TE Vfgh Erkenntnis 2017/9/26 E1511/2017 ua

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Veröffentlicht am 26.09.2017
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Index

L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art83 Abs2
Tir JagdG 2004 §2 Abs8, §37a, §37b, §70

Leitsatz

Entzug des gesetzlichen Richters durch Einstellung von Beschwerdeverfahren gegen Abschussplanbescheide wegen Ablaufs des Jagdjahres; rechtliche Wirkungen von Abschussplanbescheiden auch nach Ende ihres zeitlichen Geltungsbereiches

Spruch

I. Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Beschlüsse im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Die Beschlüsse werden aufgehoben.

II. Das Land Tirol ist schuldig, den Beschwerdeführern die mit € 3.357,60 bestimmten Prozesskosten zuhanden ihres Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.        Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.        Der Beschwerdeführer zu E1511/2017 ist Pächter der Genossenschaftsjagd Nesselwängle und gemeinsam mit der Zweitbeschwerdeführerin zu E1512/2017 Pächter der Genossenschaftsjagd Musau. Mit Bescheiden vom 28. Mai 2014 wurde den Beschwerdeführern für das Jagdjahr 2014/2015 der Abschuss von näher bezeichnetem Wild in der angegebenen Stückzahl für die Genossenschaftsjagd Nesselwängle und die Genossenschaftsjagd Musau vorgeschrieben.

2.       Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden zunächst von der zuständigen Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 21. August 2014 bzw. vom 22. August 2014 als unbegründet abgewiesen. Das daraufhin mit Vorlageantrag angerufene Landesverwaltungsgericht Tirol führte ein Ermittlungsverfahren einschließlich einer mündlichen Verhandlung durch und stellte schließlich mit Beschlüssen vom 21. März 2017 die Verfahren mangels Beschwer ein. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Tirol zusammengefasst aus, dass das Jagdjahr 2014/2015 zwischenzeitlich verstrichen sei und bereits teils rechtskräftige Abschusspläne für die Folgejahre vorlägen. Daher mache es für die Beschwerdeführer keinen Unterschied, ob die von ihnen angefochtenen Abschussplanbescheide aufrecht bleiben oder aufgehoben werden. Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz regle zwar nicht eigens, aus welchen Gründen eine Zurückweisung oder Einstellung zu erfolgen habe. In analoger Anwendung des §33 Abs1 VwGG sei allerdings bei Wegfall des rechtlichen Interesses an einer meritorischen Entscheidung mit Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

3.       Gegen diese Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichtes Tirol richten sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass wegen der Verweigerung der Sachentscheidung eine Verletzung des gemäß Art83 Abs2 B-VG gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter vorliege. Auch nach Ablauf des Jagdjahres 2014/2015 bestehe ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführer an der inhaltlichen Überprüfung der betroffenen Abschussplanbescheide. Diese seien "präjudiziell" für die Abschussplanbescheide der Folgejahre und entwickeln auch insofern Rechtsfolgen, als im Falle der Nichterfüllung verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen drohen. Wegen dieser Vorgehensweise des Landesverwaltungsgerichtes Tirol seien zudem der Gleichheitssatz (Art7 B-VG) und das Recht auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) verletzt. Auch habe eine Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG) stattgefunden, weil der unrechtmäßige Abschussauftrag durch die Bereitstellung der dafür benötigten Jäger, Munition usw. Mehrkosten verursache.

4.       Das Landesverwaltungsgericht Tirol und die Bezirkshauptfrau von Reutte legten die Gerichts- bzw. Verwaltungsakten vor, stellten den Antrag, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen und verzichteten im Übrigen auf die Erstattung einer Gegenschrift.

II.      Rechtslage

Die §§2, 37a, 37b und 70 Abs1 Z13 des Tiroler Jagdgesetzes 2004 (TJG 2004), LGBl 41/2004 idF LGBl 26/2017, lauten auszugsweise:

§2

Begriffsbestimmungen

(8) Das Jagdjahr ist der Zeitraum zwischen dem 1. April und dem 31. März des Folgejahres.

§37a

Erstellung des Abschussplanes

(1) Der Abschuss von Schalenwild – mit Ausnahme von Schwarzwild – und von Murmeltieren darf nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen. Dieser ist unter Bedachtnahme auf die Ziele nach §1a so zu erstellen, dass ein angemessener Wildbestand erhalten bzw. hergestellt und sowohl eine landeskulturell untragbare Vermehrung des Wildbestandes als auch eine die Erhaltung des Wildbestandes in seiner Vielfalt und seiner Alters- und Sozialstruktur gefährdende Verminderung des Wildbestandes vermieden wird. Zur nachhaltigen Herstellung eines angemessenen Wildbestandes kann kurzfristig vom geschlechtlich ausgewogenen Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild durch vermehrten bzw. verminderten Abschuss von weiblichen Zuwachsträgern abgewichen werden, wenn eine Vermehrung oder Verminderung des Wildbestandes im landeskulturellen Interesse erforderlich ist.

