Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Brenn (§ 11a Abs 3 Z 1 ASGG) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** S*****, vertreten durch die Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält_innen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 1.560,66 EUR brutto sA, aufgrund der Befangenheitsanzeige der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs ***** vom 15. September 2017 im Revisionsverfahren zu AZ 9 ObA 116/17z den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs ***** ist als Mitglied des 9. Senats im Verfahren über die außerordentliche Revision der beklagten Partei zu AZ 9 ObA 116/17z befangen.
Text
Begründung:
Im Ausgangsverfahren erhob die Beklagte gegen das Urteil des Berufungsgerichts eine außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof. Für die Behandlung dieses Rechtsmittels ist nach den Bestimmungen der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der 9. Senat zuständig. Der Rechtsmittelakt wurde der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs ***** als Berichterstatterin zugewiesen.
Mit Note vom 15. 9. 2017 zeigte sie ihre mögliche Befangenheit an und führte aus, dass sie mit dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden der Beklagten, der zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten und in einem einschlägigen Parallelverfahren als Zeuge einvernommen worden sei, bekannt sei. Bei persönlichen Treffen habe ihr der Bekannte von den anhängigen Verfahren zur Betriebspensionsregelung sowie von seiner Zeugenaussage erzählt. Auch wenn sie sich persönlich nicht für befangen erachte, könne doch der Anschein einer Befangenheit bestehen.
Rechtliche Beurteilung
Der Befangenheitssenat des Obersten Gerichtshofs hat dazu erwogen:
Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn – bei objektiver Betrachtungsweise – ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dafür genügen Tatsachen, die den Anschein einer Voreingenommenheit hervorrufen können. In dieser Hinsicht kommen etwa private Beziehungen zu einer Prozesspartei oder deren Vertreter in Betracht, die über einen reinen kollegialen Kontakt hinausgehen (8 Nc 42/15s). Auch ein Naheverhältnis des Richters zu einem Zeugen oder zu einer Person, die zu einer der Verfahrensparteien eine eindeutige Nahebeziehung aufweist und mit dem Verfahren befasst ist oder war, ist zur Begründung einer Befangenheit geeignet (8 Nc 3/06t).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der von der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs ***** in ihrer Befangenheitsanzeige mitgeteilte Sachverhalt den Anschein ihrer Befangenheit begründen, weil ein Verfahrensbeteiligter den Eindruck gewinnen könnte, ihre Willensbildung als Berichterstatterin könnte durch die von privaten Treffen begleitete Bekanntschaft zum ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden der Beklagten beeinflusst worden sein. Dies gilt insbesondere aufgrund des Umstands, dass ihr Bekannter an einem Parallelverfahren als Zeuge beteiligt war und der Prozessgegenstand auch Thema der privaten Gespräche war.
Textnummer
E119703European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0080NC00038.17F.0928.000Im RIS seit
07.11.2017Zuletzt aktualisiert am
07.11.2017