Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** T*****, vertreten durch Dr. Karin Rest, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei J*****-J***** Verband *****, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 5.400 EUR), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. März 2017, GZ 36 R 265/16m-28, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 29. Juli 2016, GZ 38 C 1496/14d-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 499,39 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 83,23 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger ist Mitglied eines Sportvereins, der wiederum Mitglied des beklagten Sportverbands ist. Die Organe des Beklagten beschlossen, dem Verein aufzutragen, den Kläger von der Teilnahme an „Verbandsgeschäften und dem Verbandsgeschehen sowie von allen Vorteilen, die den Mitgliedern des [Beklagten] bzw den Mitgliedern der Verbandsmitglieder des [Beklagten] zukommen, auszuschließen“. Diese Vorgangsweise ist in der Satzung des Beklagten vorgesehen, der Verein ist an den ihm erteilten Auftrag gebunden.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beschlüsse aus formellen und materiellen Gründen nichtig seien.
Das Erstgericht wies die Klage ab, weil die vom Kläger behaupteten Gründe für die Nichtigkeit nicht vorlägen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, weil das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung fehle. Erst der Ausschluss durch den Verein griffe in die Rechte des Klägers ein, nicht schon der diesbezügliche Auftrag durch den beklagten Verband. Der Verein wäre nicht an ein stattgebendes Urteil gebunden, sodass ein solches Urteil dem Kläger nicht den angestrebten Rechtsschutz böte. Der Oberste Gerichtshof habe das Feststellungsinteresse in vergleichbaren Fällen nur bejaht, wenn der Verband eine Entscheidung getroffen habe, die aufgrund der Verbands- und Vereinsstatuten unmittelbar gegen den Kläger gewirkt habe. Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil es noch keine Rechtsprechung zur konkreten Fallgestaltung gebe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist entgegen diesem Ausspruch nicht zulässig.
Auch wenn der Oberste Gerichtshof eine bestimmte Fallgestaltung noch nicht zu beurteilen hatte, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn der Streitfall mit Hilfe vorhandener Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst werden kann (Zechner in Fasching/Konecny2 § 502 ZPO Rz 70 mwN; RIS-Justiz RS0042656 [T48]). Das trifft hier zu, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts durch die ständige Rechtsprechung zum Erfordernis des rechtlichen Interesses bei Feststellungsklagen (§ 228 ZPO) gedeckt ist.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass Beschlüsse nichtig seien, mit denen der beklagte Verband einem Mitgliedsverein Aufträge erteilt hatte. In diesem Fall müsste der Verein diese Aufträge nicht befolgen. Die Klage bezieht sich daher auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und einem nicht am Verfahren beteiligten Dritten. Die Entscheidung über ein solches Rechtsverhältnis erwächst aber gegenüber diesem Dritten – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – nicht in Rechtskraft (RIS-Justiz RS0039068). Daraus folgt regelmäßig das Fehlen des Feststellungsinteresses (RIS-Justiz RS0039068 [T2]; zuletzt etwa 1 Ob 36/16z). Anderes gilt nur dann, wenn ein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung deswegen besteht, weil ein Rechtsverhältnis, an dem er nicht beteiligt ist, unmittelbar in seinen Rechtsbereich hineinreicht, diesen stört und beeinträchtigt (RIS-Justiz RS0038958).
Letzteres trifft hier nicht zu, weil der bloße Auftrag des beklagten Verbands an den Verein noch keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Kläger hat; dessen Rechtsstellung würde erst berührt, wenn der Verein dem Auftrag gemäß handelte. Dann könnte der Kläger aber ohnehin gegen den Verein vorgehen und dabei, so sich der Verein auf die Bindung an den ihm erteilten Auftrag beruft, vorfrageweise die Unwirksamkeit dieses Auftrags geltend machen. Eine Rechtsschutzlücke liegt daher – anders als bei unmittelbar gegen Mitglieder von Mitgliedsvereinen wirkenden Verbandsbeschlüssen (1 Ob 137/06p) – nicht vor.
Aus diesen Gründen ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Da der Beklagte in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit hingewiesen hat, ist der Kläger zum Ersatz von deren Kosten verpflichtet. Dabei gebührt allerdings nur einfacher Einheitssatz; § 23 Abs 9 RATG erfasst nur die Berufung.
Schlagworte
ZivilverfahrensrechtTextnummer
E119699European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00123.17B.0928.000Im RIS seit
07.11.2017Zuletzt aktualisiert am
07.11.2017