(2) Der Abschussplan ist auf der Grundlage des Wildbestandes, der Verjüngungsdynamik sowie der Wildgesundheit jeweils für ein Jagdjahr und für ein Jagdgebiet sowie für den Teil eines Jagdgebietes, der Gegenstand eines Jagdpachtvertrages nach §18 Abs1 dritter Satz ist, zu erstellen.

(3) Der Abschussplan ist so zu erstellen, dass der für das betreffende Jagdgebiet oder für den betreffenden Teil eines Jagdgebietes mit Rücksicht auf dessen Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse, auf den natürlichen Altersaufbau und die Wildgesundheit, auf ein ausgewogenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild, auf die Verjüngungsdynamik sowie auf die Interessen der Landeskultur angemessene Wildstand erreicht und erhalten, aber nicht überschritten wird. Bei der Erstellung des Abschussplanes ist auf die Erfüllung des Abschussplanes in den vorangegangenen drei Jagdjahren Bedacht zu nehmen. Die Wildbestandserhebung ist vom Hegemeister zu koordinieren und auf ihre ordnungsgemäße Durchführung und Schlüssigkeit zu überprüfen.

(4) Im Abschussplan für Schalenwild sind, mit Ausnahme des voraussichtlichen Zuwachses an Wild, jeweils nach Geschlecht und nach Altersklassen (§36a Abs1) gegliedert, anzugeben:

a)  die Anzahl der getätigten Abschüsse sowie der aufgetretenen Stücke von Fallwild im vorangegangenen Jagdjahr,

b)  der angenommene Wildbestand unter Berücksichtigung des Wechselwildes,

c)  der voraussichtliche Zuwachs an Wild,

d)  die in Aussicht genommene Anzahl der zu tätigenden Abschüsse.

(5) Im Abschussplan für Murmeltiere sind lediglich der im vorangegangenen Jagdjahr ermittelte Bestand und die in Aussicht genommene Anzahl von Abschüssen anzugeben.

(6) Die im Abschussplan in Aussicht genommene Anzahl an Abschüssen ist zu erfüllen.

(7) Wurde der Abschussplan hinsichtlich der weiblichen Stücke sowie der Kälber bzw. der Kitze des Rot- bzw. des Rehwildes in dem vorangegangenen Jagdjahr in einem den angemessenen Wildbestand erheblich beeinträchtigenden Ausmaß oder in den vorangegangenen Jagdjahren wiederholt nicht erfüllt, so kann die Bezirksverwaltungsbehörde eine zeitliche und allenfalls ziffernmäßige Abfolge der Abschüsse nach §37b Abs6 lita vorschreiben, soweit dies zur Sicherung der Erfüllung des Abschussplans erforderlich ist.

(8) Der Jagdausübungsberechtigte hat der Bezirksverwaltungsbehörde den Abschussplan für Schalenwild – mit Ausnahme von Schwarzwild – und für Murmeltiere bis zum 15. April eines jeden Jagdjahres in elektronischer Form zu übermitteln oder in Formblätter einzutragen und vorzulegen. Der Hegemeister hat eine Stellungnahme zum Abschussplan abzugeben.

§37b

Genehmigung, Festsetzung und Sicherstellung des Abschussplanes,

Abschussmeldung

(1) Der Abschussplan bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn für das betreffende Jagdgebiet oder den betreffenden Teil eines Jagdgebietes die Erhaltung bzw. Herstellung des nach §37a Abs1 und 3 angemessenen Wildbestandes gewährleistet ist und der Hegemeister im Rahmen seiner Stellungnahme keine Bedenken zum beantragten Abschussplan geäußert hat.

(2) Hat die Bezirksverwaltungsbehörde Zweifel, ob der vom Jagdausübungsberechtigten vorgelegte Abschussplan die Erhaltung bzw. Herstellung des nach §37a Abs1 und 3 angemessenen Wildbestandes gewährleistet, so hat sie eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Zu dieser sind der Jagdausübungsberechtigte, der Bezirksjägermeister, der Hegemeister, der Obmann der Bezirkslandwirtschaftskammer und, sofern die Ausübung des Jagdrechtes auf dem Jagdgebiet aufgrund eines Pachtvertrages erfolgt, der Verpächter zu laden. Der mündlichen Verhandlung sind die für die Beurteilung der Grundlagen des Abschussplanes (§37a Abs2) erforderlichen Sachverständigen beizuziehen.

