomalia verfügt al Shabaab über eine verdeckte Präsenz, in den meisten Städten selbst über Schläfer (DIS 9.2015). Manche Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung können als Inseln auf dem Gebiet der al Shabaab umschrieben werden (BFA 10.2015; vgl. DIS 9.2015). Jedenfalls verfügt al Shabaab über ausreichend Kapazitäten, um in Städten unter Kontrolle von AMISOM und Regierung asymmetrische Kriegsführung (hit-and-run-Angriffe, Sprengstoffanschläge, gezielte Attentate) anzuwenden. Es gibt in allen Regionen in Süd-/Zentralsomalia Gebiete, wo al Shabaab Präsenz und Einfluss hat, und wo sie die lokale Bevölkerung zu Steuerzahlungen zwingt. Die Bastion der al Shabaab ist dabei die Region Middle Juba (DIS 9.2015).

Die Sicherheitslage in von der Regierung kontrollierten Städten bleibt also volatil (HRW 27.1.2016). Al Shabaab ist nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 24.2.2016). Bei aller Fragilität der Lage hat aber auch UNHCR festgestellt, dass es Zeichen zunehmender Stabilität gibt (UNHRC 28.10.2015). Seitens der Regierung, AMISOM und der internationalen Gemeinde gibt es Anstrengungen, die neu eroberten Bezirke zu stabilisieren. So wurden etwa nach Diinsoor unmittelbar Verwaltungsbeamte entsendet (UNSC 11.9.2015). Dass al Shabaab unter den gegenwärtigen Umständen Städte zurückerobert, in denen starke Garnisonen ("strongholds") der AMISOM stationiert sind, ist sehr unwahrscheinlich (EASO 2.2016; vgl. DIS 9.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:

Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

-

HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):

Asylländerbericht Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

-

UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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