(3) Gewährleistet der vom Jagdausübungsberechtigten ursprünglich vorgelegte Abschussplan oder der spätestens bis zum Ende der mündlichen Verhandlung abgeänderte Abschussplan die Erhaltung bzw. Herstellung des nach §37a Abs1 und 3 angemessenen Wildbestandes, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde diesen zu genehmigen.

(4) Außer in den Fällen des Abs1 und 3 hat die Bezirksverwaltungsbehörde nach Anhören des Hegemeisters den Abschussplan mit Bescheid nach §57 AVG von Amts wegen festzusetzen. Der Abschussplan ist insbesondere von Amts wegen festzusetzen, wenn der Jagdausübungsberechtigte keinen Abschussplan vorlegt oder der vom Jagdausübungsberechtigten vorgelegte Abschussplan nicht die Erhaltung bzw. Herstellung des nach §37a Abs1 und 3 angemessenen Wildbestandes gewährleistet. Die Abschüsse von trophäentragenden Wildstücken sind unter Bedachtnahme auf die Erfüllungsquote der vorangegangenen drei Jagdjahre festzusetzen.

(5) Hat der Jagdausübungsberechtigte den Abschussplan nicht vorgelegt oder scheint der dem vom Jagdausübungsberechtigten vorgelegten Abschussplan zugrundegelegte Wildbestand aufgrund der Abschusspläne und deren Erfüllung in den vorangegangenen Jagdjahren zweifelhaft, so ist der amtswegigen Festsetzung des Abschussplanes nach Abs4 der von der Bezirksverwaltungsbehörde berechnete Wildbestand zugrunde zu legen.

(6) Soweit es zur Erhaltung bzw. Herstellung eines nach §37a Abs1 und 3 angemessenen Wildbestandes erforderlich ist, kann die Bezirksverwaltungsbehörde, um die Erfüllung eines Abschussplanes sicherzustellen, nach Anhören des Hegemeisters mit Bescheid

a)  eine zeitliche und allenfalls ziffernmäßige Abfolge der Abschüsse während des Jagdjahres vorschreiben;

b)  den Abschuss einer bestimmten Anzahl von Wildstücken, deren Abschuss in den Abschussplänen zweier oder mehrerer aneinandergrenzender Jagdgebiete vorgesehen ist, in der Weise verfügen, dass jeder Jagdausübungsberechtigte in seinem Jagdgebiet die gesamte Anzahl dieser Wildstücke erlegen darf. Dabei werden Wildstücke, die ein Jagdausübungsberechtigter über den Abschussplan seines Jagdgebietes hinaus erlegt, auf den Abschussplan der übrigen Jagdausübungsberechtigten im Verhältnis der darin festgesetzten Anzahl von Abschüssen angerechnet. Diesfalls hat jeder Jagdausübungsberechtigte den Hegemeister unverzüglich von einem entsprechenden Abschuss zu verständigen. Der Hegemeister hat die beteiligten Jagdausübungsberechtigten vom Stand der getätigten Abschüsse unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Nach Erlegung aller Wildstücke hat der Hegemeister die Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen.

Ein solcher Bescheid ist auch dem Obmann der Bezirkslandwirtschaftskammer zuzustellen; dieser kann dagegen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erheben.

(7) Auf gemeinsamen Antrag der Jagdausübungsberechtigten zusammenhängender Jagdgebiete bzw. Teile eines Jagdgebietes, die Gegenstand eines Jagdpachtvertrages nach §18 Abs1 dritter Satz sind, kann die Bezirksverwaltungsbehörde im Interesse der Jagdwirtschaft die gemeinsame Erfüllung der Abschusspläne genehmigen. Die Bewilligung ist befristet, mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, um Beeinträchtigungen der Interessen der Jagd, der Wildgesundheit oder des Tierschutzes zu vermeiden oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken.

(8) Der Jagdausübungsberechtigte hat der Bezirksverwaltungsbehörde jeden Abschuss binnen zehn Tagen zu melden.

(9) Der Abschussplan, die Abschussliste, die Zählblätter und die Abschussmeldungen sind der Bezirksverwaltungsbehörde in elektronischer Form zu übermitteln oder in Formblätter einzutragen und vorzulegen. Die Landesregierung hat durch Verordnung Vorschriften über die Formblätter für den Abschussplan, die Abschussliste, die Zählblätter und die Abschussmeldungen zu erlassen.

§70

Strafbestimmungen

(1) Wer

13.  außer in den Fällen des Abs2 den Bestimmungen über den Abschussplan nach §§37a und 37b, den Sonderbestimmungen für Hühnervögel nach §38a oder den hiezu ergangenen Verordnungen oder Bescheiden zuwiderhandelt, ohne eine entsprechende Ermächtigung nach §37c Abs1 zu besitzen,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 6.000,- Euro zu bestrafen.

III.    Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Die – zulässigen – Beschwerden sind begründet:

1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes ua. dann verletzt, wenn das Verwaltungsgericht in gesetzwidriger Weise seine Zuständigkeit ablehnt, indem es etwa zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).

Ein solcher Fehler liegt hier vor:

1.1. Das Landesverwaltungsgericht Tirol begründet die angefochtenen Einstellungsbeschlüsse damit, dass das verfahrensrelevante Jagdjahr zwischenzeitlich verstrichen sei und bereits teils rechtskräftige Abschusspläne für die Folgejahre vorlägen. Daher mache es für die Beschwerdeführer keinen Unterschied, ob die von ihnen angefochtenen Abschussplanbescheide aufrecht bleiben oder aufgehoben werden. Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz regle zwar nicht eigens, aus welchen Gründen eine Zurückweisung oder Einstellung zu erfolgen habe. In analoger Anwendung des §33 Abs1 VwGG sei allerdings bei Wegfall des rechtlichen Interesses an einer meritorischen Entscheidung mit Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

1.2. Abschussplanbescheide sind von vornherein so ausgestaltet, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung im Rechtsmittelverfahren bereits außer Kraft getreten sind. Gemäß §37a Abs2 TJG 2004 werden sie für ein Jagdjahr erstellt und treten daher mit 31. März des jeweiligen Jagdjahres außer Kraft (§2 Abs8 TJG 2004). Es kann je nach Art der behaupteten Rechtsverletzung Wiederholungsgefahr bestehen, weil Abschussplanbescheide jährlich zu erlassen sind (§37a Abs2 TJG 2004). Abschusspläne entwickeln auch Rechtsfolgen über die bloße Festlegung der Abschusszahlen hinaus, weil sie Grundlage für Folgeverfahren sind bzw. sein können. Zum Beispiel droht im Fall einer Nichtbefolgung des Abschussplanbescheides eine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung (§70 Abs1 Z13 iVm §§37a und 37b TJG 2004). Rechtsfolgen bestehen auch im Hinblick auf das Verfahren zur Festlegung des Abschussplans für das nächste Jahr. Wörtlich heißt es in §37a Abs3 Satz 3 TJG 2004: "Bei der Erstellung des Abschussplanes ist auf die Erfüllung des Abschussplanes in den vorangegangenen drei Jagdjahren im betreffenden Jagdgebiet oder im betreffenden Teil eines Jagdgebietes sowie im Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung auf die Wildbestandsverhältnisse der benachbarten Jagdgebiete Bedacht zu nehmen." In diesem Sinn geht auch der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass Abschusspläne einer kontinuierlichen Jagdbewirtschaftung dienen und die Vorgaben des Vorjahres bei der Erlassung des Abschussplanes für das Folgejahr mit zu berücksichtigen sind (VwSlg. 12.207 A/1986; 9.10.1996, 96/03/0120; 27.11.2014, 2013/03/0160).

Da Abschussplanbescheide somit auch nach Ende ihres zeitlichen Geltungsbereiches rechtliche Wirkungen entfalten, hätte das Landesverwaltungsgericht Tirol in den vorliegenden Fällen Rechtsschutz gewähren müssen. Durch die Einstellung des Verfahrens hat das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerdeführer daher in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

IV.      Ergebnis

1. Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Beschlüsse im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Die Beschlüsse sind daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. Den Beschwerdeführern war insgesamt der einfache Pauschalsatz – erhöht um einen Streitgenossenzuschlag in der Höhe von 10 % – zuzusprechen, weil sie durch ein und denselben Rechtsanwalt vertreten waren und es ihnen sowohl in zeitlicher als auch in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht möglich gewesen wäre, gegen die gleichartigen Beschlüsse eine gemeinsame Beschwerde zu erheben (zB VfSlg 17.317/2004, 17.482/2005, 19.404/2011, 19.709/2012). In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 479,60 sowie der Ersatz der für jede Beschwerde entrichteten Eingabengebühr in Höhe von € 240,- enthalten.

Schlagworte

Jagdrecht, Abschussplan, Geltungsbereich, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:E1511.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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